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Guten Morgen Deutschland: Keine Zeit für Hysterie

ZeitOnline [eigentlich nicht mein Blatt] in einem Artikel über die Finanzkrise, ihre Ausmaße und Auswirkung. Er ist m.M sehr sehr lesenswert – weil er ehrlich ist.

Nur einen Satz möchte ich kommentieren: Unter Punkt 7 schreiben die Autoren, die Reaktion „der Deutschen“ auf die Krise sei erstaunlich –  und kommen wieder mit der angeblichen German angst. Und weil sie fest an die Existenz von German angst glauben, schlussfolgern sie, „die Deutschen“ hätten die Gefährlichkeit dieses Finanzkollapses einfach noch nicht verstanden. 

Da ich an  das Konstrukt German angst  keine Sekunde glaube, wage ich eine andere Einschätzung:  „Die Deutschen“  haben schon eine Ahnung, wie gefährlich diese Finanzkrise ist – nur kommen hier deutsche Stärken zur Hilfe: Nüchternheit und Disziplin. Anders formuliert: Es  ist jetzt einfach nicht die passende Zeit hysterisch zu werden.

Hier der Artikel: Jetzt mal ehrlich

12 Kommentare zu „Guten Morgen Deutschland: Keine Zeit für Hysterie“

  • Allein der letzte Punkt des Artikels, in dem mal wieder vom großen Obama geredet wird, nervt mich dermaßen, dass ich dem Geschreibsel rein garnichts abgewinnen kann.

  • AvK:

    Gleich zu Beginn eine bemerkenswerte Formulierungen:

    Die Kanzlerin bittet die Medien „dass Sie keine schlechte Stimmung machen“
    So wird heute Zensur gefordert. Der Artikel ist gut, weil etwas ausgesprochen wird, was der normale Bürger sowieso weiß. Unsere „Eliten“ haben keine Ahnung wie dicke es kommt und verlegen ihren Kämpfe deshalb auf Nebenschauplätze.

    Übrigens soll das bankrotte Island in die EU kommen. Immer herein damit,wir haben es ja.

  • Sir Toby:

    Also mein Vorschlag zur Lösung der Krise wäre …………. den Kampf gegen Rechts verstärken! Jetzt erst recht(s)!!

  • Anna Luehse:

    Nicht direkt zum Artikel, aber zum Thema Finanzen/Steuern: http://www.youtube.com/watch?v=mN1uMgwdkYI&eurl=http://www.zeitreport.de/

  • Sir Toby:

