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Bouvines

von virOblationis

Wie nun im Jahre 2014, so fiel der 27. Juli 1214 auch auf einen Sonntag; damals war es der neunte nach Pfingsten, jetzt der siebte. – Der 27. Juli 1214 sollte zu einem deutschen Schicksalstag werden, dessen Schatten die Zukunft des Reiches verdunkelten, der aber gegenwärtig wenig Beachtung findet, zumindest in Deutschland, und dessen daher auch kaum im Zusammenhang mit dem Ausbruch des 1. Weltkrieges 1914 gedacht wird.

Nicht lange nach dem Tode Karls d. Gr. (768 – 814) wurde das von ihm erneuerte Römische Reich, das die christlichen Restterritorien des lateinischen Europa abgesehen von Britannien umfaßte, unter den Nachfolgern aufgeteilt, und die Kaiserkrone trugen abwechselnd verschiedene Karolinger. Erst als der deutsche König Otto I. (936 – 973) das Kaisertum errang (962), trug wieder der mächtigste Herrscher des lateinischen Abendlandes die Krone. Das französische Königtum war zu jener Zeit schwach; dort regierten noch immer Karolinger. – Die göttliche Vorsehung hatte den deutschen König offenbar zum römischen Kaiser bestimmt, um ein lateinisches Abendland entstehen zu lassen, das Nord- und Mitteleuropa einschließt. Wäre der französische König römischer Kaiser geworden, wäre Frankreich Zentrum des Abendlandes geworden, hätte Deutschland als östlichstes Reich am Rande gelegen. So aber bildete Deutschland die Mtte, und der junge Otto III. (983 – 1002; Kaiser seit 996) erkannte die Fürsten von Polen und Ungarn als christliche Herrscher an, die zu Königen erhoben wurden (1000), wodurch sich das Abendland mit zwei eigenständigen Provinzen nach Osten hin erweiterte.

Mit dem Regierungsantritt Hugo Capets als französischer König 987, begann sich das Kräfteverhältnis zwischen Deutschland und Frankreich zu verändern. Ottos Nachfolger, sein Sohn und sein Enkel, starben wenige Jahre, nachdem sie gekrönt worden waren, und mit dem hl. Kaiser Heinrich II. (1002 – 1024) starb die Dynastie aus. – Die französischen Großen hatten Weitsicht gezeigt, da sie den mächtigen Herzog Hugo Capet zum König wählten. Die deutschen Fürsten versagten 1138: Hätten sie den mächtigen Welfen Heinrich den Stolzen (gest. 1139) zum König gewählt und dieser eine Dynastie begründet, wäre das Schicksal Deutschlands, des Reiches und des Abendlandes gewiß ein ganz anderes geworden. Heinrich der Stolze war der Gemahl der einzigen Tochter Kaiser Lothars III. (1125 – 1137; Kaiser seit 1133), Herzog von Bayern sowie (Nieder-)Sachsen und Markgraf von Tuszien (Toskana). Nicht Heinrich, sondern den Staufer Konrad, der sich bereits Lothar III. widersetzt hatte und zum zeitweiligen Gegenkönig erhoben worden war, kürten einige Fürsten* – unter Mißachtung der Rechte Bayerns und (Nieder-)Sachsens – am 7. März 1138 in Koblenz zum deutschen König und stürzten das Reich mit ihrem Staatsstreich in den etwa hundertjährigen Machtkampf zwischen Welfen und Staufern, der Mitte des 13. Jahrhunderts in das (bis 1273 andauernde) Interregnum mündete. Die zentrifugalen Kräfte im Reich hatten sich durchgesetzt.

* Die Königswahl sollte erst zu Pfingsten, also im Mai, stattfinden. Die Vorziehung des Termins, die Bayern und (Nieder-)Sachsen ausschloß, war vor allem der Initiative der Erzbischöfe von Trier und Köln sowie einer päpstlichen Delegation zuzuschreiben, die Konrads Anhängerschaft versammelten, die ihn dann zu König wählte; Koblenz gehörte zum Erzbistum Trier.

