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Zur aktuellen Lage in Afghanistan

schrieb Dr. med. Reinhard Erös kürzlich einen Artikel, den er der SWG zur Verfügung stellte. Dr. Erös ist Oberstarzt a.D., hilft in dieser Funktion  in Afghanistan seit 25 Jahren und betreibt dort mit seiner Frau 22 Schulen [Kinderhilfe Afghanisten]

Inkompetenz und Korruption wirft der Diplomat Holbrooke der Kabuler Regierung ganz undiplomatisch vor. Natürlich hat er damit Recht. Aber: Zur Korruption gehören immer zwei. Einer zahlt, einer nimmt. Und dass in Afghanistan, dem ärmsten Land der Welt, der reiche Westen korrumpiert, sticht dem landeserfahrenen Helfer täglich in die Augen. Entwicklungshilfegelder werden in unkontrollierter Großzügigkeit verteilt, und das in einem Maß, wie nirgendwo sonst

Weniger als ein Drittel – 25 Mio Euro von 80 Mio – der deutschen Entwicklungshilfe seien tatsächlich in Projekte geflossen, der große Rest einfach in anderen Taschen gelandet.

Und unsere Bundesregierung reagierte auf die Veröffentlichung dieser Fakten in altbekannter Manier: Sie hat den Betrag der deutschen Entwicklungshilfe nach Afghanistan aufgestockt. Auf satte 140 Millionen Euro.

Das und noch mehr Informationen über politische Verbandlungen, über Karsai und über die westlichen Söldner [12 000!]. Dr. Reinhard Erös: Zur aktuellen Lage in Afghanistan [pdf-datei]

Der Vielvölkerstaat Afghanistan: Seine ethnischen Gruppen und ihre Verteilung innerhalb Afghanistans zeigt die Karte – die Großansicht habt ihr hier.

17 Kommentare zu „Zur aktuellen Lage in Afghanistan“

  • Sir Toby:

    Wenn ich das richtig sehe, dann sind diese Soldaten und was da sonst noch so herumhängt doch eigentlich nur da, damit die Taliban nicht wieder die Macht übernehmen und Verhältnisse schaffen, die dafür sorgen, dass der nächste Millionenzug von ‚Menschen, denen wir unbedingt helfen müssen – indem wir sie aufnehmen‘ – sich nicht in den ‚beliebtesten Staat der Welt‘ (siehe entsprechende Umfrage vor kurzem auch hier auf diesem Blog) aufmacht! Und dass die Einwohner dieses Staates jemals nein sagen werden, wenn sie von den MSM erstmal moralisch entsprechend durchgenetet worden sind, zu neuer Bereicherung durch neue ‚Einwanderer‘ … das werde ich nach dem Widerstand gegen die Asylantenschwemme zu Beginn der neunziger Jahre wohl kein zweites Mal erleben! Wir zahlen also sozusagen ‚Schutzgeld‘ für den Schutz vor afghanischer Bereicherung in diesem Land, die über das hinausgeht, was ohnehin schon ertragen werden muß. Insofern: Gut angelegtes Geld!!

  • Mingana:

