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Die Päpstin: A-historischer Unsinn

Der  Historiker Dr. Michael Hesemann hat hat sich als Wissenschaftler intensiv mit den Legenden rund um die katholische Kirche beschäftigt und ein Interview zum Film Die Päpstin gegeben:

Der Film verspricht nicht weniger erfolgreich zu werden als der Roman. Woran liegt es, dass Legenden dieser Art die Menschen so faszinieren?


Michael Hesemann:  Nun, an erster Stelle ist es das Milieu, in dem die Geschichte spielt. Die Kirche ist das Mysterium schlechthin. Sie ist ewig und unverrückbar, sie hat die Irrungen und Wirrungen der Jahrtausende unbeschadet überstanden: Das Ende des Römischen Imperiums, die Völkerwanderung, die Kreuzzüge, die Reformation und die Konfessionskriege, die Aufklärung und das Zeitalter der antichristlichen Diktaturen. Sie stellt den Anspruch, im Besitz der geoffenbarten Wahrheit zu sein und den Willen Gottes zu kennen. Und wie zur Bestätigung geschehen in ihrem Umfeld Zeichen und Wunder – von den Visionen der Heiligen bis zum Geheimnis schlechthin, der Eucharistie. Das macht es so spannend, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen, zu schauen, ob die Kirche tatsächlich dem hohen Anspruch, den sie stellt, gerecht wird. Und da der Mensch nun mal eine Vorliebe für Klatsch und Tratsch und „Dreck am Stecken“ hat, gedeihen auch Sumpfblüten wie die Legende von der Frau, die Papst wurde.

Sie haben in Ihrem Buch „Die Dunkelmänner“ die so genannten schwarzen Legenden der katholischen Kirche beschrieben. Wenn Sie mit Blick auf Haltbarkeit und Wirkung eine Rangliste aufstellen müssten: Wo würden Sie die Legende von Päpstin Johanna einordnen?

Hesemann:  Nun, es gibt zwei Arten von „schwarzen Legenden“. Die eine hat zumindest einen wahren Kern oder bietet eine, wenn auch fiktive, Deutung eines echten Geschehens an. Zu dieser „Sorte“ gehören etwa Spekulationen, Papst Johannes Paul I. sei ermordet worden, Pius XII. hätte zum Holocaust geschwiegen oder der Templerorden sei auf Betreiben des Papstes aufgelöst worden. Stimmt alles nicht, erfordert aber Recherchen, um widerlegt zu werden. Die andere ist frei erfunden, so wie die vermeintliche „Blutlinie“ Jesu aus dem Dan Brown-Roman oder eben die Päpstin –beide Geschichten sind an den Haaren herbeigezogener, ahistorischer Unsinn. Das sind moderne Märchen. Sie können unterhalten, sie liefern vielleicht Stoff für spannende oder bildgewaltige Filme. Aber mit der historischen Wirklichkeit, mit der echten Papstgeschichte, haben sie nicht das Geringste zu tun.

[1] Komplettes Interview: Produkt der Volksphantasie.

1 Kommentar zu „Die Päpstin: A-historischer Unsinn“

  • Mcp:

    Man kann es hundertmal wiederholen. Es hülft nichts, Mythen sind unauslöschlich. Die Wahrheit ist uninteressant, das Volk will unterhalten werden.

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