Inhaltsverzeichnis

Bekenntnis zur Moderne

Man gibt sich weitherzig und läßt gern auch die abstoßendsten Dinge als Äußerungen freier Meinung zu. Die Moderne beruft sich bei Beleidigungen der Kirche, insbesondere des Papstes, nur zu oft auf ein Recht zur freien Meinungsäußerung.

Wenn die Kirche sich, wie auf dem II. Vaticanum, der Moderne anpaßt, wird sie geduldet, wenn auch zugleich verhöhnt, erniedrigt und mit ungerechten Vorwürfen überzogen wie auf nebenstehender Karikatur beispielhaft zu sehen.

Aber wehe, wenn auf die Schattenseiten, die negativen Folgen der Aufklärung hingewiesen wird, wenn die Kirche sich nicht vorbehaltlos zu der im Westen geborenen Moderne bekennt, wenn der Papst sich gar gegen die liberale „Diktatur des Relativismus“ wendet. Dann gilt die Duldung nicht mehr. Dann schwindet auch das Recht auf freie Meinung, und zwar auf Seiten der Kirche. Dann werden Publikationen verbreitet, wie diese jüngst erschienene: Alan Posener, „Benedikts Kreuzzug“. Dabei hatte sich der Autor bis dahin sehr zahm gegenüber der Kirche verhalten, sogar fast ein wenig frömmelnd. Aber eine Infragestellung der Moderne läßt ihn die Contenance verlieren.

Der Liberalismus ist unfähig, sich „zwischen Jesus und Barrabas zu entscheiden“ (Donoso Cortés), deshalb verzeiht er kein eindeutiges Bekenntnis. Nehmen wir uns dies zu Herzen!

24 Kommentare zu „Bekenntnis zur Moderne“

  • Wahnfried:

    Die Moderne, die hier so schön angerissen wird, ist vom Mittel zum Zweck zum Zweck selbst geworden und als solcher völlig entartet. Auf der einen Seite wäre es an der Zeit, daß hier mutige Männer und Frauen dem entgegentreten, während die Moderne auf der anderen Seite der einzige Hebel ist, unter dem wir den Islam in Europe angehen können. Alles nicht so einfach…

  • EJ:

    Schade. Eine ordentliche Verteidigung des Gesellschaftskritik des Papstes habe ich noch nicht lesen können. Anders gesagt: Die Kritik an Poseners Papst-Kritik hätte ich gern argumentativer gehabt.

  • Posener ist der typische alt68er Spießer mit der für dieses Klientel typischen „Anti“faattitüde – eine verlogene Attitüde, die zielgerichtet nur die angreift [in dem Fall kath. Kirche], von denen keine Gefahr ausgeht. Während man bei den wirklich  Rückständigen und Gefährlichen [Islam] hübsch das Mäulchen hält.

    Das wirklich positive an Posener ist sein Alter.

  • @ EJ

    Anders gesagt: Die Kritik an Poseners Papst-Kritik hätte ich gern argumentativer gehabt.

    Ja dann schreiben Sie doch einfach eine „argumentativere“ Kritik. Passive Quengler hat das Land ja nun wahrlich genug.

  • virOblationis:

    Gerade entdeckt – ein anderes Beispiel für denselben Konflikt:
    Papst
    http://www.kath.net/detail.php?id=24625
    und liberaler Kritiker
    http://www.kath.net/detail.php?id=24648
    Nur dieses Mal auf dem Gebiet der Kunst, nicht der Politik.
    Wiederum gelingt keine Entscheidung zwischen „Jesus und Barabbas“: „Wir müssen Schönheit sehen, wo sie vielleicht Herr Ratzinger nicht sieht. Wir müssen auch Hässlichkeiten verteidigen als Künstler, weil sie Abbild sind der Realität, in der wir leben, die Herr Ratzinger vielleicht nicht so gerne sehen mag.“

  • virOblationis:

    @ EJ
    Mir geht es nicht um eine Kritik an Posener. Vereinfacht gesagt stellt er etwas dar, das er negativ beurteilt, während ich es positiv sehe. Sein Buch habe ich als Beispiel dafür angeführt, was im Liberalismus vor sich geht, wenn die Kirche sich ihm nicht anpaßt, sondern zu ihren eigenen Grundsätzen zurückfindet. Meine Kritik entspricht der trad.-kirchlichen Kritik am Liberalismus, und um anzudeuten, in welche Richtung sie zielt, habe ich auf Cortés verwiesen.