    Der Einsatz in A. ist sinnvoll. Nur das ,,Wie“  ist mehr als bedenklich. Das fängt schon 2001, also nach dem Sturz der Taliban, an. In der Hoffnung auf eine baldige stabile Lage betrieben UN, USA, u.a. Krisenprävention mit so wenig Ressourcen wie möglich. Doch es hätte klar sein müssen, dass ,,Demokratie, Frieden und Sicherheit“ in einem Land mit einer zutieft archaischen Lebensweise nur durch ein Maximum an Geld und Soldaten zu gewährleisten ist. Anstatt große Ziele zu propagieren, hätte man zuerst gemäß dem Prinzip ,,low profile“ die grundlegensten Bedürfnisse der Bevölkerung sicherstellen müssen. Doch die internat. Gemeinschaft hat in das Kosovo mehr investiert, als in dem 30mal größeren A. und selbst im Kosovo hat man seine selbst gesteckten Ziele so gut wie nicht erreicht. Die Salami-Taktik der Bundesregierung, nämlich immer sukzessive mehr Truppen über einen längerfristigen Zeitraum nach A. zu schicken, entspricht der nationalen Konzeptlosigkeit. Es gibt keine Strategie, keine Einbettung in einen internationalen Rahmen. Deutsche Polizisten legen bei der Ausbildung der Polizei Wert auf rechtsstaatliche Prinzipien, während ihre US-Counterparts eher auf das Schießen bedacht sind. Was nützen jedoch zwei unterschiedliche Ausbildungsstandards?? Ach ja, der Artikel spricht die ungelöste Drogenproblematik kurz an. Diese wird auch nicht gelöst werden, da diverse Minister und Polizeichefs kräftig daran verdienen. Und keiner der westlichen Staaten wird dagegen vorgehen, denn diese Herren Minister sind zugleich ehem. Warlords und Stammesführer, die jederzeit an die 80 000 Kämpfer organisieren können. Dieser Gegner wäre viel gefährlicher als die paar Tausend Taliban. Schlichtweg falsch ist die Bezeichnung ,,Söldner“. Es sind Angehörige privater Sicherheits- und Militärfirmen, ohne die die US-Armee wahrscheinlich nicht mehr funktionsfähig wäre.

  • Sir Toby:

    # Mingana

    Wieso ist die Bezeichnung ‚Söldner‘ falsch? Diese Leute – und das soll keineswegs als ‚Argument‘ gegen diese Leute verstanden werden – sind dort aus einem einzigen Grund: Geld. Sie können sich nicht, wie Angehörige ’normaler‘ Streitkräfte das zumindest als Feigenblatt noch können, darauf berufen die Interessen ihres Volkes zu vertreten; sie verkaufen ihre militärischen Fähigkeiten und Kenntnisse auf einem dafür entstandenen Markt – wenn je der Begriff Söldner zutreffend war, dann doch wohl hier.

  • Anna Luehse:

    @Sir Toby Volle Zustimmung. Weder die Nato, noch wir, noch USA sind von Afghanistan agegriffen worden. Völkerrechtlich handelt es sich auch bei diesem Krieg um einen rechtswidrigen Angriffskrieg. Ein Bundeswehrgeneral äußerte sich im kleinen Kreis so: wir zahlen den Warlords eine Menge Geld, damit die uns am Leben lassen.

    Wer glaubt, dort humanitär tätig sein zu sollen/wollen, möge das tun, aber bitte nicht mit unseren Steuergeldern.

  • Sir Toby:

    Zum Thema ‚Afghanistankrieg/-konflikt/-oder-was-auch-immer‘ gab es auf FF vor einigen Monaten einen Beitrag mit verschiedenen, wie ich finde sehr interessanten Kommentaren (was ich nicht nur deshalb sage, weil auch einer von mir darunter ist…) – etwa von Kommentator phoenix 21. Wer Interesse hat mal in diesen Ansichten ein wenig zu stöbern:

     http://fact-fiction.net/?p=1276#comments

  • Ich beschäftige mich mit dem Thema seit recht langem. Die obigen Einschätzungen erscheinen mir stimmig, doch fehlt noch das I-Tüpfelchen: Der Westen wird verlieren, weil er kein konkretes Ziel in Afghanistan vor Augen hat und weil seine Völker mit wenigen Ausnahmen nicht gewillt sind alles zu tun was nötig ist, um diesen Krieg zu gewinnen und die Situation in Afghanistan zum Guten zu wenden.
    Wie kann man in einen Krieg ziehen, wenn man einen Truppenabzug und damit die Niederlage als akzeptable Option in Betracht zieht? Und wie kann man einen Krieg gewinnen, wenn die eigene Regierung verleugnet, dass es ein Krieg ist, und sich scheinbar höchstens einmal, kurz vor der Sommerpause, mit dem Thema befasst?