Wenn das eine von der Vorsehung her gedeutet wird, dann auch das andere, das man gern vermieden hätte: Gott hat die Wahl des Staufers Konrad zugelassen und damit die langfristige Schwächung des deutschen Königtums. Manches ist schwer zu begreifen: Die Schaffung des lateinischen Abendlandes erfolgte von Deutschland her, dessen Bedeutung als machtpolitischer Faktor zugleich schwand. Später ging von Deutschland auch noch die religiöse Spaltung des Abendlandes durch die Reformation aus. – Erst von ihrem Ende her werden wir die Geschichte verstehen. – Si bona suscepimus de manu Dei, mala quare non suscipiamus?* Wenn wir das Gute aus der Hand Gottes [gern] hingenommen haben, warum sollen wir das Schlechte nicht [ebenso] hinnehmen?

* Ij. 2, 10 V

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Das wieder erstarkende Königtum Frankreichs sah sich durch die Kaiserkrönungen deutscher Könige zurückgesetzt: Deutschland lag nicht einmal gänzlich auf dem Boden des untergegangenen Weströmischen Reiches und sollte nun das Reich repräsentieren? War es nicht viel mehr ein halb barbarisches Land? Die kulturellen Zentren des Abendlandes befanden sich in den Grenzen des Weströmischen Reiches: Zum Mittelpunkt der theologischen Studien entwickelte sich Paris; den der Rechtswissenschaft bildete Bologna und den der Medizin Salerno, später Montpellier. Während überall auf dem Boden des Weströmischen Reiches im Hochmittelalter Universitäten entstanden, wurde die erste Universität des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation (in Prag) erst 1348 gegründet. Es lag für den französischen König nahe, das Bündnis mit dem Papsttum zu suchen, das sich durch ein starkes deutsches Königtum bedroht wähnte; das Ergebnis dessen war die schmähliche Abhängigkeit Roms von Paris, die im Avignoner Exil der Päpste (1309 – 1377) ihren deutlichsten Ausdruck fand.

Dann aber wurde doch noch ein Welfe deutscher König, und man mochte glauben, das Geschick des Reiches werde sich mit ihm wenden: Otto IV., Enkel Heinrichs des Stolzen und Sohn Heinrichs des Löwen (gest. 1195); dessen Gemahlin, eine englische Königstochter, war Ottos Mutter. Otto wurde 1198 auf englischen Vorschlag hin zum König gewählt, konnte seine Herrschaft aber nicht auf (Nieder-)Sachsen und Bayern stützen, die unter der staufischen Regierung an andere Fürsten* vergeben worden waren. 1209 erfolgte Ottos Krönung zum Kaiser in Rom. – Schon Ottos Bündnis mit England bildete einen ausreichenden Grund für die Feindschaft des französischen Königs; hinzu kam die Unterstützung des staufischen Gegenkönigs durch Frankreich. 1214 kam es zur Schlacht von Bouvines in Flandern zwischen Philipp II. von Frankreich (1180 – 1223) auf der einen und Otto IV. auf der anderen Seite; dessen Truppen wurden durch ein englisches sowie ein flämisches Kontingent verstärkt. Den englischen König Johann Ohneland (1199 – 1216) allerdings hatte der französische Kronprinz Ludwig (Ludwig VIII., 1223 – 1226) bereits am 2. Juli bei Savennières südwestlich von Angers  geschlagen.**

* Sachsens Westen an den Erzbischof von Köln, der Osten an die Ascanier, Bayern an die Wittelsbacher

** Die daraus resultierende Schwäche des englischen Königs hatte zur Folge, daß er die Magna Carta des Adels unterzeichnen mußte (1215).

Otto IV. unterlag nicht nur; er floh vom Schlachtfeld. Was er an Geld besaß, brachte seine spielsüchtige Gattin durch. Die letzten Verbündeten verließen den lethargischen Otto, der sich vereinsamt in die Harzburg zurückzog, wo er 1218 kinderlos verstarb. – Den französischen König hatte dessen Biograph Rigord (gest. ca. 1209) schon vor Bouvines den Beinamen Auguste zugeschrieben; Augustus hieß der erste römische Kaiser, unter dessen Regierung der Heiland geboren wurde. Es ist klar, daß damit – durch den Mund Rigords – ein Anspruch auf das Kaisertum formuliert wurde.

