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Es darf spekuliert werden, Teil 2: Benno Ohnesorg und die Stasi

Der Polizist Karl-Heinz Kurras, der am 2. Juni 1967 den Studenten Benno Ohnesorg aus nächster Nähe erschoss, war Mitglied der SED und Inoffizieller Mitarbeiter des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit.

Das berichten Helmut Müller-Enbergs und Cornelia Jabs, die durch einen Zufall entsprechende Unterlagen im Aktenbestand des MfS gefunden haben. Ihr Bericht über die insgesamt 17 Aktenbände des Staatsicherheitsdienstes zu Kurras erscheint in der neuen Ausgabe der Zeitschrift „Deutschlandarchiv“, die am 28. Mai herauskommen wird: „Der 2. Juni 1967 und die Staatssicherheit“.

Die Bildgalerie oben  zeigt die eigenhändige Verpflichtungserklärung von Karl-Heinz Kurras alias „Otto Bohl“ für das Ministerium für Staatssicherheit am 26. April 1955 in Berlin und sein Parteibuch [zum Vergrößern anklicken]. Aus seiner Akte zitiert die FAZ:

Im SED-Staat war man zufrieden mit Kurras: „Die gestellten Aufgaben werden von ihm gewissenhaft erfüllt. Bei der Erfüllung seiner Aufgaben zeigt der K. Mut und entwickelt die notwendige Initiative … er (steht) treu zur Deutschen Demokratischen Republik“.

Erinnert fatal an die  Friedensbewegung gegen den Nato-Doppelbeschluss: Führte die Stasi den grünen General? fragt Focus 1993 – heute weiß man, dass die Friedensbewegung von kommunistischen Kadern beeinflusst und gelenkt wurde.

[Dank an Tobias für den FAZ-Hinweis]

22 Kommentare zu „Es darf spekuliert werden, Teil 2: Benno Ohnesorg und die Stasi“

  • Sir Toby:

    Im Anschluß an die Einladung von Forist Tobias…

    „War die Erschießung eines Demonstranten möglicherweise seitens der Stasi gewünscht um eine Radikalisierung der APO-Bewegung herbeizuführen? Es darf spekuliert werden.“

    … spekuliere ich jetzt einfach mal ein ‚JA‘! (… und kein ‚Aber‘)

  • Sir Toby:

    Upps – ruckzuck Rückzug (zerknirsch). Hätte doch so schön gepaßt (Schluchz). Hab leider erst nach dem Blogeintrag den Artikel in der FAZ gelesen. Danach sieht es (leider) so aus, als hätte ihr (der Stasi) die Erschießung von Ohnesorg durch Kurras gar nicht in den Kram gepaßt, und – zumindest den bekannten ‚geheimen‘ Akten nach (vielleicht gabs ja irgendwo ’noch geheimere Geheimakten‘) –  und sie scheint ihn danach auch abgeschaltet zu haben. Die waren möglicherweise schlicht und einfach zu blöd zu kapieren, was für ein Geschenk ihnen der Kurras gemacht hat (er selbst hats vermutlich auch nie kapiert). Wie Schauspieler in einem Film, von dem sie weder Drehbuch noch Zweck kennen…

  • virOblationis:

    So beschränkt, nicht zu erkennen, was für ein Geschenk dem Sozialismus Kurras bereitet hatte, kann das MfS eigentlich gar nicht gewesen sein. Wenn man ihn „abschaltete“, dann wohl weil dieses Eisen einfach zu heiß war. Was für ein Skandal wäre damals in der BRD ausgebrochen, hätte man Kurras‘ Verbindung in den Osten aufgespürt!

  • Einer ganzen Generation Anarchos und anderer Linker kommt ihr Weltbild abhanden! Wie geil ist das denn!!!
    Leider wird es keine Praktischen Auswirkungen haben!
    Die Verlogenheit dieser Gruppe war schon immer so krass das sie was sowas betrift ziemlich Schmerzfrei ist!

