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Formalie gegen Leidenschaft

Hier lebende Migranten müssten sich entscheiden, wer ihr Staatsoberhaupt ist, ätzt Sozialdemokrat Ibrahim Yetim aus NRW gegen die Begeisterung seiner in D. lebenden Landsleute über Erdogans Besuch.  Türkinnen und Türken, die ja größtenteils schon seit Jahrzehnten hier in Deutschland lebten, müssten akzeptieren, dass ihre politischen Ansprechpartner nicht türkische Politiker wie Erdogan seien, sondern deutsche Politiker wie Merkel, Kraft und Wulff .Von der Großveranstaltung im Düsseldorfer ISS Dome ist Yetim nicht begeistert. Ihm liegt noch Köln im Magen.

Erstens genießen zumindest zwei der drei von Yetim genannten Politiker – Merkel und Wulff –  selbst im originär deutschen Volk kein übermäßiges Ansehen, zweitens argumentiert Herr Yetim formal. Nur: Formalie gegen Leidenschaft – das hat noch nie funktioniert.

Außerdem hat sich die Mehrheit seiner Landsleute [nicht nur] in NRW schon längst entschieden, oder konnten Kraft, Merkel und Wulff jemals 15 000 bis 20 000 Türken bei einer  ihrer öffentlichen Auftritte zu Begeisterungsstürmen hinreißen. Wohl kaum. Die Türken  gehen i.d.M. da gar nicht hin.

Es muss für deutsche Politiker bitter sein, zu erleben, mit welcher Leichtigkeit Erdogan große Hallen in D. zu füllen versteht – sie selbst können das schon lange nicht mehr.

8 Kommentare zu „Formalie gegen Leidenschaft“

  • Freidenker:

    Ich kann es den Türken nicht verdenken, selbst mir als Deutscher wäre ein Erdogan lieber als dieser Waschlappen Wulff.

    Erdogan verkörpert Heimat, nutzt geschickt das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Fremde, und die Nostalgie tut ein Übriges, ein leichtes Spiel für dem Ministerpräsidenten.

    Die Türkei, ein tolles Land, mit tollen Politikern, aber ihrem geliebten Erdogan ins gelobte Land folgen, wollen sie dann doch nicht…

  • @Freidenker

    Ich kann auf beide verzichten; Wulff tritt auf wie ein weinerlicher Pennäler und Erdogan wirkt schmierig wie selbst gemachte Seife – mein Favorit wäre Henry Nietzsche

    Und ins gelobte Land folgen werden sie ihm nicht, jedenfalls mehrheitlich nicht, stimmt – Erdogan will sie allerdings auch gar nicht haben. Außer sie sind Rentner oder gut qualifizierte, junge Akademiker.

  • Paul:

    Erdogan geht zu weit
    Michael Stürmer
    In einem Vorab-Interview hat Erdogan weitergeführt, was er vor drei Jahren schon einmal öffentlich Tausenden Landsleuten in Deutschland predigte: Assimilation sei eine schlechte Sache. Die Türken sollten, auch als Staatsbürger anderer Länder, Muttersprache und Kultur beibehalten. Kein Wort der Unterstützung gab es damals und gibt es heute für den deutschen Konsens, dass, wer dauerhaft hier leben will, sich um Sprache und Kultur bemühen muss.
    http://www.achgut.com/dadgdx/

    Tolle Festellung. Wird es über die markige Feststellung hinaus eine Reaktion geben oder bleibt es bei den Worten.

  • Georg Mogel:

    Schwäbische Kunde

    Als Kaiser Rotbart lobesam
    zum heil’gen Land gezogen kam,
    da mußt‘ er mit dem frommen Heer
    durch ein Gebirge wüst und leer.

    Daselbst erhob sich große Not.
    Viel Steine gab’s und wenig Brot.
    Und mancher deutsche Reitersmann
    Hat dort den Trunk sich abgetan.

    Den Pferden ward so schwach im Magen,
    fast mußt der Reiter die Mähre tragen.

    Nun war ein Herr aus Schwabenland,
    von hohem Wuchs und starker Hand.
    Des Rößlein war so krank und schwach,
    er zog es nur am Zaume nach.

    Er hätt‘ es nimmer aufgegeben,
    und kostet’s ihn das eig’ne Leben.
    So blieb er bald ein gutes Stück
    hinter dem Heereszug zurück.

    Da sprengten plötzlich in die Quer
    fünfzig türkische Reiter daher!
    Die huben an, auf ihn zu schießen
    nach ihm zu werfen mit den Spießen.

