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"Fakt" – Springers Zweigstelle in Polen

Seit 2003 hat der Springerkonzern eine Schwester der „Bild“ in Polen etabliert: „Fakt“. Das Boulevardblatt kam  in einer Auflage von 700 000 Exemplaren an die Kioske und hat inzwischen die „Gazeta Wyborcza“ des früheren Dissidenten Adam Michnik als auflagenstärkste Tageszeitung abgelöst.

Unter dem Titel „Inszenierter Fußballkrieg“ beleuchtete Olaf Sundermeyer in DieZeit 2008, wie der Axel-Springer-Verlag [wieder einmal] gezielt Konflikte zwischen Deutschen und Polen arrangierte.

Vor der EM arbeiten die Redaktionen Hand in Hand: Nach den „Giftpfeilen“ der Bild schoss Fakt natürlich zurück: Eine Zeichnung auf dem Titelblatt zeigt Michael Ballack in einem Trabi, Polens Coach Leo Beenhakker obendrauf. Überschrift; „Leo, tritt die Trabis“.

 

Und die Mediendramaturgie geht noch weiter. Der Fernsehsender RTL sitzt der Inszenierung aus dem Hause Springer gleich auf. Vor einer Grafik, die jene „Giftpfeile“ in einem Fußball zeigen, trägt die Moderatorin von RTL-Aktuell im fast identischen Wortlaut der Bild die „Giftpfeile“ aus Polen als ernste Nachricht vor. Über die Besitzverhältnisse der polnischen Zeitung verliert sie kein Wort. Dabei sollte das Springer`sche Polenengagement zumindest in deutschen TV- oder Print-Redaktionen inzwischen bekannt sein. Immerhin sind die Deutschen dort Marktführer.“

Keine Ausnahme, sondern vielmehr Geschäftsmodell: Manfred Mack – Mitarbeiter des Deutschen Polen Instituts – erläutert in Medienwissenschaft, dass der Erfolg von „Fakt“ auch auf der antideutschen Berichterstattung beruht. Er verortet das Boulevardblatt aus dem Hause Springer nicht in Nähe der „Bild“ sondern in der Linie der „Welt“ [ebenfalls ein Springerblatt]- eine Art  polnische Welt am Sonntag.

Egal, welche These man vertritt, dass der Springerkonzern das Geschäftsmodell „Polen gegen Deutschland unter unserem Dach“ innerhalb aller seiner Ableger favorisiert, zeigt der neuste Artikel in WeltOnline, der ebenfalls  deutschfeindlich gefärbt ist. Einleitung:

Polen wird von Europa verkannt, glaubt der Chefredakteur der polnischen Zeitschrift „Fakt“, Grzegorz Jankowski. Denn das Land sei bedeutender, als viele denken, und suche daher die strategische Partnerschaft mit Amerika. Deutschland hingegen hat seiner Ansicht nach alle Sympathien verspielt.

Der Artikel ist als „Gastkommentar“ ausgewiesen, der Urheber wird nicht namentlich genannt. Ebenfalls unerwähnt in dem Artikel: In Polen tobt im Zuge der EU-Wahlen [7. Juni] ein fanatischer Parteienkrieg zwischen der regierenden PO [Bürgerplattform unter Ministerpräsident Tusk] und der oppositionellen PiS [Recht und Gerechtigkeit, Kaczynski] – und mit einem deutschfeindlichen Wahlkampf ließen sich in Polen bisher immer noch Stimmen gewinnen.

Und höhere Klicks [für Fakt, Bild und Welt] sowieso.  Der Screenshot li. zeigt  übrigens die weiterführenden Links, die in den inkriminierten Artikel von Welt eingebunden sind. Gut, was?

„Fakt zum Erfolg verholfen, hat sicherlich auch die teilweise antideutsche und antieuropäische Berichterstattung, besonders in Bezug auf Fragen der EU-Verfassung“
[M. Mack in Medienwissenschaft]

7 Kommentare zu „"Fakt" – Springers Zweigstelle in Polen“

  • NurEinGast:

    Polen in Deutschland sind meist zu 100% integriert. Und das offensichtlich so gut, dass sie in keinster Weise besonders aufällig werden. Längst haben wir uns an vermeintlich deutsche Nachnamen gewöhnt die auf ..cy oder ähnlich enden. Diese Tatsache geht auf die sog. Ruhrpolen(1) zurück. Diese kamen bereits Ende des 19. Jahrhunderts als Bergarbeiter und integrierten sich offensichtlich prächtig.

    Sicherlich gibt es Differenzen zwischen Polen und Deutschen, diese sind aber angesichts der heutigen globalen Lage nicht mehr als Geplänkel, zynisch könnte man gar sagen sie sind so eine Art entartete Brauchtumspflege.

