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Benebelte Sinne

von virOblationis

Da „Nach der Frankfurter Schule 1: Habermas“ noch etwas Zeit braucht, hier erst einmal ein Artikel, der ebenfalls mit dem geistigen Umfeld der Neuen Linken zu tun hat, mit deren Affinität zur Droge Haschisch. Erst jüngst wieder wurde von den „Grünen“ in Nordrhein-Westfalen die Freigabe des aus der Hanfpflanze gewonnenen Rauschmittels gefordert, und die Piraten-Partei unterstützt dasselbe Anliegen ohnehin. Dies scheint mir weder zufällig zu sein noch lediglich auf dem Wunsch nach Vergrößerung der Freiräume des einzelnen zu beruhen. Denn andererseits will man gegen Alkoholwerbung vorgehen, die Grünen sogar während des Kölner Karnevals; gegenüber den Vorlieben der großen Mehrheit der Bevölkerung ist man wenig sensibel.

Ist es nicht völlig gleich, womit sich einer berauscht? – Keineswegs. Es gibt die Geschichte vom verschlossenen Stadttor, vor dem sich nachts ein Betrunkener, ein Opium- und ein Haschischesser treffen: Sie reagieren darauf, daß ihnen der Weg in die Stadt versperrt ist, in charakteristisch verschiedener Weise. Der Betrunkene will das Tor einschlagen, der Opiumkonsument bis zum Morgen davor schlafen, und der Haschischesser schlägt vor, durch das Schlüsselloch zu kriechen; ihm ist der Bezug zu dem, was in der Realität möglich ist, verloren gegangen, so daß er infantil wirkt.

Ob diese Geschichte wirklich aus dem Orient stammt, weiß ich nicht; sollte sie lediglich von einem modernen Erzähler in ein historisches und zugleich exotisches Gewand gekleidet worden sein, so ist sie doch gut nacherfunden worden. Der Sammlung von „Tausendundeiner Nacht“ entstammt sie jedenfalls nicht. Dort findet sich stattdessen die kurze „Geschichte vom Haschischesser“ (142./143. Nacht). Den hat seine Zuneigung zum weiblichen Geschlecht in Armut gestürzt, und er flüchtet aus dieser Realität mittels Haschisch. Da er berauscht in einem öffentlichen Bad von seinen erotischen Phantasien träumt, erregt er Ärgernis und wird verprügelt, während er sich in ein Paradies irdischer Lüste versetzt glaubt. – An dieser Geschichte wird neben der Infantilität ein weiterer Zug des Haschischs als Droge erkennbar, die Asozialität.

Die Träume des orientalischen Haschischessers führen keineswegs zur Friedlichkeit, wie gern vorgegaukelt wird. Geradezu überdeutlich zeigt dies das Beispiel der Assassinen: Diese schiitische Sekte trieb ihr Unwesen in Persien und Syrien während des 11. bis 13. Jahrhunderts; die – damals noch heidnischen – Mongolen bereiteten ihr durch die Einnahme des Stammsitzes in Persien ein Ende (1256), und die ägyptischen Mamelucken zwangen sie in Syrien zur Aufgabe (1271). Bis dahin übten sie politische Macht durch Mordanschläge aus; das französische Wort für Attentäter, Assassins, ist vermutlich aus Haschaschin bzw. Assassinen gebildet worden. Junge Männer wurden durch Haschisch berauscht, um ihnen danach ein promiskuitives Paradies mohammedanischer Provenienz vorzuspielen, in welches sie sich versetzt wähnten; um endgültig dorthin zu gelangen, führten sie die ihnen aufgetragenen Attentate willig aus.

Opium macht die Menschen lethargisch. Das Chinesische Kaiserreich wollte sich davor schützen, daß seine Bürger ihre Schaffenskraft durch Opium einbüßen, und wurde daraufhin von England bekriegt (Opiumkriege). – Der Alkohol fördert hingegen im allgemeinen die Geselligkeit, indem die Rationalität vermindert wird, was die Affekte stärker hervortreten läßt. So heißt es auch „in vino veritas“, im Wein [ist] Wahrheit, weil sonst verborgene Stimmungen und Neigungen deutlicher zu Tage treten als im nüchternen Zustand; Aggressivität ist eine mögliche Folge. Alkohol kann auch betäuben: „Wer Sorgen hat, hat auch Likör.“ So muß der Alkoholkonsum wie das Leben im allgemeinen der Mäßigkeit unterworfen werden; es ist gerade ein Problem unserer Zeit, daß in der Öffentlichkeit kaum noch eine Stimme zu hören ist, die auf diese Kardinaltugend hinweist. Stattdessen verbreitet sich Zügellosigkeit mit all seinen negativen Folgen.