    Afghanistan scheint mir für die deutsche Politik das zu sein, was das Wissenschaftsressort für das Magazin „Der Spiegel“ ist: Wenn man gerade nichts anderes aufs Titelbild packen kann, dann dürfen die kauzigen Heinis aus der Wissenschaftsredaktion ran.

  • Sir Toby:

    # Anna Luehse

    Na ja … ich habe meine Ansicht zu Afghanistan (so, wie sie damals war und, nachdem ich mir das noch mal durchgelesen habe, sehe ich viele Dinge eigentlich immer noch so) auch in einem Kommentar zu dem oben angesprochenen Beitrag auf FF dargestellt. Und im Kern sehe ich es immer noch so, dass die Begrifflichkeiten mit denen wir hier immer noch arbeiten (‚Angriffskrieg‘ etwa) eigentlich nicht in der Lage sind, die Situation sowohl in Afghanistan selber wie auch unsere Beziehung (als BRD/Nato/Westen etc.) zu Afghanistan auch nur halbwegs angemessen zu erfassen.

    Oder nochmal anders: Wir haben eine Situation – aber keine ausreichende Begrifflichkeit, diese Situation wirklich zu erfassen und zu durchdringen. Folglich wird unsere Reaktion entsprechend – mangelhaft – ausfallen. Müssen. Denn wie sagte doch dieser chinesische Weise (es gibt halt so viele von denen … da weiß ich nie genau auf welchen ich mich gerade beziehe – aber im Prinzip kann man davon ausgehen ‚Einer wird es schon gesagt haben…‘) so richtig „Wo sich die Begriffe verwirren, da geraten die Verhältnisse in Ordnung/gerät die Welt in Unordnung“.

    Was dort, wenn man wirklich die Taliban (und das heißt ja letztlich wieder die Ideologie, deren Fußtrupppen diese Leute ja nur sind) als Bedrohung dauerhaft ausschalten wollte,  nötig wäre, wäre eine Strategie in der Afghanistan als ‚locus minoris resistentiae‘ im sich entwickelnden und differenzierenden Gewebe einer politisch langfristig (gaaanz langfristig!) zusammenwachsenden Menschheit zunächst einmal erkannt und anerkannt wird.

    In einem solchen ‚lmr‘ können sich nun alle möglichen Erreger relativ ungehindert ausbreiten, denn es gibt ja keinen adäquaten Widerstand gegen sie aus den Reihen der vorhandenen Kultur. In diesem Fall war der ‚Erreger‘ der Islam – und gleichzeitig ist er auch die Krankheit, die sich an diesem Ort durchsetzt, und   v o n   diesem Ort ausgehend eben eine Bedrohung für einen kulturellen Großzusammenhang wird, dem wir ebenfalls nolens volens angehören: nämlich ‚dem Westen‘.

    Dann würde zu dieser Strategie als Kernelement das Ziel gehören, diesen ‚lmr‘, den bis zum Tag X der Islam für seine Interessen in dem weltweiten Kulturkampf gegen ‚den Westen‘ benutzt hat, für sich selber zu benutzen – im Krieg, den der Islam als Kulturkrieg weltweit gegen ‚den Westen‘ zu führen zumindest versucht.

    Konkret umgesetzt werden müßte eine solche Strategie als ‚kulturelle Transformation über etwa 4 Generationen (also ca. 100 Jahre) ‚. Dabei ginge es aber nicht um eine ‚reeducation‘ wie die der Alliierten nach dem II. Weltkrieg, sondern um eine kulturelle Neu-Selbstfindung die hauptsächlich durch die soziale Gruppe getragen werden müßte, in der der Islam einen quasi natürlichen Feind sieht: die Frauen! Das hieße, um Stichworte zu nennen, Bildungsmöglichkeiten und ökonomische Eigenexistenzmöglichkeiten (das Beispiel der Grameen-Bank wäre vielleicht auch für die Verhältnisse vor Ort geeignet, zumal ja auch Bangla-Desh, wo diese Konzept entwickelt wurde, eine muslimische Gesellschaft hat) für Frauen, damit sie darüber als der entscheidende Faktor kultureller Transformation im Land selbst wirken können.