In den folgenden Jahrhunderten suchten die französischen Könige immer wieder dem Reich und dem Kaiser zu schaden. Es seien nur wenige Beispiele erwähnt. So bekriegte Franz I. (1515 – 1547), der 1519 vergeblich die Hand nach der Kaiserkrone ausgestreckt hatte, immer wieder Kaiser Karl V. (1519 – 1556). Dazu schloß Franz I. Bündnisse mit Venedig und dem Papst; sogar mit den Osmanen, die 1529 vor Wien standen, kooperierte Franz I. Als nach den vor allem – direkt oder indirekt – durch Frankreich im Reich verursachten Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges (1618 – 1648) die Osmanen noch einmal nach Wien vorstießen (1683), blieb Frankreich, das zwei Jahre zuvor mitten im Frieden die Reichsstadt Straßburg besetzt hatte, zwar neutral gegenüber dem bedrängten habsburgischen Kaiser. Gleichzeitig aber brach Frankreichs König Ludwig XIV. (1643 – 1715) den Reunionskrieg gegen die Niederlande und das habsburgische Spanien (1683 – 1684) vom Zaun und nicht lange danach den Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688 – 1697) gegen das Reich, während die Streitkräfte des Kaisers durch den Großen Türkenkrieg (1683 – 1699) im Osten gebunden waren.

Endlich aber triumphierte Frankreich: Nachdem die Heere der Französischen Revolution mit Erfolg u.a. gegen die deutschen Teilstaaten gekämpft hatten, errang General Napoleon (gest. 1821) mittels eines Staatsstreiches die Macht (1799). Napoleon brachte einen großen Teil der deutschen Fürsten auf seine Seite (Rheinbund 1806) und veranlaßte damit den Kaiser zur Abdankung (1806), nachdem er sich selbst zum Kaiser gekrönt hatte (1804). Französische Heere besetzten weite Teile Europas. – Nachdem Kaiser Maximilian I. (1493 – 1519) einmal erwähnt hatte, daß „Frankreich (als) des Römischen Reichs und der Deutschen Nation natürlicher Erbfeind und Durchächter“* sei, fand der Begriff Erbfeind nun zu Beginn des 19. Jahrhunderts weitere Verbreitung.

* gedruckte und öffentlich verbreitete Denkschrift des Kaisers an den Konstanzer Reichstag (1507)

Das Leben als Helot unter der drückenden Last der Herrschaft eines fremden Volkes stellt natürlich ein großes Übel dar;* es spornte die Deutschen zu den Befreiungskriegen an, die mit Hilfe Rußlands und Großbritanniens zum Sturz Napoleons führten (1815). Weit schlimmer noch ist es, das sei angemerkt, in einem Staate, der das Leben gemäß der menschlichen Natur verhindern will, das Gute straft und die Sünde hofiert; wenn jede Obrigkeit ihre Autorität von Gott empfängt (vgl. Rom. 13, 1), dann hat eine solche sie gegen die des Widersachers eingetauscht, der aber auch nur eine Kreatur ist. – Der Wiener Kongreß (1814 – 1815) zur Neuordnung der Landkarte Europas verzichtete auf die Abtrennung deutscher Gebiete von Frankreich, stellte damit ein starkes Frankreich wieder her** und legte so den Grund für einen deutsch-französischen Krieg für den Fall der Herstellung einer staatlichen Einheit Deutschlands. Dieser Krieg brach 1870 aus, als Preußen ein (klein-)deutsches Reich schuf (1871). Frankreich unterlag und sah sich zur Abtretung Elsaß-Lothringens genötigt. – Jahrhunderte hindurch hatte man Kriege gegen das Reich geführt, zwar nicht, um es zu vernichten, aber um es zu schwächen und um an seiner Statt die erste Stelle im Abendland einzunehmen; und nun eine Niederlage, die diese Bemühungen teilweise zu Nichte machte! Dies rief einen geradezu hysterischen Revanchismus hervor; „Bouvines“ wurde zum nationalen Mythos und verklärten Wunschbild für die Zukunft. Jede Möglichkeit, erfolgreich Krieg gegen Deutschland zu führen, mußte Frankreich recht sein. Die ersehnte Gelegenheit bot sich endlich, endlich 1914.

