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Bruch mit der Tradition

Gerade kam die Meldung heraus: Papst Benedikt XVI. wird zum Ende dieses Monats zurücktreten! – Das hat es in der Kirchengeschichte erst ein einziges Mal zuvor gegeben: Unter sehr besonderen Umständen hatte der hl. Coelestin V. dem Amt entsagt. Sonst aber gehört das Sterben zur Erfüllung des Amtes hinzu: „Es genüge dir meine (sc. Gottes) Gnade! Meine Kraft nämlich wird vollendet in [menschlicher] Schwachheit.“ (2. Kor. 12, 9) Gerade am Lebensende, in der die menschliche Schwachheit am größten ist, kann sich die göttliche Gnade am wirkungsvollsten zeigen.

Zu Beginn des Pontifikates hatten sich manche Hoffnungen auf Aussöhnung mit der Tradition geregt; die Kirche ist nichts ohne Tradition, denn sie ist ja nichts weiter als durch die Jahrhunderte hindurch entfaltete Tradition der den Aposteln anvertrauten Offenbarung: Was überall, immer und von allen geglaubt worden ist, das ist recht eigentlich katholisch, so der hl. Vincenz von Lerins. Deshalb brachte das Vaticanum II (1962 – 1965) eine unvergleichliche Verheerung über die Kirche, denn es enthält eben einige Punkte, die der Tradition widersprechen. Das zweite Vaticanum hatte sich allerdings – der göttlichen Vorsehung sei Dank! – nicht versammelt, um Glaubenslehren zu definieren. Insofern haben neue Lehren schon von daher kein Recht, sich auf dieses Pastoralkonzil zu berufen; neue Lehren sind nach dem Kriterium des hl. Vincenz von Lerins ohnehin Häresien.

Hoffnung auf Aussöhnung mit der Tradition, am deutlichsten sichtbar repräsentiert durch die Piusbruderschaft, tauchten mit dem Amtsantritt Benedikts XVI. auf.  Doch schon zu Beginn des Pontifikates gab es eine erste Irritation, da nicht einmal das Papstwappen mehr die Tiara zeigt, die dreifache Krone, die die Oberhoheit des Papstes als des Stellvertreters Christi über die Herrscher der Welt anzeigt und die Paul VI. (1963 – 1978) abgelegt hatte; stattdessen nun eine Mitra mit drei Streifen.

Die Aussöhnung mit der Piusbruderschaft wurde wohl letztlich dadurch verhindert, daß Benedikt darauf bestand, das Vaticanum II sei nicht nur von der Tradition her zu verstehen, sondern es stimme auch vollkommen damit überein; schließlich hatte er selbst als Peritus daran mitgewirkt. Es kam die Berufung des in seiner Lehre nicht eben unumstrittenen Bischofs Müller zum Präfekten der Glaubens(!)kongregation hinzu: Wie kann man einen Mann, dessen Unwille gegenüber der Piusbruderschaft schon zu seinem persönlichen Kennzeichen geworden ist, auf diesen Posten berufen, wenn man gleichzeitig Aussöhnung mit ihr erreichen will? Das ist ein vollkommener Widerspruch in sich!

In sich widersprüchlich scheint die gesamte intellektuelle Verfassung Benedikts zu sein. – Seiner Theologie fehlt nämlich ein zentraler Punkt der katholischen Lehre: Der Tod des Heilands am Kreuz ist nicht nur ein Zeichen, ein Vorbild o.ä., sondern notwendiges Geschehen, um den Menschen zu retten, weil dieser es aus eigener Kraft nicht vermag; Gott ist nicht nur liebevoll und verzeihend, sondern auch gerecht und als solcher muß er die Sünden bestrafen. So ist Gott Mensch geworden, um zu vollbringen, was der Mensch hätte tun müssen, was er aber nicht konnte, denn seinen Tod hat er auf Grund der Behaftung mit der Erbsünde ohnehin verdient, so daß er nicht als Mittel zur Errettung taugt. Papst Benedikt mochte dies nicht nachvollziehen: Der Grund dafür wird darin zu suchen sein, daß er nicht in den Begriffen scholastischer Theologie und Philosophie denkt, sondern die Glaubenslehre mit moderner Philosophie zu verbinden sucht; die scholastische Philosophie ist aber nicht einfach Produkt des Mittelalters, sondern steht in der Tradition der antiken Philosophie, während die moderne Philosophie mit dem Nominalismus um 1300 beginnt, und dieser hat zum Zwiespalt zwischen Subjekt und Objekt, Geist und Materie, Natur und Geschichte geführt. So bleibt die Verbindung von traditioneller Glaubenslehre und moderner Philosophie stets brüchig und in sich widersprüchlich.

