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Endzeit III

Bisher ging man selbstverständlich davon aus, daß ein Politiker sich – schon um des eigenen Profiles willen – nachdrücklich für das einsetzte, was er in Reden als seine grundlegende Position vertreten hatte. Anders der jetzige Verteidigungsminister: Er gilt als ausgewiesener Befürworter der Wehrpflicht. Doch bei sich bietender (Spar)gelegenheit hat er nun unter dem Etikett einer Aussetzung de facto die Abschaffung der Wehrpflicht in die Wege geleitet.

Es geht hier nicht um den letzten Hinterbänkler, sondern um einen der beliebtesten Minister der Regierung.  Wenn ein solcher völlige Beliebigkeit in bezug auf politische Grundpositionen erkennen läßt, was will man dann von den übrigen erwarten? „Wenn dies hier Schwierigkeiten bereitet, dann versuche ich es eben ‚mal mit dem Gegenteil.“ – Woran soll sich das Wahlvolk noch orientieren?, frage ich mich. Doch andererseits: Bilden solche Politiker nicht auch wieder das passende Gegenstück zu einer amorphen Bevölkerung, die an die Stelle eines in Familien und Stände gegliederten Volkes getreten ist?

Hand in Hand mit der Beliebigkeit geht anscheinend die Unfähigkeit. Prinzipiell sind doch alle etablierten Parteien – böse Zungen sprechen auch von denen der „Nationalen Front“ – untereinander zu Koalitionen in der Lage; so heißt es immer wieder, wobei nur die ehemalige SED (noch) eine Sonderrolle spielt. Dennoch gelingt es den Parteien im neugewählten Landtag von Nordrhein-Westfalen nicht, eine Mehrheit zusammenzubringen, die eine Regierung trüge. Ein wenig erinnert dies an das benachbarte Belgien, wo das Parlament schon seit Jahren nicht mehr in der Lage dazu ist, eine handluungsfähige Regierung hervorzubringen.

Bei dem Stichwort Unfähigkeit richtet sich der Blick unwillkürlich auch auf die Bundesregierung in Berlin. Da die Zeiten vorüber sind, in denen sich alle Schwierigkeiten durch immer neue Zahlungen übertünchen ließen, zeigt sich die Unfähigkeit viel unverhüllter als früher. Alles erscheint brüchig. Führungslos treibt man dahin, und jeder, der noch nicht zurückgetreten ist, versucht sich – wie zu Guttenberg – hiermit oder eben damit, und man optiert heute für diesen und morgen für jenen.

3 Kommentare zu „Endzeit III“

  • ThePassenger:

    Sich für die Wehrpflicht auszusprechen ist eines der Dogmen der Union. Um diese in Frage stellen zu können muss man es auf einen Posten geschafft haben, der einem erstmal eines gewissen Bestandsschutz bietet. Arguemntativ wird mit Kosten arguentiert, fast eine halbe Milliarde würde die Abhaffung der Wehrpflicht bingen, es ginge auch viel Gerechter zu. Hinzu kommt dass der Zivildienst, der wohl positivste Nebeneffekte der Wehrpflicht, durch die Verkürzung sinnlos geworden ist. Was ist denn ein 1,-EUR Jobber als Hausmeister im Altenheim anderes als ein Zivildienstleistender auf Lebenszeit?

    Hinterfragt man den moralischen Unterbau der Wehrpflicht so wird klar dass dieser mittlerweile jeder Substanz entbehrt. Deutschland im Sinne einer auf nationaler Ebene solidarischen Einheit existiert nicht mehr. Diejenigen die in der Erfüllung der Wehrpflicht noch eine Art patriotischen Akt für Vaterland erkennen wollen sind zu bemitleiden.

    Nicht zuletzt die Pläne des letzten Bundesinnenministers für den Einsatz der Bundeswehr im Innneren beweisen dass die moralische Begründung für die Wehrpflicht nur noch auf dem Papier Bestand hat. Wehrpflichtige um die 20 Jahre wären nutzlos bei einem Einsatz im Inneren, sie würden kaum Waffengewalt gegen die eigene Bevölkerung einsetzten.

    Die Abschaffung der Wehrpflicht ist sowohl konsequent als auch Anlaß zur Besorgnis, dokumentiert sie doch wie weit der Staat sich mittlerweile von seinen Bürgern entfernt hat.

    Guttenberg steht im Spannungfeld zwischen der Verantwortung als Minister für die Sreitkräfte, des Wehrpflichtdogmas der Union und der gesellschaftlichen Realität.

    Einen netten Nebeneffekt hätte der Wegfall der Wehrpflicht überigens auch: Der Nachteil des männlichen Nachwuches effektiv ein Jahr später an die Uni oder den Job zu kommen wäre dahin – was eine Verlust an Boden für die Feministen wäre.

  • Freidenker:

    Ich bin für die Abschaffung der Wehrpflicht, einfach aus Gerechtigkeitsgründen.
    Eine Wehrgerechtigkeit hat es eh nie gegeben, und mit der „Gleichberechtigung“, und der geringeren Sollstärke der Armee wurde der Begriff entgültig zur Farce.
    Entweder Alle, egal ob Männlein oder Weiblein leisten einen, ich nenn es mal „Dienst fürs Vaterland-Volk-Gesellschaft“, als Soldat im sozialen Bereich, oder wo auch immer, oder eben keiner.
    Damit könnte ich mich auch anfreunden, ich würde sogar soweit gehen das erst nach ableisten des Dienstes man das Recht hat zu wählen, oder sich für politische Ämter aufstellen darf.

  • Bloody Mary:

    @Freidenker. Wie wär’s mit ARBEITSDIENST, wie wir ihn während des Krieges hatten?

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