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Zwsichen den Mühlsteinen – Eine Buchempfehlung zum 9. November

Als ich Thorsten Hinz‘ Buch „Die Psychologie der Niederlage“, das in überarbeiteter, dritter Auflage erschienen ist (2011), bestellte, erwartete ich ein Buch, das sich mit vor allem psychischen Konsequenzen der Niederlage von 1945 aueinandersetzt.

Wie angenehm war die Enttäuschung, als ich erkannte, daß es in der „Psychologie der Niederlage“ um ein vertieftes Verständnis der neueren deutschen Geschichte geht, d.h. um die [kleindeutsche] Neukonstituierung des Reiches nach 1806 und ihre besondere Problematik, die – nahezu unausweichlich – zur totalen Niederlage führen mußte: Deutschland erlangte seine staatliche Einheit 1871 als eine Macht, die stärker war als die der Nachbarn, aber zugleich zu schwach, um sich gegen die beiden Großmächte im Westen und Osten zu behaupten, das englische Kolonialimperium und den russischen Anspruch auf Vorherrschaft in einem panslawischen Reich, das sich vom Pazifik bis zur Ostsee und zum Mittelmeer erstrecken sollte. Beide konnten aus wohlbegründetem Eigeninteresse keine deutsche Vormacht auf dem europäischen Kontinent zulassen.

Es gehört m.E. zum kleindeutsch-preußischen Selbstbetrug, daß man nach 1871 Frankreich als Hauptgegner betrachtete, während man sich dem reaktionären Zarenreich geistesverwandt wähnte und sich mit England zu arrangieren gedachte: Hatte Preußen nicht von Mitte des 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts mit England glänzend zusammengewirkt? Freilich – aber was war der Grund dafür gewesen? England hatte Preußen auf dem europäischen Kontinent gebraucht, um Frankreich militärisch zu binden, so daß Frankreich als konkurrierende Kolonialmacht ausgeschaltet werden konnte: Ganz deutlich macht dies der Siebenjährige Krieg, der eben auch um Nordamerika geführt wurde; während Preußen eine Provinz gewann (Schlesien), erhielt England einen halben Kontinent. Nach der Revolution von 1789 war Frankreich für die Moderne aufgeschlossen und damit „natürlicher“ Partner des von seinem Bürgertum geführten England. Frankreich durfte diese Rolle aber erst ab der Mitte des 19. Jahrhunderts (vgl. Krimkrieg) einnehmen, nachdem es als Konkurrent Englands (Napoleon) – mit preußischer Hilfe – aus dem Rennen war. Von da an stand Frankreich als Verbündeter Englands auf dem Kontinent gegen Preußen-Deutschland, um dessen Vorherrschaft dort zu verhindern, denn seit der Errichtung des Zollvereins (1834) zeichnete sich eine deutsche Einigung unter preußischer Vorherrschaft ab, der die von England erwünschte „Balance of Power“ gefährdete.

Auf der anderen Seite schob sich Rußland gleich einem Gletscher bei Klimaabkühlung unaufhaltsam nach Westen vor: Bald nachdem Moskau (1488) die Tatarenherrschaft abgeschüttelt hatte, stieß es nicht nur im Osten nach Sibirien und bis zum Pazifik, ja nach Alaska vor, sondern seit dem 16. Jahrhundert auch zur Ostseeküste: Finnland, das Baltikum sowie das Kernland Polens (Herzogtum Warschau) wurden dem Zarenreich angegliedert. Demnach war ganz offensichtlich, wer der nächste Gegner sein würde. – Als einen Deutschen, der Rußlands Vordringen nach Westen während der gesamten Neuzeit klar erkannte, führt Thorsten Hinz (S. 53) Friedrich Engels an, der die Linie von Danzig oder Stettin hinab nach Triest Rußlands „natürliche Grenze“ im Westen nannte.

