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Deutschland, die Schuldenstaaten der Euro-Zone und der globale Finanzkapitalismus

von virOblationis

Alles in der sichtbaren Welt ist vergänglich: Der globale Finanzkapitalismus wird wohl am ehesten dadurch an sein Ende gelangen, daß sich weitgehend autarke Großräume ausgliedern und – wie auch immer sie ökonomisch geordnet sind – von den USA unabhängig eigenständige Beziehungen zum Rest der Welt aufbauen. Dies setzt natürlich auch eine so ansehnliche Streitmacht voraus, daß es den USA wenig attraktiv erscheint, sich auf einen Krieg damit einzulassen: Man denke an Rußland oder China; später mögen vielleicht auch Indien und der Iran etc. hinzukommen; Nordkorea bildet als Hälfte eines Landes nur eine Karikatur dieses Modells.

Könnte sich nicht Europa mit der Euro-Zone im Zentrum in eine ähnliche Richtung entwickeln, indem es Schritte hin zu solcher ökonomischer Eigenständigkeit unternimmt? – Denkbar wäre dies schon, aber geschieht dies gegenwärtig? Wohl eher das Gegenteil: Man folgt dem Vorbild der USA bzw. der FED und sucht durch Vergrößerung der Geldmenge das System aufrechtzuerhalten und die ökonomischen Probleme zu lösen.

Während sich verschiedene Euro-Staaten immer höher verschulden, soll in Deutschland die Verschuldung abgebremst werden. Mittlerweile ist ein ausgeglichener Haushalt tatsächlich in greifbare Nähe gerückt, sieht man von den Verpflichtungen ab, die sich aus den Euro-Rettungsmaßnahmen ergeben und die bis zu 190 Milliarden Euro kosten können. Zwar bedeutet ein ausgeglichener Haushalt noch keine Abtragung des Schuldenberges, doch immerhin wird er nicht weiter aufgetürmt. Zudem hat die Schuldenbremse auch einen reinigenden Effekt auf die Wahrnehmung. Statt daß der Blick durch den Fusel immer neuer Schulden getrübt wird, zeigt beispielsweise der Zustand deutscher Straßen, der an die DDR zu Beginn der achtziger Jahre erinnert, die nüchterne Wirklichkeit.

Wenn sich alle Euro-Staaten an das deutsche Modell hielten, könnte Europa ein wenig mehr Eigenständigkeit gegenüber den USA erlangen und eine Entwicklung parallel zu der in Rußland, China etc. einleiten. Doch geschieht dies? – Zwar sind entsprechende Verträge geschlossen worden, aber hält man sie ein? Keineswegs: Gerade hat man u.a. Frankreich „mehr Zeit“ gewährt, d.h. eine höhere Verschuldung zugestanden; manche Schuldenstaaten sehen angesichts der Arbeitslosigkeit vor allem unter jungen Leuten auch gar keine andere Möglichkeit, als sich weiter zu verschulden, was auch immer am Ende daraus folgen mag.

Was bewirkt Deutschlands Schuldenbremse innerhalb dieses Szenario? – Durch das Vermeiden neuer Schulden wird die Geldmenge von seiten des deutschen Staates nicht wesentlich vergrößert, wodurch die Währung an Stabilität gewinnt. Wenn gleichzeitig aber andere Euro-Staaten sich weiter verschulden und damit die Geldmenge vergrößern, entwerten sie den Euro nicht in demselben Maße, wie es bei einer nationalen Währung der Fall wäre: Sie zehren von der Stabilität des Euro, die die vertragstreuen Länder der gemeinsamen Währung verleihen, insbesondere Deutschland. M.a.W. die Verschuldung trägt durch Vermehrung der Geldmenge zur Entwertung des Euro bei, dessen Stabilität durch Schuldenbremse aufrecht erhalten werden soll. Angesichts dessen versteht man vielleicht besser, warum das durchschnittliche Vermögen in Deutschland so viel niedriger ist als in den Euro-Schhuldenstaaten. Um dies mit einem Beispiel jenseits der Währungfragen anschaulich zu machen: Der französische Arbeitnehmer geht mit 60 Jahren in Rente, der deutsche wohl in absehbarer Zeit mit 70.

Damit gleicht Deutschlands Rolle innerhalb der Euro-Zone derjenigen des Fußvolkes innerhalb eines Staates, der Lohnabhängigen, Selbständigen und Unternehmer: Sie erarbeiten das, was dem Geld Wert verleiht, und diesen „verdünnt“ der Schuldenstaat.* Statt die Euro-Zone und damit Europa zu mehr Eigenständigkeit gegenüber den USA und dem globalen Finanzkapitalismus zu führen, bildet Deutschland den Unterbau der Euro-Zone, – und wenn die Staaten der Euro-Zone niemanden mehr finden sollten, der ihnen Geld leiht, dann springt die EZB ein, mit Aufkauf von Staatsanleihen in unbegrenzter Höhe.

* Seine Kredite zahlt er im Schneeballsystem durch weitere Kredite (samt Zins) ab.

 

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