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Blick in die Zeit

Zeitungsarchive sind richtige Zeitzeugen und die alten Ausgaben spiegeln hervorragend wider, was damals gedacht und geschrieben wurde – vor allem, was damals  geschrieben werden DURFTE. Es ist unglaublich. Hier  ein Zeit-Artikel aus dem Jahre 1951  [exakt: 13.12.1951, Ausgabe Nr. 50] als die politische Korrektheit noch in weiter Ferne lag.

Appell der Waffen-SS

Es gibt heute innerhalb unseres Volkes mehr , Trennendes als Verbindendes, und eben dies ist das eigentliche Problem des neuen deutschen Staates. Da sind die Parteien, die nicht die gemeinsame Aufgabe betonen, sondern sich in gegenseitiger Kritik erschöpfen, da ist der Gegensatz von Einheimischen und Flüchtlingen, von Luxus und Armut — aber, die tiefste Kluft ist aufgerissen worden durch den unzulänglichen Versuch, mit Fragebögen und Entnazifizierjngsverfahren die schlechten Staatsbürger von dm guten zu scheiden. Gewiß war es ein begreifliches Verlangen nach dem Zusammenbruch des Hitlerschen Systems, die Verantwortlichen ausfindig zu .machen und sie zur Rechenschaft zu ziehen, aber die Methode, ein ganzes Volk in einzelne Kategorien einzustufen: von den Nichtbetroffenen über die Mitläufer bis zu den Kriegsverbrechern 1. Klasse war nicht nur abwegig und unzulänglich,’sondern rechtlich unhaltbar und politisch gefährlich.

Kein Wunder, daß viele junge Deutsche, die individuell keines Verbrechens schuldig sind und die oft sogar gegen ihren ausdrücklichen Willen zur Waffen-SS gezogen wurden, heute aber mit dem Odium belastet  sind, einer verbrecherischen Organisation angehört zu haben, verbittert abseits stehen-oder sich gegen den neuen Staat organisieren. Um so erfreulicher ist es, daß der frühere Generaloberst Hausser als „Doyen“ der Waffen-SS jetzt im, Namen seiner früheren Kameraden dem Bundestag eine Erklärung abgegeben hat, in der er scharf jeden Radikalismus, sowohl den von rechts als auch den ven links, ablehnt. . Die Waffen-SS, die sich ausdrücklich von den. Greueltaten der SS-Funktionäre distanziert, bekennt sich in dieser Erklärung zur demokratischen Staatsform. Das ist ein mutiges Bekenntnis, denn zweifellos wäre es für sie viel einfacher, an die Ressentiments der jahrelang zu Unrecht Diffamierten zu appellieren und ihre Kritik am neuen Staat herauszufordern.

Die Waffen-SS ist entschlossen, gekränkten Stolz vergessen zu wollen, und das ist heute sehr viel. Darum hat sie auch ein Recht auf Gleichberechtigung im Staat wie jeder andere Bürger, dem keine individuelle Schuld nachgewiesen wurde. Dff.

Ich bin einfach nur platt. Sechs Jahre nach Kriegsende so ein Artikel. Vergleicht man , wie heute – über ein halbes Jahrhundert [!] nach Kriegsende – darüber publiziert werden darf, hat man, im wahrsten Sinn des Wortes, schwarz auf weiß, wie weit die Meinungsdiktatur vorangeschritten ist.  Übrigens: Die erste archivierte  Zeit-Ausgabe ist vom Januar 1946 !!!

Das gesamte Archiv findet man hier.

30 Kommentare zu „Blick in die Zeit“

  • Gibor:

    Am 3. Dezember 1952 erklärte Dr. Konrad Adenauer vor dem Bundestag: „Wir möchten heute und in diesem Hohen Hause im Namen der Regierung erklären, daß wir alle Waffenträger unseres Volkes, die im Rahmen der hohen soldatischen Überlieferungen ehrenhaft zu Lande, zu Wasser und in er Luft gekämpft haben, anerkennen. Wir sind überzeugt, daß der gute Ruf und die große Leistung der deutschen Soldaten in unserem Volk noch lebendig geblieben sind und auch bleiben werden. Es muß auch gemeinsame Aufgabe sein, und ich bin sicher, wir werden sie lösen, die sittlichen Werte des deutschen Soldatentums mit der Demokratie zu verschmelzen“.

    Am 17.Dezember 1952 schrieb Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer an den Senior der Generale der Waffen-SS, General Paul Hauser: „Sehr geehrter Herr Generaloberst! Einer Annregung Herr Generaloberst teile ich mit, daß die von mir in meiner Rede vom 03. Dez. 1952 vor dem Deutschen Bundestag abgegebene Ehrenerklärung für die Soldaten der früheren deutschen Wehrmacht auch die Angehörigen der Waffen-SS umfaßt, soweit sie ausschließlich als Soldaten ehrenvoll für Deutschland gekämpft haben. Mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung bin ich Ihr Adenauer“

    Schon vor ihm hatte der Vorsitzende der SPD, Dr. Kurt Schumacher, der – obwohl schwerkriegsbeschädigt vom Ersten Weltkrieg – fast die ganze Zeit des NS-Regimes in Haft verbracht hatte, sich für die Soldaten der Waffen-SS eingesetzt. Er schrieb am 30. Oktober 1951 an den französischen Sozialisten, Prof. Herschel: „Die Waffen-SS ist weder mit der Allgemeinen SS noch mit den speziellem Organisationen der Menschenvernichtung gleichzusetzen, sondern hat sich selbst als eine Art vierter Wehrmachtsteil gefühlt und ist damals auch so gewertet worden. Die SPD ist ausgegangen und geht aus von jeder Ablehnung und Bekämpfung der Kollektivschuld“.