Thorsten Hinz beschreibt Deutschland vor 1871 als Kulturnation und zugleich politisch zerteiltes Territorium, das zunehmend zum Spielball der Großmächte zu werden drohte, wären da nicht Preußen und Österreich gewesen, beide wenig modern im gesellschaftlichen Sinne, nämlich mit einem nur beschränkten Parlamentarismus, Preußen zudem mit seiner Kultivierung des Militärischen und dessen mit dem Liberalismus unvereinbarer Integration in die gesellschaftliche Ordnung sowie später mit der Sozialgesetzgebung. – Es wäre auch einmal der Frage nachzugehen, inwieweit sich Deutschland als Kolonialmacht von derjenigen der moderneren westeuropäischen Länder grundlegend unterschieden hat: Gab es dort z.B. Pendants zu den Ausbildungsstätten von Tsingtao, die Einheimischen offen standen?

Deutschland wurde nicht erst mit der Gründung des zweiten Reiches zum Gegner Großbritanniens und Rußlands. Friedrich Hebbel notierte schon am 4. Januar 1860 in seinem Tagebuch: „Es ist möglich, daß der Deutsche noch einmal von der Weltbühne verschwindet, denn er hat alle Eigenschaften, sich den Himmel zu erwerben, aber keine einzige, sich auf Erden zu behaupten, und alle Nationen hassen ihn wie die Bösen den Guten. Wenn es ihnen aber wirklich einmal gelingt, ihn zu verdrängen, wird ein Zustand entstehen, in dem sie ihn wieder mit den Nägeln aus dem Grabe kratzen möchten.“

Das 1871 gegründete Reich befand sich von Beginn an zwischen zwei Mühlsteinen, dem zaristisch-russischen, später sowjetischen, und dem englischen, dessen Stelle im Verlauf des 20. Jahrhunderts der us-amerikanische einnahm. Das Verhängnis war unabwendbar: Man hatte eigentlich nur die Wahl, sich mit der Rolle zwischen den Mühlsteinen zu begnügen oder sich vergeblich dagegen aufzulehnen und danach zum Mahlgut zu werden.

Abschließend sucht Thorsten Hinz noch, die nach 1945 mit der Deutschlands vergleichbare Lage anderer europäischer Staaten aufzuzeigen: Durch ihren Machtverlust sind England und Frankreich (dem zwangsmodernisierten) Deutschland vergleichbar geworden, und wie Deutschland mit Schuldvorwürfen beladen ist (Holocaust), so leiden auch England und Frankreich darunter (white guilt). In dieser Situation weiterhin ein von Deutschland dominiertes Europa anzustreben, würde nur eine klägliche Fortsetzung an die unter viel günstigeren Umständen zum Scheitern verurteilten Pläne darstellen. Wie aber eine überkommene national-deutsche Perspektive durch eine vaterländisch-europäische zu überwinden ist, dies bliebe noch auszuführen.

 

 

 

10 Kommentare zu „Zwsichen den Mühlsteinen – Eine Buchempfehlung zum 9. November“

  • Meyer:

    Zu dieser Rezension bleiben für mich zwei Fragen interessant.

