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Die Entstehung der anti-racistischen Ideologie (7)

Seitdem Charles Stowe 1850 an das Bowdoin College* in Maine berufen worden war, ging es ihm finanziell besser. Er zog mit seiner Familie nach Brunswick um, und dort begann Harriet Beecher-Stowe den Fortsetzungsroman „Uncle Tom‘s Cabin“ niederzuschreiben, der seit dem Frühjahr 1851 in der Washingtoner „National Era“ erschien.

* Das Bowdoin [Liberal Arts] College bestand seit 1794.

Brieflich bekannte Harriet Beecher-Stowe ihre Unwissenheit in bezug auf die Tätigkeit der schwarzen Sklaven in der Landwirtschaft des Südens und bat die Zeitung um Abhilfe. – Doch die mangelnde Sachkenntnis stellte eigentlich kein Problem dar, denn Harriet Beecher-Stowes Fortsetzungroman verfolgt nicht den Zweck einer Reportage über die Lage der Schwarzen, sondern er will aufrütteln und eine Botschaft verkünden; auch der Vater der Autorin, Lyman Beecher, hatte als religiöser Abolitionist nicht Tatsachenberichte auf der Kanzel vorgetragen, sondern war darauf aus gewesen, Affekte aufzustacheln.

Harriet Beecher-Stowe äußert sich in ihren Briefen meist sachlich-nüchtern, wenig pathetisch; das Alltägliche beschäftigt sie und ihre Gedanken kreisen um die eigene Person. Das betont Emotionale zeigt sich dort, wo sie mit einer Botschaft in die Öffentlichkeit tritt, so eben auch in ihrem Fortsetzungsroman „Uncle Tom‘s Cabin“. – Der literarische Wert der Erzählung vermochte ihr kaum zum Erfolg zu verhelfen: Die darin auftretenden Personen sind mit Schablonen gezeichnete Gestalten; dies erinnert an us-amerikanisches Provinztheater, wo sich stets dieselben Typen auf vorauszuberechnenden Bahnen bewegen, was wiederum in Streifen der Stummfilmzeit gelegentlich gezeigt wird.

Eine Kostprobe aus dem 13. Kapitel soll dies veranschaulichen. Von einer schon etwas älteren Quakerin heißt es dort, sie säße seit mindestens zwanzig Jahren in ihrem „,creechy crawchy‘“-Schaukelstuhl und verströme nichts als lauter Gütigkeit: „Her hair, partially silvered by age, was parted smoothly back from a high placid forehead, on which time had written no inscription, except peace on earth, good will to men, and beneath shone a large pair of clear, honest, loving brown eyes; you only needed to look straight into them, to feel that you saw to the bottom of a heart as good and true as ever throbbed in woman’s bosom.For (why? for) twenty years or more, nothing but loving words, and gentle moralities, and motherly loving kindness, had come from that chair; — headaches and heart-aches innumerable had been cured there, — difficulties spiritual and temporal solved there, — all by one good, loving woman, God bless her!“ In der deutschen Übersetzung von 1852: „Ihr zum Teil schon ergrautes Haar war glatt von einer hohen, ruhigen Stirn zurückgestrichen, auf welche die Zeit keine anderen Worte geschrieben hatte, als Friede auf Erden und Wohlwollen allen Menschen; und darunter glänzte ein Paar große, klare, ehrliche, liebevolle, braune Augen; man brauchte nur in sie hineinzusehen, um zu fühlen, daß man auf den Grund eines so guten und treuen Herzens blickte, als je in einem weiblichen Busen geschlagen hat. … (Denn warum?) Seit 20 Jahren und länger waren von diesem Stuhl nichts als liebende Worte und sanfte Ermahnungen und mütterliche Liebe gekommen – vielfaches Kopf- und Herzweh war dort geheilt – irdische und himmlische Schwierigkeiten dort gelöst worden – und alles von einem guten liebevollen Weibe, Gott segne es!“

