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Deutsche Staatsräson

Ich als Innenminister muss verhindern – das ist Staatsräson Deutschlands -, dass eine neue Ausländerfeindlichkeit entsteht. Ich kann nicht, wie vor einer Woche in Vorarlberg, 25 Prozent für eine rechtsextreme Partei ertragen. So hohe Zahlen etwa für Le Pen waren der Ausgangspunkt für Sarkozy, das Thema Einwanderung anzugehen. Ich kann auch die Entwicklung in den Niederlanden nicht ertragen. Deutschland würde sofort in den Verdacht geraten, es hätte aus den Erfahrungen der Nazizeit nichts gelernt. Wir sind mehr als jeder andere ein gebranntes Kind.

Schäuble gestern in Weltonline – ein Gespräch zwischen ihm und dem holländischen Soziologen und Migrationsforscher Paul Scheffler über Integration und Konflikte, die Einwanderung nach sich zieht.

Das ganze Gespräch ist interessant, weil hier die vollkommene Irrationalität bundesdeutscher Altpolitiker deutlich hervortritt. Nur eins: Deutsche Staatsräson ist es also, Ausländerfeindlichkeit zu verhindern. Inländerfeindlichkeit zu verhindern/ahnden ist nicht Teil der deutschen Staatsräson – auch nicht der Gesetze, nebenbei bemerkt.  Damit verletzen deutsche Minister ihren Amtseid auf das Gröbste.

Ist Einwanderung nützlich?

20 Kommentare zu „Deutsche Staatsräson“

  • Wahr-Sager:

    Ich ertrage das seichte Geschwafel von Schäuble nicht. Wenn er sich als gebranntes Kind fühlt und Schuldkomplexe hat, soll er das bitteschön nicht auf andere anwenden, sondern sich selbst geißeln.

  • Distelherz:

    Hier wird ganz offen Irrationalität, die sich aus Selbsthaß und Schuldkomplexen – also aus emotionalen und psychologischen Faktoren – speist, zur Grundlage von politischem Handeln. Hinzu kommt eine pathologisch anmutende Realitätsverweigerung, wenn Schäuble von „Einwanderung als Erfolgsgeschichte“ schwadroniert.

    Es ist ja nicht ganz auszuschließen, daß die FDP im Zuge der Regierungsneubildung den Innenministerposten neu vergeben sehen will. Ich kann nur hoffen, daß es so kommt. Schäuble ist mit seinen drei Psychosen Rechtsextremismus-Wahn, Integrations-Manie und Überwachungs-Paranoia meines Erachtens eine der größten politischen Risiken für unsere Gesellschaft.

  • Sir Toby:

    Ich hab meine Meinung dazu schon einige Male kundgetan – und tue es gerne ein weiteres Mal: Es gab nie eine ‚Einwanderung‘ – und es gibt auch jetzt noch keine ‚Einwanderung‘. Die Begriffe müssen zu den Inhalten passen, und das tun sie eben in diesem Falle nicht. Der Vorgang, der stattgefunden hat war und ist eine ‚Eroberung‘ mit anschließender allmählicher Verdrängung der Eroberten durch die Eroberer.

    Wenn es eine Einwanderung gegeben hätte, dann hätte am Anfang des entsprechenden Prozesses eine Diskussion und danach eine Volksabstimmung erfolgen müssen; eine Volksabstimmung schon deshalb, weil mit einem solchen Prozess das bisherige Volk in seinem Grundbestand irreversibel verändert wird. Ich kann mich aber nicht erinnern jemals von einer entsprechenden Diskussion und Volksabstimmung gehört zu haben … aber vielleicht sollte ich einfach Schäuble fragen??

    Die Katastrophe, und ich bin sicher als eine solche wird sie sich irgendwann noch herausstellen, beginnt mit der Weigerung der Gastarbeiter ihren Teil des unausgesprochenen Vertrages, der die Grundlage ihres Hierseins bildete – nämlich nach einer Zeit X (längstens aber nach 20 – 25 Jahren = eine Generation) wieder zurückzukehren in ihre Heimatländer -, und der Akzeptanz dieser Weigerung durch den (vormaligen) Revierhalter des ‚Reviers Deutschland‘ (vertreten durch die BRD) aus Angst! Nämlich genau der Angst, die Schäuble ja heute noch artikuliert: Deutschland würde sofort in den Verdacht geraten, es hätte aus den Erfahrungen der Nazizeit nichts gelernt.