    Die erste lautet, wie denn wohl für Preußen vor 1866 die langfristige Alternative ausgesehen hätte. Um die Frage zu beantworten, könnte man die altpreußisch-urkonservative Position näher beleuchten, die keineswegs Bismarcks Weg mitgehen, sondern das alte Preußen innerlich und äußerlich so unverändert stehen lassen wollte, Bismarcks Weg nicht ganz zu unrecht als Abenteuer ansah.
    Wie dieses dann schwächere Preußen sich im internationalen Umfeld der Weltmächte in seiner direkten Nachbarschaft geschlagen hätte? Ohne die Veränderungen die die Jahre 1864, 1866 und 1871 gebracht hätten, aber in dauernder Gegnerschaft zum KuK-Reich, wodurch sich die beiden Mittelmächte gegenseitig neutralisiert hatten? War Kleinpreußen so schwach, daß es von den anderen Mächten nicht als Bedrohung wahrgenommen wurde? Einiges spricht durch Frankreichs und Englands Stillhalten 1866 dafür. Dennoch war das Potenzial Preußens, zumindest nach der Moltke’schen Militärreform für die Angehörigen der Militärdelegationen erkannt worden. Aber wird ein Schwaches Land nicht automatisch zur Einladung eines Staates, der seine Stärke auch durch Aktion ausdruck verleihen möchte. Ist nicht die gesamte römische Republiksgeschichte der Beweis dafür, daß Schwäche tödlich ist. Reicht nicht eigentlich schon das „Potenzial zum Potenzial“ um als Stör- und Risikofaktor wahrgenommen zu werden, den man im Schwächstadium besser bei Zeiten erledigt?
    Übrigens als Anmerkung: Frankreich war kaum ein rein preußisches Thema, sondern definitiv ein gesamtdeutsches, unter Einschluß Österreichs. Dafür lag Napoleons Eroberungskrieg zu wenig lange zurück. Das war die faktische Erfahrung von Schwäche und Uneinigkeit. Ja, ich denke auch, Frankreich war eoine fixe Idee, aber wohl aufgrund der Erfahrungen wohl nicht wegzudiskutieren. Es schließt sich zudem die Frage an, in wie weit die Reichseinigung einfach eine kaum abzuwendende nationale, innenpolitische frage war. Diesen Tiger zu reiten hat doch Bismarck als Grundvoraussetzung zum Erhalt der preußischen und bairischen, württembergischen und mittelbar auch habsburgischen Kronen angesehen. In wie weit gab es dazu eine Alternative?
    Wenn man die unsäglichen strategischen Fehler des norddeutsche Reiches und Österreich-Ungarns zu Anfang des 1. Wk betrachtet, die den Sieg im ersten Jahr wohl durch unendliche Arroganz und Dummheit ja schon fast aktiv verspielten, kann man die damalige Stärke der beiden Mittelächte erahnen. Sie hätte gereicht, allen zu trotzen. Wer aber im Krieg, seine eigentliche Stärke nicht ausspielt, verliert eben einen Krieg. Das ist nunmal der Gang der Dinge. Das ist übrigens nicht die Urkatastrophe des 20. Jhdt. gewesen, auch nicht die nur der Deutschen. Der Deutschen Urkatastrophe erster Teil war die fast schon zweckwidrige Einigung der Kolonialmächte gegen Deutschland, die Einkreisung. Die zweite Urkatastrophe war die gewandelte Interessenlage Amerikas und der wachsende Einfluß „der Banken“, die – erkennbar bis heute (der ganze Finanzfirlefanz soll Goldman-Sachs und die Morgan-Banken retten und keinen einzigen Griechen) – die Richtlinien amerikanischer Politik bestimmen. Und selbst hier: Ohne sozialdemokratische Ausnutzung des Krieges als Erpressungsmittel, wäre auch das anders ausgegangen. Es waren also unendliche viele Stellschrauben, die falsch gedreht wurden. Nur eine einzige dieser Schrauben weggedacht, bzw. richtig gedreht, und der 1. Wk wäre nicht verloren worden.

