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diversity und biologische Gleichheit

Das deutsche Wort Vielfalt scheint mir zu schade, um es als Übersetzung der gegenwärtig unablässig propagierten „diversity“ zu benutzen; eher sollte „Diversität“ dessen Stelle einnehmen, denn es ist von solcher Künstlichkeit wie diese Ideologie selbst, die aller kulturellen Überlieferung – und damit jahrtausendelanger Erfahrung – entgegensteht; auch hat es keine längere Geschichte, und so fehlt es im „Deutschen Wörterbuch“ von Jacob und Wilhelm Grimm zwischen „Divan“ und „Dobber“. – Vielfalt ist kein uraltes Wort, und es wird von Dichtern wohl kaum gebraucht, weil es bereits zu abstrakt ist, eher von Gottesgelehrten, die damit die Welt im Unterschied zu ihrem Schöpfer kennzeichnen, dessen Sein alles in einem und zugleich aufweist, was sich im Bereich des Geschöpflichen nach- und nebeneinander zeigt, abgesehen von dessen Mängeln. Daher wohl ist Einfalt nicht unbedingt nur beschränkt, sondern kann auch durchaus mit Weisheit einhergehen, indem sie sich durch weltliche Zerstreuung nicht beirren läßt in der Ausrichtung auf Gott. Das Wort Vielfalt wird als Gegenstück zu Einfalt gebildet worden sein, wie es im Grimm’schen Wörterbuch heißt, und insofern hat es indirekt teil an dessen bis ins Althochdeutsche zurückreichenden Geschichte.

Die Diversität im Sinne der „diversity“ bezeichnet lauter Verschiedenes, das von keiner höheren Einheit umfaßt werden soll, um es ganz beliebig zu verstehen. Doch in ihrer schrillen Buntheit – ebenso wie in der geistigen Stumpfigkeit – erscheint die aufdringlich und lärmend zur Schau gestellte Diversität im Grunde gar nicht vielfältig. – In Michael Klonovskys „Acta diurna“ vom 20. April heißt es: „Man muss blind sein, um hinter der Mär von der Diversity nicht den alten kommunistischen Spuk zu entdecken. Die Diversifizierer können vor allem eines nicht ertragen: Besonderheit.“ Wer diese (sc. die Besonderheit) und mit ihr das Abweichende, Verschiedene nicht will, verlangt nach Gleichheit: Da ist sie wieder, die Forderung nach Gleichheit, die seit dem Beginn der Moderne unablässig propagiert wird.

Doch scheint dies widersprüchlich: Wie können Diversität und Gleichheit, Verschiedenheit und Übereinstimmung zugleich eingefordert werden? – Längere Zeit habe ich versucht, dies mit dem Begriff einer biologischen Gleichheit zu erfassen, denn die Diversifizierer leugnen ja gerade biologische Verschiedenheiten, die der Geschlechter und der Ethnien. Darum soll ein Lebenslauf bei Bewerbungen anonymisiert werden; so erscheint ganz unverstellt die Arbeitskraft einer Produktionsmonade ohne Persönlichkeit. In der alltäglichen Wahrnehmung entspricht dem die Unkenntlichmachung der Herkunft, indem bestimmte Bezeichnungen mittels politischer Korrektheit ins gesellschaftliche Abseits verwiesen werden.

Doch es handelt sich eigentlich nicht um biologische Gleichheit, sondern um die Leugnung der biologischen Unterschiede. Worin aber besteht dann die Gleichheit? – In Erinnerung gerufen sei der Fall Dolezal, einer 1977 in den USA geborenen Frau, die nicht – wie andere – ihr Geschlecht abweichend von ihrer biologischen Konsttitution zu bestimmen suchte, sondern ihre Race. 2015 wurde Rachel Dolezals Versuch einer Neubestimmung ihrer ethnischen Zugehörigkeit bekannt. Sie wurde in aller Öffentlichkeit ihres tatsächlichen Weißseins überführt. Doch erscheint dies vollkommen inkonsequent: Wenn sie sich als „authentic black“ versteht, mit welchem Recht wird dies dann bestritten? Dolezal ist „trans black“ wie andere „transgender“; Race ist ebenso wie das Geschlecht nur ein soziales Konstrukt! Dolezal ist kein weiblicher „race faker“, sondern sie hat sich selbst eine „transrace“-Identität verliehen.

Darin zeigt sich die Gleichheit der Menschen gemäß der diversity-Ideologie: Alle vermögen sich in gleicher Weise selbst beliebig zu bestimmen. – Dem Menschen werden göttliche Fähigkeiten zugeschrieben, wenn er seine biologische Beschaffenheit sich selbst meint gemäß eigenem gusto geben zu können. Hybris, Anmaßung, Blasphemie. Die Folgen können nicht ausbleiben.

 

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