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Versailles heute

Die neue Ausgabe der Jungen Freiheit publiziert mehrere Artikel zum Thema Versailler Vertrag: u.a. die vollständige Rede Philipp Scheidemanns zum Versailler Vertrag, einen Hintergrundartikel zu den Forderungen der Alliierten – Im Geist von Rache und Vergeltung – und einen Artikel, der die Reparationszahlungen thematisiert, die heute noch geleistet werden müssen: Die Schatten von Versailles.

Aus dem Artikel ein paar interessante Fakten und Zahlen. Im Zuge der Wiedervereinigung wurden wir erneut zur Kasse gebeten – eine kleine, kaum beachtete Zeitungsnotiz informierte darüber:

Mit der Herstellung der deutschen Einheit am 3.10.1990 sind die Voraussetzungen nach Artikel 25, Buchstabe a, für die Bedingung der Zinsrückstände aus den Anleihen eingetreten, die von der Weimarer Republik zur Abgeltung der in Versailles von den Siegermächten des ersten Weltkrieges erhobenen Reparationsforderungen an Deutschland eingegangen wurden.

Einem aufmerksamen Medienkonsumenten war die sehr klein gehaltene Notiz trotzdem nicht entgangen  – er fragt beim Bufimi nach, was genau denn noch an Reparationszahlungen aus dem WK I zu  bezahlen sei. Die Antwort: Tilgung von Schulden, die aus Staatsanleihen des deutschen Reiches resultieren – eingegangen zwischen 1924 bis 1930.

Im Jahr 2002 veröffentlichte das Bufimi einen Bericht, wonach die Anleihen von 1.8 Mio Euro, sowie weitere 2.3 Mio Euro an entstandenen Zinsen aufgebracht werden müssen. Und gerade dieser Tage wurde bekannt, dass unsere Versailler Verpflichtungen bis zum Jahr 2010 mit weiteren 95 Mio. Euro zu Buche schlagen, wohlgemerkt: Ohne die Zinsen. Die betragen noch einmal – pi mal Daumen – das dreifache der Summe.

Den  geschichtlichen Hintergrund erklärt die JF:

Auf einer Außenministerkonferenz der drei westlichen Alliierten, die im September 1950 in New York stattfand, wurde beschlossen, die Bundesrepublik  zur Anerkennung jener „Uraltschulden“ zu veranlassen. Bundeskanzler Konrad Adenauer wurde das „Angebot“ unterbreitet, man wolle das Besatzungsstatut in Deutschland wesentlich lockern, insofern er die Verbindlichkeiten von 65 Gläubigerinstitutionen aus dem Jahre 1924 anerkenne. Adenauer tat dies, worauf der jungen Bundesrepublik Deutschland die Errichtung eines eigenen Außenministeriums gestattet wurde und die ersten diplomatischen Anerkennungen westlicher Staaten erfolgten.

Zitatende.

[1] Bundesfinanzministerium: Monatsbericht 02.2003
[2] 1999 befasste sich die Berliner Zeitung in einem Artikel ebenfalls mit den Reparationszahlungen: Von deutschen Schulden.
[3] Die komplette Rede von Scheidemann kann man auch auf der Webseite Deutschland-Dokumente nachlesen.

[Das Bild oben zeigt die Unterzeichnung des Versailler Vertrages und ist ein Gemälde von William Orpen aus dem Jahr 1921. Der deutsche Vertreter sitzt mit dem Rücken zum Betrachter, die  alliierten Politiker sitzen dem Betrachter zugewandt. Bildquelle: Preußen-Chronik]

9 Kommentare zu „Versailles heute“

  • karl-friedrich:

    Danke Judith für den Hinweis, ich bin heute noch nicht einmal dazu gekommen, meine JF (print) zu lesen, weil ich mich den ganzen Tag ärgern mußte, sehe aber das der Bericht auf Seite 12 steht.

    Tja, ganz ehrlich, man lernt immer wieder dazu, mir war das nicht bekannt, wie soll man hier noch weiter die Fassung bewahren?