    Jetzt stellt sich die Frage, ob die heutigen Schmierfinken – wie z.B. ein Guido Knopp usw. – recht haben mit ihrer Geschichtsschreibung oder die Personen, die den Krieg selber miterlebt haben und rund sieben Jahre nach dem Krieg zu diesen Zeilen kamen in einem Deutschland, das faktisch von den Siegermächten geführt wurde.

  • Wahnfried:

    Gelegentlich las ich mal Ausschnitte aus Artikeln, die etwa in den 80er-Jahren in der FAZ gedruckt worden sind. Sowas würde man heute kaum in der Jungen Freiheit finden… Es ist einfach nur eine maßlose Tragödie, was mit unserer Presselandschaft passiert ist.

  • virOblationis:

    Bereits 1952 forderte Adenauer, es müsse Schluß sein mit der Naziriecherei. Natürlich, Schuldige sind zu bestrafen. – Aber hätte Adenauer 1952 geahnt, was für eine unglaubliche Hysterie, was für ein Kollektivschuldwahn in späteren Jahrzehnten ausbrechen würde! Er hätte es kaum verstehen können.
    Thorsten Hinz (JF) vertritt die einleuchtende Ansicht, daß das Gewicht der BRD in der frühen Phase des Kalten Krieges beträchtlich war: Daher dann auch das westalliierte Zugeständnis deutschen Selbstbewußtseins. Nachdem aber die Bedrohung aus dem Osten ab 1961/1962 allmählich zurückging, schwand auch das Gewicht der BRD innerhalb des Westens. Die Folgen für das Selbstverständnis sind Katastrophal gewesen.
     
     

  • Blond:

    Isch haett‘ da mal wihda was OT-iges:
    15.07.2009 URVIEH
    Saurier hatte … Bierbauch
    Eine Schönheit war der jetzt entdeckte Dinosaurier gewiss … ,
    der Bauch war so rund wie ein Bierfass …

    http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,636270,00.html
    😀 😀 😀

  • Anna Luehse:

    Danke Judith für den Link zum Archiv.
     
    Erich Mende, stellv. Bundeskanzler trug als erster das Ritterkreuz wieder öffentlich.  Heute undenkbar.
     
    http://pix.sueddeutsche.de/politik/868/425626/image_fmbg_0_2-1196165672.jpg

  • ThePassenger:

    In Anlehung an virOblationis:

    Mit der wachsenden zeitlichen Distanz wächst auch das Unverständnis über die Gegebenheiten dieser Zeit.

    Neben dem Bedeutungsverlust durch den schwindende Bedrohung aus dem Osten ist es auch eine Generationsfrage. Die Generation der 68’er war zu der Zeit noch Kindesalter, sie wurde in den Hochjahren des Wirtschaftswunders erwachsen, jeder hatte eine glänzende Zukunft vor sich. Love, Peace & Happiness waren angesagt, die Gesellschaft vom Potential her dem sozialisitischen Ideal nie näher, die USA führten div. Kriege – da wollte man die alten Diskussionen von wegen „damals im Krieg…“ eben nicht mehr hören.

    Ein nicht zu unterschätzender Fehler war das verfrühte Ende der Naziriecherei. Dies bot dem Osten immer wieder die Möglichkeit Persönlichkeiten im Westen mit ihrer Rolle im 3.Reich abzuschiessen. (STASI-Spruch „Wer Nazi ist bestimmen wir.“)

    Dabei war es nicht unbedingt die konkreten Verfehlungen dieser Personen, vielmehr die Tatsache das diese Dinge unter der Decke gehalten wurden – erst dadurch wurden es echte Skandale.

    Das gilt auch für die Masse der Deutschen. Wohl die grosse Mehrheit hatte irgendeine Rolle im 3.Reich, anders ging es ja überhaupt nicht. Entweder man war Tot, Häftling, Exilant, Ex-Soldat oder hatte sich mit dem System sonstwie arrangierte. Der Durchdringungsfaktor in autoritären Systemen ist eben nahezu bei 100%. Das war später in der DDR auch nicht anders.

    Diese individuellen Verflechtungen wurde von den linken 68’ern zu einer kollektiven Schuld umgemünzt. Anders ausgedrückt: Die 68’er warfen ihrer Elterngeneration vor in moralischer Hinsicht keine Buße geleistet zu haben sondern mit einem blauen Auge davongekommen zu sein, die Alliierten spielten dabei die Rolle des Kriegstreibers, der uns friedliche Deutsche erneut zu den Waffen gebrachte hatte.

    So haarsträubend es klingt, so falsch war diese Ansicht auch nicht. Denn der Preis für unseren Wohlstand war das Deutschland, west wie ost, weiterhin Frontstaat blieb. Man hat leider schon vergessen das es im Kriegsfall keine 5 Minuten gedauert hätte und das ganze(!) Land wäre unter einer grossen atomaren Staubwolke verschwunden.

    Diese Rolle wird heute flächendeckend nicht anerkannt. Wobei ich meine dass dies auch eine Art Buße war.

    Schlußendlich haben die 68’er sich aber ebenso schuldig gemacht, sie haben die DDR-Schergen nicht flächendeckend abgeurteilt, sie liessen sie gar in einem weit grösserem Maß davonkommen als die Alliierten die Nazis.

    Was wir heute im Osten mit der Linken erleben ist exakt das wogegen die 68’er meinte änkämpfen zu müssen. Ab ’89 wurde so manch grosse Chance vertan, auch innenpolitisch, und daran sind weder Alliierten noch der Holocaust schuld.

    War es Milde? Eine erneutes „Buße tun“? Es lag auch nur bedingt an den linken 68’ern, denn diese Zeit fällt komplett in die 16 Jahre Kohlregierung.