    Der Westen kann dabei keine ‚Rezepte‘ liefern, sondern der Weg müßte letztlich eben im Land selbst gefunden und gegangen werden; über das Ziel sollte Einigkeit zu herzustellen sein: ein Staat mit einem politisch-ökonomisch-sozial soweit entwickelten und differenzierten gesellschaftlcihen Gewebe, dass dieses Gebiet kein ‚lmr‘ mehr ist, sondern ganz im Gegenteil nunmehr seinerseits als konkretes ‚politisches Simile‘ gemäß dem homöopathischen Heilgesetz (similia similibus curantur – Ähnliches möge durch Ähnliches geheilt werden) Heilwirkung auf die benachbarten muslimischen Gesellschaften entfalten kann.

    Hauptaufgabe ‚des Westens‘ wäre zumindest für die ersten Jahrzehnte die massive militärische Absicherung (ich vermute als absoluter Nicht-Militär einfach mal, dass eine Zahl von einer halben Million Soldaten das Minimum sein dürfte) eines Raumes innerhalb Afghanistans, der groß genug ist, damit sich dort die angestrebten kulturellen Transformationsentwicklungen vollziehen könnten; dass das nicht das ganze Land Afghanistan sein kann versteht sich hoffentlich von selbst. Aber allein schon die Drogenproblematik, die Warlords mit ihren jeweiligen Eigeninteressen … das kann niemals militärisch, sondern nur durch langsamen Entzug des kulturellen Bodens gelöst werden.

    Ob das möglich ist? Nein. Dazu fehlen die finanziellen Mittel, die militärischen Mittel, der politische Wille. Also wird man wohl einfach weiterwurschteln, weil ein einfacher Rückzug in der jetzigen Situation, zumindest meiner Meinung nach, einfach die Rückkehr der Taliban an die Macht über das ganze Gebiet mit Namen Afghanistan bedeuten würde – mit den entsprechenden Folgen für unsere Sicherheit, die ja durch die Verhältnisse im Land ohnehin schon permanent ausgehöhlt wird – und einfach hoffen, dass der liebe Gott oder sonst was helfen werden.  

  • Mingana:

    @ Sir Toby:

    Die Leute, die für private Sicherheits- und Militärfirmen (PSMF) arbeiten (und um die geht es hier), sind aus verschiedenen Gründen keine Söldner:

    Der klassische Söldner kämpft und tötet gegen Geld. Doch nur die kleinste Anzahl der PSMF-Angestellten ist in diesem Bereich aktiv. Die meisten von ihnen sind in der Logistik, Verpflegung, Bewachung, Ausbildung, Instandsetzung und Ausbildung tätig. Ein ziviler Lastwagenfahrer, der Nachschub für die US-Armee fährt, kann ebenso wie der Polizist, der nun im Auftrag der US-Regierung afghanische Polizisten ausbildet, schlecht als Söldner bezeichnet werden.

    Die Definitionskriterien verschiedener internationaler Konventionen (UN-Konvention gegen das Söldnerwesen von 1989, Konvention der Organisation of African Unity) erlauben keine Einstufung von PSMF-Mitarbeiter als Söldner. Und zwar weder für den Nachschubfahrer als auch für einen aktiv kämpfenden Angehörigen, wie zB von der Firma Blackwater. 

    Das finanzielle Motiv ist zudem auch auf reguläre Soldaten anwendbar. So wirbt die Bundeswehr ausdrücklich mit attraktiven Verdienstmöglichkeiten. Ich kann mir gut vorstellen, dass viele Soldaten nicht aus Überzeugung oder Idealen beim Bund sind, sondern in erster Linie aufgrund materieller Absicherung. Wo ist hier der Unterschied zum Söldner?