Nicht der reale Zustand in den Südstaaten wird von Harriet Beecher-Stowe geschildert, sondern das, was sie an deren Stelle setzt, ihre eigene von Männern des us-amerikanischen Nordens dominierte Lebenswelt, in welche sie die Sklaverei verpflanzt; den Frommen gegenüber stehen in den Nordstaaten Liberale sowie Vertreter der saecularisierten calvinistischen Tradition, die also den überlieferten Denkmustern weiterhin folgen, obwohl sie das religiöse Bekenntnis verloren haben. Dabei ist das Bild des Mannes der Autorin geprägt von calvinistischen Geistlichen und Hochschullehrern; sie selbst bezeichnete sich als Nachfahrin der frühen Puritaner und bekannte sich stolz zu ihrer englischen Abstammung. – Harriet Beecher-Stowe trat später zu der im Süden vorherrschenden Episcopalkirche über, was kaum mit einer Abwendung von der neuenglisch-puritanischen Tradition zu erklären sein wird; möglicherweise wollte Harriet Beecher-Stowe sich damit den dortigen Lebensverhältnissen anpassen, da sie nach dem Ende des Sezessionskrieges die Winterszeit in Florida zu verbringen pflegte. Etwas merkwürdiger hingegen erscheint ihr bereits früher bekundetes Interesse am Spiritismus, den sie nun jedoch naturwissenschaftlich erklärt wissen wollte, auf daß er mit ihrem religiösen Bekenntnis um so weniger kollidiere. Bei ihrem Ehemann konnte sie Verständnis dafür erwarten, denn er hatte sich als Kind jahrelang von Geistern heimgesucht gewähnt und bewahrte sich lebenslang seine Vorliebe für Spukgeschichten.

Bis zum Frühjahr 1852 erschien „Uncle Tom‘s Cabin“ in der „National Era“. Auf Grund des regen Zuspruchs vieler Leser wurde der Roman gleich anschließend als Buch herausgegeben, und dessen Erfolg war geradezu ungeheuer; angesichts dessen äußerte Harriet Beecher-Stowe später oft die Auffassung, Gott selbst sei der Autor ihres Romans, und sie sei ein [Schreib]werkzeug in Gottes Hand gewesen. Darin läßt sich unschwer – nunmehr versetzt von der Politik in den persönlichen Bereich – das für die (Nordstaaten der) USA charakteristische Motiv der Identifizierung dessen, was die eigene Seite betrifft, mit Gottes Willen wiedererkennen.

Bereits im April 1852 wurden in den USA über dreihunderttausend Exemplare des Buches verkauft; 10% vom Gewinn erhielt die Autorin. Eine englische Ausgabe erschien sowie eine deutsche Übersetzung noch in demselben Jahr 1852; eine fränzösische folgte 1853 nach. Harriet Beecher-Stowe schätzte, daß bis Ende 1852 anderthalb Millionen Exemplare des Buches [in englischer Sprache] verkauft wurden. Ein solches Phänomen läßt sich – unter den Rahmenbedingungen der Mitte des 19. Jahrhunderts – nicht allein mit der Begeisterung von Lesern erklären. So gibt es Nachrichten, denen zu Folge große Mengen des Buches aufgekauft und gratis verteilt wurden. Es handelte sich eben um abolitionistische Propaganda, die den Interessen der us-amerikanischen Unternehmerschaft exakt entsprach; dies wird sich bei der Betrachtung des Textes zeigen. Außerdem diente der Roman der psychologischen Vorbereitung für den Sezessionskrieg des Nordens gegen den Süden, was sich später in der Anekdote verdichtete, nach der US-Präsident Lincoln Harriet Beecher-Stowe begegnete und zu ihr sagte: „So you‘re the little woman who wrote the book that started* this great war?“ „Also Sie sind die kleine Frau, die das Buch verfaßt hat, das diesen großen Krieg bewirkt hat?“

* Textvariante: „made“; die deutsche Übersetzung könnte dies vielleicht mit „herbeigeführt“ statt „bewirkt“ wiedergeben.