* Bevor man sich darüber ausläßt, bedenke man, daß kleinere Völkerschaften regelmäßig unter der Herrschaft größerer stehen und bestenfalls Autonomie erlangen, so daß sie ihre inneren Angelegenheiten eigenständig zu regeln vermögen und ihre Kultur bewahren. – Eine Ausnahme von dieser Regel stellte das Römische Reich dar, dessen machtpolitisches Zentrum zuerst Rom, dann Italien war. Doch die Vergabe des römischen Bürgerrechts an Angehörige anderer Völker (vor allem durch den Dienst in den Hilfstruppen der Legionen) führte dazu, daß die Provinzen romanisiert wurden, während sich in Italien Bürger aus den verschiedenen Provinzen niederließen. Der römische Senat bildete am Ende des 2. Jahrhunderts ein aus fast allen Provinzen des Reiches zusammengesetztes Gremium. Es entstand in der lateinischen Westhälfte des Imperiums eine Reichsbevölkerung lateinischer Zunge, während die völkischen Unterschiede in den Hintergrund traten. Geistig fand diese Einheit ihren Ausdruck im Neuplatonismus und im Christentum als Staatsreligion.

** Frankreich beanspruchte das Kaisertum erneut durch Napoleon III. (1848 – 1871; Kaiser seit 1852).

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Während sich also im Westen Deutschlands Frankreich seit dem Hochmittelalter als unversöhnlicher Feind gebärdete, wuchs im Osten eine noch weit größere Bedrohung heran: Frankreich vermochte Deutschland zu schaden, seine Regierung zu schwächen, Provinzen zu annektieren, aber nicht Deutschland ins Gesamt zu vernichten. – Während die Schlacht bei Bouvines zwischen Philipp II. und Otto IV. ausgefochten wurde, schuf Dschingis Khan (1206 – 1227) im Fernen Osten die Grundlagen des mongolischen Weltreiches, das bald hernach große Teile Eurasiens kontrollieren sollte. 1240 eroberten sie Kiew und brachten Rußland unter ihre Herrschaft. 1241 besiegten die Mongolen ein deutsch-polnisches Heer bei Liegnitz, und nur der plötzliche Tod des Großkhans bewahrte Mitteleuropa vor dem Schicksal des Ostens. Dorthin ausschauend erblickte man einen übermächtigen Pfeind, der an die antiken Hunnen erinnerte, und so wirkt das Nibelungenlied wie eine prophetische Vorahnung, das zu Beginn des 13. Jahrhunderts seine uns vertraute Gestalt erlangte.

Kleine russische Fürstentümer suchten miteinander verbündet vergeblich, die mongolische Oberhoheit abzuschütteln, wenn sie auch einige Erfolge während des 14. Jahrhunderts erzielten, wobei Moskau die führende Stellung innerhalb der russischen Opposition einnahm. Erst 1480 vermochte Iwan III. (1462 – 1505) als Moskauer Großfürst, nach mehrjähriger Verweigerung der Tributzahlungen an den Großkhan die Mongolen zum Rückzug und zum Verzicht des Anspruches auf die Oberhoheit über Rußland zu zwingen; Iwan III. heiratete eine Nichte des letzten byzantinischen Kaisers (1472), so daß Moskau das Erbe des 1453 von den Osmanen eroberten Konstantinopel beanspruchen konnte, die in der Übernahme des Kaisertitels* (ab 1478) unübersehbar Ausdruck fand.