    @Anna Luehse:

    Diese USA wurden am 9/11 durch al-quaida angegriffen. Diese Gruppe hatte ihre Ausbildungslager in A. Dort wurden die Vorbereitungen für den Angriff unternommen. Die Taliban als de-facto Regierung zur damaligen Zeit haben al-quaida auf ihrem Hoheitsgebiet schalten und walten lassen. Sie sind zudem nicht der amerikanischen Aufforderung nach Auslieferung von Terrorverdächtigen und Schließung der Ausbildungslager nachgekommen. Im Gegenteil, sie erklärten sich mit Bin Laden und seiner Terrorgruppe solidarisch.

    Danach haben die USA von ihrem in der UN-Charta festgeschriebenem Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch gemacht. Hierfür bräuchte es nicht mal eine Resolution des UN-Sicherheitsrates, die es dann zusätzlich noch gab. Von einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg kann hier in keinster Weise gesprochen werden – auch gegenwärtig nicht, denn der Sicherheitsrat erneuert Jahr für Jahr seine Resolution.

  • Sir Toby:

    # Mingana

    Ja, da bin ich wohl teilweise zu kurz gesprungen. Aber ich habe in einem anderen Kommentar schon auf das Problem mit den Begriffen hingewiesen, die eben in vielen Fällen unzureichend sind, um die inhaltlich tatsächlich ablaufenden Vorgänge zu erfassen.

    „Der klassische Söldner kämpft und tötet gegen Geld. Doch nur die kleinste Anzahl der PSMF-Angestellten ist in diesem Bereich aktiv. Die meisten von ihnen sind in der Logistik, Verpflegung, Bewachung, Ausbildung, Instandsetzung und Ausbildung tätig. Ein ziviler Lastwagenfahrer, der Nachschub für die US-Armee fährt, kann ebenso wie der Polizist, der nun im Auftrag der US-Regierung afghanische Polizisten ausbildet, schlecht als Söldner bezeichnet werden.“

    Das Verhältnis ‚Kämpfer‘ zu ‚Versorger‘ dürfte ähnlich liegen, wie bei einer staatlichen Armee; aber wenn beispielsweise eine ’normale‘ Armee in einem Krieg der Verlierer ist … gehen dann nur die Angehörigen der Kampftruppen in Gefangenschaft, während die anderen zwei Drittel oder drei Viertel, die für Organisation, Versorgung etc. zuständig waren nach Hause dürfen?? Sie verstehen worauf ich hinaus will? Ich kann schlecht auf der einen Seite meine Arbeitskraft/spezielle Fähigkeit in den Dienst einer kriegführenden Partei stellen, und mich auf der anderen Seite darauf berufen (wollen), ich sei ‚bloß ein Lastwagenfahrer, der Lebensmittel transportiert‘.

    Hier in der BRD hat man vor Jahren irgendeine Firma, die das Zyklon B für die Gaskammern in Auschwitz geliefert hat, auch in gesellschaftliche Haftung dafür genommen, dass die damals in der Firma Verantwortlichen in dieser Weise gehandelt haben. Nun ist das Zyklon B sicher ein anderes Kaliber, als der afghanische Lastwagenfahrer, der Lebensmittel für Blackwater-Angehörige transportiert, aber im Prinzip gehört er damit nun mal inhaltlich zu einer bestimmten kriegführenden Partei. Und da ist er dann mindestens ein aktiver ‚Söldner-Unterstützer‘ oder ‚Söldner-Helfer‘.

