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Gedankensplitter (12. Jan. ’15)

„Am Wochenende kam es zu massenhaften Manifestationen, die einmütg den Willen zur weiteren Auflösung der europäischen Nationen bekundeten.“ Dieser Anschein jedenfalls soll erweckt werden, da man den ohnehin angesichts der jüngsten Attentate sich äußernden Unmut in die obrigkeitlich gewünschten Bahnen zu lenken sucht. Der Protest richte sich gegen den Terror und damit gegen die Feinde der Freiheit, so heißt es; darunter läßt sich alles Mögliche verstehen, vorzugsweise jedoch das Bekenntnis zur Fortsetzung des Prozesses zur Schaffung einer immer offeneren Gesellschaft, bestehend aus einer globalen Mischung verschiedenster Menschen, die in Frankreich, in Deutschland oder wo auch immer leben. – Das Attentat auf die französische Satirezeitschrift läßt sich noch vergleichsweise einfach als solch ein Anschlag auf die Freiheit interpretieren, bei dem Massaker in einem Laden für koschere Lebensmittel fällt dies sehr viel schwerer; darum steht letzteres wohl auch eher im Hintergrund, während sich das Interesse vor allem auf das Blutbad in der Redaktion konzentriert (Stichwort: „Je suis Charlie“, ich bin Charlie).

Der Prozeß der Auflösung der europäischen Nationen im Zuge der Globalisierung könnte nun aber indirekt gestört werden durch die Folgen der zunehmenden Erosion ehemals stabiler sozialer Strukturen, die – außer durch die Verbreitung des (Neo-)Liberalismus als Weltanschauung – insbesondere durch die Verpflanzung kulturell inkompatibler Gruppierungen* vorangetrieben wird, denn wenn damit einhergehend die Gewaltbereitschaft ansteigt, ruft dies wiederum Kritiker des Prozesses der multikulturellen Zersetzung – und längerfristig wohl auch des Liberalismus – auf den Plan, die sich nicht damit abfinden wollen, daß sie als Menschen nur lauter gleiche, miteinander unverbundene Moleküle einer amorphen Masse sein sollen, unterschieden allein durch das Maß ihnen zur Verfügung stehenden Geldes.

* An erster Stelle ist der Islam zu nennen, dessen Bekenner um so gefährlicher für ihre Umwelt werden, je mehr Wert sie auf ihre Zugehörigkeit zur universalen Umma legen. Je stärker sie in einem Lande vertreten sind, desto intensiver wird die Neigung werden, nach der Scharia leben zu wollen und sie endlich auf die gesamte Gesellschaft auszudehnen (vgl. in jüngster Zeit z.B. Nigeria); anders verhält es sich, wenn die betreffenden Moslems eine isolierte ethnische Minderheit bilden (vgl. Uighuren innerhalb des chinesischen Staates). – Gerade das sich auf seine religiöse Erwählung als höchste Form von Exklusivität gründende Judentum muß einer expandierenden Scharia als Skandalon erscheinen; hinzu kommt natürlich die Auseinandersetzung des Staates Israel mit den – überwiegend moslemischen – Palaestinensern.

Was eine Karikatur in einer früher allgemein angesehenen Frankfurter Zeitung kürzlich dargestellt hat, nämlich die (Charlie-)Attentäter als bewaffneter Arm der friedlich protestierenden (PEGIDA-)Demonstranten als Kritiker einer kulturellen Überfremdung, erscheint letzteren als Schmähung, doch folgt sie konsequent dem oben dargestellten Gedankengang: Wie die Kritiker sind die Attentäter als Terroristen Feinde der entgrenzten Gesellschaft. – Tatsächlich sind die Attentäter eher das Produkt einer fortgeschrittenen Auflösung der Gesellschaft, während die Kritiker eben den Prozeß der Auflösung nicht hinnehmen wollen. Aus der Sicht der Anhänger des Multikulturalismus stellen beide Gruppen jedoch Gegner ihrer Ideologie dar, und um das „weiter so“ zu beschwören, suchen sie einerseits die Massendemonstrationen in ihrem Sinne zu deuten und identifizieren andererseits beide Gruppen von Gegnern miteinander.

Statt also den Prozeß der Zerstörung der Nationen nicht weiter zu betreiben, propagiert man den Schutz vor den Auswüchsen der ansteigenden Gewaltbereitschaft: Der neoliberale Flügel der politischen Klasse fordert eine Ausweitung und Verfeinerung der Überwachungstechnik, der neu-linke eine personelle Aufstockung des Polizeiapparates, was ja nebenbei noch Arbeitsplätze schaffen würde, die vielleicht vorzugsweise an „Migranten“ vergeben werden könnten. Zwar verhindern solche Maßnahmen nicht unbedingt weitere Anschläge, und sie greifen schon gar nicht die Ursachen des Problems auf, aber sie sind geeignet, die Kritiker notfalls gänzlich mundtot zu machen.

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