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Anschauungsunterricht

von virOblationis

Man stelle sich einmal vor, der US-Verteidigungsminister besuchte zusammen mit dem US-Innenminister Vietnam. Kaum gelandet würden beide erst einmal eine Stunde im Fluguzeug festgehalten, um die Papiere ihrer Delegation genau zu überprüfen. Anschließend würde der Verteidigungsminister in eine Gedenkstätte zur Erinnerung an die us-amerikanischen Kriegsverbrechen während des US-Indochinakrieges (1964 – 1973) geführt, wo man ihm in einer Rede das Massaker von My Lai exemplarisch vor Augen gestellt hätte; als weitere Stichworte wären Tonkin-Zwischenfall, Napalm und Agent Orange genannt worden. Schließlich wären vietnamesische Veteranen aufmarschiert vor dem US-Minister, der selbst Soldat im Vietnamkrieg gewesen ist.

Natürlich wäre ein solches Verhalten Vietnams unglaublich; es hätte dies einen Skandal ausgelöst. – Nicht so, wenn man mit Deutschen anstelle der US-Amerikaner entsprechend verfährt! Innen- und Verteidigungsminister saßen eine Stunde im Flugzeug fest, bevor sie us-amerikanischen Boden betreten durften. Anschließend begab sich der Verteidigungsminister zur Feier des zwanzigsten Jahrestages des Holocaust-Museums Washingtons, wo KZ-Überlebende als Veteranen teilnahmen und der ehemalige Präsident Clinton (1993 – 2001) die Festrede hielt, die er dazu nutzte, seinen Balkankrieg (1999) zu rechtfertigen.

Dieses aktuelle Beispiel verdeutlicht, wem sich der deutsche Staatskult andient. – Wenn die Repräsentanten Restdeutschlands immer wieder die deutsche Nichtswürdigkeit beeuern, dann entspricht dies exakt der Behandlung, die de Maziere und Friedrich gestern zuteil geworden ist. Für Zufall könnte man dies nur halten, wenn man vom anschließenden Programm für den Verteidigungsminister absähe: Wie im deutschen Staatskult die kollektive (Holocaust-)Schuld eine zentrale Rolle spielt, so wurde Minister de Maiziere nach der Demütigung zur Begrüßung in das Holocaust-Museum geführt, wo man ihm überlebene Opfer der deutschen NS-Politik vor Augen stellte.

Trotz dieser ihm zuteil gewordenen Behandlung äußerte sich de Maziere ablehnend gegenüber einer Intervention in Syrien und kritisierte das Ziehen „roter Linien“. Bravo, Herr Minister!

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