    Mal ganz abgesehen davon, daß eine solche Aussage allein schon alles über die ansonsten bei anderer Gelegenheit vollmundig behauptete ‚Souveränität‘ dieses staatsähnlichen Gebildes aussagt, wäre doch einfach mal zu fragen, welches eigentlich diese Erfahrungen der Nazizeit bezüglich Ausländern sind, die fürderhin nicht mehr wiederholt werden dürfen? Sich zu wehren, wenn man übernommen und versklavt werden soll?? (Versklavung, um das zu präzisieren, bedeutet für mich, gezwungen zu sein, meine Lebenskraft dafür einsetzen zu müssen fremde Erfahrung(en) als Form in die Welt zu bringen bzw. sie darin zu halten – während ich gleichzeitig meine (tatsächliche) eigene Erfahrung verleugnen muß. Was im Extrem der BRD so weit geht, daß ich gelernt habe, die eigene Erfahrung schon abzublocken, bevor sie das Empfinden überhaupt berührt – und mich gleichzeitig mit der fremden Erfahrung so weit zu identifizieren, daß ich sie tatsächlich für die eigene halte)

    Natürlich ist mir auch klar, daß auch hier jeder meinen wird, das sei doch wohl ein bischen heftig; man könne doch nicht ernstlich die ganzen Leute wieder zurück …. – und überhaupt: Hat mich sich denn nicht daran gewöhnt und kommen wir nicht gut miteinander aus, zumindest die ‚ehemaligen Gastarbeiter‘ aus ‚Europa‘? Das ist dann auch so ein weiterer Punkt, bei dem ich einfach nur noch den Kopf schütteln kann: Gewöhnung soll die (dauerhafte) Grundlage eines Lebens in einem fremden Revier eines fremden Gemeinwesens sein, das dabei dann auch noch prosperieren soll??

    Um nicht mißverstanden zu werden: Ich behaupte nicht, es könne keine Einwanderung geben. Das kann es sehr wohl – aber dann muß es eben auch eine sein – von Anfang an! Im anderen Fall fallen die Begriffe und die Inhalte soweit auseinander, daß die Politik, die auf den Begriffen aufbaut schlicht und einfach falsch sein muß, weil die Begriffe eben die inhaltliche Situation ja überhaupt nicht erfassen bzw. spiegeln. Und diese Differenz zwischen dem tatsächlichen (inhaltlichen) Geschehen und der (falschen) Vorstellung davon muß irgendwann in Form eines Zusammenbruchs der falschen Vorstellung korrigiert werden. Ob das auf einmal oder über eine ‚Reihe kleinerer Zusammenbrüche‘ gehen wird, kann ich natürlich nicht sagen. Die zweite Variante wäre vielleicht noch die irgendwie handhabbarere…

    Abschließender Gedanke dazu: Es gibt im Menschen zwei grundlegende psychische Institute, nämlich das ICH und das SELBST. Und das Selbst enthält die Erfahrungen, die das Ich dann ’nur‘ empfinden und gestalten kann – in Welt umsetzen soll sozusagen. Das Problem ist, daß das Ich meistens keine rechte Lust hat, das, was ihm an Erfahrung von seinem Selbst her zukommt, auch umzusetzen. Zu unangenehm, zu anstrengend … zu wenig lohnend (nach den Maßstäben des Ich natürlich). Oder aber es versteht gar nicht, was sein Selbst von ihm will. 

    Und das ist der Ausgangspunkt für zwei Prozesse: Einmal die Abweichung des Ich von seiner vom Selbst her vorgezeichneten Entwicklungslinie – und die Konstruktion von Ereignissen von der Ebene des Selbst her, die das Ich letztlich wieder auf seinen ihm zukommenden Verwirklichungsweg zwingen sollen (und werden!). Und dieses Institut namens Selbst interessiert sich dabei nicht für ‚demokratische Spielregeln‘, ‚Mehrheitsverhältnisse‘ oder überhaupt die generelle Befindlichkeit seines jeweiligen Ich, das sich jetzt halt mal eingerichtet hat in seinem falschen Entwicklungsweg – und dabei bitte nicht weiter gestört werden möchte. Und so gesehen, dürfen wir sicher sein, daß es eine Korrektur geben wird – aber die Art und Weise wird nach den Maßstäben des Ich wohl nicht auf angenehmen Weise ablaufen.

  • Wahnfried:

    Nein, sehr vernünftig. Das Ansehen Deutschlands im Ausland, um welches sich ja auch steht bemüht wird, etwa wenn man sich mal wieder allerlei Verbrechen brüstet, ist auch sicher wichtiger, als Deutschland selbst. Beeindruckende Logik.

  • karl-friedrich:

    Die Meldung konnte ich schon heute Nacht lesen, ich war doch sehr erstaunt, was Herr Schäuble da zum besten gegeben hat.

    Ich hoffe der Vollpfosten wird jetzt zur EU hochdelegiert, ich kann ihn nämlich auch nicht mehr ertragen, wieviele Deutsche sollen den noch wegen seiner ungebildeten Zuwanderung sterben?