    Die neueste Fjordmann Übersetzung ist da
    die-gruene-pest.com/showthread.php?t=8476″ rel=“nofollow“>Wortprotokolle des Kölner Stadtrates (Ratsprotokolle)
     

  • Blond:

    OT:
    (wie war das mit der Schwulen- und Lesben-Lobby?)
    Deutschland Freitag, 22.05.2009
    Zypries will Homo-Ehe ins Grundgesetz aufnehmen
    BERLIN. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hat die Aufnahme der Homo-Ehe ins Grundgesetz gefordert. …
    Des weiteren sprach sich Zypries dafür aus, die Unterscheidung zwischen Ausländern und Deutschen im Grundgesetz aufzuheben. …
    http://www.jungefreiheit.de/Single-News-Display.154+M5037de7417c.0.html?&tx_ttnews%5BbackPID%5D=&tx_ttnews%5Bmode%5D=single
    (die Unterschiede sind dann mit Gesetzeskraft aufgehoben – und dann ???)

  • AvK:

    Was für ein Skandal wäre damals in der BRD ausgebrochen, hätte man Kurras’ Verbindung in den Osten aufgespürt!

    Wieso hat man das eigentlich nicht. Der Mann wird 81 Jahre alt, war jahrzehntelang im Staatsdients und unserem BND, VS  usw. ist er gar nicht aufgefallen. Vermutlich zu sehr mit aufgemalten Hakenkreuzen beschäftigt.

  • Sir Toby:

    # AvK

    „Vermutlich zu sehr mit aufgemalten Hakenkreuzen beschäftigt.“

    Man muß eben Prioritäten setzen!          😆

  • Sir Toby:

    # Blond

    „(wie war das mit der Schwulen- und Lesben-Lobby?)“

    Dazu hat Deutschlandpolitik folgende interessante Anmerkung gemacht…
     
    „Interessant in diesem Zusammenhang: Die 55-jährige Brigitte Zypries war nie verheiratet, ist ledig und kinderlos und ihr Wikipedia-Passus über ihr Privatleben verdächtig dünn und wortkarg. Man könnte auf Basis ihres Lebenslaufes, und eventuell auch auf Basis ihres Erscheinungsbildes, glatt auf die Idee kommen, daß sie lesbisch ist. Würde man dies glauben, so könnte man denken, daß ihre jüngsten Gesetzesforderungen sogar in doppelter Hinsicht rein egoistischer Natur waren.“

    Aber das ist sicher alles rein zufällig …

    „(die Unterschiede sind dann mit Gesetzeskraft aufgehoben – und dann ???)“

    Und dann??? DANN sind wir entmachtet – endgültig. Und arbeiten nur noch für die, die dann kommen wollen und für ein gutes Leben nur eine der drei progressiven Parteien wählen müssen … Du weißt schon welche. Aber ich bin sicher kein Deutscher (kein guter) hat etwas dagegen. Wenn ihm etwas auffiele – was aber nicht der Fall sein wird. Von Ossip Mandelstamm gabs zur Zeit der Stalin’schen Säuberungen einen Kommentar, der auch hier gut paßt: Die Leute denken, es ist alles in Ordnung, weil die Straßenbahnen fahren! Na dann … mit uns, Quatsch, gegen uns die neue Zeit.

  • Blond:

    @ Sir Toby!
    Mit
    "(die Unterschiede sind dann mit Gesetzeskraft aufgehoben – und dann ???)"
    war gemeint:
    Ändert der Umstand der gesetzlich verankerten aufgehobenen Unterschiede die tatsächlich existierenden?
    (rethorische Frage – rosa-Brille-Denke!)

  • @ AvK

    Ich empfehle das Buch von Hubertus Knabe „Die Täter sind unter uns„.  Knabe zeichnet darin u.a. eindrucksvoll nach, wie viele BRDler  [ca. 300 000] für die Stasi gespitzel, denunziert und sensible Informationen verraten haben – und wie wenig die BRD [Politik und Justiz] an einer wirklichen Enttarnung interessiert waren/sind.

