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Operation Regimewechsel: Die Fabrikation eines Konsenses

Teil 2 von  John Laughlands «The Technique of a Coup d’État»

Dies bringt uns zur zweiten Literatur, die sich mit der Manipulation der Medien befasst. Malaparte diskutiert diesen Aspekt nicht selbst, aber er ist (a) sehr bedeutsam und (b) in der Art, wie heutzutage ein Regimewechsel vollzogen wird, eindeutig ein Bestandteil der Technik des Staatsstreichs. So wichtig ist die Kontrolle über die Medien während eines Regimewechsels tatsächlich, dass eines der Hauptmerkmale dieser Revolutionen die Herstellung virtueller Realitäten ist. Die Kontrolle dieser Realität ist in sich ein Machtinstrument, weshalb die Radiostationen das erste sind, dessen sich die Revolutionäre in klassischen Staatsstreichen in Bananenrepubliken bemächtigen.

Es ist für Menschen psychologisch äusserst schwer zu akzeptieren, dass politische Ereignisse heutzutage absichtlich manipuliert werden. Dieser Widerwille ist selbst ein Produkt der Ideologie des Informationszeitalters, das der Eitelkeit der Menschen schmeichelt und sie darin ermutigt zu glauben, dass sie Zugang zu riesigen Informationsmengen haben. In Wirklichkeit versteckt die Vielfältigkeit moderner Medien eine extreme Armut an ursprünglichen Quellen, etwa so wie eine Strasse voller Restaurants an einer griechischen Küste die Realität einer einzigen Küche im Hinterhof verstecken kann. Nachrichtenmeldungen von grösseren Ereignissen basieren sehr oft auf einer einzigen Quelle, normalerweise einer Nachrichtenagentur, und selbst massgebliche Nachrichtenoutlets wie die BBC recyceln einfach die Information, die sie von diesen Agenturen erhalten haben, und präsentieren diese als ihre eigene. BBC-Korrespondenten sitzen oft in ihren Hotelzimmern, wenn sie ihre Meldungen verschicken, wobei sie sehr oft dem Studio in London einfach die Informationen verlesen, die sie von ihren Kollegen zu Hause erhalten haben, die sie von den Agenturen bekommen haben.

Ein zweiter Faktor für den Widerwillen, an eine Medienmanipulation zu glauben, hat mit dem Gefühl der Allwissenheit zu tun, dem das Massenmediumszeitalter gerne schmeichelt: Nachrichtenmeldungen als Quatsch zu bezeichnen bedeutet, den Leuten zu sagen, dass sie leicht zu täuschen sind, und eine solche Botschaft zu erhalten ist nicht angenehm.

Zur Medienmanipulation gehören viele Elemente. Eines der wichtigsten ist politische Ikonographie. Dies ist ein sehr wichtiges Instrument der Förderung der Legitimität von Regierungen, die in einer Revolution an die Macht gelangt sind. Man braucht nur an ikonische Ereignisse wie den Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789, die Erstürmung des Winterpalais während der Oktoberrevolution 1917 oder Mussolinis Marsch auf Rom 1922 zu denken, um zu sehen, dass Ereignisse zu fast unerschöpflichen Quellen der Legitimität befördert werden können.

Die Bedeutung politischer Bilder übertrifft jedoch bei weitem die Erfindung eines einfachen Emblems für jede Revolution. Sie bedeuten eine weit tiefergehende Kontrolle der Medien, und im allgemeinen muss diese Kontrolle über eine lange Zeitperiode hinweg ausgeübt werden, nicht nur im Augenblick des eigentlichen Regimewechsels. Es ist sogar wesentlich, dass die offizielle Parteilinie bis zum Erbrechen wiederholt wird. Ein Kennzeichen heutiger, von vielen Dissidenten bequem und fälschlicherweise als «totalitär» verurteilter, Massenmedienkultur ist gerade, dass die Äusserung und Veröffentlichung abweichender Meinungen zugelassen ist, aber dies ist genau deswegen der Fall, weil sie als blosse Tropfen im Ozean nie eine Bedrohung für die Propagandaflut sind.