     

  • @ EJ

    Ach, das war gar keine Kritik an zu wenig „argumentativer Kritik“ – das war Kritik, weil der alte Posener überhaupt  kritisiert wurde. Nun bin ich aber überrascht.

    Keinen Bock auf Posener. Wenn ich ein gutes islam-kritisches Buch lesen will, kaufe ich Broder, Kelek , Raddatz ect.   Und wenn ich Kirchen-und Papstbashing lesen will – ach Gott, die Regale der Büchereien quellen über. Der 890ste Aufguss wird da nicht wirklich gebraucht.

  • Antifo:

    Ach, ja der Posener.
    Am lustigsten finde ich immer den Vorhalt, wenn jemand sich nicht uneingeschränkt zu „den Menschenrechten“ bekennt. Aufgrund von  Platzhalterbegriffen wie „gerechte Moral“ in Art. 29 Abs. 2 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte  kann ja kein Mensch sagen, welche Rechte und Freiheiten „die Menschenrechte“ tatsächlich zubilligen und was nicht. Deshalb ist es auch Wahnsinn, eine Verfassung an so einem schwammigen Etwas aufzuhängen.

  • Gibor:

    @ Antifo
    „…kann ja kein Mensch sagen, welche Rechte und Freiheiten “die Menschenrechte” tatsächlich zubilligen und was nicht.“

    Antwort:
    Das einzige Menschenrecht, das man niemandem vorenthalten kann, ist das Recht auf Dummheit.

  • virOblationis:

    Das grundlegendste Menschenrecht scheint mir dasjenige auf Sein zu sein, doch dieses wird gerade heutzutage vielen Menschen vorenthalten.

  • Sir Toby:

    # Gibor

    Das einzige Menschenrecht, das man niemandem vorenthalten kann, ist das Recht auf Dummheit.

    Von diesem Recht wird vielleicht etwas zu viel Gebrauch gemacht. Man sollte eventuell an eine gesetzliche Einschränkung dieses Rechtes denken.

  • @virOlationis

    Das grundlegendste Menschenrecht scheint mir dasjenige auf Sein zu sein, doch dieses wird gerade heutzutage vielen Menschen vorenthalten.

    Ich bin zwar keine ausgewiesene Kennerin Marxscher Lehre, meine aber zu erinnern, dass er postulierte, das Bewusst-Sein bestimme das Sein. Nach diesem Postulat ist dann das „Sein“ – jedenfalls in den Augen der solcher Maxime bejahenden – kein gottgegebens „Sein“ des Menschen, sondern recht beliebig formbar – man muss halt nur für das „richtige“ Bewusst-Sein sorgen.

    Was mittlerweile ja nicht nur Doktrin der Sozialisten und Kommunisten, sondern als unhinterfragter Konsens bis in die berühmte „Mitte der Gesellschaft“ verankert ist. Zerrissenheit und Werterelativismus inklusive.

  • Sir Toby:

    # Judith

    Ich bin zwar keine ausgewiesene Kennerin Marxscher Lehre, meine aber zu erinnern, dass er postulierte, das Bewusst-Sein bestimme das Sein. 

    Ich bin ebenfalls kein ausgewiesener Kenner der Marx‘ schen Lehre – aber in diesem Fall wage ich Widerspruch: Das Sein bestimmt das Bewußtsein! – ist meines Wissens der Wortlaut des entsprechenden Postulates. Und da liegt meiner Meinung nach auch schon der Grundfehler einer falschen Begrifflichkeit, die Ausdruck mangelnden Verständnisses ist.