    Wenn du das Buch gelesen hast, wunderst du dich nicht mehr, wieso so ein Mann wie Kurras nicht früher enttarnt wurde.

  • gast:

    Ob das ein Auftragsmord war, ist mit der Enttarnung Kurraz noch nicht gesag aber ausschließen kann man bei Mielkes Verein natürlich nichts. Der Umstand, daß Studentenführer Dutschke, ein DDR-Abhauer, knapp ein Jahr später durch den verhetzten Hilfsarbeiter Joseph Bachmann schwer angeschossen wurde und daß dieser Bachmann ebenfalls vorher aus der DDR gekommen war, gibt einem schon zu denken.

  • AvK:

    @ Judith

    Das Buch ist als Urlaubslektüre vorgemerkt.  Davon abgesehen wechseln die Varianten um Kurras , seine Gesinnung und politische Ausrichtung, gerade rasant.

    Rabehl hat in der Jungen Freiheit um eine Variante erweitert und glaubt, Kurras sei ein Mann der CIA gewesen. Als Beweis für diese Theorie führt er die Wut an, mit der Kurras Ohnesorg erschoss und die Tatsache, daß Kurras nach dem Krieg unter den Sowjets in Sachsenhausen interniert gewesen. Diese Zeit habe aus ihm einen Anti-Kommunisten gemacht. 

    Außerdem  sei die Polizeiabteilung, in der Kurras arbeitete, eine Art politische Polizei nach amerikanischem Vorbild gewesen und für die Abwehr der Ost-Spione zuständig. Da passe es nicht, daß so jemand plötzlich seine Liebe für die DDR entdecke. „

    Ich gehe davon aus, daß er ein CIA-Mann war. So konnten die Amerikaner herauskriegen, wer wer bei der Berliner Polizei war“.  (Rabehl in JF)

  • virOblationis:

    Ich gehe davon aus, daß er ein CIA-Mann war. So konnten die Amerikaner herauskriegen, wer wer bei der Berliner Polizei war“. (Rabehl in JF)

    „Überrascht von den Aktenfunden zeigte sich auch der Berliner Soziologe und Publizist Bernd Rabehl … [ein] ehemaliger Vertrauter von Rudi Dutschke …“, der selbst sagt, er sei seinem damaligen Denken treu geblieben und dazu zu neigen scheint, in den USA als Wurzel alles Bösen zu sehen.

    Es gibt keinen einzigen konkreten Anhaltspunkt, der Rabehls Hypothese ein wenig Wahrscheinlichkeit zukommen ließe.  Es wird lediglich auf eine urkundlich belegte Agentengeschichte eine frei vermutete draufgepropft.

  • AvK:

    @Vir Oblationis

    Mir scheint  Rabehls Argumentation dahingehend etwas naiv, daß eine Inhaftierung in einem sowjetischen KZ automatisch eine antikommunistische Einstellung nach sich zöge . Man muss kein ausgewiesener Kenner der sowjetischen KZ-Historie sein um zu wissen, daß in diesen KZ, durchaus erfolgreich Kaderbildung betrieben wurde.

    Ich vermute hinter der Replik Rabehls eher einen Reflex der Abwehr. Nach dem Zusammenbruch der DDR, nach der Erkenntnis, daß die Friedensbewegung kommunistisch mitgesteuert wurde, wäre die Causa Kurras, so wie sie sich momentan darstellt, ein dritter Knacks im Erklärungsmodell vieler Alt-Linken.

  • Sir Toby:

    # Blond

    Sorry, hatte ich falsch verstanden.

  • virOblationis:

    @ AvK

    „Ich vermute hinter der Replik Rabehls eher einen Reflex der Abwehr.“

    Das scheint mir plausibel.

  • Volker:

    Ich mißtraue den Medien mitttlerweile total. Deshalb frage ich mich bei so einer Meldung weniger, ob sie stimmt, sondern was sie bezweckt.