  • Anna Luehse:

    Diese Zahlungen beruhen auf dem Londoner Schuldenabkommen von 1952. Es gibt dazu eine länger Abhandlung unter:
     
    http://www.mnemeion.studien-von-zeitfragen.net/Abs_London/abs_london.html

  • karl-friedrich:

    @ Anna Luehse

    Danke, du bist auch so ein wandelndes Lexikon der Links. 🙂

  • Der Klaus:

    OT/ Ein Netzfundstück

    http://www.mlpd.de/nazi-terror-gegen-dortmunder-mai-demonstration-offenbart-wahres-gesicht-der-faschisten

    „Außerhalb von Nordrhein-Westfalen war dieser brutale faschistische Überfall in Dortmund in der Medienberichterstattung kaum mehr als eine Randnotiz wert. Statt dessen wird vor allem über Ausschreitungen in Berlin oder Hamburg berichtet und demagogisch faschistische Gewalt und antifaschistische Proteste gleichgesetzt.“

    Ich bin empört! Könnte es daran liegen das „demagogisch faschistische Gewalt“ (bei demonstrationen) fast immer ohne Opfer auskommt, während „antifaschistische Proteste“ nicht unter 5 brennenden Autos und 100 verletzten Polizisten abgehen? Ob es das sein könnte???

  • Wahr-Sager:

    Zum Thema von Der Klaus:
    Heute startet die Steinmeier-Aktion „Nazis aus dem Takt bringen„. Und wer ist mit dabei? Franziska Drohsel (die, die Deutschland auslöschen will)!

  • frank:

    Danke für den informativen Artikel. Ich dachte, dass die Zahlungen aus der Vergangenheit schon getilgt wären. Und zur SPD-Aktion kann man nur sagen, das wahre Motto lautet „Deutsche aus dem Takt bringen“. Denn es geht in Wirklichkeit gegen Deutschsein und Bürgertum.

  • Gibor:

    „Versailles heute“

    Die „Europäische Union“ ist die Fortsetzung des Versailler Vertrages [Diktates] mit anderen Mitteln! (Frei nach Clausewitz…)

  • Gibor:

    Der Abgrund von Versailles
    Fichtebundblatt Nr. 411.
    ©1928 [oder etwas später]
    Deutscher Fichte-Bund e.V., gegründet Januar 1914.
    Reichsbund für Deutschtumsarbeit.

    Anläßlich einer in Luxemburg erfolgten internationalen Zusammenkunft hielt Reichsbankpräsident Dr. Hans Luther eine eindrucksvolle Rede über die die Weltwirtschaft zerstörenden Folgen des Versailler Diktats. Er führte u.a. aus:

    »Die Tributleistungen, die Deutschland durch das Versailler Diktat und spätere Abmachungen auferlegt wurden, stören die Geld- und Wirtschaftsordnung, weil sie keine wirtschaftlich begründeten, sondern politische Zahlungen sind. Diese Überzeugung gewinnt unter Kundigen immer mehr an Boden und setzt sich durch. Da aber aus Gründen, die außerhalb der Tatsachenlogik liegen, diese Folgerung nicht gerne gezogen wird, so sucht man ihr auszuweichen. Man sagt, Deutschland kann unter der Tributlast nicht so schwer leiden, denn von im ganzen etwa 28 Milliarden, die es für öffentliche Zwecke, einschließlich der sozialen Aufwendungen, ausgibt, entfallen auf die Tributleistungen nur etwa 2 Milliarden. Oft wird dann noch hinzugefügt, daß die auf den Kopf bezogene Steuerbelastung in Deutschland nicht größer sei, als in Frankreich oder sogar unzweifelhaft niedriger als in Großbritannien.

    Wie abwegig eine solche Berechnung der Steuerlast ist, wird jedem klar werden, der sich zum Beispiel vorstellt, daß ein Staat in dem Villenvorort einer Großstadt, wo hauptsächlich wohlhabende Leute wohnen, auf den Kopf berechnet, nur dieselben Steuern einnehmen würde, wie in einem Bauerndorf auf armseligem Boden. In solchem Falle würde jedermann von der Ungerechtigkeit des Staates sprechen und verlangen, daß eine andere Verteilung der Steuerlasten erfolge.