    In jedem Fall war es ein Fehler, sowohl in den 50’ern und auch in den 90’ern. Wir haben es zweimal versäumt unsere Geschichte wirklich aufzuarbeiten, jetzt haben wir zwei Scherbenhaufen aufzuräumen.

    Vielleicht hält man auch deshalb den Deckel auf den Unstimmungigkeiten der off. Geschichtsschreibung bzgl. der Kriegsschuld, auf das wenigstens der einen Haufen sich in Luft auflösen möge.

    Nachtrag: Zum besseren Verständnis: Bitte auf die Unterscheidung „Genration 68“ und „linke 68’er“ achten

  • virOblationis:

    The Passenger schrieb:
    „Ein nicht zu unterschätzender Fehler war das verfrühte Ende der Naziriecherei. Dies bot dem Osten immer wieder die Möglichkeit Persönlichkeiten im Westen mit ihrer Rolle im 3.Reich abzuschiessen. (STASI-Spruch “Wer Nazi ist bestimmen wir”)
    Dabei war es nicht unbedingt die konkreten Verfehlungen dieser Personen, vielmehr die Tatsache das diese Dinge unter der Decke gehalten wurden – erst dadurch wurden es echte Skandale.“
    War es nicht vielmehr so, daß Kampagnen inszeniert wurden mit Hilfe im Osten erfundener Verstrickung: Dem Bundespräsidenten Lübcke zumindest, der Allzweck-Baracken entworfen hatte, wurde unterstellt, diese seien ausschließlich für KZ’s bestimmt gewesen, und Pius XII., der so viele Juden das Leben gerettet hatte, wurde unterstellt, er habe durch sein Schweigen an deren Schicksal mitgewirkt.

    Wie verhielt es sich mit Oberländer und Globcke?
     

  • Wahnfried:

    Buße hin oder her, daß ist mir alles zu sehr auf moralische Fragen ausgelegt, die ohnehin völlig subjektiv sind. Wenn man sich die Geschichte anguckt, waren wir Deutschen, was unsere Weltanschauung anbelangt, flexibel wie niemand sonst auf der Welt. Wiviele 180°-Wendungen wir allein zwischen 1918 und 1990 erlebt haben, also mal gerade in etwas mehr als 70 Jahren, geht auf keine Kuhhaut.
     
    Etwas zugespitzt formuliert: Nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs, waren die, die gestern noch dem Kaiser ihr Leben geben wollten, plötzlich glühende Demokraten, und nach dem Zusammenbruch der Weimarer Republik, man ahnt es schon, waren eben sie plötzlich begeisterte Nationalsozialisten, nach deren Ende wir plötzlich alle wieder Demokraten und feurige Transatlantiker wurden, während die anderen, mit ebenso viel initiativer Innbrunst, echte Sozialisten und Internationalisten wurden. Zuletzt haben dann viele Ostdeutsche gemeint, daß jetzt mit dem Sozialismus schluß ist und Demokratie gespielt werden sollte. Auch das sehen viele mittlerweile wieder anders…
     
    Was will man da schon sagen? Offenbar machen wir jeden Unfug mit, wenn es die Situation verlangt. Wen will man denn da eigentlich bestrafen, und vor allem für was? Wollte man gerecht sein, müsste man das gesamte Volk angehen, denn gegen den Widerstand der Mehrheit hat hier wohl niemand regiert…

  • ThePassenger:

    @virOblationis

    Es war doch gerade der Fehler das tendenziell harmlose oder gar normale Dinge unter der Decke gehalten wurden. Wäre damit im Vorfeld offen umgegangen worden hätten diese Inzensierungen nie ihre volle Wirkung erzielen können.

    Und genau diesen Effekt hätte man eben durch die sog. Entnazifizierung flächendeckend erreichen können. Jeder bekommt sein Päcken individuelle Verantwortung aufgebrummt – fertig. So aber blieb beim Volk immer hängen:
    „Naja, wenn er das schon verschweigt, wer weiss was da noch alles war“

    @Wahnfried
    Natürlich ist das moralisch aufgehängt, vielleicht sogar übertrieben. Aber um den Linken, insbesonderen den 68’ern, das Zepter der angeblichen moralischen Überlegenheit aus der Hand zu schlagen sollte man auch in der Hinsicht argumentieren können.

    Dass die Masse lenkbar ist ist keine Frage, das bestreiten nichteinmal die Linken, im gegenteil, sie bauen darauf. Doch wenn Repäsentanten eines Staates angreifbar sind dann färbt das auf das gesamte Volk ab.

    Heute wissen wir natürlich einges mehr über die Hintergründe diese echten oder inzensierten Nazi-Skandale, siehe z.B. Fall Kurras. Man kann aber weder aus heutiger Sicht die Wahlentscheidung der Wähler zur Reichtagswahl ’33 angreifen noch das Urteil der Generation 68 über die Nazi-Verstrickungen. Um das zu tun muss man sich in die Zeit hineinversetzen. 75, 40 oder 20 Jahre später ist man immer klüger und eine Distanzierung fällt leicht. So kann man aber nicht seriös argumentieren.

    Und genau das versuche ich für alle genannten Fälle zu tun: 1933, 1968 und 1989. Keiner hat an diesen entscheidenden Zeitpunkten bewusst falsch oder vorsätzlich böse gehandelt, auch wenn sich nachher rausgestellt hat das es doch ein Fehler war. Man muss den jeweiligen Denkfehler rausarbeiten, nur so kann der Groschen fallen und etwas gelernt werden. Alles andere ist Selbstbetrug.