    Die Zweite Frage lautet schlicht: Wieso sollte ein Deutscher sein Vaterland, das seine Nation repräsentiert, durch ein anderes Vaterland, das eine andere die „europäische“ Mischnation bzw. mehrere Nationen repräsentiert, eintauschen wollen? Das klingt für mich nach Selbstmord aus Angst vor dem Tod.
    Leben heißt kämpfen. Das gilt für Menschen, wie für Nationen. Für mich erscheint die Europa-Ideologie als sakular-religöser Ausbruch aus der Welt. Während für einen Christen mit dem Tod die Erlösen von den irdischen Qualen erfolgt, ist für einige das Pendant des irdischen Überlebenskampfes statt des Aufgehens in den Himmel, das Aufgehen in Europa. Wie gut das funktioniert kann man ja derzeit beobachten.
    Ich werte das als einen sehr weitgehend verfestigtes Säkularreligiöses Bild, wenn trotz der jüngeren Geschichte und der (nicht nur) derzeitigen gegenläufigen Interessen in der EU irgend jemand noch an eine solche Chimäre glaubt; glauben im Sinne von Glaube. Mir ist natürlich bekannt, das die Europa-Idee Adenauers eine sehr katholische Idee, quasi die Wiederauflage des Kaiserreiches als Spiegelbild zum Heiligen Stuhl darstellen sollte. Nur weder Hinz, noch ich sind katholisch! Dann lieber Kleinpreußen als Europa. Ein echtes Preußen wäre übrigens in eineinhalb Generationen erfolgreicher, als Bayern und Württemberg zusammen. Einziges Problem, das bliebe, hieße Berlin. Und Berin war niemals preußisch! Aber auch das, wie Europa, ist bloß eine Chimäre.

    Die reale Entwicklung sieht anders aus. Die Besiegten haben nämlich Vorteile, solange sie nicht darüber nachdenken, wie sie den letzten verlorenen Krieg zukünftig gewinnen könnten, sondern zukünftige Kriege nicht führen müssen, um trotzdem zu gewinnen. Aber Amerika und Co. sind in diesen alten Mustern stecken geblieben. Alles, was sie tun, ist eine Neuauflage des 2. Wk. In welchem Konflikt von Relevanz hat seit 1945 die USA, Frankreich oder die Briten eigentlich das erreicht, was sie wollten? Falkland, Panama? Das war es wohl. Solange die USA eine Grundstratgie noch von vor dem 20 Jhdt. fahren, Projection of Power, werden sie gegen die Defensivstrategie Chinas verlieren. das ist das Schicksal eines Imperiums, dessen Macht alleine auf Militärmacht beruht, die man sich von den Banken erliehen hat.
    China gewinnt gegen Amerika, das was sie wollen, gänzlich ohne Krieg. Ihnen reicht es, den Amerikanern ein Desaster bereiten zu können, wenn sie im Abwärtstrudel selbst zum Angriff blasen, so wie die Amerikaner es selbst lange von den Sowjets befürchteten.

  • Meyer:

    Noch eine Anmerkung: Ich weiß nicht, ob die „Mühlsteine“ aus dem rezensierten Buch zu entnehmen waren oder eine eigene Quintessenz darstellen, wobeoi ich letzteres annehme. Das Bild ist jedenfalls trefend.

    Auch das Wesentliche, die Wahl zwischen Keinstaaterei und Spielball der Großen oder selbst ein Großer, gar der größte werden, um als ständige Bedrohung wahrgenommen zu werden, ist ja auch von Ihnen bestens dargestellt worden.

    Vielleicht kann man aber Bismarcks Versuch (Saturiertheit) ja auch so sehen, daß man den Vorteil des einen mit dem anderen Konzeptes verbinden wollte: Keine Bedrohung zu sein zu wollen, ohne dabei Opfer sein zu müssen. Ob das – trotz der beiden großen Niederlagen – ein gescheitertes Konzept ist, können wir vielleicht erst nach unserer derzeitigen Krise ausmachen. Derzeit scheinen wir ja doch der Phönix zu sein, der aus der Asche wieder und wieder aufersteht.

    Natürlich: In der sicherheitspolitischen Begrifflickeit unterscheidet man ja klassisch zwischen der Fähigkeit eines Staates und dem Willen. Ist die Fähigkeit zur Bedrohung vorhanden, aber der Wille fehlt, so ist man in dieser Nomenklatur ein „Risiko“, ist der Wille vorhanden, eine Bedrohung. Das norddeutsche Reich in Einigkeit mit dem KuK-Reich war wohl mindestens ein Risiko für alle anderen, zudem eine Störung des überkommenen Gefüges.

