Inhaltsverzeichnis

Türkei und China – Handelsbeziehungen ohne Dollar

Künftig wird der Handel zwischen den beiden Ländern in den jeweils nationalen Währungen türkische Lira und chinesischer Yuan abgewickelt. Ähnliche Vereinbarungen zum Verzicht auf den Dollar hat die Türkei bereits mit Russland und dem Iran getroffen. Der EU-China-Gipfel dagegen endete frostig, weil China die Forderung der Eurokraten, den Yuan aufzuwerten, abgelehnt hat. China hält  seine Währung chronisch unterbewertet, um die heimische Exportindustrie zu stärken. Die gemeinsame abschließende Pressekonferenz sagte Wen Jiabao kurzfristig ab – offiziell aus Zeitnot.

Der Währungs- und Handelskrieg ist in vollem Gang und D. und die USA werden alles tun, um die Türkei in die EU und den Euro aufzunehmen – man gebe sich da keinen Illusionen hin. Die Türkei ist eine der kommenden Wirtschaftsmächte und ein Zünglein an der Macht-Waage. Das sind Fakten, ob sie uns gefallen oder nicht. Die Losung von der privilegierten Partnerschaft, die Merkel und Co. ausgeben, ist m.E. eine für den deutschen Wähler: Sie soll der Union noch zwei, drei Wahlkämpfe als patriotische Silvesterrakete  erhalten bleiben – während hinter verschlossenen EU-Türen Nägel mit Köpfen gemacht werden. Danach wird sich die Union auf Vertragstreue berufen.

Interessante Hintergrundinformationen zur Türkei, EU und D. in Verbindung mit der Causa Sarrazin lieferte Chaim Noll:

Am 11.September, einen Tag, nachdem Sarrazin unter starkem Druck führender Politker aus dem Vorstand der Bundesbank ausschied, schmeichelten die europäischen Außenminister bei einem Treffen in Brüssel ihrem „strategischen Partner“ Türkei: „Die Türkei ist heute in der Welt einflussreicher als jeder EU-Mitgliedsstaat einzeln oder zusammen. Sie ist wirklich eine Weltgröße (global player) und wir müssen mit ihr gerade jetzt in der Außen- und Sicherheitspolitik zusammenarbeiten.“ Dabei verschweigt dieses Statement die wahren Gründe für Europas Appeasement-Politik, etwa die Abhängigkeit vom Erdöl aus Aserbaidshan, dessen Pipeline durch die Türkei führt und das im türkischen Ölhafen Ceyhan verschifft wird. Auch Erdgas-Leitungen (Blue Stream) führen durch türkisches Gebiet. Die Türkei kontrolliert einen erheblichen Teil der europäischen Energie-Zufuhr.

Europas Erpressbarkeit durch die Türkei wird dabei noch zunehmen, glaubt Noll, weil weitere Öl- und Gasleitungen auf türkischem Gebiet  in Planung und  Bau seien.  So gesehen lügt Merkel nicht, wenn  sie Sarrazins Buch als „nicht hilfreich“ etikettiert. Was bei Chaim Nolls Artikel zu kurz kommt, sind Israels eigene Beziehungen zur Türkei. Die Partnerschaft war lange Zeit eng und kriselt erst massiv seit 2003.  Aber gut, Geostrategie war auch nicht das zentrale Kernthema des Noll-Artikels.

6 Kommentare zu „Türkei und China – Handelsbeziehungen ohne Dollar“

  • Freidenker:

    Natürlich ist der Yuan unterbewertet, der amerikanische Verbraucher hat davon bisher ganz gut profitiert, die billigen chinesischen Waren sorgten für einen hohen Lebensstandart in den USA, und der gemeine Ami musste nicht selbst dafür in der Fabrik arbeiten.
    Nach der Devise die Geister die ich rief, gibt es nun keine Fabriken mehr in den USA, geschweige denn konkurnezfähige Produkte welche sich international verkaufen lassen.
    Umgegehrt steht es der USA frei ihre Währung abzuwerten, was den Yuan zwangsweise aufwerten würde, aber das tun sie aus guten Gründen nicht.
    Kurz und gut, beide Staaten machen schlicht und einfach währungspolitische Interessenspolitik,
    wobei ich Glaube das China längerfistig gesehen die besseren Karten auf der Hand hat.