Willi Münzenberg

Einer der modernen Meister derartiger Medienkontrolle war der deutsche Kommunist Willi Münzenberg, von dem Joseph Goebbels sein Handwerk lernte.  Münzenberg war nicht nur der Erfinder der «Meinungsmache», er war auch der erste, der die Kunst der Herstellung von Netzwerken meinungsbildender Journalisten perfektionierte, die für die Bedürfnisse der Kommunistischen Partei in Deutschland und für die Sowjetunion bedeutsam waren. Dabei machte er ausserdem ein riesiges Vermögen, da er ein beachtliches Medienimperium aufbaute, von dem er die Profite abräumte.

Münzenberg war von Anfang an aufs engste mit dem kommunistischen Projekt verwickelt. Er gehörte zum Kreis Lenins in Zürich, und im Jahr 1917 begleitete er den zukünftigen Führer der bolschewistischen Revolution zum Zürcher Hauptbahnhof, von wo aus Lenin in einem versiegelten Zug und mit Hilfe der deutschen kaiserlichen Regierung zur Finnlandstation in St. Petersburg reiste. Lenin rief Münzenberg auf, die erschreckende Wirkung in der Öffentlichkeit zu bekämpfen, die 1921 entstanden war, als 25 Millionen Bauern in der Wolga-Region an jenem Hunger zu leiden begannen, der die neugeschaffene Sowjetunion durchfegte.

Münzenberg, der zu dem Zeitpunkt nach Berlin zurückgekehrt war, wo er später als Abgeordneter der Kommunistischen Partei in den Reichstag gewählt wurde, wurde mit dem Aufbau einer fingierten Arbeiter-Wohlfahrtsorganisation beauftragt, dem «Auslandskomitee zur Organisierung der Arbeiterhilfe für Russland», dessen Zweck es war, der Welt vorzutäuschen, dass humanitäre Hilfe auch aus anderen Quellen als aus Herbert Hoovers «Amerikanischer Behörde für Hilfsmassnahmen» kam. Lenin befürchtete nicht nur, dass Hoover mit seinen humanitären Hilfsprojekten Spione in die UdSSR senden würde (was er tat), sondern auch, vielleicht noch mehr, dass der erste kommunistische Staat der Welt nur wenige Jahre nach der Revolution durch die negative Öffentlichkeitswirkung eines ihm zu Hilfe eilenden kapitalistischen Amerikas auf verheerende Weise beschädigt würde.

Nachdem Münzenberg mit dem «Verkauf» des millionenfachen Todes von Menschen durch die Hände der Bolschewisten seine ersten Erfahrungen gesammelt hatte, wandte er seine Aufmerksamkeit allgemeineren Propagandaaktivitäten zu. Er baute ein riesiges, als «Münzenberg-Konzern» bekanntes Medienimperium auf, dem zwei tägliche Massenblätter in Deutschland, ein wöchentliches Massenblatt und weltweit Anteile an Dutzenden anderer Druckwerke gehörten. Seine grössten Streiche waren die Mobilisierung der Weltmeinung gegen Amerika im Sacco-Vanzetti-Prozess (gegen zwei anarchistische italienische Einwanderer, die im Jahr 1921 wegen Mordes zum Tode verurteilt wurden) und 1933 das Konterkarieren der Behauptung der Nazis, dass der Reichstagsbrand das Ergebnis einer kommunistischen Verschwörung war. Zur Erinnerung: Die Nazis benutzten den Brand, um Massenverhaftungen und -exekutionen von Kommunisten zu rechtfertigen, obwohl es jetzt klar zu sein scheint, dass das Feuer wirklich allein von dem Mann gelegt wurde, der damals im Gebäude festgenommen wurde, dem Einzeltäter Marinus van der Lubbe. Münzenberg konnte grosse Teile der öffentlichen Meinung tatsächlich von der gleichartigen, aber jener der von den Nazis verbreiteten entgegengesetzten Unwahrheit überzeugen, nämlich, dass die Nazis selber das Feuer gelegt hatten, um einen Vorwand für die Beseitigung ihrer Hauptfeinde zu haben.

