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Souveränität: Von der Vergangenheit in die Gegenwart

Egon Bahr insinuiert [ Vaterlandartikel: Aus dem Nähkästchen], dass Deutschland mit den Zwei-plus-vier-Verträgen  am 12. 09.1990  seine vollständige Souveränität erlangt habe.

Die Aussage Egon Bahrs ist so nicht korrekt, weil der BRD noch immer Beschränkungen auferlegt sind: Sie sind nicht mehr vergleichbar mit den Beschränkungen in den Zeiten der deutschen Teilung  – aber eben doch Beschränkungen und  keine vollständige Souveränität.

 Bruno Bandulet schlüsselte in seinem Deutschlandbrief die Fakten dazu auf, die zwar nicht so aufregend klingen, wie diverse Theorien im WWW, die aber Realität sind. Die wichtigsten Punkte auf einen Blick:

1. Die US-Militärpolizei darf weiterhin in der BRD auf öffentlichen Wegen und in öffentlichen Verkehrsmitteln auf Streife gehen und in den Verkehr eingreifen.

2. Während Bundeswehrsoldaten im verbündeten Ausland auf Verlangen Personalausweis und Marschbefehl vorzuweisen haben, entfällt diese Vorschrift für die ausländischen Truppen in der BRD.

3. Nicht  nur Mitglieder der Stationierungstruppen in Deutschland dürfen Waffen tragen, sondern auch Zivilisten in deren Gefolge. Um diesen Punkt in seiner vollen Tragweite richtig einordnen zu können, sei hier an das strenge deutsche Waffenrecht erinnert, das uns Deutschen auferlegt ist.

4. In Art. 120 GG   zu lesen: „Der Bund trägt die Aufwendungen für Besatzungskosten und die sonstigen inneren und äußeren Kriegsfolgelasten…“ [damit sind die finanziellen Kosten für die in Punkt 1 und 3 aufgeführten Stationierungsgruppen gemeint]

5. Deutsche Staatsangehörige haben kein Recht, Anspruch auf ihr früheres Eigentum zu erheben, das auf dem Markt auftaucht, sofern dieses Eigentum nach 1945 von den Siegermächten konfisziert wurde. Generell sind Klagen in Bezug auf frühere Enteignungen durch die Siegermächte nicht zulässig.

[1] Bruno Bandulet zur deutschen Souveränität nach der Wiedervereinigung [Dank an Forist AnnaLuehse für den Quellenlink]

Zwei weitere Einschränkungen, die Bruno Bandulet in seiner Abhandlung nicht erwähnt, kommen hinzu – den Quellennachweis füge ich jeweils direkt dahinter an.

6. Artikel 7 Absatz 1.  wurde auch mit dem Zwei-plus-vier-Vertrag  von 1990 nicht suspendiert, sondern bleibt in Kraft. Art.7 Abs.1 regelt alle Belange um das Militärtribunal von Nürnberg:

Alle Urteile und Entscheidungen in Strafsachen, die von einem Gericht oder einer gerichtlichen Behörde der Drei Mächte oder einer derselben bisher in Deutschland gefällt worden sind oder später gefällt werden, bleiben in jeder Hinsicht nach deutschem Recht rechtskräftig und rechtswirksam und sind von den deutschen Gerichten und Behörden demgemäß zu behandeln.

[2] Gerd Schultze-Rhonhof, Juni 2003: Verträge zur Verbindlichkeit der Urteile des Nürnberger Prozess.

7. Die Feindstaatenklausel [Bestimmung der UN-Charta von 1945, Art. 53 und 107] ist immer noch nicht gestrichen. Nach offiziellen Verlautbarungen sei dies unmaßgeblich, die Feindstaatenklausel sei „obsolet“ – davon unbeeindruckt steht  sie aber noch immer in der UN-Charta. Inwieweit sie tatsächlich „obsolet“ ist, darüber streiten sich selbst Staatsrechtler.

