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Archiv für November 2013

Nach der Frankfurter Schule 2: Sloterdijk

von virOblationis

Der wenigstens seit der Jahrtausendwende in der bundesdeutschen Öffentlichkeit als Philosoph weithin bekannte Germanist Sloterdijk reiste während der zweiten Hälfte der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts, wie viele seiner Zeitgenossen, die etwas auf sich hielten, zum Ashram in Poona*. Dort wurden die animalischen Triebe nicht nur möglichst uneingeschränkt ausgelebt wie zuvor bei den „Achtundsechzigern“ und in der unpolitischen „Hippie-Bewegung“, sondern dies Geschehen wurde von Bhagwan**, dem Erleuchteten, auch noch religiös überhöht. Die Vernunft sollte völlig aufgegeben werden, damit der Adept als leeres Gefäß das Nirwana erreiche; und da die Persönlichkeit des Menschen unlöslich mit seiner Vernunftbegabung verbunden ist, verliert er zusammen mit dem Verstand auch sein Ich: Dies versetzt den Sanyassin Bhagwans bzw. Oshos, wie er sich später nannte, in die Lage, sich dem Meister bedingungslos zu unterwerfen, ohne mit Hilfe eines Restes kritischen Denkens dessen primitives Protzen irgendwie anstößig zu finden: „Wer bist du, daß du wissen könntest, was richtig oder falsch ist?“ Diesen Beitrag weiterlesen »

Nach der Frankfurter Schule 1e: Habermas (letzter Teil)

von virOblationis

„…mir wird ja von meinen marxistischen Freunden nicht ganz ohne Grund vorgeworfen, ein Radikalliberaler zu sein.“* So Habermas. – Auch wenn er auf Marx dem Buchstaben nach immer wieder verweist, ist er von dessen Geist doch weit entfernt: Marx wäre nie darauf verfallen, den „Legitimationsproblemen im Spätkapitalismus (1973)“ ein Buch zu widmen, sondern hätte sich ganz darauf konzentriert, Versuche der Legitimierung einer Klassengesellschaft zu entlarven. An die Stelle des Proletariates bei Marx tritt die Masse von Arbeitnehmern, die sich in keinem unversöhnlichem Gegensatz zum Kapital befindet, weshalb der Staat, dem Habermas eine so große Eigenständigkeit zumißt, daß er nicht etwa als ausführendes Organ der Interessen der herrschenden Klasse erscheint, sich genötigt sieht, um seine Legitimatierung im Ansehen der Öffentlichkeit zu werben. Marx hingegen schreibt: „Die moderne Staatsgewalt ist nur ein Ausschuß, der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Bourgeoisklasse verwaltet.“** Diesen Beitrag weiterlesen »

Nach der Frankfurter Schule 1d: Habermas (4. Teil)

von virOblationis

In „Erkenntnis und Interesse (1968)“ hat Habermas seine Gedanken noch vergleichsweise verständlich ausgedrückt. Dennoch findet sich auch dort bereits die Tendenz, Sachverhalte mittels Näherbestimmungen mehrfach einzuhüllen wie in einer russischen Schachtelpuppe. So weist Habermas z.B. auf Marx‘ Satz von der Bildung der fünf Sinne als Arbeit der ganzen bisherigen Weltgeschichte [im dritten der „Ökonomisch-philosophischen Manuskripte (1843/1844)“] hin, wobei es ihm (wie Marx) nicht um biologische Aspekte geht. Statt mit Bezug darauf ganz schlicht von Lebensprozessen und der Konstitution von Lebenswelten zu sprechen, sagt Habermas: „Die materialistische Untersuchung der Geschichte zielt auf Kategorien der Gesellschaft, die gleichermaßen den realen Lebensprozeß wie die transzendentalen Bedingungen der Konstitution von Lebenswelten bestimmen.“* Dieser Satz wurde oben bereits zitiert.** Diesen Beitrag weiterlesen »