  • Freidenker:

    Das Beispiel der Türkei zeigt wieder mal wie wichtig es ist sich vom Energielieferungen unabhängiger zu machen.
    Deshalb bin ich ein Freund von effizienten Technologien,
    mit grüner Weltanschauung hat das weniger zu tun.

  • Kassandra:

    Frau Merkel ist wirklich dabei, den Türken den Weg in die EU zu öffnen. Sie äussert sich auch nicht mehr zur „privilegierten Partnerschaft“.

    Die Wiener Presse bringt heute einen Artikel über die Gespräche zwischen Merkel und Erdogan.

    Zitat:

    http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/600956/index.do?_vl_backlink=/home/index.do
    „Merkel sagte, die Beitrittsverhandlungen mit Ankara würden wie vereinbart „ergebnisoffen“ geführt. Zugleich sicherte sie Erdogan zu, bei einem Besuch in Zypern im Jänner die umstrittene Zypern-Frage ansprechen zu wollen. „Das wird für mich auch nochmal ein Anlass sein zu versuchen, ob Deutschland eine hilfreiche Rolle spielen kann bei der Überwindung der Schwierigkeiten, die es gibt“, sagte Merkel.“

     „Wo wir hilfreich sein können, werden wir das sein.“


    „Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) forderte die Politik auf, die Beitrittsgespräche mit der Türkei „zügig“ fortzusetzen. Anlässlich des Besuchs von Erdogan in Berlin sprach sich BDI-Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf für einen „fairen und offenen Dialog“ mit Ankara aus. Die Türkei sei für die deutsche Wirtschaft „ein stabiler Partner“, erklärte Schnappauf. „Das Land bleibt absehbar ein Wachstumsmarkt in strategisch bedeutender Lage.“

    Judith, Sie haben mit obigem Artikel vollkommen recht.
    Das ist erschreckend. Was kann man noch dagegen unternehmen?
    Hat nicht Sarkozy versprochen, vor einem EU-Beitritt der Türkei eine Volksabstimmung abzuhalten?

  • @Kassandra

    Meine Hoffnung ruht auf der Türkei selbst. Es gibt, übrigens genau wie in Kroatien, dort eine junge, gebildete Schicht, die ganz und gar nicht  dem Moloch EU und dem Währungsraum Euro beitreten will.

    Diese Generation glaubt an den souveränen Nationalstaat, der es erlaubt, die Geschicke des Landes sehr viel besser, weil unabhängiger und damit flexibler, zu lenken.

    Bei den Kroaten kommt hinzu, dass sie die „Modernität“ zentralistischer Großgebilde aus eigener Erfahrung kennen – Jugoslawien – und schon von daher dem Gerede von Fortschrittlichkeit u.ä. Blabla nicht so auf den Leim gehen. Die konkrete Lebenserfahrung der Eltern dieser jungen Kroaten steht der EU-Propaganda entgegen.

    Die Türkei wird sehr wohlhabend werden – ist es in Teilen jetzt schon. Deutschland dagegen wird m.E. sehr viel ärmer werden. Beides ist gut so. Die Türkei wird einen Sozialstaat peu a peu aufbauen, die BRD wird weiter zurückschneiden [müssen]. Auch die Fragen von Zu- und Abwanderung wird sich dann ganz anders stellen.

  • Das ist doch mal eine gute Nachricht: Die Wahlsieger im Nachbarländle dürften die Freiheitlichen sein. Es reicht zwar vermutlich nicht für eine Regierungsbeteiligung, aber die etablierten Parteien haben ordentliche Verluste hinnehmen müssen – die FPÖ dagegen nach der dritten Hochrechnung ein Plus von über 12 Prozent.

    Sehr gut.

  • Ich bin selbst türkischer Herkunft und gegen einen Beitritt in die EU. Seien wir doch mal ehrlich, die EU ist ein hochverschuldetes Gebilde ohne eigene Identität und Ziele.
    Blinde Amerika treue hat den sog. Westen in 50 Jahren kaputt gewirtschaftet.
    Derzeit wird noch mit militärischer Gewalt , Korruption, illegalen Geheimdienstaktivitäten und Okkupation andere Länder und deren Reichtümer beackert.

    Aber das hat bald ein Ende. Denn der Westen ist unglaubwürdig. Seine Demokratieexporte verlogen.

Kommentieren