    Gemeint hat er wohl (soziale) Existenz(form) als er den Begriff Sein verwendete. Praktisch heißt das dann soviel wie: Weil Du in einer Arbeiterfamilie in einer feuchten Kellerwohnung groß geworden bist, in der es ein Bett, aber dafür kein Buch gab, wirst Du dich niemals für Bücher interessieren (können). Mit anderen Worten: Die absolute Fixierung auf eine lineare Entwicklung(smöglichkeit), die Wendungen, Brüche, Sprünge völlig ausschließt. In gewisser Weise ähnlich dem Koran, wenn er Abweichung vom Islam – also Verlassen der Religionsgemeinschaft – verbietet. Übertragen also: Einmal Arbeiter – immer Arbeiter! Einmal Ausbeuter – immer Ausbeuter. Einmal ….. – immer ……

    Daraus läßt sich ableiten: Der Mensch nach Marx kennt keine innere Entwicklung, die ihn aus den Beschränkungen einer Form, in der er sich zum Zeitpunk oder im Zeitraum X findet, herausführen könnte. Weil Du jeden Tag um dein täglich Brot kämpfen mußt, kannst Du auch niemals an etwas anderes Interesse haben. Die Vorstellung, daß jemand um sein täglich Brot kämpfen muß … und sich trotzdem für ganz andere Dinge als sein täglich Brot interessiert … diese Möglichkeit kommt in diesem Universum nicht vor. Entsprechend haben dann ja auch seine Nachfolger versucht, anstatt ihr Modell der wahrgenommenen Wirklichkeit, lieber die wahrgenommene Wirklichkeit ihrem Modell anzupassen. Was zu gewissen Streuverlusten geführt hat. Aber das muß man aushalten, denn erstens ist es ja ‚für eine bessere Welt‘ …. und zweitens ’nicht faschistisch‘; und das sind schon mal 2 ausgezeichnete Gründe um ein paar Hundert Millionen Streuverluste zu akzeptieren. Guten Gewissens, wie sich wohl versteht.

    Das Sein dagegen hat – zumindest nach meinem Verständnis primär gar nichts mit der Kategorie Existenz(form) zu tun, sondern meint die ‚Gesamtheit aller möglichen Erfahrung‘, die sich jenseits der für uns wahrnehmbaren diesseitigen Welt befindet, und von dort aus lediglich in bestimmten Aspekten – vermittelt durch (auch) materielle Träger (etwa: Menschen, Tiere, Pflanzen …) – in Zeit und Raum ent-faltet.

  • @ Sir Toby

    Ja, stimmt. Es war Hegels Postulat [das Bewusstsein bestimmt das Sein] – Marx verkehrte es in „Das gesellschaftliche Sein bestimmt das Bewusstsein

  • EJ:

    Judith: Ja, stimmt. Es war Hegels Postulat

    Tja, solche Kleinigkeiten kann man schon mal verwechseln.

  • @ EJ

    Ja – es ist nicht mein Fachgebiet. Und auch keines, mit dem ich mich in meiner Freizeit besonders intensiv beschäftigt hätte, Sie kleiner Wadenbeisser.

  • @ Sir Toby

    Hm, mir fällt da eine Antwort ein, die ein Professor für Psychologie [Schwerpunkt: Verhaltenspsychologie] auf die Frage gab, inwieweit Gesellschaft fähig sei,   abweichendes Verhalten zu tolerieren.

    Er antwortete, dass, je weniger das Überleben des Einzelnen vom Funktionieren der Gruppe abhänge,  umso größer die Bereitschaft sei, deliquentes [hier definiert als: abweichend] Verhalten und Lebensentwürfe zu tolerieren.  Sein oder Bewusst-Sein, das ist hier die Frage.

  • Sir Toby:

    # Judith

    Er antwortete, dass, je weniger das Überleben des Einzelnen vom Funktionieren der Gruppe abhänge,  umso größer die Bereitschaft sei, deliquentes [hier definiert als: abweichend] Verhalten und Lebensentwürfe zu tolerieren.