    Es liegt nahe, für eine vergleichende Betrachtung mit Deutschland hauptsächlich Großbritannien heranzuziehen, weil beide Länder unter einer besonders großen Erwerbslosigkeit leiden.

    In Großbritannien macht der Einkommensteuerbetrag aus den Einkommen von über 50.000 Reichsmark mehr als 70% der gesamten Einkommensteuer der Einzelpersonen aus.

    In Deutschland sind es dagegen nur 20%.

    Die Unterschiede in der Schichtung der Einkommen werden auch dadurch deutlich, daß Großbritannien und Amerika infolge des Vorhandenseins einer breiten Schicht mittlerer und hoher Einkommen in der Lage sind, die unteren Einkommensschichten völlig von der Einkommensteuer freizuhalten. Deutschland dagegen kann auf die Besteuerung dieser Schichten nicht verzichten, wenn ein ausreichender Steuerertrag erzielt werden soll.

    In Großbritannien ist ein verheirateter Steuerpflichtiger mit zwei Kindern, dessen Einkommen ganz aus Arbeitsertrag besteht, bis zu einem Einkommen von 8.040 RM einkommensteuerfrei.

    In Deutschland dagegen muß derselbe Steuerpflichtige im Jahre allein an Einkommensteuer 443 Reichsmark zahlen.

    In Amerika ist ein verheirateter Steuerpflichtiger mit zwei Kindern, wenn sein Einkommen ganz aus Arbeitsertrag besteht, bis zu einem Einkommen von 18.000 RM einkommensteuerfrei.

    In Deutschland muß der gleiche Steuerpflichtige an Einkommensteuer 1.690 RM zahlen.

    Um die dem deutschen Volke durch die Tributleistungen erwachsene Belastung zutreffend beurteilen zu können, muß man sich vergegenwärtigen, in welchem Umfange das deutsche Volksvermögen durch den Krieg und seine Folgeerscheinungen vernichtet worden ist, und welchen hohen Teil infolgedessen die Tributleistungen von der Erwerbskraft der Nation beanspruchen. Die bisher von Deutschland aufgebrachten Tributleistungen und die sonstigen Kapitalvernichtungen – ohne Gebietsverluste – werden schon jetzt auf mehr als die Hälfte des deutschen Volksvermögens berechnet.

    Die durchschnittliche jährliche Kapitalbildung in Deutschland ist als Zuwachs des Volksvermögens so unzureichend, daß sie für die natürliche Wachstumsentwicklung und die Erfüllung der Auslandspflichten auf keinen Fall auch nur annähernd genügt. Der Anteil des gesamten Volkseinkommens aus Kapitalvermögen betrug in Deutschland vor dem Kriege 13%, jetzt ist er auf 4% bis 5% gesunken. Die Zahl der Millionäre ist von 15.500 vor dem Kriege auf 2.500 zurückgegangen. Die letzte Zahl stammt aus dem Jahre 1927. Sie hat sich seitdem noch erheblich vermindert. Während in Deutschland nur 29 Steuerfälle eine Erbschaft von über eine Million Reichsmark aufweisen, hat Großbritannien 58 solcher Steuerfälle mit je einer Erbschaft von mehr als 10 Millionen Reichsmark.

    In alledem drückt sich der zwischen dem verarmten deutschen Volke und anderen Völkern bestehende Unterschied aus. Letztere haben große Kapitalbestände, mit deren Hilfe sie die Zeit der Not überstehen können. In Deutschland fehlen diese Bestände. Die zwei Milliarden Tributleistungen Deutschlands gewinnen also ein ganz anderes Gesicht.

    Was für Rückschritte sind nach dem Kriege unter der Losung ‚Aufbau einer neuen Welt‘ gemacht worden? Ich will nur von der Wirtschaft sprechen.

    Vor dem Kriege gab es in Europa 13 verschiedene Währungen – jetzt gibt es in Europa deren 27.

    Die Zollgrenzen betrugen vor dem Kriege rund 8.000 Kilometer – jetzt betragen sie mehr als 20.000 Kilometer.