Harriet Beecher-Stowe sah den Sezessionskrieg als Strafe für den Norden an, weil er die Sklaverei im Süden geduldet hatte; sie lehnt die Gewaltanwendung also keineswegs ab, sondern meint nur, sie hätte früher einsetzen müssen. Damit steht Harriet Beecher-Stowe offenbar der Position des Congregationalisten und militanten Abolitionisten John Brown* nahe, der 1859 versacht hatte, mit dem Überfall auf ein Waffendepot der Armee im Bereich der Südstaaten einen Sklavenaufstand auszulösen, doch schloß sich ihm kein Schwarzer an. John Brown wurde gefangengenommen, zum Tode verurteilt und hingerichtet. – Harriet Beecher-Stowes Gedanken konzentrieren sich in bezug auf den Krieg ausschließlich auf die Nordstaatler, deren Sache diejenige Gottes ist, auch wenn er sie nun mit den durch den Krieg bewirkten Leiden züchtigt. Gott selbst ist Gegner der Sklaverei; der Kriegsgegner ist demnach gottlos. Gott stürzt die Sklavenhalter des Südens ins Verderben; die Soldaten des Nordens vollstrecken dieses göttliche Gericht also nur. Die gesamte zivilisierte Welt** steht der Sklaverei und damit dem Süden entgegen. Der Süden hat den Krieg angezettelt, denn er wollte den Norden erobern, und nur weil ihm dies mißlang, spaltete er sich ab; man fragt sich, wie der der Sezession vorangegangene Eroberungsversuch denn ausgesehen habe, aber wahrscheinlich ist damit nur gemeint, daß der Süden dem Norden widersprechende Interessen vertreten hat, bis er sich nicht mehr anders als durch Abspaltung zu helfen wußte. Nach Harriet Beecher-Stowe sind die Soldaten des Südens Barbaren, und sie begehen unmenschliche Greuel: Sie sammeln Scalps, schnitzen aus den Knochen gefallener Soldaten des Nordens für ihre Frauen Schmuckstücke und für sich selbst Trinkgefäße, aus denen sie, so wird man sinngemäß hinzuzufügen haben, ihren Alkohol saufen.*** Selbst die Frauen des Südens beteiligen an den Verbrechen ihrer Männer, indem sie Vitriol auf die Nordstaatensoldaten spritzen. Die mit dem siegreichen Krieg erreichte Sklavenbefreiung ist deutlichster Erweis der Wirksamkeit Gottes. Nun ist der Süden umzuerziehen, bis er – nach einer Generation**** – endlich selbst dankbar ist für seine Niederlage.

* geb. 1800, gest. 1859 – Ihn besangen die Soldaten der Nordstaaten mit dem Lied von „John Brown‘s body“, der im Grabe zerfällt, während seine Seele zusammen mit ihnen voranmarschiert. Der Kehrvers „Glory, glory, hallelujah“ verweist zuerst auf die religiöse Ausrichtung. Sie erhält ihre besondere Ausprägung dadurch, daß John Brown danach in der zweiten Strophe zum Soldaten Gottes erklärt wird, zum „soldier in the army of the Lord“. [Als kleiner Rekrutenverband der Reeducation hatte auch meine (noch nicht koedukativ zergliederte) Jungenklasse im Englischunterricht mit einzustimmen, wobei uns John Brown als niemand bestimmtes, sondern als typischer Vertreter der Nordstaaten vorgestellt wurde.]

** Von der Menschheit bzw. der menschlichen Race, human race, kann in diesem Falle nicht gesprochen werden, weil es zu offensichtlich ist, daß die Südstaatler dieselben (angelsächsischen) Vorfahren haben wie die Nordstaatler.

*** Lampenschirme aus Menschenhaut werden freilich nicht erwähnt. – Es ist im Verlauf der europäischen Geschichte der letzten Jahrhunderte tatsächlich vorgekommen, daß die Haut Hingerichteter gegerbt wurde, aber das waren seltene Ausnahmen. Nur zu einer Zeit geschah dasselbe massenhaft, und zwar während der Französischen Revolution.