  • virOblationis:

    @ Meyer

    zuerst zu Ihrer Anmerkung

    In seiner „Nachbemerkung zur Neuauflage“ merkt Thorsten Hinz an, daß er von Beginn an ein Schlußkapitel geplant hatte, das nun aufgenommen worden wurde. Der Autor, der sich auf „Nationalgefühl“ beruft, aber den „Nationalismus…für einen Anachronismus hält“ (S. 11), wählt eine „Deutschland-zentrierte Perspektive“ (S. 11), die aber im Schlußkapitel „Die Nation und Europa“ (S. 197 – 214) erweitert wird. Darin wird festgestellt, daß sich die Situation der „Siegermächte“ England und Frankreich derjenigen von Deutschland angeglichen hat. So bildet sich ein Europa im Gegenüber zu den USA – wobei Hinz beide Seiten als „natürliche Verbündete“ (S. 201) ansieht; zugleich erkennt er aber an, daß sich ein „kompakter politischer Wille“ Europas innerhalb einer „multipolaren Welt“ (ebd.) nicht im Einklang mit den USA, sondern nur gegen sie erreichen läßt. Der Alptraum eines politisch-militärisch von den USA abhängigen Europa, das zugleich wirtschaftlich asiatischen Großräumen unterlegen ist und im Innern islamisiert wird, taucht auf (S. 207). Ein sich demgegenüber behauptendes Europa sieht Hinz in einem Zusammenwirken der Nationen. Sie „haben nur die Option, entweder gemeinsam eine handlungsfähige Weltmacht zu werden, die sich gleichberechtigt am Machtspiel mit den USA, mit China, Indien, Japan und Südamerika beteiligt, oder einzeln zum Spielball zu werden.“ (S. 210) – Das Bild der Mühlsteine stammt von mir: Damit habe ich versucht, das, was Hinz schreibt, in eine anschauliche Kurzform zu bringen.

    zu Frage eins: Was wäre die Alternative zur Reichsgründung von 1871 gewesen?

    Nach Hinz wäre Preußen dann samt den übrigen deutschen Staaten Spielball der Weltmächte geblieben. Sie selbst schreiben: „Ist nicht die gesamte römische Republiksgeschichte der Beweis dafür, daß Schwäche tödlich ist.“ Darin liegt der Zugang zu dem, was Hinz schreibt: Man hätte Preußen, schon gar nicht, wenn es sich noch weiter entfaltet hätte, (s)ein Glück im stillen Winkel gegönnt; schon Rußlands Drang nach Westen mußte zur Auseinandersetzung mit Preußen führen, gab es doch keine Pufferstaaten mehr zwischen beiden Reichen. – Frankreich erschien den Preußen natürlich als Hauptgegner, hatte Frankreich doch seit dem 13. Jahrhundert (Philipp II. August) danach gestrebt, Deutschland das römische Kaisertum streitig zu machen; das geschah mit einigem Recht, war doch Gallien eine wichtige Provinz des römischen Reiches gewesen, während Germanien kaum recht dazugehört hatte: Doch die Vorsehung hat eben den deutschen König zum römischen Kaiser ausersehen, denn nur so konnte sich das Abendland, die katholishch-lateinische Kultur (und in ihrem Gefolge der Protestantismus), nach Norden und Osten ausbreiten; dadurch kam Deutschland zu seiner Lage in der Mitte Europas, während es zuvor ein Randgebiet des Weströmischen Reiches gebildet hatte. Doch seit Napoleons Sturz erschien eben Frankreich nur noch als Hauptgegner, während dahinter tatsächlich England stand, das sich durch objektive Gründe zur Bekämpfung Deutschlands veranlaßt sah, während seine Interessen auf dem Kontinent sich mit denen Frankreich besser vereinbaren ließen. Insofern erscheint der 1. Weltkrieg geradezu unvermeidlich, und ich vermag es mir nicht vorzustellen, daß die Mittelmächte ihn zu gewinnen in der Lage wären. Einerseits stand ihrem Gegner fast die ganz Welt zur Verfügung, um seine Verluste auszugleichen, während die Mittelmächte sich auf ein Fleckchen Erde beschränkt sahen. Andererseits standen diesen moderne Staaten gegenüber, während die modernen Bestrebungen im Lager der Mittelmächte subversiv wirken mußten; so erwies sich im Verlaufe des Krieges der Sozialismus in Deutschland als verhängnisvoll (Matrosenaufstand) ebenso wie im k.u.k. Heer der Nationalismus (Tschechen, Ungarn). Wie im Falle Rußlands (Februarrevolution, Oktoberrevolution) trugen diese Kräfte zur Niederlage bei („Dolchstoß“).