  • Wahr-Sager:

    Tja, solche Infos sollten sich mal die ganzen Dummbratzen der linken Zunft zu Gemüte führen.
    Weil es thematisch ganz gut passt, möchte ich an dieser Stelle mal den Abschnitt “Befreiung” 1945 aus dem Lexikon der antideutschen Fälschungen zitieren:

    “Befreiung” 1945
    1985 verfiel Weizsäcker als erster Bundespräsident auf die Idee, den 8. Mai 1945 zum “Tag der Befreiung” auszurufen. Dabei hieß es in der von US-Präsident Truman verantworteten Direktive JCS 1067 des amerikanischen Generalstabes 1945: “Deutschland wird nicht besetzt zum Zwecke seiner Befreiung, sondern als besiegter Feindstaat.” Der Brite Michael Balfour von der Alliierten Kontrollkommission Berlin stellte klar: “Man unterließ absichtlich die Verwendung des Wortes ‘Befreier’.” Auch die Sowjets erhoben keinen “Befreier”-Anspruch, lautete doch der Aufruf an Stalins Truppen zum Sturm auf Ostpreußen 1944: “Die Rote Armee ist angetreten, um der deutschen Bestie den Todesstoß in ihrer Höhle zu versetzen. Mit glühendem Hass im Herzen betreten wir das Land des Feindes. Wir kommen als Richter und Rächer. Der Feind muss ohne Gnade vernichtet werden.” Das US-Magazin “Life” schrieb am 20. Februar 1948: “Nach ihrem Sieg haben die Alliierten für eine beträchtliche Zeitspanne praktisch aus ganz Deutschland ein Konzentrationslager gemacht.” Ähnlich die Einschätzung des US-jüdischen Publizisten Eugene Davidson von 1959, dass die Amerikanische Besatzungszone nach dem 8. Mai 1945 ein “immense concentration camp” (gewaltiges KZ) gewesen sei.

    Unter der Ziffer 63 wird weiter hinten im Buch Bezug genommen auf ein Unterrichtsbuch, in dem auf Seite 129 steht, dass die Rote Armee überall als Befreier gefeiert wurde.

    In der Historiographie der Völker des Baltikums, Ost- und Ostmitteleuropas sowie Südosteuropas allerdings findet man, seit sie Ende der 80er-Jahre die Sowjetmacht abschütteln konnten, nur noch extrem selten Hinweise darauf, dass Stalins Truppen gefeiert worden seien oder feiernswert gewesen wären. Letten, Esten, Ungarn beispielsweise hatten 1945 bis zur letzten Patrone gekämpft, um einer “Befreiung” nach Stalins Art zu entgehen.

    Von den Deutschen ganz zu schweigen. Ihnen hatte Stalins Soldateska gleich nach ihrem erstmaligen Vordringen auf Reichsgebiet (Ostpreußen, September 1944) durch Massenmorde wie jenen von Nemmersdorf klar gemacht, auf welche Weise man sie zu befreien gedachte.

    Zur Waffen-SS steht im eben genannten Buch:

    In der Waffen-SS, wohl zu unterscheiden von der Partei-SS, dienten im Zweiten Weltkrieg rund 900 000 Mann, darunter mehr als 200 000 Ausländer. Die Zahl der Gefallenen, Vermissten, in der Gewalt der Sieger Umgekommenen betrug weit über eine Viertelmillion. Kaum eine andere Truppe hatte einen derart hohen Blutzoll zu entrichten. Mit Untaten, die aus den Reihen dieser Männer verübt wurden, die gesamte Mannschaft zu belasten, ist ungerecht. Ende 1952 schrieb Kanzler Adenauer an Generaloberst Hausser, den Veteranenführer der Waffen-SS: „Die von mir in meiner Rede vom 3.12. 1952 vor dem Bundestag abgegebene Ehrenerklärung für die Soldaten der früheren deutschen Wehrmacht umfasst auch die Angehörigen der Waffen-SS, soweit sie ausschließlich als Soldaten ehrenvoll gekämpft haben.“ In Hannover nannte Adenauer 1953 die Männer der Waffen-SS „Soldaten wie andere auch“. Franz Josef Strauß äußerte im März 1957: „Die an der Front eingesetzt gewesenen Verbände der Waffen-SS sind selbstverständlich in meine Hochachtung vor dem deutschen Soldatentum des letzten Weltkrieges einbezogen.“ SPD-Vorsitzender Kurt Schumacher (unter Hitler im Gefängnis und KZ) war sehr um Gerechtigkeit für die Masse der Waffen-SS-Soldaten, die einwandfrei gekämpft hatte, bemüht. Die Truppe sei „weder mit der Allgemeinen SS noch mit den speziellen Organisationen der Menschenvernichtung und -verfolgung gleichzusetzen“, betonte er, bei dieser Gelegenheit erneut seine „Ablehnung und Bekämpfung der Kollektivschuld“ unterstreichend. Im Sinne nationaler Versöhnung traf Schumacher mit einstigen hohen Offizieren der W-SS zusammen.

  • Anna Luehse:

    # Wahnfried
    Wenn man sich die Geschichte anguckt, waren wir Deutschen, was unsere Weltanschauung anbelangt, flexibel wie niemand sonst auf der Welt.
     
    Dazu empfehle ich den Beitrag von Prof. Rother „Der mehrfach umgedrehte Deutsche“ pdf 
     
     
     

  • Anna Luehse:

    Die Frage „was wäre wenn“ oder  „hätte man damals“ ist leicht zu stellen.  Vor allem wenn man die Zeit nicht erlebt hat und in soweit gar nicht weiß, wie man sich selbst in einer Diktatur verhalten würde.
     
    Wir würden natürlich alles anders machen, wir leben ja auch in einer Demokratie. Da kann man sagen was man denkt, ohne Repressalien ausgesetzt zu sein, wir schreiben deshalb auch alle mit Klarnamen, gehen auf die Straße zum demonstrieren, wenn die Obrigkeit Mist baut usw. (Sarkasmus Ende)
     
    1990 ist noch nicht so weit her. Wir hätten also allesamt massiv darauf hinwirken können/müssen, daß die „2. Entnazifizierung“, diesmal die der „Stasileute“ in West und Ost besser abgelaufen wäre – oder irre ich mich da?
     