    # Judith

    „Da ich an  das Konstrukt German angst  keine Sekunde glaube,…“

    Also hier würde ich schüchternen Widerspruch wagen wollen; ich weiß nicht, wie alt Du bist, aber wenn ihr vom Team euch in einem vergleichbaren Alterkorridor aufhaltet (Marina hat in einer Antwort in einem früheren Beitrag gesagt, sie sei 1983 acht Jahre alt gewesen – ist also 1975 geboren), dann möchte ich zu der German Angst folgendes als Erklärung sagen…
    Ich hab meine ganze Jugend (siebziger Jahre) durch die in schöner Regelmäßigkeit wiederkehrenden Drohungen der Sch…-Sowjetunion hören müssen … und bei mir hat das seine Wirkung getan. Es gab damals so einen Spruch (Lieber Rot als tot), der das Lebensgefühl vieler Menschen schon auf den Punkt brachte. Man hat sich nicht gefühlt wie Hammer oder Amboß, sondern man hat sich gefühlt wie das Werkstück zwischen Hammer und Amboß!
    Dass die anderen bei einem Atomkrieg mit drauf gegangen wären, war für die psychologische Situation nicht entscheidend; entscheidend war vielmehr, dass sie (USA/UdSSR) die Dinger in der Hand hatten und wir … nichts. Und das wir als erstes Opfer ausersehen waren, das hat man vielleicht nicht nach tatsächlichen Informationen über militärische Planungen gewußt, aber gefühlt hat mans schon.
    Es gab also diese aberwitzige Spannung, der man psychologisch völlig hilflos ausgeliefert war …. es gab eine Gesellschaft im Umbruch (jede Woche irgendein Bericht über Studentendemos mit massig Action) ….. es gab die RAF (und ich weiß noch ziemlich gut, wie wir das auf dem Schulhof erlebt haben; der Staat war ‚durch‘ – Sicherheit konnte der nicht mehr vermitteln. Eine Woche Ponto, nächste Woche Buback, nächste Woche Schleyer. Natürlich fand das nicht real innerhalb von drei Wochen statt – aber das Gefühl war so, als ob es so wäre… – dieses Gefühl, dass die machen können was sie wollen. Die knipsen aus wen sie sich ausgeguckt haben; allein die Nummer mit dem Kinderwagen bei der Schleyer-Entführung. Das hat einem das Gefühl vermittelt: Hier sind ein paar supertricky Outlaws – und auf der anderen Seite gibts nur ein paar graue Beamte in grauen Anzügen.
    Und dann kam  ’79 der Afghanistan-Einmarsch der Russen, der natürlich kein ‚Überfall‘ war, wie weiland noch bei der Wehrmacht, sondern das ‚Entsprechen einem Hilfeersuchen eines befreundeten Landes‘ …. – das war so absurd. Und man hat ja diese ganze Absurdität mitgekriegt. Mitte der siebziger war ich mal so zwei Wochen in Berlin, und da sind wir mit dem Bus gefahren und natürlich durch die DDR. Nachmittags (spät, aber es war noch hell) konnte man links und rechts hin und wieder Dörfer sehen – nur grau. Alles grau-in-grau. Entsetzlich. Ich weiß nicht mehr obs auf der Hin- oder Rückfahrt war, aber irgendwie sind wir, als es schon richtig dunkel war, auch in der Nähe irgendeiner größeren Stadt vorbeigekommen – möglich, dass es Magdeburg war … weiß nicht mehr. Jedenfalls: Gefühlte 10 bis 20 Lampen in der Dunkelheit für eine Großstadt. Und im Fernsehen jeden Tag diese Lügenprovokationen von dieser Ar……-Garde von der SED, die jedesmal wieder haarklein bewies warum sie besser sind, und schon wieder gesiegt haben und überhaupt … wir sind die Borg – Widerstand ist zwecklos.
    Und dann ’79 wie gesagt, haben es diese verrückten Greise tatsächlich wieder durchgezogen; und ‚unsere Schutzmacht‘ mit ‚Peanut‘-Carter und die Bilder wie die letzten Amis mit dem Hubschrauber vom Dach irgendeines Gebäudes türmen – war das nicht gerade eben erst?? Und in diese Situation dann noch diese SS 20-Drohung, die natürlich keine Drohung ist, sondern eine legitime und mehr als berechtigte Verteidigungsmaßnahme gegen den aggressiven Westen, der in der DDR die letzten Glühbirnen klauen will. Dass sich diese irrwitzige Spannung irgendwo lösen mußte war klar. Und das Resultat waren dann diese ganzen Friedensdemos (300.000 im Bonner Hofgarten) – und das war dann die German Angst und die war sehr real – so hab ich sie jedenfalls erlebt. Und berechtigt auf alle Fälle, denn wenn zu allem Überfluß die eine atomare Supermacht Anfang der achtziger Jahre praktisch jedes Jahr einen neuen Todeskandidaten als Generalsekretär wählt, der sich aus eigener Kraft nicht mal mehr auf den Füßen halten kann… – also, das wirkt sich auf das Lebensgefühl derer, die das bewußt erleben müssen und nicht über die Gnade einer Empfindsamkeit wie Alteisen verfügen, schon aus. Das geht nicht einfach so vorüber wie ein Tag Regenwetter.
    Wie es heute mit der German Angst aussieht …. ich weiß nicht recht. Jedenfalls bin ich mir sicher, das wir keinen rosigen Zeiten entgegengehen; aber so ein Lebensgefühl wie damals in den siebziger/Anfang achtziger Jahren hab ich nicht mehr, das ist schon klar. Ja, sorry, wenn das jetzt ziemlich OT war … aber das mußte ich einfach mal los werden.

  • @Sir Toby

    Ich kenne die Zeit nur aus Erzählungen. Diese Angst, dieses „Lebensgefühl, das u.a. in der neuen atomaren Bedrohung wurzelte, war aber doch kein Spezifikum der deutschen Generation, sondern ein weltweites. Die Blumenkinder in den USA, die Friedensbewegung – alles das resultierte aus diesem „Lebensgefühl“.

    Und natürlich fürchten sich Menschen, wenn Umbrüche spürbar anstehen: Das  ist aber keine deutsche Eigenschaft – kein German angst  – sondern allen Menschen immanent.