    zu Frage zwei: Wie sollte es möglich sein, die deutsche Identität durch Zugehörigkeit zu einer europäischen „Mischnation“ ersetzen zu wollen?

    Sie schreiben: „Mir ist natürlich bekannt, das die Europa-Idee Adenauers eine sehr katholische Idee, quasi die Wiederauflage des Kaiserreiches als Spiegelbild zum Heiligen Stuhl darstellen sollte.“ Tatsächlich würde ein Europa der Vaterländer, das ich im wesentlichen als Verteidigungsbündnis nach außen und als freien Markt im Innern verstehe, an die Antike und das Mittelalter anknüpfen, also an das Römische Reich. Dieses wurde zuerst von der Stadt Rom aus beherrscht, dann erstritt ganz Italien das römische Bürgerrecht (91 – 88 v. Chr.), so daß die Legionen des Reiches von Italern gestellt wurden. Konsequenter Weise wurden von Italien aus die Provinzen romanisiert. Doch dieser Prozeß schritt voran: Das römische Bürgerrecht erwarben immer mehr Menschen, bis es ab 212 n. Chr. schließlich allen Freien zukam. Die Legionen wurden nun durch Menschen verschiedenster Herkunft gebildet, und der kulturelle Einfluß wirkte von den Unterworfenen auf Italien zurück, so daß das Land eine Provinz unter anderen wurde. Im Zuge der Völkerwanderung wurden aus den einzelnen Provinzen des Weströmischen Reiches germanische Königreiche, und Deutschland gewann das Kaisertum und damit den Vorrang vor den übrigen, zumindest in ideeller Hinsicht. Während der Neuzeit zerbrach das dem Reich entstammende Bewußtsein der Zusammengehörigkeit, da der Nationalstaat absolut gesetzt wurde. In unserer Gegenwart müssen wir uns m.E. auf die Zusammengehörigkeit zurückbesinnen, nicht um die völkische Identität aufzugeben, sondern um sie in gemeinsamer Anstrengung zu bewahren.

  • Leser:

    Einziges Problem, das bliebe, hieße Berlin. Und Berin war niemals preußisch!

    Wieso Problem? Preußen könnte auch ohne Berlin existieren … und Berlin gehört ohnehin den ‚Siegern der Weltgeschichte‘ – also sollen die doch sehen was sie damit anfangen. Und was die Berliner betrifft: Sie haben qua Wahlentscheidung seit Jahrzehnten dokumentiert, daß sie diese Entwicklung wollten und wollen – also sollen sie auch sehen, wie sie damit klarkommen.

  • Leser:

    Insofern erscheint der 1. Weltkrieg geradezu unvermeidlich, und ich vermag es mir nicht vorzustellen, daß die Mittelmächte ihn zu gewinnen in der Lage wären. Einerseits stand ihrem Gegner fast die ganz Welt zur Verfügung, um seine Verluste auszugleichen, während die Mittelmächte sich auf ein Fleckchen Erde beschränkt sahen.