     

  • Sir Toby:

    # The Passenger

    „Es war doch gerade der Fehler das tendenziell harmlose oder gar normale Dinge unter der Decke gehalten wurden. Wäre damit im Vorfeld offen umgegangen worden hätten diese Inzensierungen nie ihre volle Wirkung erzielen können.“

    … was aber auch geschrieben ist mit dem Wissen desjenigen, der Jahrzehnte später lebt und in diesem Jahrzehnte später stattfindenden Leben bereits Jahrzehnte ‚Medienerfahrung‘ hat – etwas, was damals auch die erfahrensten Politiker eben nicht hatten. Und wie schwer es ist ‚mediengerecht‘ zu reagieren zeigt doch ein Fall wie Ackermann von der DB. Der Mann, bzw. sein Arbeitgeber, wird doch nun wohl wirklich nicht zu arm sein sich eine etwas bessere Medienberatung zu kaufen … – und was macht er? Tritt von einem Fettnapf in den nächsten! Aber wie Du schon gesagt hast … ‚Wenn man vom Rathaus kommt …‘.

  • ThePassenger:

    @Sir Toby

    Ich sprach davon sich die damals herrschende Situation vor Augen zu führen. Aus dieser Sicht heraus war das Ansinnen der Entnazifizierung zu entgehen druchaus verständlich.

    Im Mai 1946 wurden das Entnazifizierungprogramm deutschen Händen übergeben. 1947 gab es einen Schwenk weg von dem Programm hin zur Re-Education, ab 1948 wurden, um die Sache pro-forma zuende zu bringen, Schnellverfahren bei den Spruchkammern eingeführt.

    Im Osten dagegen wurde die dort so genannte Denazifizierung wesentlich konsequenter durchgeführt. Auch gab die Sovietunion das Programm nicht aus den Händen und behielt die Oberhand. Offiziell war das Programm im Osten Anfang 1950 abgeschlossen und die Internierungslager wurden aufgelöst.

    Der Unterschied des Programms in Ost & West bestand also darin das es im Westen vor seiner Vollendung faktisch abgebrochen wurde während es im Osten konsequent durchgezogen wurde.

    Damit war im Osten klar das jeder, der es bis hierher geschafft hatte „sauber“ war. Im Westen konnte man sich dessen, auch schon aus damaliger Sicht, nie ganz sicher sein.

    Es war also zur Gründungszeit der BRD 1949 bereits festzustellen das der Osten in dieser Frage konsequenter gehandelt hatte. Aufgrund der sich zuspitzenden ideologischen Auseinandersetzung war klar dass diese Tatsache dem Westen unter die Nase gerieben werden würde. Bekannt war damals auch das der Osten erhebliche Mengen an Unterlagen bzgl. der Nazizeit besaß. Es war also nicht nur eine bloße Möglichkeit, sondern solche Querschüssen waren realistisch zu erwarten.

    Im weiteren Verlauf bewahrheitete sich dies auch, trotzdem wurde die Linie weiterverfolgt und sogar noch erweitert.

    Ich bin der Meinung schon damals war diese Entscheidung fragwürdig. Das sahen auch die 68’er Revoluzzer schon so.

    Das zu werten ist eine andere Sache, aber hier fügt sich aus meiner Sicht eben das eine in das andere. Den „Muff von tausend Jahren“ hätte man nicht lüften können wollen, wenn er vorher schon, wie im Osten, beseitigt worden wäre.

    Nicht unerwähnt bleiben sollte natürlich auch dass die Internierungslager im Osten menschenunwürdig waren, z.T. wurden alte KZs dafür genutzt, viele Insassen starben. Überspitzt könne man sagen das Deuschte auf beiden Seiten einen Preis dafür zu zahlen hatten. Der Westen hat seinen eben später bezahlt bzw. ist noch am zahlen.

    @Anna Luehe

    Wir hätten also allesamt massiv darauf hinwirken können/müssen, daß die “2. Entnazifizierung”, diesmal die der “Stasileute” in West und Ost besser abgelaufen wäre – oder irre ich mich da?

    Ich fühle mich einfach mal angesprochen. Die Antwort ist ja.

    Wir hätten 1990 darauf hinwirken sollen die Sache ernsthafter zu verfolgen, eben aus den oben geschilderten Erfahrungen.

    Verurteilt wurden einige wenige Bonzen und ein paar Mauerschützen als Bauernopfer. Der ganze Spitzelapparat, der 40 Jahre lang die eigentlich Perfidität des System ausmachte bliebt weitestgehend unberührt. Anderfalls müssten wir heute keine Schlagzeilen über Stasi-Leute lesen die beim Verfassungsschutz für den Schutz von Merkels Datscha zuständig sind oder über Minderjährige Daten sammeln und anschliessend die Beweise vernichten.

    Das von Dir verlinkte Dokument ist übrigens sehr interessant, Dank dafür. Ich meine es untermauert meine Darlegeungen auch, wenn es nicht bis in dei letzte Konsequenz geht, aber es stammt wohl in der Ursprungsversion auch aus dem Jahr 2000. Zu dem Zeitpunkt war eine Linke noch nicht auf dem Vormarsch und die ehemaligen Stasi-Kader waren noch weitestgehend unsichtbar.

