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Gedankensplitter (1. Sept.)

Wer einem Bedürftigen begegnet und ihm hilft, auch für eine Unterkunft sorgt und dem Herbergswirt noch zwei Denare gibt, vollbringt gewiß ein verdienstvolles und Gott wohlgefälliges Werk. In unserem Lande ist solche Fürsorge sogar teilweise auch staatlich organisiert, und jeder Steuerzahler nimmt daran Anteil, ob er will oder nicht.

Wenn aber Menschen meinen, sie seien dazu berufen, jedes Elend in der Welt zu beseitigen, dann mag das fromm erscheinen, doch in Wahrheit ist es Hybris, denn man versucht, sich an Gottes Stelle zu setzen; außerdem erweckt man den Eindruck, das flüchtige irdische Leben sei von höchster Bedeutung und lenkt damit von der Ewigkeit ab. Wer also alle, nicht nur Landsleute oder Glaubensgenossen aus anderen Ländern, sondern alle diejenigen, die ihre Heimat aus irgend einem Grunde verlassen wollen, vielleicht auch zur Flucht gezwungen sind, zu sich ruft, der wird bloß enden wie Biedermann, den die Brandstifter heimsuchten.

Ein Politiker, der in unserer konkreten Situation dazu auffordert, irgendwelche Flüchtlinge in die eigene Wohnung aufzunehmen, äußert sich aus seiner Sicht gewiß konsequent. Er betrachtet den eigenen Wohlstand und übersieht getrübten Blickes die Tatsache, daß viele seiner Volksgenossen mit ihrer Hände Arbeit kaum mehr die Miete in einem der Ballungsräume zu bezahlen vermögen. Er schaut nur darauf, daß bereits ganze Wohnviertel zu Gunsten nicht assimilierbarer Zugewanderter geräumt und Teile des öffentlichen Raumes preisgegeben worden sind. Nun will er den nächsten Schritt gehen und fordert, einen Teil der eigenen Wohnung zur Verfügung zu stellen. Es fehlt nur noch der letzte Schritt, nämlich selbst auszuziehen.

2 Kommentare zu „Gedankensplitter (1. Sept.)“

  • Christoph Klein:

    Früher war Frischs „Biedermann und die Brandstifter“ gängige Schullektüre, gehörte fast zum Kanon.

    Der „Biedermann“ – früher eindeutig, heute ein zweischneidiges Schwert… Ich weiß es nicht, aber ich vermute ganz stark, daß das Werk als Schullektüre fallen gelassen worden ist. Ist gar nicht anders denkbar.

  • Theosebeios:

    Ich sage, dass wir keine Waffen in den Irak liefern sollen. Das Gemetzel dort gehe uns nichts an. Nun gelte ich als Unmensch. Man könne doch nicht zusehen, wie die Jesiden abgeschlachtet werden. So? Warum nicht? Hat man nicht schon oft dem Abschlachten zugesehen und tut es auch weiterhin?
    Das sei zwar richtig, dennoch läge ich falsch.

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