    Diese Zurückdrängung des Warenaustausches führt zu einer Stoffwechselerkrankung der Weltwirtschaft. Am unfreiesten in seiner Zollpolitik ist Deutschland, da es die Tributleistungen zu erfüllen hat; es kann seine Ausfuhr in dieser schutzzöllnerischen Welt nicht entsprechend steigern und muß deshalb alles tun, um seine Einfuhr herabzusetzen. Der Gedanke eines Zollwaffenstillstandes ist aber nicht an Deutschland gescheitert.

    Der politisch, also künstlich bewegte Geldbetrag der Tributleistungen fließt auch nicht etwa in Form von Kapital in die Weltwirtschaft zurück, sondern wird zu einem großen Teil aufgestaut. Dieses ist das jetzt überall erörterte Problem der verkehrten Goldverteilung auf der Erde.«

    Auf diesen Umstand kam Reichsbankpräsident Dr. Luther auch in einer auf dem Presseabend der Leipziger Messe gehaltenen Rede über die „Wirtschaftskrise und ihre Behebung“ zu sprechen:

    »Daß die Tributleistungen Deutschlands, die als politische Zahlungen die Welt durchlaufen, den wirtschaftlichen Organismus der Welt immer mehr untergraben, wird von den Sachverständigen des Wirtschaftslebens in steigendem Maße erkannt. Das Geld, das Deutschland in Form von Tributen zahlt, läuft bergauf. Kein wirtschaftliches Gefälle lenkt es, sondern ein politisches Pumpwerk drückt es in eine wirtschaftlich verkehrte Richtung: auf dem politischen Berg angekommen, läuft es nicht wieder bergab. Politische Umstände halten es als Stauwerk zurück und verhindern, daß es als befruchtendes Kapital sich wieder verteilt.«

    Die von dem deutschen Reichsbankpräsidenten gekennzeichnete Goldaufstauung tritt besonders durch die Steigerung des Goldbestandes der Bank von Frankreich zutage. Der Goldbestand dieser Bank betrug

    am 28. Juli 1928 28,9 Milliarden Fr.
    am 4. Januar 1929 32,7 Milliarden Fr. (+3,8)
    am 3. Januar 1930 42,4 Milliarden Fr. (+9,7)
    am 2. Januar 1931 53,7 Milliarden Fr. (+11,3)
    am 8. Oktober 1931 60,5 Milliarden Fr. (+6,8)

    Im Zeitraum von drei Jahren ist der Goldbestand der Bank von Frankreich um 31,6 Milliarden Frank gestiegen. Wie groß allein die im Jahre 1930 eingetretene Steigerung ist, geht aus der Tatsache hervor, daß die im gleiche Jahre erzielte Goldproduktion der ganzen Welt erheblich hinter der Steigerung des Goldbestandes der Bank von Frankreich zurückblieb. Am Anfang des Jahres 1931 betrug der

    Goldbestand der deutschen Reichsbank 2,60 Milliarden Reichsmark;
    Goldbestand der Bank von England 2,88 Milliarden Reichsmark.

    Man hat berechnet, daß vom Goldbestand der ganzen Welt Nordamerika über 37,9% und Frankreich über 16% verfügt. Es entfallen auf Grund der Goldbestände

    in Frankreich 40 Dollar in Gold
    in Nordamerika 32 Dollar in Gold

    auf den Kopf der Bevölkerung.

    Im Verhältnis zu seiner Bevölkerung ist Frankreich also tatsächlich das goldreichste Land der Erde.

    Durch die ungeheuere Goldansammlung in der Bank von Frankreich ist in den kapitalarmen Ländern, insbesondere in Deutschland eine große Werterhöhung des Goldes eingetreten, die ohne weiteres eine Steigerung des Wertes der Tributleistungen mit sich brachte. Gegen eine solche Benachteiligung war Deutschland durch den Dawesplan geschützt.

    Frankreich hat es verhindert, daß die betr. Bestimmung in den Youngplan übernommen wurde. Dadurch hat es erreicht, daß der Wert der Deutschland durch den Youngplan auferlegten Tributleistungen sich schon im zweiten Jahre seines Bestehens um fast 30% erhöhte.