    „Die Definitionskriterien verschiedener internationaler Konventionen (UN-Konvention gegen das Söldnerwesen von 1989, Konvention der Organisation of African Unity) erlauben keine Einstufung von PSMF-Mitarbeiter als Söldner. Und zwar weder für den Nachschubfahrer als auch für einen aktiv kämpfenden Angehörigen, wie zB von der Firma Blackwater.“

    Mir sind diese Kriterien nicht bekannt. Aber das ist für mich – Entschuldigung – ‚Diplomaten-Lyrik‘; ein Mitarbeiter von Blackwater arbeitet für Geld (= Sold) – und nur dafür! Er hat kein Vaterland für das er kämpft, oder irgendwelche immateriellen Werte für die er kämpfen würde.  Ich will das hier gar nicht moralisch be- und/oder abwerten, aber der Unterschied zu einem Angehörigen einer ’normalen‘ Armee eines Staates liegt eben genau darin, dass diese ’normale‘ Armee an einen bestimmten Staat gebunden ist … und nicht etwa, weil der Nachbarstaat mehr Geld bietet, nun für den Nachbarstaat gegen entsprechende Bezahlung in den Krieg gegen den eigenen Staat zieht. Und der, beispielsweise, Bundeswehrangehörige, der ohne ‚höhere Werte im Sinn‘ einfach nur für Geld seinen Dienst leistet, wird, solange er diesen Dienst für die Bundeswehr leistet, eben nicht durch seine private und möglicherweise rein finanzielle Motivation, sondern durch den Zweck der Organisation, der er dient, bestimmt.

  • virOblationis:

    @ Mingana, Sir Toby

    Von Ihnen wird, denke ich, eine wichtige moralische Frage angesprochen: Wie weit reicht die Verantwortung des einzelnen? Ist ein LKW-Fahrer im Dienste einer Armee dem LKW-Fahrer z.B. eines Umzugsunternehmens gleich?

    In den letzten Jahrzehnten sind wir – unter us-amerikanischem Einfluß – immer mehr dazu übergegangen, nicht nur die persönlichen Taten des einzelnen zu bewerten, sondern ihn darüber hinaus für das verantwortlich zu machen, was z.B. die Organisation tut, der er angehört. So könnte letztlich ein Soldat, der dazu beigetragen hat, die Front zu halten, mitverantwortlich erscheinen für das, was hinter der Front geschieht. – Sieht sich der Mensch nicht am Ende für alles möglich verantwortlich, das er gar nicht überschauen kann?

    Im Gegenzug verkommt das Gewissen und das persönliche Schuldbewußtsein. Wieviele selbstlose Taten, wieviel menschliche Größe zeigten z.B. zahlreich unserer Landsleute unter Lebensgefahr während der NS-Diktatur? Und heute: Lauter Opportunismus und so wenig Opferbereitschaft und Selbstlosigkeit; oder täusche ich mich?

  • Anna Luehse:

    @ Mingana – 9/11

    Ihre Version ist die offizielle Angabe der US-Regierung, die jedoch mehr Fragen aufwirft, als Aufklärung bringt.  Selbst wenn die Version stimmen würde, so wurden die  USA dennoch nicht von Afghanistan angegriffen. Wenn eine Terrorgruppe, deren Leiter Osama Bin Laden, auf der Gehaltsliste des CIA stand, dafür verantwortlich gemacht wird, rechtfertigt das nicht ein Land in Schutt und Asche zu bomben.  Die von den USA genannten Täter sind alle keine Afghanen, sondern kommen aus dem mit USA befreundeten Saudi Arabien.

    Und was die Auslieferung anbelangt – sie Guatanamo.