**** Die schuldige Generation als Täterkollektiv muß offenbar erst aussterben.

Harriet Beecher-Stowe unternahm mehrere Reisen, u.a. nach Europa, an denen ihr Ehemann nur zweitweise teilnehmen konnte, da er noch immer seinen Lehrverpflichtungen oblag. Auf diesen Reisen kümmerte sich Harriet Beecher-Stowe um ihre Autorenrechte, und sie suchte als berühmte Abolitionistin Vereine von Gegnern der Sklaverei auf, die auch dort existierten, wo es gar keine Sklaven gab, z.B. in Schottland: Die Gleichheitsidee der französischen Revolution war von Beginn an nicht auf den juristischen sowie den ökonomischen Aspekt beschränkt; an diesem letzteren war dem Vierten Stand gelegen, und dem Dritten Stand ging es allein darum, die rechtlichen Privilegien von Adel und Kirche zu beseitigen, um selbst die Vorherrschaft zu erlangen. Die Gleichheitsidee enthielt jedoch von Beginn an auch eine biologische Komponente, die zuerst von Frauen wie Olympe de Gouges* entdeckt wurde; daraus entwickelte sich eine europäische Frauenbewegung, die im Anschluß an die liberale Programmtik des Dritten Standes, d.h. unter Verweis auf Gleichheit vor dem Gesetz, vor allem das Wahlrecht für Frauen einforderte. Da das Wahlrecht sowohl den Kolonialvölkern wie den Frauen vorenthalten wurde, lag die Verknüpfung beider Forderungen innerhalb der europäischen Kolonialmächte nahe; so bestanden Anti-Sklaverei-Gesellschaften in Großbritannien auch weiterhin, nachdem die Sklaverei bereits 1833 abgeschafft worden war. Diese Vereine setzten sich für die Gleichstellung anderer Racen ein und suchten damit indirekt die Forderung nach der Zulassung des Frauenwahlrecht voranzubringen; dem entsprechend ging die us-amerikanische Frauenbewegung aus den Kreisen – mehr oder weniger religiös motivierter – Abolitionisten hervor; vorangegangen war dem die gleichzeitig erhobene Forderung nach [gewaltloser] Sklavenbefreiung und Bildung für [weiße] Frauen, die Catherine Beecher in ihren moralphilosophischen und pädagogischen Schriften formulierte. Andere religiös motivierte Abolitionistinnen wie die aus dem Süden stammenden und vom Episcopalismus (1821 und 1829) zum Quakertum übergetretenen Schwestern Sarah und Angelina Grimké*** äußerten sich weit radikaler in bezug auf Sklavenbefreiung (und Frauengleichberechtigung); Harriet Beecher-Stowe schließlich stand geistig offenbar dem militanten John Brown nahe, wie oben deutlich geworden ist. Protagonistinnen der frühen us-amerikanischen Frauenbewegung und gleichzeitig Abolitionistinnen sowie Temperance-Propagandistinnen waren auch Lucretia Mott, geb. Coffin, und Elizabeth Cady Stanton, geb. Cady,*** wobei die ältere der religiösen Anti-Sklavereibewegung angehörte, die jüngere der saecular ausgerichteten, was die Freundschaft beider aber nicht trübte. – Die vornehmlich in den Nordstaaten wirksame Unternehmerschaft der USA nahm das Motiv der biologischen Gleichheit auf und verlangte die Abschaffung der Sklaverei, also gleiche Rechte für die verschiedenen Racen, die schwarze und die weiße, um den eigenen Fabriken niedrig entlohnte Arbeitskräfte zuzuführen.****

* eigentl. Marie Gouze; geb. 1748, gest. 1793 [hingerichtet]

** geb. 1792, gest. 1873 und geb. 1805, gest. 1879

*** geb. 1793, gest. 1880 und geb. 1815, gest. 1902

**** Auch eine Verbindung der sozialistischen Forderung nach ökonomischer Gleichheit und Frauenbewegung erschien vielleicht plausibel, da sich beide Richtung gegen die bestehenden Verhältnisse auflehnten. Doch gegenüber der Idee biologischer Gleichheit grenzte Friedrich Engels (geb. 1820, gest. 1895) die Arbeiterbewegung strikt ab: In „Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft (1878)“ heißt es (Erster Abschnitt Philosophie, Kap. X. Moral Recht, Gleichheit), daß „der wirkliche Inhalt der proletarischen Gleichheitsforderung die Forderung der Abschaffung der Klassen [ist]. Jede Gleichheitsforderung, die darüber hinausgeht, verläuft notwendig ins Absurde.“ [kursiv im Original]

