Inhaltsverzeichnis

Multi-Kulti als Wiedergutmachung?

Wenn Angehörige irgendeines Volkes ihre Heimat verlassen und sich anderswo niederlassen, dann passen sie sich meist über kurz oder lang den dort herrschenden Bedingungen an; sie assimilieren sich. – Die USA als Einwanderungsland lasse ich wegen ihrer allzu kurzen Geschichte an dieser Stelle unbeachtet.

Es gibt aber auch Ausnahmen. So bewahren die Auslandschinesen die Kultur ihrer Heimat, vor allem die Sprache. Natürlich sind solche völkischen Minderheiten desto eher der Gefahr von Übergriffen bis hin zu Pogromen ausgesetzt, je erfolgreicher sie sind und dadurch Neid erwecken.

In unserem Kulturraum verstanden es vor allem die Juden, ihre Kultur zu bewahren. Da im Jahre 587/586 v. Chr. die Babylonier Jerusalem eroberten und einen Teil der Bevölkerung aus Judäa zur Zwangsarbeit ins Zweistromland deportierten, entstand dort eine Diasporagemeinde. Andere Bewohner Judäas flüchteten vor den babylonischen Besatzern nach Ägypten, so daß sich dort ebenso eine Diasporagemeinde bildete.

In der christlichen Gesellschaft des Mittelalters erhielt das Judentum einen Sonderstatus, der seine Existenz nicht grundsätzlich in Frage stellte. Gleichwohl wiesen England (13. Jh), Frankreich (14. Jh) und Spanien (15. Jh) die Juden aus, so daß sie danach vor allem in Italien, im Reich und in Polen-Litauen lebten.

Nach der Emanzipation des Judentums im Laufe der Neuzeit trat der rassistische Antisemitismus an die Stelle des religiösen Gegensatzes, der ja nunmehr keine Rolle mehr für die Gesellschaft spielen sollte. Diese Geschichte mündete einerseits in die Gründung eines jüdischen Staates in Palästina, andererseits in die Judenverfolgung unter nationalsozialistischem Vorzeichen.

Von den Vertreibungen und Völkermorden des 20. Jh’s mit dem Ziel der Bildung ethnisch homogener Staaten abgesehen: Hätte nicht die Geschichte des Judentums im 20. Jh Warnung genug sein müssen in bezug auf die Aufnahme fremder Völkerschaften? Mußte man nicht befürchten, daß es zu Feindseligkeiten gegenüber Minderheiten kommen würde? – Ich denke, dies hat man tatsächlich nicht übersehen können, wenn dies auch kaum jemand aussprach. Was mag der Grund für dieses Schweigen gewesen sein? Wollte man vielleicht eine als peinlich empfundene Vergangenheit durch ein neuartiges politisches Handeln im Nachherein stillschweigend korrigieren?

Hat man vielleicht die massenhafte Aufnahme von Angehörigen fremder Kulturen als eine Art Eingeständnis der Verwerflichkeit rassistisch motivierter Untaten in der eigenen Vergangenheit verstanden? Multi-Kulti erschiene damit als ein Werk der vermeintlichen Wiedergutmachung, das die Deutschen wegen der Judenverfolgung, andere europäische Völker aber in einem auf ihre Vergangenheit als Kolonialmächte übertragenem Sinne durchführen zu müssen meinten.

Kommentieren