    Ich bleibe dabei: Wir haben zwei Chancen verpasst. Die erste mag der Unkenntnis der langfrsitigen Folgen entsprungen sein, die zweite dagegen ist aus meiner Sicht nicht entschuldbar. Vorwürfe der Siegerjustiz an den Westen hat es trotzdem gegeben, in Hinblick an die Mauerschützen-Prozesse aus meiner Sicht sogar teilweise zurecht. Aber es waren eben nur Bauernopfer, den Schießbefehl hat es ja offiziell nie gegeben.

  • virOblationis:

    The Passenger schrieb:
    „Im Osten dagegen wurde die dort so genannte Denazifizierung wesentlich konsequenter durchgeführt. Auch gab die Sovietunion das Programm nicht aus den Händen und behielt die Oberhand. Offiziell war das Programm im Osten Anfang 1950 abgeschlossen und die Internierungslager wurden aufgelöst.
    Der Unterschied des Programms in Ost & West bestand also darin das es im Westen vor seiner Vollendung faktisch abgebrochen wurde während es im Osten konsequent durchgezogen wurde.“
    Diese Darstellung entspricht dem Selbstverständnis der SBZ. Tatsächlich wurden ja auch dort NS-Belastete im Dienst behalten, wenn man sie brauchte. Der DDR-Antifaschismus ist „fromme“ Legende.
    Warum hätte man im Westen weiter „entnazifizieren“ sollen? Es reicht doch, wenn Schuldige nach Recht und Gesetz bestraft werden. Sollte man darüber hinaus etwa noch eine einmal vertretene Gesinnung nachträglich verfolgen?
    Wenn das, was man den Leuten im Westen von der Stasi aus nachsagte oder unterstellte, justiziabel gewesen wäre, hätte es vor Gericht gehört. Es sollte aber nur den Ruf schädigen und den Westen insgesamt in die Nazi-Ecke stellen.
     
     
     

  • virOblationis:

    Ergänzung:
    Diese Darstellung entspricht dem Selbstverständnis der SBZ. Tatsächlich wurden ja auch dort NS-Belastete im Dienst behalten, wenn man sie brauchte[, und verfolgt wurde nicht etwa nur, wer zur NS-Zeit schuldig geworden war, sondern politische Gegner Stalins verschiedenster Art.] Der DDR-Antifaschismus ist “fromme” Legende.
     

  • ThePassenger:

    @virOblationis

    Die Abkürzung SBZ ist mir nicht geläufig.

    Wo sind denn die Nazi-Verstrickungen in der DDR dokumentiert? Die Westalliierten haben doch ebenso tonnenweise Akten in ihren Besitz gebracht, die BRD besitzt auch genug. Warum hat man das Pulver nicht verschossen wenn es denn so offenkundig war?

    Einzig Feldmarschall Paulus kommt mir als eine angeblich geläuterte Gallionsfigur mit soldatischen Tugenden in den Sinn.

    Es geht nicht darum die DDR reinzuwaschen, weder wohne ich im Osten noch komme dort her. Die DDR hatte selber faschistische Züge. Klar wurde auch alles was nicht ins stalinistische Weltbild passte als Nazi tituliert und mitentsorgt. Das ist aber nicht das Thema, zumindest nicht meines hier und jetzt.

    Mir kommt das gerade so vor wie „Der hat aber auch…“

  • virOblationis:

    Es geht mir nicht um „der hat aber auch“, sondern darum, einen vorgeblichen Saubermann zu enttarnen, der andere mit Schmutz bewarf, d.h. den Westen mit seinen Lügen und Verleumdungskampagnen überzog. Ich suche noch nach weiteren Informationen; morgen wohl mehr darüber.
    SBZ heißt übrigens Sowjetisch besetzte Zone.
     

  • Anna Luehse:

    # ThePassenger
     
    Mein Mann hat bis zur Wiedervereinigung nur von der SBZ gesprochen, er weigerte sich den Sprachgebrauch DDR anzunehmen.  Er behauptete stets, ein künstlich erzwungenes Staatsgebilde wie die Trennung Deutschlands, werde auf Dauer keinen Bestand haben.
     
    Die angebliche Überanwortung der Entnazifizierung bereits im Mai 46 an die „Westzone“ überzeugt mich nicht.  Zu dem Zeitpunkt hatten die Besatzer das absolute Sagen in allen Bereichen (ebenso die Sowjets in der SBZ) . Ohne deren Kontrolle lief da gar nichts. Aber ich werde wie virOblationis in meinem Archiv kramen und mich dazu noch einmal melden.

  • virOblationis:

    @ The Passenger
    Zu Beginn führten in der SBZ die Sowjets selbst die Entnazifizierung durch. Dabei wurden viele Menschen, selbst NS-Gegner, interniert oder liquidiert. Ein prominentes Todesopfer in Sachsenhausen war der Schauspieler Heinrich George (gest. 1946). Verschleppt und hingerichtet wurde der protestantische Neutestamentler Ernst Lohmeyer (1946), der als Mitglied der Ost-CDU in Greifswald politisch lästig geworden war.
    Dann übergaben die Sowjets den DDR-Organen die Entnazifizierung: Es fanden die Waldheimer Prozesse statt (1950). Die Abzuurteilenden waren schon vorher von den Sowjets bestimmt worden, und es befanden sich keineswegs nur NS-Täter darunter, sondern verschiedenste Gegner des Stalinismus. Die Prozesse wurden unter Mißachtung minimaler Rechtsstandards durchgeführt (fehlende Verteidigung, Verurteilung ohne Beweise), so daß schon ab 1952 amnestiert wurde, wodurch der Skandal etwas abgemildert wurde. Dabei kamen nun aber auch wirkliche NS-Täter in den Genuß der Straffreiheit.
    Gleichzeitig hatte die DDR-Führung keine Skrupel, mit Nazis zusammenzuarbeiten, wenn ihr dies politisch opportun erschien. So fand 1951 im Berliner Wedding ein Treffen von ehem. HJ-Führern mit FDJ-Delegierten statt. Selbst zum ehem. Reichsjugendführer Axmann wurde Kontakt aufgenommen; der lehnte aber von sich aus ab. Der frühere Auschwitz-Häftling(!) Heinz Lippmann wurde von Honecker beauftragt, Kontakt mit Nazis im Westen aufzunehmen. – 1952 wurden diese Bemühungen aufgegeben wegen der Ablehnung der Stalin-Note durch den Westen.
    Da die DDR ab Mitte der fünfziger Jahre nominell entnazifiziert war, verfolgte man Straftaten aus der NS-Zeit nur noch ausnahmsweise und aus propagandistischen Gründen (Prozeß gegen [IG-Farben am Beispiel des] Auschwitz-Arzt[es] Horst Fischer, hingerichtet 1966).  Sonst zog man es vor, Schuldige zu erpressen: So wurden nicht nur irgendwelche SS- und GeStaPo-Mitarbeiter IM’s, sondern auch KZ-Wärter wie Helmut Bärwald (Sachsenhausen) und August Bielisch (Auschwitz).
    Im Jahre 1965 erschien in Berlin-Ost ein „Braunbuch“, um die Durchsetzung der gesamten BRD mit Nazis zu erweisen. Doch 1981 veröffentlichte der Historiker Olaf Kappelt in Berlin-West auch ein „Braunbuch DDR“:  .uni-protokolle.de/Lexikon/Braunbuch.html