    Nimm nur als Beispiel den Angriff auf die Zwillingstürme in den USA.  Ein nationales Trauma der Amerikaner – in einem Ausmaß, wie es unseren Großeltern/Urgroßeltern geradezu „lächerlich“ [bitte nicht missverstehen] erscheinen  muss, weil sie durch die flächendeckenden Bombardierungen ganzer Städte in Schutt und Asche ganz andere Szenarien und Dimensionen erlebten.

    Doch, ich halte dieses German angst für ein ausschließliches Konstrukt, das mit der Realität nicht das Geringste zu tun hat.

  • Sir Toby:

    # Judith

    „Diese Angst, dieses “Lebensgefühl, das u.a. in der neuen atomaren Bedrohung wurzelte, war aber doch kein Spezifikum der deutschen Generation, sondern ein weltweites. Die Blumenkinder in den USA, die Friedensbewergung – alles das entstand aus diesem “Lebensgefühl” heraus.“

    Da darfst Du die Dinge nicht durcheinanderbringen. Die ‚Blumenkinder‘ gehören in die sechziger Jahre der USA und wurzeln wiederum in einem veränderten Lebensgefühl, das schon in den fünfziger Jahren von späteren kulturellen Leitfiguren (z.B. Ginsberg, Borroughs (oder so ähnlich ) formuliert wurde. Die drückten das Lebensgefühl einer im weitesten Sinne spirituellen Suche aus (daher auch die ganzen Drogenexperimente als Ausdruck einer neuen Suche nach Transzendenzerfahrungen), was dann noch verstärkt wurde durch die Vietnam-Erfahrung, die Korrumpierung der staatlichen Autorität durch Nixon (Watergate).

    Was ‚weltweit‘ war (bezogen aber eigentlich nur auf die westliche Welt) war die Suche nach Transzendenz, nach Sinn, nach Wert. Auf dieser Basis entwickelten sich dann verschiedene Ableger (Umweltbewegung – Frauenbewegung – Anti-Atom-Bewegung etc.) in unterschiedlichen Staaten in unterschiedlicher Intensität. Bei uns gab es ja zudem schon seit den fünfziger Jahren mit der Ostermarschbewegung eine ganz frühe Friedensbewegung, in die dann Leute aus den oben genannten Hauptströmungen in den siebziger Jahren hineinströmten.

    Und dann denk mal nach: Du hast selbst gesagt, 9/11 wäre für die Amis ein Trauma; natürlich sind die materiellen Zerstörungen lächerlich, aber der eigentlich traumatisierende Effekt beruht doch auf dem Zusammenbruch eines Grundgefühls der Unangreifbarkeit, der Stärke, des letztlich-immer-Sieger-seins, des Besitzes von (damals glaube ich) ca. 12.000 Atomsprengköpfen. Und wenn Du den Amerikanern, die doch militärisch und ökonomisch der mächtigste Staat des Planeten sind (oder auch waren?) ein Trauma wegen 9/11 zugestehst … kannst Du dir da wirklich nicht vorstellen, dass es in Deutschland, das zwei Weltkriege verloren hatte, in Schutt und Asche gelegt worden ist, geistig und seelisch völlig zerrissen ist, geteilt noch dazu durch eine Systemgrenze zweier politischer Systeme, die sich mit zehntausenden atomarer Sprengköpfe gegenüberstehen … ohne eigene Mittel irgendeine wirkliche Bedrohung abzuwenden …. kannst Du dir da wirklich nicht vorstellen, dass es da zu in einem und über einen bestimmten Zeitraum zu spezifischen psychischen Reaktionen kommt, die dann vom Ausland als German Angst benannt worden sind?
    Okay, mußt Du ja auch nicht. Ich wollte lediglich anmerken, dass ich diese Zeit bewußt erlebt habe, dass ich die Spannung gespürt habe und dass mir der Zappen gegangen ist ohne Ende. Und insofern sehe ich mein eigenes damaliges Empfinden durch den Begriff German Angst durchaus gespiegelt. Dass dieses Gefühl heute noch präsent oder bestimmend wäre, habe ich nicht behauptet.
     

  • @Sir Toby

    Und wenn Du den Amerikanern, die doch militärisch und ökonomisch der mächtigste Staat des Planeten sind (oder auch waren?) ein Trauma wegen 9/11 zugestehst … kannst Du dir da wirklich nicht vorstellen, dass es in Deutschland, das zwei Weltkriege verloren hatte, in Schutt und Asche gelegt worden ist, geistig und seelisch völlig zerrissen ist, geteilt noch dazu durch eine Systemgrenze zweier politischer Systeme, die sich mit zehntausenden atomarer Sprengköpfe gegenüberstehen … ohne eigene Mittel irgendeine wirkliche Bedrohung abzuwenden …. kannst Du dir da wirklich nicht vorstellen, dass es da zu in einem und über einen bestimmten Zeitraum zu spezifischen psychischen Reaktionen kommt, die dann vom Ausland als German Angst benannt worden sind?