    Der wackre Schwabe forcht‘ sich nit,
    ging seines Weges Schritt vor Schritt,
    ließ sich den Schild mit Pfeilen spicken
    und tät nur spöttlich um sich blicken,

    bis einer, dem die Zeit zu lang,
    auf ihn den krummen Säbel schwang.

    Da wallt dem Deutschen auch sein Blut.
    Er trifft des Türken Pferd so gut,
    er haut ihm ab mit einem Streich
    die beiden Vorderfüß zugleich.

    Als er das Tier zu Fall gebracht,
    da faßt er erst sein Schwert mit Macht,
    er schwingt es auf des Reiters Kopf,
    haut durch bis auf den Sattelknopf,

    haut auch den Sattel noch zu Stücken
    und tief noch in des Pferdes Rücken.
    Zur Rechten sah man wie zur Linken
    einen halben Türken heruntersinken.

    Da packt die andern kalter Graus,
    sie fliehn in alle Welt hinaus,
    und jedem ist’s, als würd ihm mitten
    durch Kopf und Leib hindurchgeschnitten.

    Drauf kam des Wegs ’ne Christenschar,
    die auch zurückgeblieben war;
    die sahen nun mit gutem Bedacht,
    welch Arbeit unser Held gemacht.

    Von denen hat’s der Kaiser vernommen,
    der ließ den Schwaben vor sich kommen;
    er sprach: „Sag an, mein Ritter wert!
    Wer hat dich solche Streich gelehrt?“

    Der Held besann sich nicht zu lang:
    „Die Streiche sind bei uns im Schwang!
    Sie sind bekannt im ganzen Reiche;
    man nennt sie halt nur Schwabenstreiche!“
     
    Ludwig Uhland

  • Georg Mogel:

     
    Im zwanzigsten Jahrhundert war die Ballade häufig Schullektüre. Sie wird jedoch heute ungern genommen, da die Angst bei vielen Lehrern besteht, dass aufgrund des stark gestiegenen Anteils türkischstämmiger Bevölkerung in den deutschsprachigen Ländern eine kulturelle Intoleranz gefördert werden könnte. Andererseits sollte der Rückblick auf die Geschichte des Verhältnisses von Türken und Europäern nicht vom Unterricht einfach ausgeklammert werden: im Gegenteil kann die Beschäftigung damit das Verstehen türkischstämmiger Bevölkerung für Ressentiments, die ihnen öfters entgegenschlagen, erleichtern.“
     
    aus: Wikipedia
    (Hervorhebungen durch den Kommentator)

  • Wahnfried:

    Wirklich bemerkenswert, wie die Presse diesen Auftritt einfach ignoriert. Hier und da zwei, vielleicht drei Stunden auf der Startseite. Das wars. Hier gibt es nicht zu sehen, weitergehen! Ungeheuerlich…

  • ThePassenger:

    @Wahnfried
     
    Ganz so ist es ja nicht, hier das Feigenblatt der Springerpresse:
    http://www.welt.de/politik/deutschland/article12665248/Erdogans-Rede-erzuernt-deutsche-Politiker.html
     
    Aber ansonsten kann ich zustimmen. Bis auf diesen Artikel habe ich den ganzen Tag keine wirklich kritische Stimme gehört, N24, N-TV, Frühstücksfernsehen…
     
    Man fragt sich schon wie deutlich es dem deutschen Michel noch gesagt werden muss dass hier die 5. Kolonne Ankaras am Werke ist. Aber der Michel hat das selbständige Denken verlernt, war aber noch nie eine seiner Stärken.
     
    Aber es keimt Hoffung am Horizont. Die div. Revolutionen werden eine Neuordnung des nahen Osten/Nordafrika erzwingen. Ebenso wird man sich überlegen ob es wirklich klug war die aus dem Amt gejagten sog. Autokraten über Jahrzehnte hinweg zu stützen. Auch haben die Türken die USA schon des öfteren heftig vor das Schienbein getreten. Wenn da der Ofen einmal aus ist kann es ganz schnell ganz kalt und duster werden, die deutschen Politik müssten nicht mehr auf Türkei-Schmusekurs auf Geheiss des grossen Bruders gehen.

  • Freidenker:

    Apropos Diskiminierung,

    wie hoch ist eigentlich der Anteil deutscher Arbeitnehmer ohne Migrationshintergrund an der Belegschaft eines durchnittlichen Gemüse/Dönerladens mit türkischen Chef ???
    Ich denke mal annähernd bei 0%, das ist nur mit latentem Rassismus zu erklären, wo ist hier der Aufschrei unserer Grünen ?

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