    So erweist sich schließlich alle Rede von einem antifaschistischen Staat DDR und einer in Kontinuität mit dem Deutschen Reich samt NS-Herrschaft stehenden BRD als ideologische Wunschvorstellung.
     
     
     

  • Anna Luehse:

    #
    Mit der Frage Entwicklung – wenn nicht Entstehung – der 68er und die Folgen hat  sich Rudolf Willeke in einem Aufsatz befaßt. Willeke zeigt m. E. sehr gut die Bewußtseinsveränderung auf, die uns heute zum Teil so zu schaffen macht.
     
    Hintergründe der 68er- Kulturrevolution /Frankfurter Schule und Kritische Theorie.
    .aktion-leben.de/Hintergruende/sld08.htm
     
     

  • ThePassenger:

    # Anna Luehse

    Ein Treffen mit HJ-Führern, die wohl wenig Dreck am Stecken gehabt dürften, scheint mir kein wirklich gewichtiger Beleg. Axmann war zwar relativ weit oben angesiedelt in der Organisation, aber auch sein Wirken hatte ebensowenig mit Verbechen zu tun wie das der kleinen HJ-Mitglieder.

    Verglichen mit den Fällen im Westen (Globcke, Kiesinger, Oberländer) waren das zum einen noch mehr Waisenknaben und zum anderen sind diese ehem. HJ-Führer wohl kaum auf der Regierungsbank gesessen.

    Der Vergleich hinkt also extrem, er beweisst lediglich dass auch in der DDR altes Personal niederen Ränge und mit keiner bis max. geringerer Schuld wieder eingesetzt wurde.

    Daher kann ich mich dem so nicht anschliessen:
    So erweist sich schließlich alle Rede von einem antifaschistischen Staat DDR und einer in Kontinuität mit dem Deutschen Reich samt NS-Herrschaft stehenden BRD als ideologische Wunschvorstellung.

    Es sei den natürlich man wollte als Kriterium für eine gelungene Entznazifizierung ansetzen dass selbst Mitgleider der Jugenorganisation als Verbrecher gebrandmarkt werden.

    Ich verstehe auch inhaltlich nicht was so Schlimmes daran ist der DDR (oder SBZ – wie man es eben sehen will) zuzuerkennen das sie diese Sache eben konsequenter durchgezogen hat.

    Die harten Urteile und die vielen Toten die diese Aktionen nach sich zogen können wohl kaum als Beweis für höhere Menschlichkeit herhalten. Im Gegenteil, es spricht sogar eher für die Variante der Westalliierten.

    Der Schwarze Fleck auf der Westdeutschen Weste bleibt so oder so bestehen, die andere Seite in der Beziehung mit Gewalt ebenso besudeln zu wollen empfinde ich als zumindest stark übertrieben. Man kann doch ruhig zugeben das man nicht perfekt war, auch dann wenn es ein Pluspunkt für die 68’er ist. Fakten sind eben Fakten, Kopf in den Sand stecken bringt nichts, auch dann nicht wenn es im Osten ebenso gewesen wäre.

  • Anna Luehse:

    # ThePassenger
    Ich denke nicht in Ost-West. Für mich sind wir Deutsche in Deutschland. Mir gefällt nur nicht die ewige Schuldzuweisung „wir und ihr“, „die dort, die da“.  Die Zeit des Nationalsozialismus , wie auch die Zeit der Teilung und die Phase der 68er gehören zu unserer Geschichte. Aber es ist ein Trugschluß zu glauben, die Kriegssieger hätten jemals den Deutschen (und damit meine ich alle) einen eigenständigen Spielraum gelassen. Sie alle, haben sich soweit es in ihrem Interesse lag die Leute ausgesucht, die „Siegerinteressen“ vertreten haben.
    Ich weiß auch nichts mit dem Vorwurf anzufangen, da ich lediglich auf die Entwicklung der 68er hingewiesen habe. Was das mit „schwarzem Fleck auf der westdeutschen Weste“ zu tun hat. Ich kann nur wiederholen: für mich ist die Entwicklung der Geschichte von Interesse um zu erkennen, warum wir heute da stehen wo wir stehen. Eine moralische Bewertung bringt m. E. nichts.
     