    Die Differenzen zwischen den beiden Völkern sind kulturell minimal, es gibt keinen wirklichen Grund mehr einander zu mißtrauen.

    Umso verwerflicher dass manche Medien diese Konflikte um des Mammons Willen bewusst auf beiden Seiten schüren. Hier könnte ausnahmsweise mal die sonst so häufig angewandte sanfte Feder wirklich sinnvoll sein.

    Ich verstehe zwar die Einstellung der Vertriebenen. denke aber dass nach so langer Zeit die Dinge endlich ruhen sollten. Die Deutsch-Französische Aussöhnung könnte hier als Blaupause dienen.

    Ich kenne zwar nicht die Meinung des gemeinen Polen von der Strasse, habe aber bei Gesprächen mit nach ’89 eingewanderten als auch „original“ Polen den Eindruck gewonnen dass man dies dort zumeist ähnlich sieht.

    Leider habe ich aber auch feststellen müssen das auf deutscher Seite auch jenseits der Harald Schmidt Witze doch einige Ressentiments bestehen. Glücklicherweise in den jungen Jahrgängen weniger als in den älteren. Es besteht also Hoffnung das diese gemeinsame Wunde nun endlich langsam verheilt. Zu wünschen wäre es allemal.

    Quelle:
    (1) http://de.wikipedia.org/wiki/Ruhrpolen

  • Der Klaus:

    So oder ähnliche dürften sich auch die Hüryet/Blöd Zeitung scheingefechte abspielen.

  • Fabian:

    NurEinGast: „Ich verstehe zwar die Einstellung der Vertriebenen. denke aber dass nach so langer Zeit die Dinge endlich ruhen sollten.“

    Super, dann machen unsere Regierungen ja alles richtig: dröhnendes Schweigen zu den Toten von Marienburg. Typhus mit Kaliber 8mm und so.

  • NurEinGast:

    @Fabian

    Ich bin sehr Wohl im Bilde über Gräueltaten von Polen an Deutschen, vor, kurz vor Ende und nach dem Krieg. Diese sollten aus meiner Sicht auch benannt werden, was unserer Regierung leider nicht macht sondern die Alleinschuld ihren eigenen Bürgern aufbürdet.

    Das bedeutet aber nicht die Oder/Neisse Grenze in Frage zu stellen. Es ist utopisch die Grenzen von Anno Dazumal wiederherstellen zu wollen.

    Zudem gilt dasselbe was auch für Deutsche gilt: Es gibt keine Erbschuld und die damalige Generation der Täter und Opfer auf beiden Seiten hat schon fast komplett das Zeitliche gesegnet. Die beste Lösung für eine Normalisierung der Beziehungen erscheint mir daher die Verfehlungen beider Seiten deutlich zu benennen und sich trotzdem die Hand zu reichen.

    Natürlich ist das deutschenfeindliche Potenzial in Polen grösser als das polenfeindlich Potenzial in Deutschland, das bedeutet aber nicht dass wir in der Beziehung etwas nachzuholen hätten, eher im Gegenteil.

    Fr. Steinbachs Ansinnen eines Zentrums für Vertreibung bei dem deutsche Vertiebene im Mittelpunkt stehen findet daher meine volle Zustimmung. Aber irgendwelchen Ansinnnen die alten Ostgebiete wieder in Besitzt zu nehmen sind Wahsinn und verkennen auch die veränderte Lage in der sich Europa befindet. Die Wiedervereinigung mit der DDR war und ist teuer genug, sollen wir jetzt noch halb Polen aufnehmen? Aus welchem Grund sollte das geschehen und was hätten wir davon?

  • Fabian:

    Niemand hat davon gesprochen, daß die ehemaligen deutschen Ostgebiete wieder zurück sollen. Aber Aufarbeitung der deutsch-polnischen Geschichte dürfte nun einmal ziemlich einseitig ausfallen. Denn es heißt vor allem, daß Polen sich eingestehen muß, nicht ein unschuldiges Opfer äußerer Agressoren gewesen zu sein.

  • […] Deutschen waschen sich rein”, resümiert die polnische Springerzweigstelle “Fakt”, Piotr Semka sieht eine Relativierung der deutschen Schuld, Antoni Dudek findet das einen […]

  • […] Der Artikel ist absolut lesenswert, weil er eine Fülle von Informationen beinhaltet und man einen guten Eindruck von den molochartigen Strukturen erhält, die der WAZ-Konzern über ganz Europa ausbreitet.  Ähnlich treibt es auch der Springerkonzern – “Fakt” z.B.,  ein Klon von Bild,  ist Springers Zweigstelle in Polen. […]

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