    Selbstverständlich. Das Konstrukt German angst behauptet aber, wir Deutschen seien ohne jeden Grund ängstlicher als Angehörige andere Nationen – das Trauma, das die deutsche Kriegsgeneration und ihre Kinder erlebten, wurde ihnen ja nicht einmal zuerkannt.

    Und genau mein Beispiel USA/AngriffZwillingstürme/nationalesTrauma zeigte auf, dass wir eben NICHT ängstlicher sind, sondern alle Menschen  bei bedrohlichen Ereignissen [real oder antizipiert] mit Angst und Unsicherheit reagieren.

  • Ich reiche die Definition von der [angeblichen] German angst nach

    German Angst
    : die zurückhaltende Außen- und Sicherheitspolitik Deutschlands nach der Wiedervereinigung, insbesondere in Bezug auf den zweiten Golfkrieg. Ebenso ist die immer wiederkehrende, auf der Welt oft beispiellose Panikmache in den deutschen Medien ein Beispiel der „German Angst“. Populäre Vertreter hiervon sind etwa die Vogelgrippe, BSE, die Risiken der Atomkraftwerke sowie die auswuchernde Angst vor dem Weltuntergang durch den Klimawandel.

  • Sir Toby:

    # Judith

    Ach so – dann hab ich dich falsch verstanden. Nichts für ungut.

  • „“wir Deutschen seien ohne jeden Grund ängstlicher als Angehörige andere Nationen – das Trauma, das die deutsche Kriegsgeneration und ihre Kinder erlebten, wurde ihnen ja nicht einmal zuerkannt.““ ohne jeden Grund??? hört sich wie ein Schlag in die Fresse  an. Frag jeden Auswanderer nachdem die Euphorie des neuen Landes auf normalen Level gesunken ist, warum und wieso. Wenn das keine Ängste waren, wie nennt man es wenn  Frustration und Machtlosigkeit einhergehen? Die Definition hier oben reflektiert  natuerlich die  parallelen Ereignisse und ändert sich wohl mit den Problemen der Zeit, aber ein Teil ist eindeutig mit der dauernd geschürten negativen Meinungsmache und  gewollten Verschleierung unserer eigenen Vergangenheit verbunden. Die BRD hatte es nie geschafft ein vernünftiges Verhältnis zwischen Land, Bürgern und Zukunft herzustellen.
    Dieser Staat hat wie ein spineloses Wesen nach außen gebuckelt und dem eigenem Volke verwehrt, ein gesundes Verhältnis zu ihm zu wachsen und zu erhalten.
    Was sich heute in BDDR und EU abspielt ist angstvoll, keine Frage!
    Waren es  der kalte Krieg , in deren Gefahren Zone zu leben oder Debatten über die damals eingeführten Notstandsgesetze etc.;
    Reaktion Deutscher (u.a.) war es, sich mit Vorliebe an und in das Ausland zu orientieren.
    Die nun ersichtliche Entwicklung von einer provisorischen Demokratie in einen zunehmend intoleranten Überwachung Staat hat mich persönlich nicht überrascht.
    Man wollte es nicht glauben, aber ungute Gefühle (Ängste) waren immer ständige Begleiter.
    Ja Deutsche empfinden sicher besonders stark; auch im Ausland, oder gerade deshalb wird einem vieles klarer.
    Hauptschuld sehe ich in unserer eigenen Gesellschaft nicht (an)erkannt zu haben, wohin diese Entwicklung  ging und geht .
    Umerziehung hat auch mich betroffen, nur die Wirklichkeit ist auch ein Lehrmeister.
    Widersprüche, erlebt oder nur erlernt sind Grund für dieses Unbehagen.

  • @Sir Toby

    Macht doch nichts – ich hätte die Definition gleich im Artikel oben dazustellen sollen.

    Du hast auch Recht mit deinen Ausführungen über die furchtbaren Geschehen – die enormen Leistungen, die diese Generation trotz alledem im Wiederaufbau erbrachten sind nie richtig gewürdigt worden. Das ist ein Armutszeugnis für die BRD-„Eliten“.

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