    Schon bei der Festsetzung des Dawesplans wurde Deutschland dadurch betrogen, daß die von ihm bis dahin aufgebrachten Tributleistungen in keiner Weise gutgeschrieben wurden. Als dann die Youngplantribute festgesetzt wurden, ließ man die unter dem Dawesplan geleisteten Tribute wiederum einfach unter den Tisch fallen, obwohl sie rund 8 Milliarden Reichsmark, einschließlich der Nebenleistungen sogar über 10 Milliarden Reichsmark, betragen hatten. (Näheres hierüber bringen die Fichtebund-Flugblätter Nr. 53 und 391.) Insgesamt sind von Deutschland bis Ende des Jahres 1930 an Tributen über 70 Milliarden Reichsmark in Gold und Sachwerten erpreßt worden.

    Aus dem durch den Krieg aufs äußerste erschöpften und durch die Inflation und den Ausverkauf zu Grunde gerichteten Deutschland wurden dann noch auf Grund des Dawesplans und Youngplans einschließlich der Nebenleistungen rund 15 Milliarden Goldmark herausgepreßt. Was für Folgen hat das gehabt?

    Das früher im Wohlstand lebende deutsche Sechzigmillionen-Volk hat über vier Millionen Arbeitslose zu ernähren. Es war Abnehmer und Verbraucher von ungeheueren Warenmengen, die aus aller Herren Länder bezogen wurden. In den Büchern, insbesondere der englischen und amerikanischen Fabrikanten und Exporteure, fehlen heute die früher von Deutschland gezahlten Summen. Von den dem Auslande früher durch Eisenbahn- und Schiffsfrachten aus Deutschland zugeflossenen Summen ganz zu schweigen. Wieviel Schiffe infolge mangelnder Frachten aufgelegt, wie viele Fabriken stillgelegt, wie viele Kontore und Kaufhäuser geschlossen werden mußten, läßt die Tatsache ahnen, daß Großbritannien 2½ Millionen, Nordamerika sogar rund 7 Millionen Arbeitslose hat.

    Der ungeheuere Rückgang der Wirtschaft belastet die Staatskassen fast aller Länder aufs Schwerste. Der Haushalt Nordamerikas schloß im zweiten Youngplanjahre bereits mit einem Einnahmeausfall von rund einer Milliarde Dollar. Die Vereinigten Staaten haben also in diesem einen Jahr doppelt so viel an Werten eingebüßt, als die gesamten Tributgläubiger in dem gleichen Zeitraum aus Deutschland herausgepreßt hatten.

    Wieviel muß das englische Volk für seine 2½ Millionen Arbeitslosen zahlen? Wieviel müssen alle anderen Länder, selbst die, die nicht am Krieg teilgenommen haben, für den gleichen Zweck aufbringen? Sie alle werden durch den fortschreitenden Rückgang der Wirtschaft an den Rand des Abgrunds gebracht. Der Abgrund ist durch das Versailler Diktat geschaffen. Er bedroht den Wohlstand aller Völker. Diese Erkenntnis hat sich in Großbritannien und den Vereinigten Staaten, wie auch in den anderen Ländern bereits Bahn gebrochen. Nur Frankreich läßt jeden Beweis eines guten Willens fehlen. Es sabotiert sogar planmäßig alle Anstrengungen hervorragender Staatsmänner der Völker, eine Änderung herbeizuführen. Diese Tatsache zeigt sich wieder beim Hoover-Plan, der in seiner ursprünglichen Form für Deutschland und die Welt eine Atempause bedeutet hätte. Frankreich setzte als einziges Land diesem Plane nicht nur schärfsten Widerstand entgegen, sondern stellte sogar wiederum neue politische Forderungen auf und machte damit Hoovers Grundgedanken zunichte.

    Es gibt aber keinen Ausweg: nur wenn die Völker der Vernunft zum Siege verhelfen, können sie Handel und Wandel wieder zum Blühen bringen.