    Auf AdS hat ein Kommentator geschrieben, England bzw. Großbritannien sei 1916 kapitulationsbereit gewesen, da es nur noch für 3 Wochen Lebensmittelvorräte gehabt habe…

    Nun vergleiche dies mal mit dem Verrat der Juden im Ersten Weltkrieg am Deutschen reich, also ihrem Gastgeber und dem darauffolgenden Stimmungsumschwung gegen eben diese gerade erst wenige Jahrzehnte zuvor zugewanderte Minderheit.

    1916 hatte England den Krieg verloren und nur noch für drei Wochen Lebensmittelvorräte und beratschlagte bereits eine bedingungslose Kapitulation(sic!), als schliesslich „deutsche“ Juden England überredeten, den Krieg nur nicht zu beenden.
    Dafür handelten sie als Pfand die Übergabe Palästinas aus. Im Gegenzug sorgten die Zionisten nun für den Jahre zuvor geplanten Kriegseintritt der USA.
    (Quellen: Benjamin Freedman, G.E.Griffin: Kreatur von Jekyll Island)

    Kommentar von IanS — 15. November 2011 @ 14:57

    … bis dann (deutsche oder ‚auch deutsche‘) Juden die Engländer überredet hätten den Krieg weiterzuführen, wobei sie im Austausch gegen die ‚Balfour-Deklaration‘ die USA zum Kriegseintritt bewogen hätten. Ob das so richtig ist oder nicht … wage ich nicht zu beurteilen, aber immerhin scheint es mir ein Hinweis darauf zu sein, daß beispielsweise Großbritannien auch sein Überseeimperium allein nicht geholfen hätte den Krieg zu gewinnen. Einen Sieg der Mittelmächte – und einen Patt-Frieden würde ich durchaus dazu zählen – scheint mir also keineswegs von vornherein ausgeschlossen gewesen zu sein.

  • virOblationis:

    @ Leser
    Dieselben Engländer, die die Mittelmächte durch eine Seeblockade aushungerten, verfügten 1916 selbst über keine Lebensmittel mehr? Die Lage schien für sie so aussichtlos, daß sie die Kapitulation erwogen? – Wie will man das belegen?

    Dieselben Engländer, denen der Hunger drohte, wurden, nachdem sie den jüdischen Einflüsterungen Gehör geschenkt hatten, wieder mutig, setzten den Krieg fort – aber wovon wurden sie nun satt?

  • Leser:

    Dieselben Engländer, denen der Hunger drohte, wurden, nachdem sie den jüdischen Einflüsterungen Gehör geschenkt hatten, wieder mutig, setzten den Krieg fort – aber wovon wurden sie nun satt?

    Gute Frage. Dennoch scheint mir, daß da noch einiges an Wahrheiten verborgen sein könnte. Ich habe es noch nicht gelesen, bin nur irgendwann mal bei Amazon darauf gestoßen, und …

    http://www.amazon.de/Namen-Gottes-Geheimvatikan-Vollstrecker-biblischer/dp/3935845022/ref=sr_1_3?s=books&ie=UTF8&qid=1321473630&sr=1-3

    … es scheint mir doch, daß bei der Entstehung und Entwicklung des I.WK doch noch ganz andere Akteure mitgewirkt haben – und zwar maßgeblich! – als man gemeinhin so lernt.

    Und: Wenn England und Frankreich doch ‚die ganze Welt‘ im Rücken hatten (mit ihrem damaligen Kolonialbesitz) … warum mußten dann die USA mit der üblichen Propagandalüge (Lusitania) in den Krieg eintreten?? Haben die sich da ohne Not der beiden westeuropäischen Hauptakteure einfach mal so ‚mit ins Spiel gedrängt‘. Weil sie … ja, was eigentlich gewinnen wollten?

    Macht auf dem europäischen Festland? Dann wären sie aber doch automatisch zum Gegenspieler Großbritanniens geworden, daß ja damals wohl noch nicht seinen Kolonialbesitz aufzugeben gedachte, oder? Also warum sind die USA in den Krieg eingetreten, wenn seitens Großbritanniens und Frankreichs keine diesbezügliche Notwendigkeit bestand?