[3] zur Vertiefung dieses Punktes: Staatsrechtler Schachtschneider über die Feindstaatenklausel

7 Kommentare zu „Souveränität: Von der Vergangenheit in die Gegenwart“

  • Anna Luehse:

    Danke Judith.

    Nicht das Buch von Schultze-Rhonhof hat ihn in „Mißkredit“ gebracht, sondern seine Darstellung über die Gültigkeit des sog. Überleitungsvertrages. Das ist auch der eigentliche Grund warum er nicht mehr von der Bundeswehr und anderen „Anständigen“ zu Vorträgen eingeladen wird bzw. wieder ausgeladen worden ist.

    Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht Schultze-Rhonhof vollauf bestätigt. Es ging um die Klage Liechtensteins – es ging um die Beschlagnahme eines Bildes durch die Tschechen – das als Leihgabe vorübergehend in die BRD gelangt war. 

    „Die Zivilgerichte wiesen die Klage nach Teil VI Art. 3 Abs. 3 Überleitungsvertrag als unzulässig ab. Die Bestimmung sei nach Ziff. 3 der Vereinbarung vom 27./28. September 1990 zu dem Vertrag über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten (in der geänderten Fassung) sowie zu dem Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen (in der geänderten Fassung) (BGBl 1990 II, S. 1386; im folgenden: Notenwechsel) weiterhin in Kraft. Zwar betreffe Teil VI Art. 3 Abs. 1 und 3 Überleitungsvertrag nur Maßnahmen gegen das deutsche Auslandsvermögen. Dazu genüge es aber, daß das Vermögen als deutsches Vermögen beschlagnahmt worden sei. Über die Rechtmäßigkeit der Einordnung als deutsches Vermögen hätten die deutschen Gerichte gerade nicht zu entscheiden.“

    http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk19980128_2bvr198197.html
     

  • @ AnnaLuehse

    Die Junge Freiheit hat seit drei Wochen je Ausgabe einen Beitrag von Schultze-Rhonhof. Sehr lesenswert.

  • Der Klaus:

    „Um diesen Punkt in seiner vollen Tragweite richtig einordnen zu können, sei hier an das strenge deutsche Waffenrecht erinnert, das uns Deutschen auferlegt ist.“

    Selbst der Landser muss das Taschenmesser abgeben. Man könnte sich ja wehren.

  • fnord:

    @ Judith und Anna:
     
    Sein Buch „1939 – Der Krieg, der viele Väter hatte“ ist auch sehr zu empfehlen. Ich vermute jedoch, daß es schon in euren Regalen zu finden ist.
     
    Gruß,
     
    fnord

  • Anna Luehse:

    # Judith

    Danke für den Hinweis. Ich habe die JF abonniert und lese die Beiträge (obwohl ich auch das Buch habe). Wie die JF berichtet sind „die vielen Väter“ inzwischen in einer Auflage von 30000 Exemplaren verkauft.

    Ich nutze die Gelegenheit nochmals auf seine Internetseite hinzuweisen: http://www.vorkriegsgeschichte.de/

  • AvK:

    Die mit den Urteilen des Nürnberger Gerichts formulierten Urteilsbegründungen enthalten Sachdarstellungen zu den Ursachen des Zweiten Weltkriegs und zu den Handlungen deutscher Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg. Diese Sachdarstellungen sind Teile der Urteile.
    Sie dürfen selbst bei Vorlage einer neuen, anderslautenden Beweislage nach. Artikel 7 (1) nicht durch deutsche Gerichte und Behörden angezweifelt werden. Daran sind auch die Kultusministerien in Bezug auf die Schulbuchinhalte gebunden.

    Russland und die USA sind sich näher als sie wissen.

  • […] Die Rechte, die ausländische Stationierungsgruppen genießen, habe ich schon einmal hier kurz aufgelistet. […]

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