Heutzutage ist Münzenberg hauptsächlich aus folgendem Grund bedeutsam: Er begriff die grundlegende Bedeutung der Beeinflussung der Meinungsmacher.

Er nahm insbesondere die Intellektuellen ins Visier, da er der Ansicht war, dass Intellektuelle auf Grund ihrer Eitelkeit besonders leicht zu beeinflussen waren. Zu seinen Kontakten gehörten viele der grossen literarischen Figuren der 1930er Jahre, die er in grosser Zahl ermutigte, die Republikaner im Spanischen Bürgerkrieg zu unterstützen und diese Tatsache in eine Cause célèbre des kommunistischen Antifaschismus zu verwandeln. Münzenbergs Taktiken sind für die Meinungsmanipulation in der Neuen Weltordnung von heute von höchster Bedeutung. Mehr als jemals zuvor tauchen ständig sogenannte «Experten» auf unseren Fernsehbildschirmen auf, um zu erklären, was gerade passiert, und sie sind immer Träger der offiziellen Parteilinie. Sie werden auf verschiedene Weise kontrolliert, normalerweise durch Geld oder durch Schmeichelei.

Fortsetzung folgt

5 Kommentare zu „Operation Regimewechsel: Die Fabrikation eines Konsenses“

  • Freidenker:

    Im Grunde finde ich das größere Angebot der Medien, insbesondere das Internet als einen Glücksfall in der Geschichte, Glücksfall deshalb weil das Internet ursprünglich nicht als freies Medium gedacht war.
    Jede Medallie hat halt zwei Seiten, und die Flut der Talkshows und Gerichtssendungen etc. führt halt auch dazu das sich die Dumpfbacken diesen Mist nun 24 Stunden am Tage reinziehen können.
    Leider werden nur die wenigsten kritische Blogs oder Webseiten besuchen, aber es gibt zumindest theoretisch die Möglichkeit.
    Sollten es wirklich mehr werden die sich von den MSM abwenden, werden die Mächtigen ganz schnell wieder die Porno, Nazi, oder Kinderschänderkeule herausholen um das Netz auf Linie zu bringen.
    Insbesonders bei der Kinderschänderdiskussion habe ich den Eindruck das durch das Internet mehr Täter überführt wurden als vorher,deshalb ist die Sperrung diverser Seiten eher kontraproduktiv, aber das hat scheinbar noch keiner gemerkt.
    Und die Steuerung diverser Revolutionen kann man sehr schön an der „Grünen Revolution“ im Iran, und der Berichterstattung darüber in den MSM erkennen.

  • Anna Luehse:

    Hallo Judith,

    schön, daß Du wieder an Bord bist. Und danke, für diese sehr gute Serie, die ich erst heute in Ruhe gelesen habe.

    Ich werde anschließend noch eine Ergänzung einfügen und hoffe, daß es nicht zu lang wird.

  • Anna Luehse:

    „Zur Medienmanipulation gehören viele Elemente…Man braucht nur an ikonische Ereignisse wie den Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789…“

    Dr. Julius Lippert schreibt in seinem Buch „Lächle…und verbirg die Tränen“ zum Sturm auf die Bastille – Auszug:

    Es ist immer wieder erstaunlich zu beobachten, was gute Propaganda zu bewirken vermag. Die Legende vom freiheitbringenden Bastillesturm spukt noch heute in den Schulbüchern herum, alle seriösen Zeitungen auf der ganzen Welt tun so, als glaubten sie ebenfalls daran…

    Alljährlich am 14. Juli feiert man in Paris den Sturm auf die Bastille, als den Jahrestag der Befreiung für das Volk…. Das alles geschieht, damit jeder gute Franzose sich immer daran erinnere, wie am 14. Juli 1789 das mit Recht erbitterte Volk von Paris spontan aufstand und die Zwingburg Bastille – das Symbol der Tyrannenwillkür und der Gewalt mitten im Herzen der Stadt – erstürmte, die dort im Keller schmachtenden Gefangenen herausholte und so der Welt das Signal zur völkerbefreienden Großen Revolution gab….

