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Weltwirtschaftskrise und Euro-Rettung

Am Montag trifft US-Finanzminister Geithner zuerst den deutschen Finanzminister Schäuble, dann den italienischen EZB-Chef Draghi, und am folgenden Tag taucht aus Italien und Frankreich die Forderung auf, den ESM mit einer Banklizenz auszustatten, d.h. die Kreditaufnahme ohne Beschränkung zu ermöglichen: Wer glaubt an die Zufälligkeit der Abfolge der Ereignisse?

Es wird ein Schema sichtbar, daß die Bewältigung einer Schuldenkrise dadurch zu bewerkstelligen sucht, daß man die Lasten vor allem auf Deutschland abwälzt. Dieses Schema wird seit dem Ende des 1. Weltkriegs, so scheint mir, angewandt, freilich zuletzt vergeblich, weil ruinös für alle beteiligten Länder. Die USA waren 1917 selbst in den Krieg eingetreten, wohl vor allem, um den bei ihnen durch Kriegskredite hochverschuldeten Gegnern Deutschlands zum endgültigen Sieg zu verhelfen, da man ansonsten einen Zahlungsausfall zu befürchten gehabt hätte. Diese Gegner ihrerseits planten, die Schuldenlasten dadurch begleichen zu können, daß sie die Kosten auf Deutschland samt Österreich-Ungarn und das Osmanische Reich abwälzten; letztere setzten sich gegen eine Aufteilung ihres Kernlandes erfolgreich zur Wehr und fielen damit aus. Es blieben Deutschland und Deutsch-Österreich, denen man einen staatlichen Zusammenschluß untersagte.

Die weitere Geschichte ist ja allzu bekannt. Sie führte Deutschland in die Hyperinflation. Eine vorübergehende Lösung bildete der  Dawes-Plan (1924), wonach nun auch Deutschland wie seine ehemaligen Kriegsgegner mit US-Krediten versorgt wurde, um das nach 1918 entstandene System des Abbezahlens aufrecht zu erhalten; doch es mußte zusammenbrechen, sobald keine neuen US-Kredite mehr gewährt wurden.

Nach einem halben Jahrzehnt, den sog. „Goldenen Zwanzigern“, geschah dies in Folge des New Yorker Börsenkrachs. Unmittelbar zuvor hatte der den Dawes-Plan modifizierende Young-Plan noch Deutschlands Reparationszahlungen bis 1988 festgeschrieben, da fielen die Aktienkurse jäh, nachdem die FED sich genötigt gesehen hatte, eine restriktivere Geldpolitik zu betreiben, die Kredite verteuerte, was sich wiederum hemmend auf die Wirtschaft auswirkte. Der Grund für den Beschluß, die Kreditmenge zu verkleinern, bestand darin, daß es eine (relative) Überproduktion gab: Der Export der USA war durch protektionistische Maßnahmen beschränkt, die Nachfrage im Inland sehr begrenzt, da die Löhne der Werktätigen sowie das Einkommen der Landwirte gering waren. – Es folgte die Weltwirtschaftskrise ab 1929.

Nach bewährtem Schema also sucht US-Finanzminister Geithner zuerst Rest-Deutschland auf, dann die inzwischen entstandene EZB, und nachdem Deutschland für das Versailler Diktat bis 2010 bezahlt hat, steht nun die Euro-Rettung an. Alain de Benoist schreibt in seinem Buch „Am Rande des Abgrunds“: „Dieser Hauptfeind ist immer der schädlichste und dabei mächtigste: der [Finanz-]Kapitalismus und die Konsumgesellschaft auf ökonomischer Ebene, der Liberalismus auf politischer Ebene, die Bourgeoisie auf gesellschaftlich Ebene und die USA auf geopolitischer Ebene.“ (S. 175) Dabei wäre aus meiner Sicht nur das Wort „Bourgeoisie“ zu ersetzen durch „Ideologie der politischen Klasse“ o.ä., denn es sind ja nicht etwa mittelständische Unternehmen konstitutiver Bestandteil des Problemzusammenhangs, sondern Banken und Aktiengesellschaften sowie deren Interessenvertreter.

 

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