    Da hat er wohl nicht unrecht, der Herr Professor. Allerdings fällt mir dabei dann gleich auf, daß es doch im Grunde wohl weniger ‚die Gesellschaft‘ ist, die abweichendes Verhalten Einzelner sanktioniert, sondern eher die ‚Hüter der Ordnung‘ nach der diese jeweilige Gesellschaft funktioniert. Beispiel ‚marxistische Gesellschaft‘ etwa – und da, als herausragendstem Repräsentanten, die sowjetische Gesellschaft: Die großen Massenmordaktionen als ‚Saktionen gegen Abweichlertum‘ gingen ja nicht von ‚der Gesellschaft‘ aus, sondern von der ‚Führung der Partei‘ – also den Führern der ‚Hüter der Ordnung‘.  

    Wenn Gesellschaft abweichendes Verhalten sanktioniert … wie sieht das eigentlich aus? Da müßten doch die Mitglieder einer Gesellschaft eigentlich ‚ohne Anleitung irgendwelcher Führungsfiguren‘ aus sich heraus mehr oder weniger gleichgerichtet gegenüber einer Person oder Personen reagieren, deren Verhalten sie als nicht tolerabel empfinden. Das wird doch wohl eher in passiven Handlungen wie etwa Kommunikations-/Kontaktverweigerung oder – aktiv – in Form von ‚bösen Brief‘ (Sie Ar….och, Sie … – wenn ich Sie erwische, dann mache ich …. aus Ihnen!) stattfinden. Also relativ harmlos gegenüber dem, was die Leitungsgruppe(n) der ‚Hüter der Ordnung‘ zuweilen verantstalten.

  • Sir Toby:

    # EJ

    Schade. Eine ordentliche Verteidigung des Gesellschaftskritik des Papstes habe ich noch nicht lesen können. Anders gesagt: Die Kritik an Poseners Papst-Kritik hätte ich gern argumentativer gehabt.

    Sie scheinen sich ja mit unterschiedlichen philosophischen Ansätzen auszukennen – wenn ich da richtig liegen sollte, dann sollten sie vielleicht wirklich mal selber eine entsprechende Verteidigung versuchen. Das ist ja ein Blog, und da kann ja jeder seine Gedanken zu den Einträgen formulieren. Vielleicht haben Sie gerade den Ansatz/die Ideen, die das füllen würden, was Sie als Mangel zu empfinden scheinen.

  • @ Sir Toby

    In westlichen – sogenannten „zivilisierten“ Gesellschaften – bestraft die „Gesellschaft“ abweichendes Verhalten so, wie du bescheibst [ Ausschluss aus der Gruppe, Kontaktabbruch, kurz: sozialer Tod].

    Bei den „edlen“ Wilden [Achtung Sarkasmus] tötet die gesamte Gruppe den Abweichler. Definiert man ergo eine Partei als „Gruppe“, neigen die Sozialisten-Kommunisten in ihrem Verhalten eher den „edlen“ Wilden zu – wobei es bei ihnen nicht um ein tatsächliches Überleben [physisch] sondern ein „politisches Überleben“ geht/ging.

    Excuse moi, ich muss los, die „Gruppe“ wartet. [wir gehen aber nur Essen, keine Sorge ;-)]

  • Sir Toby:

    # Judith

    Excuse moi, ich muss los, die “Gruppe” wartet. [wir gehen aber nur Essen, keine Sorge ]

    Hoffentlich keine … Abweichler!          😆

  • […] 18. bis 20. Jh – liegt, dann wird auch verständlich, warum neben Deutschland insbesondere die katholische Kirche mit dem Papsttum ständigen Angriffen der westlichen Welt ausgesetzt sind: Diese Institution ist geprägt von der Vormoderne – auch wenn viele Geistliche dies […]

  • […] als 18. bis 20. Jh – liegt, dann wird auch verständlich, warum neben Deutschland insbesondere die katholische Kirche mit dem Papsttum ständigen Angriffen der westlichen Welt ausgesetzt sind: Diese Institution ist geprägt von der Vormoderne – auch wenn viele Geistliche dies heute […]

Kommentieren