  • Sir Toby:

    # virOblationis

    „Wieviele selbstlose Taten, wieviel menschliche Größe zeigten z.B. zahlreich unserer Landsleute unter Lebensgefahr während der NS-Diktatur? Und heute: Lauter Opportunismus und so wenig Opferbereitschaft und Selbstlosigkeit; oder täusche ich mich?“

    Sie täuschen sich ganz sicher. Die Selbstlosigkeit und Opferbereitschaft finden Sie heute auf der Straße … beim Kampf der Antifa gegen das Böse. Ach ja, und natürlich auch bei der demnächst wohl anstehenden ‚Lichterkette gegen Atom‘; ich hab es heute morgen kurz bei Fakten-Fiktionen gelesen … dieses Endlager ‚Schacht Konrad‘ (glaube ich) ist jetzt letztinstanzlich bewilligt worden, und schon geht der selbstlose Kampf um ‚mehr Spaß, mehr Abenteuer in einer ansonsten einfach furchtbar langweiligen Welt‘ weiter…

  • virOblationis:

    @ Sir Toby

    „Die Selbstlosigkeit und Opferbereitschaft finden Sie heute auf der Straße … beim Kampf der Antifa gegen das Böse.“

    Damit bestätigen Sie meine Vermutungen, denn die von Ihnen charakterisierte Haltung wird m.E. durch die von mir heut Morgen beschriebene Verschiebung der moralischen Maßstäbe ermöglicht:

    Statt sich z.B. um altgewordene Familienangehörige zu bemühen oder sich zum eigenen Volk (sozusagen als Proi-Deutscher) zu bekennen, setzt man sich für das Weltklima ein oder den Müll von Schacht Konrad.

  • Mingana:

    @ Sir Toby:

    Ich verstehe was du meinst. Ich halte den Begriff ,,Söldner“ für  pejorativ, durch den ein neuartiges Phänomen vereinfachend beschrieben wird. Wer Söldner hört, der denkt an das moralisch verwerfliche Töten für Geld. Das ist sicherlich auch nicht grundsätzlich falsch, doch frage ich mich, ob man damit tatsächlich alle für das staatliche Militär arbeitende Zivilpersonen klassifizieren kann.

    Ob ein Mitarbeiter von Blackwater tatsächlich allein das Geldes wegen zu der Firma geht, kann sein. Blackwater bietet jedoch ein weites Spektrum an Dienstleistungen an, nicht nur Kämpfen und Töten.

    @Anna Luehse

    Natürlich kann man die offizielle Version der USA anzweifeln. Ich denke man muss jedoch auf  irgendeiner Basis Politik betreiben. Dass Al-Quaida Ausbildungslager dort hatte, ist ebenso wie ihre Unterstützung durch die Taliban-Regierung, unbestritten. Für die US-Regierung gab es keine andere Option, als Krieg zu führen. Mehr als 3000 tote Zivilisten sind ein guter Grund, es wurde schon aus nichtigen Beweggründen Krieg geführt.

    Mich würde interessieren, wie wohl die Bundesregierung auf sowas reagieren würde. Wahrscheinlich Dialog betreiben.

    OBL mag Gelder von der CIA erhalten haben. Doch war das nicht noch zu Zeiten des Kalten Krieges?

  • Anna Luehse:

    @Mingana
    „OBL mag Gelder von der CIA erhalten haben. Doch war das nicht noch zu Zeiten des Kalten Krieges?“ –

    Macht das die Sache besser? Bin Laden wurde aufgebaut, als die Russen in Afghanistan Krieg führten – nachzulesen bei Brzezinski

    Deiner Logik folgend,  war der Einmarsch von A Hitler in Polen also mehr als gerechtfertigt ?!

  • Sir Toby:

    # Anna Luehse

    „Macht das die Sache besser? Bin Laden wurde aufgebaut, als die Russen in Afghanistan Krieg führten – nachzulesen bei Brzezinski.“

    Es geht nicht um ‚gut‘ oder ’schlecht‘ – das sind nur die Kategorien, denen sich in der Regel der Sieger bedient, um seine eigenen Verbrechen (und die Lust daran) zu rechtfertigen. Die Finanzierung von Bin Laden für die Kampf gegen die Sowjets war Realpolitik, die einer ‚Führungsmacht‘ geziemend ist – nachrangige Mächte dürfen soetwas natürlich nicht (quod licet jovi, non licet bovi)!