    Versailles muß fallen!«

  • Anna Luehse:

    Auszug: Großer Wendig, Band 1, Grabert 2006, ISBN-3-87847-217-X

    In dem (…) Schreiben des Bundesfinanzministeriums …heißt es: »Die in Ihrem Schreiben vom 2. Januar 1998 angesprochenen Schulden resultieren aus Staatsanleihen, die vom Deutschen Reich in der Zeit von 1924 bis 1930 im Ausland begeben wurden. Die Tilgung der Schulden aus diesen deutschen Vorkriegs-Auslandsanleihen ist in dem Abkommen über deutsche Auslandsschulden – Londoner Schuldenabkommen (LschA) – vom 27. Februar 1953 (Bundesgesetzblatt (BGB1.) 1953 11 S. 331) geregelt. . . Der Friedensvertrag von Versailles legte Deutschland untragbare wirtschaftliche Lasten auf, was mit zum beschleunigten Niedergang der Weimarer Republik beigetragen hat. In dem Vertrag wurden Gesamthöhe und Dauer der Reparationsleistungen nicht festgelegt. Das blieb einer sogenannten Reparationskommission überlassen. Nach langwierigen Berechnungen und Verhandlungen kam es 1921 zum sogenannten Londoner Ultimatum, das zu einer Anerkennung der Reparationsschuld in Höhe von rund 138 Milliarden Goldmark führte, die in Jahresraten von 2 Milliarden Goldmark zuzüglich von 26 % der deutschen Exporterlöse zu tilgen war, und zwar sowohl durch Geld- als auch durch Sachleistungen. Geringfügige Unterschreitungen dieser Leistungen – unter anderem bei Kohlelieferungen an Frankreich – führten zur Besetzung des Ruhrgebietes (10. Januar 1923) und zum passiven Widerstand. Dadurch wurden eine weitere Verschlechterung der Wirtschaftslage in Deutschland, die rasch fortschreitende Inflation und schließlich der Zusammenbruch der Wahrung mitverursacht. Deshalb mußten die alliierten Forderungen an die – zuvor überschätzte – Leistungskraft der deutschen Volkswirtschaft angepaßt werden.
    Dem diente das unter Einschaltung der USA abgeschlossene DAWES-Abkommen (16. August 1924). Darin wurde jedoch nur die Höhe der anfänglichen jährlichen Zahlungen – beginnend mit einer Jahresrate von 1 Milliarde Goldmark für 1924/25 und ansteigend auf 2,5 Milliarden Goldmark -, nicht aber die Gesamtsumme der Reparation festgelegt. Diesen Zahlungsverpflichtungen kam das Deutsche Reich bis etwa 1929 im wesentlichen nach, allerdings unter Inkaufnahme einer beträchtlichen – auch kurzfristigen – Verschuldung gegenüber ausländischen Kapitalgebern. Die dadurch verursachte Zinsbelastung ( bis zu 1,5 Milliarden Reichsmark ansteigend) sowie die beginnende Wirtschaftskrise führten zur Ablösung des Dawes-Plan durch den Young-Plan (rückwirkend in Kraft getreten am 1. September 1929). Dieser legte die Gesamtsumme und das Ende der Reparationen mit 59 Jahresraten (bis 1988! H.W.) von 2 Milliarden Reichsmark fest. Die krisenhafte Entwicklung der Jahre 1930/31 – Kündigung von Auslandskrediten, starke Gold- und Devisenabflüsse – erschütterten das Gefüge der deutschen Wirtschaft und Währung und führten praktisch zur Zahlungsunfähigkeit. Das HOOVER-Moratorium brachte im Juli 1931 die Einstellung aller Rückzahlungen von Kriegsschulden und Reparationen zunächst für ein Jahr. Das Abkommen von Lausanne vom 9. Juli 1932 führte zur Festsetzung einer Restschuld von 3 Milliarden Reichsmark, die jedoch nicht mehr beglichen wurde.