Im Norden der späteren US-Bundesstaaten der Ostküste hatte sich, wie gesagt, eine biologistische Sichtweise entwickelt, da die Puritaner Neuenglands ihre Siedlungen während des 17. Jahrhunderts in Mitten fremder Völkerschaften gegründet hatten, so daß sich der Glaube an die eigene Erwählung mit dem nationalen Aspekt verband, während die einer farbigen Race angehörenden Ureinwohner als ungläubige Verworfene erschienen. In saecularisierter Form bezeichnete man im 19. Jahrhundert die weißen Angelsachsen als Angehörige einer überlegenen Race, „superior race“, so Andrew Jackson 1833 in seiner jährlichen Botschaft, „Annual Message“, vor dem US-Kongreß. – Wenn weiße Frauen der Nordstaaten unter der Voraussetzung eines solchen racistischen Weltbildes die Gesellschaft analysierten, mußte das Ergebnis etwa folgendermaßen lauten: Der weiße Mann beherrscht seine Familie, d.h. die Frau samt den Kindern, und er beherrscht zusammen mit seinesgleichen die Gesellschaft, die Politik und den Staat. Die Schwarzen werden versklavt; da der weiße Mann die Gesellschaft bestimmt, muß er auch für die Versklavung der Angehörigen einer anderen Race verantwortlich sein. Die Schlußfolgerung: Was liegt also näher, als ein Bündnis von weißen Frauen und versklavten Schwarzen, um gemeinsam die Herrschaft des weißen Mannes zu stürzen?

Nach dem Ende des Sezessionskrieges erwarb Harriet Beecher-Stowe ein Haus in Florida, wo sie von da an zusammen mit ihrem Ehemann, der sich ins Privatleben zurückgezogen hatte, und den Töchtern, die für die beiden sorgten, den Winter verbrachte. – Harriet-Beecher Stowe bemerkte zwar, daß sie dort am Orte die freie Wahl beim Grundstückskauf hatte und daß später dort lauter Villen von Nordstaatlern standen, doch es scheint ihr nicht bewußt geworden zu sein, daß der gewonnene Krieg auch ihr persönlich Vorteile gebracht hatte. Vielmehr wähnte sie ihre Winteraufenthalte im Süden vor allem religiös motiviert, wohl weil sie die Tätigkeit der Episcopal Church dort unterstützte; zuletzt sorgte Harriet Beecher-Stowe vor Ort noch für die Errichtung einer kleinen Kirche. Aber das Schicksal der früheren Besitzer der nun von Nordstaatlern bewohnten Villen beschäftigte sie nicht, und sie fragte nicht danach, wer denn die Apfelsinenbäume gepflanzt hatte, die auf ihrem Grundstück standen.

Im Jahr des Umzugs nach Brunswick (1850) erwartete Harriet Beecher-Stowe jährlich vierhundert Dollar als Einnahmen aus ihrer Schriftstellerei. Stattdesssen verdiente sie ab 1852 etliche tausend, und nur der Mangel an ökonomischem Sachverstand auf Seiten des Ehemannes verhinderte, daß es noch mehr wurden. Harriet Beecher-Stowe avancierte zu einer international bekannten Autorin, und sie nahm innerhalb ihrer Familie die dominierende Stellung ein, die der Frau in ihren Augen eigentlich auch zukommen sollte; dies war bewirkt worden durch die hohen Verkaufszahlen ihres Buches, das Ansehen in der Öffentlichkeit und vor allem die wohltätige Wirkung des Geldes; die Einkünfte des Ehemannes erschienen im Vergleich mit den ihrigen geradezu als zu vernachlässigende Größe.

Ab 1880 bereitete Harriet Beecher-Stowe selbst die Abfassung ihrer Biographie vor, die ihr Sohn Charles Edward veröffentlichen sollte, was er 1889, also noch zu Lebzeiten der Mutter, denn auch tat; bereits 1892 erschien eine deutsche Übersetzung.* – Bemerkenswerter Weise wird in dieser Lebensbeschreibung zwar der Tod der leiblichen Mutter Harriet Beecher-Stowes erwähnt, aber nicht derjenige ihres Vaters, auch der ihrer bereits verstorbenen eigenen Kinder, aber nicht einmal derjenige ihres Ehemannes.

* „Life of Harriet Beecher Stowe. Compiled from her Letters and Journals (1889; dtsch. Harriet Beecher Stowe. Briefe und Tagebücher, 1892)“

1893, vierzig Jahre nach dem Erscheinen des Buches, endete der Urheberrechtsschutz von „Uncle Tom‘s Cabin“. Hatte Harriet Beecher-Stowe noch 1892 fast siebentausend Dollar Tantiemen eingenommen, so sank diese Summe im Jahr vor ihrem Tode auf nicht einmal siebenhundert Dollar ab. – Man könnte es beinahe so formulieren: Mit dem Nachlassen des Zustromes von Geld schwand auch Harriet Beecher-Stowes Lebenskraft. 1896 verstarb sie.

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