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Kampagnen

Natürlich hat das Heilige Römische Reich Deutscher Nation seit dem Ausbruch der Reformation nicht mehr ungebrochen sein können, was es eigentlich hätte sein sollen, höchste weltliche Macht unterhalb der geistlichen und wohl auch das katechon (2. Thess. 2, 6), d.h. die Größe, die das Auftreten des Antichristen aufhält; der katechon (2. Thess. 2, 7) wäre demnach der Kaiser gewesen. Aber daß ein Staat auf deutschem Boden zum Verfolger mutieren würde, hätte sich wohl noch bis zum Kulturkampf im 19. Jahrhundert kaum jemand vorzustellen gewagt.

Jüngst hat Ministerin Leutheuser-Schnarrenberger mit ihren Anwürfen eine Kampagne gegen die katholische Kirche in Gang gesetzt, wie es sie in diesem Ausmaß seit NS-Zeiten noch nicht wieder in Deutschland gegeben hatte. Die Medien übernehmen dabei natürlich eine zentrale Rolle und unvermeidlich tauchen auch einige Wiedergänger wieder auf, ebenso Kollaborateure aus den Reihen der Kirche.

Doch auch erster Widerstand regt sich. Bichof Müller von Regensburg zog sich deshalb den Unwillen des Zentralrates der Juden zu, und Bischof Mixa von Augsburg wurde von öffentlich-rechtlicher Seite aus angegriffen.

Es gibt auch Gegner, die in die Offensive gehen: Frau Leutheuser-Schnarrenberger wird darauf hingewiesen, daß sie im Glashaus saß, als sie den ersten Stein warf. Und Kardinal Meisner, der Kölner Erzbischof, greift sogar die vorangegangene Kampagne von 2009 wieder auf, bei der man die Kirche und vor allem den Papst unter dem Vorwand der Aufhebung der Exkommunikation der vier Weihbischöfe der Piusbruderschaft anfeindete, und fordert Merkel zur Umkehr.

Welchen Zweck verfolgen die Kampagnen? Einerseits kann man damit von eigner Unfähigkeit in Zeiten der Krise ablenken, andererseits auch bei aller Zerstrittenheit etwas Gemeinsames finden. Schließlich mag vielleicht auch  – mehr oder weniger bewußt – eine langsam wieder zu sich selbst findende Kirche als zukünftige Infragestellung des gesellschaftlichen und politischen Systems erscheinen.

6 Kommentare zu „Kampagnen“

  • Der Berlichinger:

    Vorab möchte ich darauf hinweisen, daß ich als Protestant nicht antikatholisch bin.
    Auch möcht ich darauf hinweisen, daß ich allem zustimme. Nur nicht den Aussagen im ersten Absatz. Sie sind so unbeweisbar, daß es sich nicht ernsthaft lohnt, darüber zu diskutieren. Statt dessen verdeutliche ich das mal in derselben Qualität:

    Der Antichrist sitzt seit jeher in Rom und behauptet, es gäbe noch andere Fundamente des Glaubens, als die Heilge Bibel und maßt sich an, Aussagen über Gott zu treffen, der eindeutig im Dekalog befiehlt, daß man sich eben kein Bildnis über ihn machen dürfe. Weiterhin behauptet man dort, in Glaubensfragen letztendliche Wahrheit zu verkünden, die alleine der allwissende Gott haben kann. Weiterhin behauptet man zu wissen, welche Sünden Gott bereits zu Lebzeiten verzeiht.
    Es mußte zur Hochzeit des Papismus erst ein kleiner Mönch kommen, um die Menschen wieder zum Christentum ZURÜCKzuführen.

    Dies ist natürlich als Provokation gedacht.
    Welchen Sinn sollen die Äußerungen solcher entzweiender Glaubenssätze in Gegenwart der existenziellen Krise haben?
    Nochmal ganz subjektiv: Mich – und sicher auch viele andere – schreckt das ab, da ich nur ein Vaterland habe. Der „Helige Stuhl“ ist mir im Guten wie im Schlechten völlig gleichgültig und nicht von meinem „Vaterlandsbegriff“ umfaßt. Historisch wird man akzeptieren müssen, daß das Papstum zu allen Zeiten antikaiserlich und antideutsch war. Als Protestant gewinne ich daraus schon eine gewisse vorsichtige Distanz. Daß man in Deutschland heute Ultramontanisten findet, ist also gänzlich ahistorisch. Selbst die urkonservativsten Bischöfe und Kardinale waren immer „antirömisch“. Sie standen im ständigen Machtkampf um die Übergriffe Roms in allen Angelegenheiten. Fast alle anderen katholischen Länder haben eine nationale Kirchenverfassung, die diese Übergriffe vermindert. Bsp. Spanien; Irland, Frankreich.

    Etwas mehr Zurückhaltung in Glaubensäußerungen wäre ein großer Gewinn für diese Seite, da sie dann auch für nicht-ultramontane lesbar würde – ob katholisch oder evangelisch.

    Nochmal: Gegen diese Kulturzerstörung durch die Medien, die Papstum und Kirche zum Zwischenziel haben, wende ich mich ebenfalls und stehe hier sogar hinter den Ultramontanen. Dennoch würde es mir – und anderen – gewiß leichter fallen, wenn diese Überheblichkeit wenigstens nicht in dieser Form geäußert würde.