    Zu den HJ Treffen kann ich nichts sagen, da ich nicht weiß worauf Sie anspielen. Allerdings war Hans Jochen Vogel junger HJ-Führer was nicht erstaunlich war, denn sein Vater war ein überzeugter Anhänger des Nationalsozialismus.

  • ThePassenger:

    # Anna Luehse

    Die deutsche Teilung war 45 jahren lang ein Fakt der selbst heute noch nachwirkt. Das muss doch auch entsprechend realisiert werden, die Linke verschwindet doch aus dem Osten nicht nur weil wir jetzt wiedervereinigt sind.

    Das widerspricht auch nicht dem dem Ansinnen die innere Teilung zu überwinden, vielmehr hilft es zu verstehen warum manch Bürger im östlichen Teil der Republik selbst nach 20 Jahre noch (oder schon wieder) ganz anders denkt als sein westlicher Gegenpart.

    Bzgl. der HJ spiele ich eigentlich auf überhaupt nichts an, ich stelle bloß fest das
    a) es sich um eine Organisation mit geringer Schuld gehandelt hat
    b) selbst innerhalb der Organsiation HJ-Führer kleine Würstchen waren

    und daher eine Weiterverwendung derselben nicht auf der selben Stufe einzuordnen ist wie Politiker in der Regierung die ihre, wenn wohl auch zumeist harmlosen, Verstrickungen unter den Teppich kehren wollten.

    Es ist doch evident das es im Westen Politker mit einer ent. Biographie gab während dies im Osten nicht der Fall war. Demnach ist doch offensichtlich das unterschiedlich vorgegangen wurde.

    Mit dem „schwarzen Fleck“ wollte ich darlegen dass die DDR diesen eben nicht hatte. Zudem ist es nicht meine moralische Wertung sondern diejenige, die ich den 68’er zuordne.

    Ich glaube wir sind an einem Punkt angelangt wo alle Fakten und Argumente ausgetauscht sind, ich will daher abschliessend deutlich fragen:

    Hatten die 68’er und/oder die DDR mit der Behauptung das es in der BRD Regierungsmitglieder mit Nazibiographie gab recht?

    Gab es Regierungsmitglieder in der DDR auf die ähnliche Vorwürfe zutreffend sein könnten?

    Ist es aus damaliger Sicht angebracht gewesen dies ggf. zu bennen oder sogar zu verurteilen?

  • @ AnnaLühse, ThePassenger

    Ihr habt mich mit eurer Debatte hier zu der Buchvorstellung [nächster Artikel] inspiriert. Das Buch kann ich selbst empfehlen.

  • ThePassenger:

    @Judith & Anna Luehse

    Womit die 2. Frage klar beantwortet wäre und Anna Luehse Recht behalten hat – allerdings bis jetzt ohne konkrete Beispiele (Namen, Positionen).

    Die Frage stellt sich warum man auf Seiten der BRD nicht schon viel früher zurückgeschossen hat. Man hätte zwar in der DDR so oder so nicht darüber reden können, wohl aber hätte man die Diskussion im eigenen Land entschärfen können. Es mag wohl daran gelegen haben die Betroffenen in den eigenen Reihen nicht zu diskreditieren.

    Man hätte damit zwar in der BRD den Vorwurf ansicht nicht entkräften können, wohl aber diejenigen in die Schranken weisen können die mit der DDR sympathisierten und/oder diese in der Hinsicht verteidgten.

    So bin ich wohl ein spätes Opfer dieses Informationsdefizits.

    Gelernt habe ich das man zwar wohl eine Diskussion „gewinnen“ kann, damit aber nicht automatisch richtig liegen muss.

  • Sir Toby:

    # The Passenger

    „Es ist doch evident das es im Westen Politker mit einer ent. Biographie gab während dies im Osten nicht der Fall war. Demnach ist doch offensichtlich das unterschiedlich vorgegangen wurde.“

    „Gab es Regierungsmitglieder in der DDR auf die ähnliche Vorwürfe zutreffend sein könnten?“

    Also, wenn ich nach dem folgenden Eintrag über das ‚Braunbuch DDR‘ gehe, wäre ich fast geneigt die Vermutung zu wagen dass Du exakt hier der Beweis für die aussergewöhnlich effektiv funktionierende Desinformationsstrategie der DDR bist. Aber … mach dir am besten selber ein Bild…

  • Sir Toby:

    Ups … zu spät.

  • ThePassenger:

    @Sir Toby

    Ups … zu spät.

    Da bin ich ja dem Teufel gerade nochmal von der Schippe gesprungen 😉

    Aber bis zur Einsicht der Liste war an meiner Darstellung wenig rumzudeuteln.

    Es bewahrheitet sich was ich bereits oben bereits geschrieben hatte:
    Später, wenn einem die ganzen Hintergründe bekannt sind ist man immer klüger.

    Nachtrag: Es ist nicht unbedingt die Desinformation der DDR gewesen, sondern auch der Mangel an Information in den eigenen Reihen.

  • Sir Toby:

    # The Passenger

    Das ist das Schöne an Blogs wie diesem – es gibt immer eine Handvoll Leute, die einen ganz handfest auf schriftlich Fixiertes verweisen können. Ich wußte auch, dass die SED mit Nazis gespickt war wie ein Igel mit Stacheln … aber ich hätte kein Buch darüber angeben können. Ich hatte es nur (wie so vieles) als ‚Sekundärinformation‘ im Hinterkopf … irgendwann mal in den achtziger Jahren gabs im Westdeutschen Rotfunk mal einen Bericht darüber – so was bleibt dann haften. Also dass es der WDR war und dass es um Nazis in der SED ging, aber wenn man präzise Information angeben muß … dann ist das einfach toll … es gibt wirklich (fast) immer jemanden, der irgendeinen Literaturhinweis aus der Hosentasche ziehen kann, den man sich dann wenigstens mal abspeichern kann.

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