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Der Tatort: Gouvernante der richtigen Gesinnung

Die NZZ über das, was dem aufmerksamen  Zuschauer schon länger aufgefallen ist – und ihn abstößt: Der „Tatort“ als Gouvernante richtiger Gesinnung des öffentlich-rechtlichen Abendprogramms – so moralinsauer, so schwarzweiß in seinen Täter-Opfer-Zuschreibungen, so zeitgeistkonform die Lebensentwürfe der diversen Kommissare, dass der Griff zur Fernbedienung pure Notwehr ist.

Bei den Tätern hat sich allerdings eine Milieuverschiebung ereignet. Die  Bösen sind meist Immobilienhändler, Baulöwen, Chefärzte, renommierte  Juristen, Diamantenhändler, Grossgrundbesitzer oder, ganz schlimm, Angehörige von Burschenschaften. Sang Reinhard Mey noch «Der Mörder ist immer der Gärtner», so gilt heute: Wer Anzug trägt und ein schönes Auto fährt, ist vermutlich der Täter. Selbst staatliche Institutionen wie der  Verfassungsschutz tauchen hier nur als mafiöse Organisationen auf, deren Rechtsstaatlichkeit in Zweifel steht.

Sollte dennoch einmal ein Vorbestrafter, Zigeuner oder ein Angehöriger anderer Minderheiten ins Visier der Fahnder geraten, dann kann man  sicher sein, dass am Ende dieser Verdacht sich als Folge schlimmer  Vorurteile erweist. Das Böse kommt aus «der Mitte der Gesellschaft»,  wenn es denn überhaupt noch herkömmliche Grenzen zwischen Gut und Böse gibt. Als einmal ein sogenannter Ehrenmord mit einem türkischen Täter es auf diesen Sendeplatz schaffte, wurde er hingebungsvoll pädagogisch ummantelt.

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[Dank an Jürgen für den Linkhinweis]

5 Kommentare zu „Der Tatort: Gouvernante der richtigen Gesinnung“

  • Jim Panse:

    Ein grandioser Artikel der NZZ! Mir geht dieser als Krimi getarnte Gesinnungskitsch schon lange auf den Senkel! Das ist so hölzern und beleidigend dilettantisch, dass man die Krimirahmenhandlung auch gleich weglassen und ein Gutmenschen-Teleseminar ausstrahlen könnte. Aber wen wundert das eigentlich, angesichts der Personalstruktur in den ö.r. Sendern? Hoffentlich stirbt diese 68er Generation bald einfach aus…

  • Der Klaus:

    Mein Vater meckert schon seit Jahren über den Tatort und die ganze Gutmenschengrütze. Der Ausländer wars nie, sondern immer der Deutsche. Ich mache es noch einfacher und sehe mir diesen dreck nicht an.

  • Die öffentlich-rechtlichen Programme nehmen ihren „Bildungsauftrag“ leider auch im Unterhaltungsfernsehen wahr – zumindest punktuell. Dafür läuft in anderen Formaten derselben Sender die größte Grütze.

  • frank:

    Ich ärgere mich, dass meine Eltern das immer wieder anschauen. Auch die heute-Nachrichten dürfen nicht fehlen.  Allerdings merken sie auch immer öfter, dass mit den öffentlich-rechtlichen Nachrichten etwas nicht stimmt.

  • Petrosa:

    ich sehne mich so nach Erik Ode.
    Daß  z.B. die „Lindholm“ nicht mehr zu meiner Welt gehört weiss ich,  seit sie in einer Szene heftig mit ihrem Kollegen gekuntscht  hat und ihn am nächsten Morgen bei der Begrüssung im Büro vorwurfsvoll fragte „sind wir denn schon per du“.

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