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Frankreich stand kurz vor dem Kollaps

So langsam kommen die Hintergründe der dramatischen Rettungs-Aktion vom letzten Wochenende ans Licht – wenn auch nicht als Scheinwerfer,  sondern eher in Form der EU-verordneten Energiesparlampe. Eine klein gehaltene Passage in einem ansonsten langen Artikel gibt Auskunft: Die Probleme lagen nicht allein bei Griechenland, Portugal oder Spanien, es war Frankreich, das am letzten Wochenende vor dem Kollaps stand.

Vor dem Euro-Gipfel der Staats- und Regierungschefs am Freitag in Brüssel eskalierte die Lage und zwang die EZB zum Eingreifen. „Plötzlich waren nur noch deutsche Bundesanleihen liquide, noch nicht einmal mehr gute französische Staatstitel“, erklärt ein Euro-Notenbanker die Zwangslage. „Es musste gehandelt werden – ohne Rücksicht auf Verluste.“ Als Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy den anderen Regierungen einen gigantischen, rund 750 Milliarden Euro schweren Schutzschirm für den Euro abrang, konnte auch die EZB nicht mehr abseits stehen und gab ihren Widerstand auf.

Nachzulesen u.a. in:
(1) SPon: Kehrtwende der EZB
(2) Abendblatt: EZB öffent Büchse der Pandora

Frankreich selbst ist mit ca. $911 Milliarden Dollar der Hauptgläubiger der PIIGS-Staaten, die $75 Milliarden, die französische Banken in griechischen Staatsanleihen halten, sind da nur ein Tröpfchen auf den heißen Stein. Sarkozy plusterte sich nach dem Beschluss dann auch gewaltig auf: 95 Prozent der französischen Forderungen seien in den ausgehandelten Vertrag übernommen worden.

Wo immer man anfängt, das Euro-Rettungs-Desaster zu betrachten, man landet bei jenem genial-brutal-aufrichtigen französischen Zeitungskommentar aus dem Jahr 1992: „Maastricht, das ist der Versailler Vertrag ohne Krieg“. (Paulwitz in der JF: Versailles ohne Krieg)

4 Kommentare zu „Frankreich stand kurz vor dem Kollaps“

  • Wahnfried:

    Naja, wir Deutschen haben eben die Wahl zwischen Versailles mit Krieg und Versailles ohne Krieg.

    Was will man also dazu noch sagen?

  • Anna Luehse:

    Ein anerkannter kanadischer Finanzberater hat die vom Spiegel zitierten Angaben bestätigt. Hier seine Anmerkungen:
    „Die Probleme lagen nicht bei Griechenland, Portugal oder Spanien. Denn der PIGS-Virus hat den bisherigen Stabilitäts-Anker des Euro-Raums, Frankreich, befallen. Oder in plain Words ausgedrückt: Ende letzter Woche stand Frankreich vor dem Kollaps. Die Grande Nation ist nämlich mit $911 Milliarden Dollar der Hauptgläubiger der PIGS-Staaten. Die $75 Milliarden, die franz. Banken in griechischen Staatsanleihen haben, sind da nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
    Wie großspurig hat sich der gallische Hahn auf dem EU-Gipfel Am Ende letzter Woche in Szene gesetzt: 95 Prozent der Französischen Forderungen sollen in den ausgehandelten Vertrag übernommen worden sein.
    Dabei war er nicht der Macher, sondern selbst nur ein Getriebener, der seinen Kopf aus der Schlinge ziehen wollte: Ende letzter Woche waren die franz. Staatsanleihen nicht mehr liquide. Es gab plötzlich einfach keinen Markt mehr, wo sich Käufer für die Papiere gefunden hätten. Staatsbankrott in spe könnte man auch sagen.
    Die Panik war Sarkozy ins Gesicht geschrieben. Und plötzlich ließen sich zwei einflussreiche Franzosen zu weitgehenden Maßnahmen hinreißen, die vor wenigen Tagen undenkbar erschienen.
    Dominique Strauß-Kahn, Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) beteiligte sich mit einer bislang für den IWF ungeahnten Summe von 220 Milliarden Euro an dem 720 Milliarden Euro Schweren Rettungspaket der EU-Staaten… Und der zweite Franzose im Bunde, Jean-Claude Trichet, setzte den Ankauf von Staatsanleihen der Euro-Mitgliedsstaaten durch die EZB trotz erbitterten Widerstand der deutschen Vertreter durch. Die EZB hat sich damit endgültig ihrer Bundesbank-Wurzeln entledigt, die hießen: Politische Unabhängigkeit und Währungs-stabilität…
    Aber in den Vereinigten Staaten hagelt es inzwischen Kritik an diesen Maßnahmen. Die USA als diejenige Nation, die den größten Anteil am IWF hält, muß nun auch für die Euro-Rettung am meisten zahlen…
    Frankreich hat fertig. Ein baldiges Überspringen der PIGS- Krankheit auf Deutschland ist wahrscheinlich, wenn nicht bereits erfolgt…“

  • Freidenker:

    Das Verhalten und die Aussagen der Politiker bezüglich der Eurokrise erinnert mich an das „Zurückfluten“ der Wehrmacht aus Russland, damals wurde nie das Wort Rückzug in den Mund genommen, es gab immer nur „Frontbegradigungen“, selbst als das Atilleriefeuer der Roten Armee schon in Berlin zu hören war.

  • Hans:

    @ Paulwitz/DK-Team/Wahnfried

    Dann lieber mit Krieg.

    Einen Krieg KANN man verlieren. Dann folgt eben Versailles. Aber man kann ihn auch gewinnen.

    Versailles direkt zu akzeptieren ist einfach nur jämmerlich und feige.

    Da sollten wir uns hier aber selbst an die Nase fassen. Schließlich leben Kohl/Schröder/Merkel und Konsorten noch. Wahrscheinlich gücklich und vergnügt bis ans natürliche Ende ihrer Tage. Keiner von denen verspürt die Angst, mal an einem Laternenpfahl zu enden. Aber vorsichtshalber fährt von denen lieber keiner mit dem Cabrio.

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