    Das Deutsche Reich hat nach alliierter Berechnung auf die gesamte Reparationsforderung des Ersten Weltkrieges 21,s Milliarden Mark, nach deutscher Berechnung 67,7 Milliarden Mark, geleistet. Die Differenz entsteht hauptsächlich aus der unterschiedlichen Bewertung der Sachlieferungen. Die vom Deutschen Reich zur Erfüllung von Reparationsverpflichtungen aus dem Ersten Weltkrieg im Ausland aufgenommenen Anleihen – als wichtigste Anleihe wäre zu nennen: die DAWES-Anleihe von 1924, die YOUNG-Anleihe von 1930 und die Zündholz- oder KREUGER-Anleihe von 1930 – waren ihrem Charakter nach keine Reparationsschulden des Reichs. Sie standen jedoch im Zusammenhang mit deutschen Reparationsschulden aus dem Ersten Weltkrieg. Inwieweit die Bundesrepublik Deutschland für Schulden aus den Vorkriegs-Auslandsanleihen und den anderen Auslandsverbindlichkeiten des Deutschen Reiches aufzukommen hat, ist im Londoner Schuldenabkommen geregelt, das die Rahmenbedingungen zur Schuldenregelung und Empfehlungen zu einzelnen Forderungskategorien der Vorkriegsschulden enthält. Diese Regelung war rechtlich und ökonomisch eng verknüpft mit den Abkommen mit den drei Westalliierten über die Nachkriegswirtschaftshilfe (u.a. MARSHALL-Plan H.W .), die gleichzeitig unterzeichnet wurden.
    Im Dezember 1951 einigten sich die drei Westalliierten mit der Bundesrepublik Deutschland über die Rückzahlungsbedingungen für die Nachkriegswirtschaftshilfe unter der Bedingung, daß die deutschen Vorkriegsschulden einer einvernehmlichen Regelung zugeführt würden. Diese Regelung der Vorkriegsschulden war Gegenstand einer Konferenz, die vom 28. Februar bis zum 8. August 1952 in London tagte und im Ergebnis zum Londoner Schuldenabkommen führte. Beteiligt waren 22 Gläubigerländer. . .
    Die Bundesrepublik Deutschland hat die im Londoner Schuldenabkommen übernommenen Verpflichtungen bezüglich der Tilgung von Schulden des Deutschen Reiches in vollem Umfang erfüllt; die Vorkriegs-Auslandsanleihen sind inzwischen – bis auf einen kleinen Restbetrag – getilgt.
    Auf die YOUNG-Anleihe wurden von der Bundesrepublik bis 1980 rd. 990 Millionen DM an die Inhaber von Bonds dieser Anleihe gezahlt. Daneben wurden von der DAWES-Anleihe rd. 341 Millionen DM und der KREUGER durch Anleihe rd. 200 Millionen DM durch Einlösung der von den Inhabern vorgelegten Bonds vom Bund getilgt.
    Offen ist noch die Abgeltung von Zinsrückständen aus den Jahren 1945 bis 1952 für die Vorkriegs-Auslandsanleihen des Deutschen Reiches (DAWESGold- Anleihe 40,2 Millionen DM, YOUNG-Anleihe1 75,8 Millionen DM und KREUGER-Anleihe 23,4 Millionen DM – Stand 3. Oktober 1990). Die Entschädigung der Zinsrückstände wurden im Londoner Schuldenabkommen mit Rücksicht auf die Gebietsverluste Deutschlands und der dadurch bedingten Minderung der Wirtschaftskraft bis zu einer Wiedervereinigung zurückgestellt. Mit der Herstellung der Deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 sind die Voraussetzungen nach Artikel 25 Buchstabe a) i.V. m. Anlage I. A LSchA für die Bedienung der Zinsrückstände aus vorgenannten Anleihen eingetreten. Danach sind für diese Zinsrückstände Fundierungsschuldverschreibungen mit der Laufzeit von 20 Jahren auszugeben, die nach Maßgabe der Anlage I. des LSchA zu erfüllen sind. In 1997 wurden an Zinsen rd. 6,9 Mio. DM und für Tilgungen rd. 3,3 Mio. DM gezahlt.«
     

    Offenbar sind also bis zum Jahre 2010 noch Zinsen und Tilgung aus Folgen des Versailler Diktats zu bezahlen.

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