Das Ende dieses Pontifikates kennzeichnet noch einmal einen Bruch mit der Tradition, indem der Papst zurücktritt, statt sich erst durch den Tod aus seinem Amte abberufen zu lassen. – Was für eine Enttäuschung!

3 Kommentare zu „Bruch mit der Tradition“

  • Naja, es gibt keinen Zwang zum „Papsttum bis zum Tode“. Früher wurden auch so manche Päpste in Intrigen ermordet, manchmal sogar von ihren Nachfolgern..

    Der Papst kann zurücktreten und es gibt gute Gründe dies zu tun.

    1. Weil die weltweite Christenverfolgung zunimmt und die Gegner sich extrem gut organisiert haben (die Medienpropaganda ist sehr effizent…). Es braucht einen fitteren Papst.

    2. Der überraschende Rücktritt verhindert lange Verhandlungen und Vorbereitungen seitens der Gegner(!). Intrigenspiele und co laufen nur 3 Wochen..

    3. Man möchte das Opfer des vorherigen Papstes nicht schmälern. Und als Kontrast eine andere Form der Entscheidung bezeugen.

    4. Der Papst hatte schon eine Herzoperation und trägt einen Herzschrittmacher. Ein wenig Respekt vor dem Alter und der Last wäre womöglich positiv.

    Und zu den Piusbrüdern: Die sind nicht in allen Punkten ganz sauber, zumal laut meinen Informationen das 2 Vatikanum NICHTS neues eingeführt hat sondern zum Beispiel weiterhin fordert das Latein die Liturgiesprache ist. Die ganzen „Reformer“ haben einfach gemacht was sie wollten, besoffen vom „Reformeifer“ und „Zerstörungswahn“. In 200 Jahren sehen wir weiter..

    Templarii

  • virOblationis:

    @ Templarii
    Bemerkenswerte Worte jemandes, der noch kurz vor dem 11. Februar schrieb: „Weischt Mann, Pabscht nix Angestellter-Honk oda Politika. Er geweiht und so. … Bis zum Tode Pabscht. … Du entweder nix wissen oder du absichtlich dumm tun.“ – Der Bruch mit einer Tradition – hier nicht verstanden im Sinne der überlieferten Lehre – muß nicht unbedingt Verbotenes tun und kann trotzdem ein Unglück sein. So hat Manfred Kleine-Hartlage darauf hingewiesen, daß fortan die Gefahr besteht, daß der Papst aus dem Amt gemobbt wird.
    Was an der Priesterbruderschaft St. Pius X. „nicht ganz sauber“ sein soll, würde mich schon interessieren. – Abgesehen davon wirft eine solche Wortwahl Licht auf den Schreiber, aber kein gutes.
    Daß es Neuerungen durch das Konzil gegeben hat wird – abgesehen von der überschaubaren Zahl der Anhänger der „Hermeneutik der Kontinuität“ – weder links noch rechts bestritten. Insbesondere die Religionsfreiheit wurde nun anders verstanden als während der vorangegangenen Zeit.

  • @virOblationis

    Ich habe in dem von Ihnen erwähnten Beitrag auf den dämlichen Artikel vom Spiegel geantwortet – in welchem ein schwer überforderter Autor einen Rücktritt vom Papst forderte. Ich konterte auf die ewig gleichen (falschen) Vorwürfe und Begründungen die 100% der Kirchengegner ständig bringen. Man kann einen Papst aber nicht wie einen drittklassigen Berufspolitiker zum Rücktritt auffordern weil man aufgrund seiner selektiven Wahrnehmung Kritikpunkte zu finden vermag.

    Ich habe dem Autor – schriftlich – eine Watsch’n gegeben und es hat gut getan. 🙂

    Dass der Papst zurückgetreten ist seine souveräne Entscheidung. Und sicher nicht aus Parteipolitischen Gründen, auch wenn ich einen (politischen) Aspekt dennoch aufgeführt habe. Ob Päpste rausgemobbt werden oder nicht – früher wurden Päpste ermordet und gefangengesetzt. Ich vertraue da wirklich auf den Heiligen Geist und bin kein Kulturchrist der einfach nur die Tradition und Werte irgendwie wertschätzt. Es kann durchaus sein dass der Heilige Geist weiss was er macht..

    Templarii

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