    Der Mann war mir früher mal Sympatisch, aber der hat sich um 360 Grad gedreht, in seinem ganzen politischen Denken.

  • CD:

    Ich weiß schon, warum ich gestern zurückhaltend mit Jubel war. Klar, man freut sich, weil man sich zurecht mit CDU und FDP mehr Wirtschaftskompetenz verspricht, zumindest solange sich der durch Technisierung bedrohte Kapitalismus noch irgendwie halten läßt. Das ist aber auch schon alles. Für mich reicht das bei weitem nicht aus und die Äußerung von Schäuble oben, sowie die von Merkel gestern über sinngemäß, „Wir müssen weiter auf das Soziale schauen“, sprechen Bände, zumal ich irgendwo den berechtigten Einwand gelesen habe: „Man verstehe den Jubel nicht, wo wir doch jetzt schon zu 70% durch die EU fremdbestimmt werden“.
     
    Es wird harte Schnitte geben (müssen), das ist klar, aber die werden ausschließlich das Halten des jetzigen Wirtschafts- und Sozialsystems betreffen und selbst das halte ich für äußerst fragwürdig. Dazu gehört übrigens unisono über alle Parteien hinweg gerade auch die Massenzuwanderung, die angesichts 3,5 Mio Arbeitslosen zwar mehr kostet, als sie jemals wieder einspielen wird, aber welchen Etablierten interessiert schon die Gegenrechnung? Richtig, keinen, die wäre nämlich rassistisch und fremdenfeindlich. Und sollte doch einmal ein Querkopf danach fragen, wird er denunziert, eine Antwort erhält er hier jedoch nie.
     
    Lange Rede, kurzer Sinn: Aller Hoffnungen zum Trotz, wird sich außer in Wirtschaftsfragen nichts ändern, so sehe ich das.

  • CD:

    karl-friedrich
    28 September 2009 um 10:12

    Der Mann war mir früher mal Sympatisch, aber der hat sich um 360 Grad gedreht, in seinem ganzen politischen Denken.

    Um es mal mit TV-Total zu sagen: Hä?

  • Anna Luehse:

    # karl-friedrich

    Schäuble habe ich schon beobachtet, als er noch (körperlich gesund) als Kanzleramtschef bei Kohl fungierte. Er hat stets sein Fähnchen nach dem Wind gehängt. 
    Unabhängig davon hat er mir sehr leid getan, als das Attentat passierte und ich habe ihn zunächst sehr bewundert, wie er mit diesem Schicksalsschlag umgegangen ist. Von vielen anderen, die das gleiche Schicksal erfahen haben und es mindestens ebenso gut bewältigen, spricht niemand.

    Seine Haltung spricht Bände, wie bereits oben erwähnt. Aber täuschen wir uns nicht darüber hinweg: das ist die Politik der CDU/CSU, nicht nur die des Herrn Schäuble. Übrigens hat Maria Böhmer ihren Wahlkreis direkt gezogen.

  • karl-friedrich:

    Ich habe mal im Internet ein wenig Recherchiert zum thema Zuwanderung und Parteien/Programme:

    Gegenüberstellung parteipolitischer Positionen zum Thema “Zuwanderung

    Im Folgenden finden Sie Auszüge aus den Grundsatz­program­men und Wahl­program­men der Bundes­tags­parteien zum Thema “Zuwanderung”. Die Posi­tionen sind nach Partei und Quelle sortiert. Klicken Sie zum Vergleich auf den Namen der Dokumente, um die jeweiligen Fundstellen aus­zu­klappen. Das PDF-Dokument dem die Posi­tionen entnommen wurden finden sie unterhalb der Positionen unter [Dieses Dokument komplett als PDF].

    http://www.parteiprogramme.unklarheiten.de/?p=vergleich&thema=Zuwanderung

    Vielleicht bringt das ja Licht ins Dunkle, das Punktesystem der FDP finde ich übrigens nicht so schlecht, es bewährt sich meines Wissens in Australien sehr gut.

  • Wahnfried:

    Naja… Trotz allem gibt es doch Grund zur Zuversicht. Was auch immer die Koalition nun vor hat, es wird passieren. Die letzten vier Jahre GroKo waren Stillstand. Die sieben Jahre davor waren auch Mist. Zum einen weil Rot-Grün ohnehin Mist ist, zum anderen weil viele Vorhaben im Bundesrat blockiert worden sind. Die vier Jahre Kohldämmerung von ’94 bis ’98 waren auch Stillstand. Jetzt, zum ersten mal seit 15 Jahren, hat eine Regierung sowohl im Bundestag wie auch im Bundesrat eine Mehrheit und kann etwas bewegen.