  • virOblationis:

    @ Leser

    Der Autor scheint, so fürchte ich, wenn ich seine übrigen Titel betrachte, mittlerweile auf Verschwörungstheorien spezialisiert zu sein.

    Ob die USA unbedingt zur Niedrringung der Mittelmächte gebraucht wurden, sei dahingestellt. Die USA werden m.E. vor allem darum in den 1. Wk eingetreten sein, um ihre eigene Interessen zu vertreten: Schon Theodore Roosevelt hatte mittels eines Zusatzes zur Monroe-Doktrin die seitdem die gesamte Welt erfassenden Ambitionen der USA angedeutet (1904), indem er Lateinamerika als „Hinterhof“ der USA betrachtete und eine Interventionspolitik ankündigte, die zwar nur den amerikanischen Doppelkontinent betreffen sollte, sich aber kaum darauf begrenzen ließ, weil sie allzu rasch auch außer-amerikanische Mächte betraf, die sich vorgeblich oder tatsächlich in die Belange eines amerikanischen Landes einmischten. M.a.W. die USA zielten seit Beginn des 20. Jahrhunderts recht offen darauf ab, zur Weltmacht, ja zur Weltherrschaft aufzusteigen, und dies ist ihnen über zwei Weltkriege sowie den sog. Kalten Krieg auch gelungen. Proklamiert wurde die neue, die us-amerikanische Weltordnung dann durch Franklin D. Roosevelts „vier Freiheiten“ (1941).

  • Leser:

    Doch seit Napoleons Sturz erschien eben Frankreich nur noch als Hauptgegner, während dahinter tatsächlich England stand, das sich durch objektive Gründe
    zur Bekämpfung Deutschlands veranlaßt sah, während seine Interessen auf dem Kontinent sich mit denen Frankreich besser vereinbaren ließen.

    Welche ‚objektiven Gründe‘ sollen das denn gewesen sein?

  • virOblationis:

    @ Leser
    Das britische bzw. eigentlich englische Kolonialreich hatte einen anderen Ursprung als das spanische: Natürlich zogen beide aus, um möglichst auch Reichtümer aus der Ferne in die Heimat zu schaffen, doch die Spanier unternahmen dazu Eroberungszüge, um heidnische Reiche zu unterwerfen und sie der Krone zu unterstellen; angesichts der jahrhundertelangen Reconquista (722 – 1492) war diese Strategie ja auch naheliegend.
    Die Engländer gingen zuerst auf Raub aus; dies erschöpfte sich natürlich mit der Zeit. Um weiterhin Schätze in die Heimat zu bringen, verlegten sie sich vor allem auf den weltweiten Handel englischer Kaufleute. Wer sich dem widersetzte, wurde bekämpft. So eroberten sie auch riesige Territorien, aber dies war nicht der Hauptzweck, wie der Opiumkrieg besonders eindrücklich zeigt.
    England als Nation weltweiten Handels konnte im Bereich des kontinentalen Europa, das z.Z. des Kolonialimperiums eine so viel größere Bedeutung hatte als heute, keine Vormacht dulden, die anderen, geradezu vor-modernen Prinzipien folgte, jedem Volk eher ein eigenes Territorium zugestehen wollte (wenn auch inkonsequent: s. poln. Territorien Preußens), sich aus dessen Angelegenheiten lieber heraushalten wollte und deshalb auch in der Kolonialfrage über eine zwiespältige Haltung (Abneigung Bismarcks) nicht hinauskam. Frankreich war zwar einerseits Konkurrent Englands, trieb seine Politik als moderner Staat und Kolonialreich ab der Mitte des 19. Jh’s aber nach vergleichbaren Gesichtspunkten wie England und mußte darum auf dem europäischen Kontinent als natürlicher Verbündeter erscheinen. Deutschland aber erschien aus denselben Gründen als Hindernis, und seine etwaige Vormachtsstellung auf dem Kontinent mußte unter allen Umständen unterbunden werden.

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