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Keine Meldepflicht mehr für Prügeleien

Im Problem-Bezirk Neukölln hat die neue Zählweise  die Gewalt an Schulen sinken lassen. Nicht real natürlich – aber statistisch. Grundlage ist ein Rundschreiben von Bildungs-Senator Jürgen Zöllner (SPD) vom August 2009, in dem er anweist, daß Schlägereien auf dem Pausenhof, Verbal-Angriffe auf Lehrer, mutwillig zerstörte Stühle und Bänke etc. zukünftig nicht mehr gemeldet werden sollen. Verpackt ist die Statistikschönung als „Stärkung der Eigenverantwortung und Selbstständigkeit der Schulen auch im Umgang mit Gewaltvorfällen und Notfallsituationen“ (Zitatende). Über die Gewalt an Berlins Schulen wird die Öffentlichkeit künftig nur noch die halbe Wahrheit erfahren, schreibt der Kurier

Fazit: Je größer die Probleme , desto kreativer werden die Mittel, um sie vor der Öffentlichkeit zu verschleiern.

7 Kommentare zu „Keine Meldepflicht mehr für Prügeleien“

  • ThePassenger:

    Im Prinzip nichts neues. Schon vor gut 15 Jahren erklärte mir im Rahmen einer Fortbildung ein Polizist, der wundersame Rückgang in der Kriminalitätsstatistik sei vorallem dadurch begründet, das reine Sachschäden nicht mehr in die Statistik einfliessen.

    „Mutwillig“ ist dabei, so denken zumindest die Anordnenden, eine nicht bewiesene Behauptung, zumindest solange es keine Zeugen gibt bzw. der Sachverhalt, typisch deutsch, nicht lückenlos geklärt wurde – da gilt dann eben die Unschuldsvermutung, auch gegen Unbekannt, es könnte schliesslich jemand mit einen Vorschlaghammer in der Hand gestolpert sein. Mit Schulhofschlägereien und Beleidigungen dürfte es sich ähnlich verhalten, solange sich nicht schwerwiegendere Straftaten daraus ergeben (Rassismus z.B.).

    Vor gut drei Jahren wurden in meinem Städtchen in der S-Bahn Station die Sitzbänke zerstört, diese sollten eigentlich Vandalismussicher sein, was sie meiner subjektiven Ansicht nach auch waren. In der Lokalpresse wurde die Pressesprecherin der Herstellerfirma sinngemäß mit den Worten zitiert „Dies sei ein bundesweit einzigartiger Fall“.

    Wo ich gerade bei S-Bahn Geschichten bin:
    Ungefähr im gleiche Zeitraum wartete ich morgens auf die Bahn in besagter S-Bahn Station. Unweit von mir, keine 10m entfernt, standen zwei Kontolleure in Uniform, ältere Männer, bärtig, die Gesichter vom einen wohl nicht ganz so rosigen Schicksal gezeichnet. Ich vermute es waren in Uniform gepresse Hartz’ler. Zwei sog. „Jugendliche“ betraten die Szene und begannen damit einen Snackautomaten (ebenfalls vandalismussichere Ausführung) in Martial-Arts Manier mit Fußtritten zu bearbeiten. Während die dumpfen Schläge, von wüsten Flüchen begleitet, durch die Station hallten, fasst ich die beiden Herren fassungslos ins Auge – sie waren in Deckung hinter der Fahrplantafel gegangen, auf das sie nicht sehen mussten was vor sich ging und vielleicht noch hätten einschreiten müssen.

    Nun aber die Wende: Ein Schwarzafrikaner betrat die Station, sah die Jugendlichen und begann eine Diskussion mit ihnen. Scheinbar herrschte bei den jugendliche die Auffassung vor, der Automat wäre ihnen etwas schuldig, weil sie Geld eingeworfen hätten, aber nicht rauskam. Der Afrikaner erkundigte sich nach dem Betrag, überreichte den Jugendlichen 2 Euro und ging kopfschüttelnd weiter, worauf die „betrogenen“ Jugendlichen von ihrem „Opfer“ abliessen.

    Die beiden Kontrolleure haben mich natürlich, ganz so wie es ihre Pflicht war, anschliessend in der Bahn kontrolliert. Zu meinem Glück hatte ich eine Fahrkarte dabei, wer weiss ob ich nicht sonst heute vorbestraft wäre.

    Achja… Sitzbänke gibt es in dieser Station seit ca. 1/2 Jahr wieder, diesmal nicht Vandalismussicher, dafür aber die extrem billige Variante. Man scheint aus dem Vorfall gelernt zu haben und ich habe das wohlige Gefühlt dass die letzen 3 Fahrpreiserhöhungen doch nicht ganz umsonst waren – guter Service kostet eben seinen Preis.

  • Wahnfried:

    Hoffentlich wird die Eigenverantwortung bald auch in Bereichen gestärkt, wo es um „erfolgreiche Integration“ und „friedliches Miteinander“ geht.

  • Anna Luehse:

    Aber, aber meine Herren, wer wird denn gleich so böse denken. Wir erleben hier kreative Bereicherung auf allen Ebenen und was die Statistik angeht so etwas wie „kreative Buchführung“.

    Auch nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis, daß es sich hier um das mutige Wegsehen der modernen Zivilcouragierten handelt.

    Wahnfried, ich glaube Ihr Wunsch wird in nicht allzu ferner Zeit in Erfüllung gehen – allerdings befürchte ich, daß die dann Betroffenen das völlig falsch einschätzen.

  • Wahr-Sager:

    Diese Statistikschönung kennt man doch schon in punkto „ansteigender Rechtsextremismus“.

  • aloha:

    Ich weiß nicht wohin der Lügenkult in der BRD noch führen wird, aber es wird nicht angenehm werden. Die Wahrheit kommt immer irgendwann ans Licht. Je länger sie unterdrückt wird, desto schmerzhafter wird dieser Moment. Viele Menschen erkennen leider erst im Angesicht des Todes die Wahrheit, wenn ihre Seele schon fast verloren ist.

  • zappafrank:

    Willkommen in der Bananenrepublik Deutschland (BRD). Dieses offensichtliche Fälschen der Statistiken dient nur dazu, den Qualitätsmedien Überschriften zu ermöglichen, die darstellen, in welch tollem Land wir doch Leben…

    „Gewalt an Berlins Schulen um ein Drittel zurückgegangen“. Das wird man in den nächsten Tagen garantiert in irgendeinem Schmierblatt lesen können…

    @5 aloha
    „Die Wahrheit kommt immer irgendwann ans Licht.“ Die Wahrheit ist bekannt, das ist ja das Traurige… Und was jetzt? Nüscht…

  • sinus:

    Mal möchte man – wie hier – statistisch einen Rückgang von Taten erreichen.
    Manchmal will man jedoch politisch eine Erhöhung erzielen, wie bei der Zählung „rechter“ Straftaten.
    Doch sollten die Verantwortlichen solcher Betrügereien bedenken, dass das Volk im Endeffekt garnichts mehr glaubt. Und dann könnte der Schuss sehr wohl nach hinten losgehen.

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