  • Nach den ersten Berichterstattungen und den seit Jahrzehnten bekannten Kommentaren schaltete ich auf das österreichische Fernsehen um (ich habe das Glück in der Nachbarschaft zu wohnen). Dort diskutierten die Spitzenpolitiker der Parteien über den Ausgang der Wahl in Oberösterreich und natürlich auch mit einem Blick nach Deutschland. Es wurde Fraktur geredet, nicht so langweilig wie bei uns! Selbstverständlich kam auch die Frage auf, warum in Deutschland über das Ausländerproblem nicht wie in Österreich gestritten wird. Das ist doch ein ebenso existenzielles wie auch vergleichbares Problem mit den Verhältnissen Österreichs. Alle fragten sich, das ist anzunehmen, warum die deutschen Politiker zu feige sind, darüber zu streiten. Aus Höflichkeit hat das zwar niemand ausgesprochen, aber wahrscheinlich jeder gedacht.

    Wenn man etwas über Einzelergebnisse in Oberösterreich wissen will, dann sollte man mal bei http://www.runder-tisch-niederbayern.de anklicken.

  • karl-friedrich:

    @ Wahnfried

    Sehe ich ähnlich, bedenken kommen mir nur in Richtung Mai 2010, da ist Wahl in NRW und da könnten die Linken/Grünen wieder punkten, und schon wäre die Mehrheit im Bundesrat wieder futsch, was das bedeutet, für wichtige Gesetzesvorhaben, muss ich ja nicht erklären.

  • aloha:

    Wenn man Schäuble hört oder liest, fragt man sich, ob er Patient in der Psychiatrie ist, statt Innenminister. Wie hat der es nach oben geschafft? Durch Behindertenbonus?

  • Saito:

    Schäuble ist ein Diener seiner Herren und das ist nicht das deutsche Volk, sondern sind die Mächtigen aus Großindustrie und Hochfinanz. Die bestimmen, was in Deutschland ( und in der gesamten EU) laufen soll.

    Masseneinwanderung ist geplant, um Löhne und Gehälter dauerhaft abzusenken. Nichts anderes sagte Schröder, als er forderte, einen Niedriglohnsektor zu schaffen und nichts anderes meinte bereits Kohl, als er schon vor 20 Jahren versicherte, die Einwanderer würden wieder „Bescheidenheit“ nach Deutschland bringen.

    Das ist das Ziel: In Deutschland soll „Bescheidenheit“ wie in Brasilien oder gar Indien herrschen, damit die Profite noch größer werden.

    Das ganze Geschwätz von „Deutschland darf nie wieder ….“ dient nur der Verschleierung der Tatsachen und soll die deutsche Bevölkerung moralisch erpressen, diese schleichende Veränderung hinzunehmen.

    Ich schreibe bewußt „Bevölkerung“, weil es auch die Eingewanderten betrifft, die vermeintlich „geschützt“ werden sollen. Viele, die mit großen Hoffnungen kamen, müssen erkennen, dass sie nur von einer Armut in eine andere gewandert sind.

    mit freundlichen Grüßen

  • Wahr-Sager:

    @Saito:

    Das ganze Geschwätz von “Deutschland darf nie wieder ….” dient nur der Verschleierung der Tatsachen und soll die deutsche Bevölkerung moralisch erpressen, diese schleichende Veränderung hinzunehmen.

    Und das – leider – mit großem Erfolg.

  • Freidenker:

    Hmm,
    hier fallen wir wieder die alten Römer ein, „teile und herrsche“,
    die Engläner machten daraus die Politik der „balance of power“,
    die Vermischung der Völker ist die Vollendung der oben angeführten Schlagwörter.
    Es gibt einfach keine Völker mehr welches sich erheben könnte,
    so wird herrschen zum Kinderspiel.

  • Freidenker:

    § 130 zum Schutz der Staatsäson hat wieder zugeschlagen.

  • Anna Luehse:

    Es  ist ein Jammer, daß die Leute immer wieder einknicken. Einen guten Beirag hat Thorsten Hinz bei JF Kolumne geschrieben: Hoffen auf Aliens
     
    http://www.jungefreiheit.de/Single-News-Display.154+M57e3a72ab87.0.html

  • Für die, die es interessiert: Ich habe Schäubles Interview unter die Lupe genommen:
    Doktor Schäubles Staatsneurosen

  • Freidenker:

    @ Manfred

    Wie Du das Interview mit Schäuble analysierst, und dabei zwischen den Zeilen liest ist klasse.
    Die Generation „Deutschland sucht den Superstar“ ist dazu leider nicht mal ansatzweise in der Lage, und das ist vermutlich auch so gewollt.

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