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Die Quote

Ab 1985 schaute die private Gesellschaft für Konsumforschung [GfK] den deutschen TV-Konsumenten auf die Fernsehfinger. Anhand von 4000 repräsentativ ausgewählten Haushalten errechnete sie, wann wie viele Menschen welches Programm einschalteten. 1995 wurde das Panel um ca. 1500 Haushalte erweitert und auch die Sehgewohnheiten der Millionen in Deutschland lebenden [EU]Ausländer erfasst.

Mitmachen war und ist freiwillig. Als Aufwandsentschädigung gab es bei Einführung der Quotenmesser 15 Mark im Monat, heute 15 Euro – die Teilnahmebereitschaft sei aber gesunken, klagte Michael Darkow, Fernsehforschungs-Chef, vor zwei Jahren. Vor allem Großstadtsingles und ältere Frauen ließen sich kaum noch anwerben. Die GfK-Statistiker sind von der Exaktheit ihrer Messungen überzeugt, die Skeptiker nicht: Sie kritisieren z.B. die Auswahl der Testhaushalte. Hier würden Vielseher bevorzugt, die dem Medium besonders unkritisch gegenüberstünden lautet eines ihrer Argumente. Außerdem sei es – statistisch gesehen- pure Heuchelei vor der Mathematik, die Sehgewohnheiten von 5.640 Quotensehern [sogenannte Panel-Haushalte] auf die ganze Republik hochzurechnen.

Wie Fixer an der Nadel

Die Fernsehindustrie selbst hängt an den Messwerten, wie der Fixer an der Nadel, denn die Quote entscheidet über den Erfolg einer Fernsehsendung und bestimmt die Preise. Wieviel Geld ein Werbekunde für seine Werbung hinlegen muss, hängt davon ab, wie gut die Sendung beim Zuschauer ankommt. Wieviel Werbekunden ein Sender gewinnen kann, hängt davon ab, wie erfolgreich er ist. Und die Fernsehindustrie umfasst mehr als nur die Sender. Zur Fernsehindustrie gehören auch die TV-Produktionsfirmen, die die gute Quote für Folgeaufträge brauchen; zur Fernsehindustrie gehören die Lizenzhändler, die die gute Quote als Indiz brauchen für den Wert ihrer Filme, Serien oder Sportrechte; und zur Fernsehindustrie gehören  die Stars und Sternchen, bei denen die Quote  über Sein oder Nichtsein bestimmt und ihre Sitzreihe bei öffentlichen Medienpreisverleihungen. Kurz: Stimmt die Quote nicht, stehen ganze Karrieren vor dem Aus. Nach der Logik des Geldes bei den Privaten schneller als bei den Öffentlich-Rechtlichen, wo dank Zwangsfinanzierung auch handfeste Zumutungen länger  in Amt und Pfründen bleiben. Endlos auf Sendung ist aber auch bei den ÖRS kein Quotenlutscher.

Sinkflug für ARD und ZDF

Man muss nicht Welt, SpOn, Bild oder FAZ konsumieren um die Einschaltquoten zu erfahren [und manchmal auch nicht zu erfahren]: Portale wie Quotenmeter, DWDL und Media stellen die Daten zur freien Einsicht online. Der daran interessierte konnte deshalb z.B. gut verfolgen, dass bis auf Kerner-Klon Beckmann keine weitere Quasselrunde vom Thema Sarrazin profitierte, heißt, signifikant höhere Einschaltquoten einfuhr. Stellt man diesem Fakt die enormen Verkaufszahlen des Sarrazin- Buches entgegen – die aktuelle Druckauflage liegt bei 650.000 Exemplaren: Rekord für ein politisches Sachbuch seit 1945 – erlaubt das einige Rückschlüsse. Und: Die Marktanteile der Zwangsfinanzierten ziehen mit den Marktanteilen ehemals großer Presseerzeugnisse gleich – sie befinden sich im ständigen Sinkflug. In der werberelevanten Zielgruppe, so nennt die Branche Zuschauer zwischen 14 und 49 Jahren,  gingen die ersten vier Plätze zum vierten Mal in Folge alle an die Privatsender.

Schauen Sie sich ab und zu die Einschaltquoten von WillIllnerBeckmann, Spiegel- TV, Kerner oder – in Zeiten von Wahlkämpfen – Rededuellen an und Sie werden  interessante Einsichten gewinnen.

1 Kommentar zu „Die Quote“

  • rem:

    auch dem rheinischen merkur fehlt es an quote.
     
    http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,718415,00.html
     

    „Katholische Berichterstattung wird zunehmend ins Internet verlagert. Hier tummeln sich bereits zahllose konservative bis reaktionäre und ultra-rechte Online-Portale, die mehr und mehr das publizistische Bild von Kirche prägen.“
     

    ob die damit deutschland-kontrovers meinen?

    vielleicht mal in die spon-kommentarspalten gehen und sich freundlich für die werbung bedanken.

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