Jede Droge hat ihre Charakteristika, und jede Droge hat daher auch ihr entsprechende Konsumenten. So wird, wer erfolgreich in der Gesellschaft sein will, kaum zum Haschisch oder zum Opium greifen, sondern eher zu Kokain oder Aufputschmitteln. – Die Vorliebe für Haschisch in den Kreisen der Neuen Linken läßt sich also kaum mit dem Verweis auf den Reiz des Verbotenen hinreichend erklären; es wird vielmehr eine Sympathie gegenüber der Wirkung der Droge bestehen: Infantilität bis zur Idiotie und Asozialität. Eine Neigung zu solchem Verhalten läßt sich bei den Repräsentanten der Grünen beobachten, wenn sie Problemen emotional begegnen, statt sie rational zu begreifen; dabei spielt das Wunschdenken eine überragende Rolle, so im Falle der Schulpolitik, da man glaubt, durch Herstellung von Gleichheit das Bildungsniveau bewahren, ja anheben zu können.

Wie weit sich das emotionalisierte Gebaren der Neuen Linken in Politik und Medien allgemein verbreitet hat, läßt sich im jüngsten Fall des Untergangs eines Schiffes vor der Küste Lampedusas erkennen: Es ist nicht eine Stimme zu hören, die ganz sachlich davon spricht, daß soundsoviel Menschen bei dem Versuch illegaler Einwanderung um’s Leben gekommen sind. Statt Maßnahmen zu treffen, um solche Tragödien zu verhindern, indem man seeuntaugliche Kähne von Schlepperbanden gar nicht erst über das Meer fahren läßt, wird verkündet: Nun müsse man mehr Einwanderung zulassen, da doch so viele einwandern wollten und sogar das eigene Leben dabei nicht schonten! Es wird überhaupt nicht rational erwogen, wie viel Einwanderer aufgenommen und noch versorgt werden können; die Fläche des dichtbesiedelten Europa scheint ebenso wie die finanzielle Opferbereitschaft der Bürger unbegrenzt vermehrbar zu sein, um alle Wünsche der Zuwanderungsindustrie zu erfüllen. Notfalls will man anscheinend durch’s Schlüsselloch kriechen.

4 Kommentare zu „Benebelte Sinne“

  • Hallo Herr Kollege,

    was ich nicht ganz begreife bei Ihrem übrigens ansonsten sehr schönen Artikel (der Loop mit dem Schlüsseloch als verbindendes Element) ist Ihre Einseitigkeit. So fehlt mir bei Ihrer Beurteilung zur Legalisierungsfrage aus vielleicht verständlichen Gründen die Neutralität auch Argumente für die Legalisierung zu benennen.
    Da ich selbst keiner linken Partei angehöre und mich für die Legalisierung einsetze, im Wesentlichen argumentativ und weniger nach agitpop Mentalität, bitte ich doch zu berücksichtigen, dass es auch im konservativen Spektrum allgemein libertärere Positionen gibt, die einen fairen Umgang des Staats mit solchen Sachen im Sinne eines fairen Schiedsrichters forden. Wie stehen Sie zu diesem Umstand?

    Viele Grüße

    D Renfer

  • virOblationis:

    Sehr geehrte(r) D Renfer!

    Wenn Sie sich mit guten Argumenten für die Legalisierung von Haschisch einsetzen, dann stellen Sie sie doch – in Form einer Gegenrede zu meiner Rede – vor, so daß sich jeder Leser sein eigenes Urteil bilden kann.

  • max:

    Das Gras ist heute durch Züchtung 20 mal stärker als vor 30 Jahren!Soviel zur schwachen Droge…für Schmerzpatienten sollte es aber erlaubt werden.

  • virOblationis:

    @ max

    Wenn der Stoff der Schmerzlinderung dient, dann soll er dazu verwendet werden; um Rausch wird es dabei wohl nicht gehen, oder irre ich mich? – Überhaupt sehe ich in staatlichen Verboten immer nur ein letztes Mittel, das ein „ja“ bzw. „nein“ aus eigener Überzeugung nie zu ersetzen vermag.

    Davon abgesehen ging es mir in dem Artikel eigentlich nicht so sehr um die Droge: Ich habe auf diesen Sack (Haschisch) ein wenig eingeschlagen, zielte dabei aber vor allem die geistige Haltung des Esels (Neue Linke).

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