  • virOblationis:

    @ Berlichinger
    Zu provozieren liegt mir fern. Ich habe lediglich das trad.-kath. Geschichtsbild des vorreformatorischen Deutschland und seiner nachfolgenden Entwicklung andeuten wollen, um vor diesem historischen Hintergrund unsere augenblickliche Situation genauer zu verstehen.
    Tatsächlich meine ich, daß Deutschland, nachdem Reich (1806) und Kaisertum (1922) untergegangen und nach menschlichem Ermessen nicht wiederherstellbar sind, nur dann eine politische Zukunft hat, wenn es zum katholischen Glauben seiner Vorväter zurückfindet.
    Auf die fundamentale Bedeutung des trad.-kath. Menschenverständnisses (im Unterschied zum protestantischen / Rousseau’schen) für die Politik hat vor wenigen Tagen Götz Kubitschek hingewiesen:
    http://www.sezession.de/13269/warum-carl-schmitt-lesen.html#more-13269

  • quer:

    „…Es gibt auch Gegner, die in die Offensive gehen: Frau Leutheuser-Schnarrenberger wird darauf hingewiesen, daß sie im Glashaus saß, als sie den ersten Stein warf.“

    Warum so zaghaft und leisetreterisch? Man kann’s auch sehr viel deutlicher sagen: Die Dame sitzt noch heute drin. Und zwar als Beiratsmitglied der „Humanistischen Union“. Eine Organisation, die nicht nur explizit kirchenfeindlich ist, sondern auch Pädosex und Päderasten das Wort redet und dies fördert. Als Genossen und Gleichgesinnte sitzen in diesem Beirat z.B. Frau Roth von den Grünen und anderes Gelichter.

    Und ausgerechnet diese Herrschaften sitzen nun am runden Tisch (und leiten ihn teilweise sogar!) zur Aufklärung und Vermneidung dessen, was sie sonst so liebevoll fördern. Es ist pervers!

  • Der Berlichinger:

    So ähnlich habe ich den ersten Absatz auch gewertet.

    Aus Zeitgründen nur kurz:

    1. Hat der traditionelle Katholizismus – auch bei sehr konservativen Protestanten – überhaupt eine Chance, jemals eine beachtliche Zahl hinter sich zu vereinen?

    2. Ich verstehe nicht die Kombination Protestantismus/Rouseau’ismus als auf einem einheitlichen Menschenbild fußend?

    Alleine: Nach Rousseau sind die Menschen von Natur aus gut, im Protestantismus von Natur aus schlecht – und können das auch nicht – nicht vor Gott – verändern. Die göttliche Aufgabe „des Kaisers“ nach Luther ist es also, den schlechten Menschen zu zähmen und zu beschützen. Nach Luther muß ich es aus Gottesliebe versuchen, ein guter Mensch zu werden, dennoch ich es niemals vor Gott werden kann (sola gratia!).

    Ich bin eher der Ansicht, wäre Deutschland nicht von den Landsknechten und den Jesuiten zurückerobert worden, würde unsere Geschichte friedlicher aussehen. (Nicht, weil der Katholiszismus unfriedlich wäre; das ist er mehr als der Protestantismus, sondern weil Deutschland geeint gewesen wäre. Ich bin der Ansicht, das der Katholizismus des Hochmittelalters zwingend kommen mußte. Ebenso die geistige Herausforderung durch den Protestantismus, aus dem die Jesuiten zum Vorteil des Katholizismus herausgewachsen sind)

    Nun ist es aber so, daß Deutschland früher zwei-, heute noch drei-, bald viergeteilt (Katholiken, Protestanten, Atheisten, Muslime) sein dürfte, was Glaubens- und Belenntnisfragen angeht. Ich hoffe da eher auf eine Kooperation der konservativen Katholiken mit den konservativen Protestanten, nicht Oikumene. Das halte ich für die einzige reale Chance. Ich hoffe also eher auf eine renovatio borussiae – wenigstens im Geiste. Nur braucht es dazu einen neuen Großen Kurfürsten. Wer sollte das wohl sein? Somit muß ich mir wohl den gleichen Vorwurf gefallen lassen.

    Mit freundlichem Gruß!

  • virOblationis:

    @ Berlichinger
    mit ebenfalls freundlichem Gruß

    zu 1.: Nach menschlichem Ermessen wohl kaum. Aber was wissen wir schon von der Zukunft (soweit es überhaupt noch eine für uns gibt).

    zu 2.: Ich bezog mich auf Götz Kubitscheks Verweis, auf das Schmitt-Zitat:
    „Die fundamentale These, auf welche sich alle Lehren einer konsequent anarchistischen Staats- und Gesellschaftsphilosophie zurückführen lassen, nämlich der Gegensatz des „von Natur bösen“ und des „von Natur guten“ Menschen, diese für die politische Theorie entscheidende Frage, ist im Tridentinischen Dogma keineswegs mit einem einfachen Ja oder Nein beantwortet; vielmehr spricht das Dogma zum Unterschied von der protestantischen Lehre einer völligen Korruption des natürlichen Menschen nur von einer Verwundung, Schwächung oder Trübung der menschlichen Natur und läßt dadurch in der Anwendung manche Abstufung und Anpassung zu.“
    Den „Rousseau“ habe ich als prominenten Vertreter des „von Natur aus guten“ Menschen ergänzt.

    Eine politische Zusammenarbeit von trad. Katholiken und bekenntnistreuen Protestanten ist m.E. sicherlich in vielen Fragen (Abtreibung etc.) geboten.

  • Der Berlichinger:

    … und insofern lese ich hier auch regelmäßig und wünsche dem Blog möglichst viel Zuspruch!

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