    Die Bastille…war stets, selbst in der Zeit ihrer Hochblüte, nur ein sehr kleines Gefängnis gewesen, mit weniger Räumen und Insassen, als sich normalerweise in jedem Amtsgerichtsgefängnis einer deutschen Mittelstadt befinden. Die alte Feste konnte 42 Einzelhäftlinge aufnehmen….

    Während der ganzen,…Regierungsdauer Ludwigs XIV., zwischen I660 und I774 , haben nach den erhalten gebliebenen Registern 2228 Gefangene in der Bastille gesessen, was einem Jahresdurchschnitt von 40 Insassen entspricht. Zu Ludwigs XV. Zeit, von 1716 bis 1774, betrug die jährliche Durchschnittsbelegung 43 Häftlinge, und unter Ludwig XVI., den seine Untertanen den Gutmütigen nannten, sank sie bis auf 19 ab. Als die Bastille am 14. Juli 1789 ,,gestürmt“ wurde, befanden sich in ihr noch sieben Gefangene….

    Minister Bréteuil hatte die Auflösung der Haftanstalt beschlossen und für den Abriß einen königlichen Befehl erwirkt…Die Helden des Bastillesturmes rannten … offene Türen ein, und den Anführern des Volkshaufens,… waren diese Verhältnisse auch durchaus bekannt. Ihre Absicht war …vielmehr ein Weitertreiben des bewaffneten Umsturzes, wofür zugkräftige Parolen nötig waren. Seit mehr als einem Jahre schon rissen in ganz Frankreich die planmäßig geschürten Unruhen nicht mehr ab. Am Vormittag hatte derseIbe Haufe, der jetzt singend und johlend auf die Bastille loszog, die Kasernen der Invaliden mit seinem Besuche beehrt, wo 25 000 Gewehre lagerten….

    Im Innern der Bastille fand man sieben Gefangene vor. Auch ihre Namen stehen aktenmäßig fest, weil beinahe alle Papiere der Bastillenverwaltung…in einem Keller der Arsenal-Bibliothek landeten, wo sie bei einem Umbau des Gebäudes wieder aufgefunden worden sind, sehr zum Entzücken einiger historischer Spezialisten und sehr zum Mißvergnügen der Politiker, die sich dann auch erfolgreich bemühten, diesen Fund totzuschweigen.
    Von jenen Sieben waren vier rechtmäßig verurteilte Falschmünzer namens Béchade, Laroche, La Corrège und Pujade, letzterer nach den Akten ,,ein aus Amsterdam zugewanderter spaniolischer Jude“. Der fünfte Insasse, Tavernier, saß wegen Urkundenfälschung. Dann fand man noch einen geisteskranken Engländer Whyle, der auf seinen Abtransport in die Heimat wartete, und schließlich einen wegen Sittlichkeitsverbrechens eingelochten jungen Grafen von Solages. Der genannte Tavernier hatte ausweislich der Gefängnisakten im November 1788 außer seiner Hausverpflegung noch folgende Genußmittel konsumiert: fünf Unzen Tabak, vier Flaschen Schnaps, fünfundvierzig Flaschen Wein, sechzig Flaschen Bier, sieben gebratene Täubchen, neunzig Lot Kaffee, drei Pfund Zucker und vier große Rahmkäse.

  • […] britische Journalist John Laughland schreibt in seiner Abhandlung “Operation Regimewechsel” u.a. von der wichtigen Rolle politischer Ikonographien: Bilder, die symbolisch für eine […]

  • Ich frage mich, inwieweit die Macht der Propaganda – also der Lüge, schwächer ist wenn die Menschen mit gesundem Herzen Christen sind. Allein schon die 10 Gebote hindern an so manchen Dingen.

    Aber die Wahrheitsiebe müsste doch bewirken dass die Menschen zurückhaltender sind was Massenmedien angeht.

    Templarii

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