    Hier haben wir also einen Polizisten, der vor X Jahren einen Demonstranten erschossen hat und Mitglied in der SED war. Soweit glaube ich die Geschichte.

    Über die Vermutung, daß es einen Mordauftrag der SED gab, kann man eigentlich nur spekulieren.

    Wenn man allerdings glaubt, daß die Information, daß Kurras SED Mitglied war, neu ist, dann ist man naiv. Ich gebe dabei zu bedenken, daß Kurras immerhin einen Aufstand ausgelöst hat. Deshalb haben ihn diverse Geheimdienste mit absoluter Sicherheit bis zum Exzess auseinandergenommen. Ich glaube niemals, daß dabei seine Beziehungen zur DDR bei dieser Überprüfung nicht gefunden worden sind.

    Halten wir also fest: Diese Information ist mit 99%iger Wahrscheinlichkeit nicht neu.

    Die Fragen, die man sich stellen muß, sind dann folgende:

    1) Warum hat man diese Information bis jetzt geheim gehalten?
    2) Warum publiziert man sie gerade jetzt?
    3) Wem nützt diese Information?

  • Wahr-Sager:

    @Volker:
    Zu deinen 2 ersten Fragen habe ich zumindest die Vermutung, dass es mit den bevorstehenden Wahlen zu tun haben könnte und die jeweiligen Politiker sich mit dieser Art von Auseinandersetzung an potenzielle Wähler anbiedern wollen.

  • gast:

    Nach den jüngsten Stasi-Enthüllungen hat der mittlerweile 81-jährige Todesschütze von Benno Ohnesorg zugegeben, als West-Berliner Polizist Mitglied der SED gewesen zu sein. Karl-Heinz Kurras bestreitet jedoch von der Stasi Geld bekommen zu haben.

  • virOblationis:

    Einmal ist kein Mal,
    zwei Mal ist immer.

    Ein einziger IM hätte noch Zufall sein können,
    doch da ein zweiter zur Stelle war, ist dies nahezu ausgeschlossen.

    http://www.jungefreiheit.de/Single-News-Display.154+M534c3ed23a7.0.html?&tx_ttnews%5BbackPID%5D=&tx_ttnews%5Bmode%5D=single

  • Blond:

    Birthler-Behörde
    Keine Stasi-Aufarbeitung bei West-Berliner Polizei
    Nach dem Fall Kurras werden nun auch Stimmen laut, die eine Stasi-Überprüfung aller aktiven und ehemaligen West-Berliner Polizisten fordern. Berlins Polizeipräsident Dieter Glietsch lehnt eine solche generelle Untersuchung des gesamten Polizeiapparats unterdessen ab: Das sei für die Arbeit heute ohne Bedeutung.
    Berlins Polizeipräsident Dieter Glietsch will den Einfluss des Ministeriums für Staatssicherheit auf die damalige West-Berliner Polizei nicht untersuchen lassen. In der „Berliner Zeitung“ lehnte Glietsch nach Bekanntwerden der Stasi-Mitarbeit des Ex-Polizisten Karl-Heinz Kurras eine wissenschaftliche Untersuchung zur Stasi-Unterwanderung der damaligen Polizeibehörde ab. „Die möglichen Stasiverstrickungen einzelner, vermutlich aus Altersgründen ehemaliger Polizeibeamter ist meines Erachtens für die Berliner Polizei und ihre Arbeit heute ohne Bedeutung". Er werde deshalb einen entsprechenden Untersuchungsauftrag nicht erteilen.
    mehr »
    http://www.morgenpost.de/berlin/article1100781/Keine_Stasi_Aufarbeitung_bei_West_Berliner_Polizei.html

  • Sir Toby:

    Das ist also noch nicht fertig …

    http://www.spiegel.de/panorama/zeitgeschichte/0,1518,627485,00.html

    … mal gespannt, was vor der Bundestagswahl noch so alles ans Licht kommt.

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