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Ende der Moderne

Es kommt also wie erwartet: Die EZB wird Anleihen von Staaten, die sonst höhere Zinsen hätten zahlen müssen, vulgo Schrottpapiere, aufkaufen, die Geldmenge dadurch rasch vergrößern, die Geldentwertung vorantreiben. -Damit werden Staaten finanziert, denen angesichts ihrer minderen Bonität nur noch gegen höheren Zins Geld geliehen worden wäre, so daß sie sich genötigt gesehen hätten, zu ihrer früheren Währungspolitik – Wettbewerbsfähigkeit durch fortwährende Geldentwertung – zurückzukehren.

Wenn eine Orange an einer Stelle von Schimmel befallen ist, kann man diese Stelle großzügig herausschneiden; der Rest ist dann durchaus noch genießbar. Wenn man dies nicht tut und abwartet, ist bald die ganze Frucht verschimmelt. So verfährt man nun mit dem Geld der Euro-Staaten. – Es ist niemals von den Steuerzahlern über dieses Vorgehen abgestimmt worden, ebenso wenig wie über die Einführung des Euro u.a. entscheidende Zukunftsfragen. So läßt sich denn die heutige Entscheidung damit begründen, daß alles getan werden muß, um den Euro zu retten; was heute von der EZB bekanntgegeben wird, ist nur die Fortsetzung dessen, was schon zur Einführung des Euro geführt hat. Dies war wohl nicht zuletzt der Wunsch vor allem Frankreichs, in den Besitz der DM als einer harten Währung zu kommen; wenn nun die Entwertung des Euro voranschreitet, wird die harte Währung nicht mehr bestehen, aber es bleibt dann immerhin der Trost, daß auch Deutschland keine solche mehr besitzt.

Eine Folge der heutigen Entscheidung der EZB: Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum ESM spielt nur noch eine weniger wichtige Rolle, denn die Euro-Rettung wird nun gewissermaßen ausgelagert. Was auch immer das Parlament in bezug die Verwendung von Steuereinnahmen zukünftig beschließen mögen: Der Wert der Summen, die sie verteilen, ist von ihnen kaum mehr zu beeinflussen; wenn Inflation das Geld des Steuerzahlers entwertet und keine dem Parlament bzw. dem Wähler in irgendeiner Weise verpflichtete Institution dies mehr zu beeinflussen vermag, dann verlieren nicht nur die Gelder, sondern auch die Entscheidungen der Parlamentarier an Wert – und die des Bundesverfassungsgerichtes.

Statt eines nationalen Gutmenschengremiums, des Bundesverfassungsgerichtes, bestimmen künftig supranationale Institutionen, die ebenso wenig Rechenschaft vor Wählern abzulegen haben, noch weitgehender über uns. Ein autokratisches Regime schafft sich seinen Vielvölkerstaat. – Am Beginn der Moderne stand die Einberufung der Generalstände 1789, die neue Steuern beschließen sollten; es entstand der Nationalstaat, für den das Haushaltsrecht von konstitutiver Bedeutung ist. Nun endet die Moderne anscheinend, doch hätte ich mir ein anderes Ende gewünscht.

 

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