    Das ist etwas, was man auch auf vielen Blogs feststellen kann – auch hier; die Leute wollen ’sauber‘ sein … und bleiben – moralisch gesehen. Das ist aber mit dem ersten Tag in wirklich verantwortlicher Position in der großen Politik vorbei. Es geht einfach nicht – man müßte dann eben im selben Moment die Beziehungen zu nahezu allen Staaten dieses Planeten abbrechen, denn die meisten gegenwärtigen Staaten werden von mehr oder weniger großen Verbrechern regiert.

    Darüberhinaus kann man sich ab einer gewissen Größe nicht mehr ‚heraushalten‘; ich erinnere mich noch ausgezeichnet, wie in den Medien hierzulande während des Jugo-Krieges eine Druckkulisse aufgebaut wurde … Scharping mit dem Hufeisen-Plan etwa … und da haben dann alle plötzlich nach den USA geschrieen, weil es sonst eben keine Macht gab, die einem kleinen Drecksack wie Milosevic hätte Einhalt gebieten können. 

    Und da greift dann eben auch eine ganz eigene Logik, nach der es das ganze Lager des Westens, wenn es nicht jeglichen Einfluß verlieren, sich nicht leisten kann, sich von einem hochgerüsteten Zwerg auf der Nase herumtanzen zu lassen. Denn wer das akzeptiert, dem tanzt danach in kürzester Zeit eben nicht nur ein Milosevic, sondern drei Viertel des Erdballes auf der Nase herum. Ich meine, wir erregen uns hier in schöner Regelmäßigkeit über die Sklavenmentalität und Unterwerfungslust der Bundesregierung und des restlichen Westens gegenüber den Museln, dabei ist das die notwendige Folge, wenn man sich von Habenichtsen und Pack auf der Nase herumtanzen lässt. Und warum erregen wir uns? Weil wir es als demütigend, und die Demütigung als schmerzhaft empfinden! Und wer einen Milosevic oder Bin Laden sein eigenes Spiel über einen bestimmten Bereich hinaus spielen läßt, der muß dann eben damit leben, dass er von jedem der Lust dazu verspürt gedemütigt wird. Wem das Spaß macht – bitte sehr. 

    Und was den Einmarsch Hitlers in Polen betrifft: Nach dem, was ich über die Hintergründe mittlerweile allein schon durch den Wendig erfahren habe, kann ich nur sagen: Ja – war absolut gerechtfertigt. Das war ja die Falle der Sieger des I. Weltkrieges; man schafft dem Besiegten Bedingungen, die er auf die Dauer nicht erfüllen kann, wenn er noch irgendwelche Restbestände von Selbstachtung für sich in Anspruch nehmen will. Wenn er dann irgendwann dagegen rebelliert, macht er sich schuldig gegenüber den Maßstäben der Sieger, die, weil sie nunmal die Mehrheit sind, auch die Sieger des nächsten Konfliktes sein werden. Womit die Sieger dabei nicht gerechnet haben, ist allerdings, das die Durchsetzung ihrer Werte ihnen in der (damaligen) Zukunft zum Strick werden würde, an dem der Islam sie aufhängen wird.

  • Mingana:

    @Anna Luehse

    Die Amerikaner hielten OBL damals für einen idealen Verbündeten, um der SU eine Niederlage im Kalten Krieg zuzufügen. Das ist nicht verwerflich, jeder Block hat jedes Mittel genutzt, um dem ideologischen Gegner Schaden zuzufügen. So haben die Chinesen/Russen eifrig die Nordvietnamesen unterstützt.

    Doch aus dem ,,Freund“ OBL ist jetzt über die Zeit hinweg ein Feind geworden. Nur weil er damals auf Seiten der Amerikaner stand, hat er jetzt nicht Narrenfreiheit.
    OBL hat explizit die Verantwortung für 3000 Tote übernommen – dass er und sein Freunde jetzt gejagt werden, ist mehr als konsequent.

    @Sir Toby: Volle Zustimmung.

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