* Zar = C(aes)ar

Mit dem Jahre 1480 endete sozusagen das Mittelalter in Rußland. Eine neue Aera brach an. Unablässig expandierte das Zarenreich,* nicht nur nach Osten, wo über Sibirien Chinas Grenze erreicht und überschritten wurde** und im 19. Jahrhundert sogar Alaska, sondern auch nach Westen und Süden, während im Norden das Polarmeer eine natürliche Grenze bildete. Im Süden drang Rußland im 19. Jahrhundert nach Zentralasien und in den Kaukasus vor; Eroberungen auf dem Balkan wurden durch den Krimkrieg (1853 – 1856) verhindert, in welchem Großbritannien und Frankreich das schwache Osmanenreich unterstützten.***

* Gegenwärtig ist Rußland im Westen wieder in seine Ausgangsstellung zurückversetzt worden. Daher eignet es sich als Bündnispartner Deutschlands eher als ein z.Z. erfolgreicher operierendes Imperium. Eine erneute russische Expansion wäre zwar alles andere als wünschenswert, der Anschluß der Krim (2014) allerdings wirft helles Licht auf den Deutsch-Österreichs und des Sudetenlandes (1938). – Eine Anmerkung zum Frieden von Brest-Litowsk (1918): Das ehemalige Zarenreich mußte weite Gebiete im Westen abtreten, gewiß, aber es waren nicht russisch besiedelte, d.h. durch den Vertrag von Brest-Litowsk wurden mehrere Völker von der russischen Oberhoheit befreit – bis Stalin sie im 2. WK (mit Ausnahme des größeren Teiles Finnlands) wieder unterwarf und darüber hinausgehend Vasallenstaaten bis zur Elbe kontrollierte.

** Wladiwostok hieß als zuvor als chinesische Siedlung Hai shan wei.

*** Am Ende stand auch Italien (hier: das Königreich Piemont-Sardinien) auf der Seite der Sieger, da man den Russen 1855 noch den Krieg erklärt hatte.

Im Westen wurde der baltische Staat des Deutschen Ordens durch die Reformation in ein saeculares Fürstentum umgewandelt. Dessen Nordteil sah sich angesichts der russischen Expansion veranlaßt, Schutz bei mächtigen Nachbarstaaten zu suchen (1561)*: Der Norden Livlands, aus dem Estland hervorging, schloß sich an Schweden an, zu dem damals auch Finnland gehörte, der Südteil, Kurland samt dem Süden Livlands, aus denen Lettland hervorging, Polen-Litauen, zu dem damals auch Weißrußland und die Ukraine gehörten. Schweden und Polen erwehrten sich nicht gemeinsam Rußlands, sondern kämpften im 17. Jahrhundert gegeneinander; Schweden triumphierte und schob seine Grenze im Baltikum nach Süden vor, so daß Livland nun ins Gesamt Schweden unterstand.** – Schon zuvor war es zu einem ersten Krieg zwischen Rußland und Schweden gekommen.*** Im Großen Nordischen Krieg (1700 – 1721) endlich verlor Schweden Livland samt dem finnischen Karelien an Rußland.

* Livländischer Krieg (1558 – 1583)

** Schwedisch-polnischer Krieg 1600 – 1629

*** Russisch-schwedischer Krieg 1590 – 1595

Polen-Litauen verschwand nach mehreren Teilungen von der Landkarte (1795); vorerst teilte Rußland mit Preußen und Österreich die Beute. Der Wiener Kongreß sprach Rußland 1815 den Kernbereich Polens (samt Kurland, Litauen, Weißrußland und der Ukraine) zu; Randgebiete Polens gingen an Preußen und Österreich. Im Finnischen Krieg (1808 – 1809) gegen Schweden hatte Rußland bereits zuvor Finnland erobert. – Mit Hilfe der Ideologie des Panslawismus erhob das Zarenreich im 19. Jahrhundert Anspruch auf Oberhoheit über sämtliche slawischen Völkerschaften, nachdem die weitere Ausdehnung auf Kosten des Osmanischen Reiches durch Großbritannien und Frankreich verhindert worden war: Dies bedeutete, daß vor allem Österreich-Ungarn, in dessen Grenzen Tschechen, Slowaken, Slowenen usf. lebten, das nächste russische Angriffsziel bilden mußte.

Rußland konnte nicht übersehen, daß das nach einem neuen Bouvines lechzende Frankreich als Bundesgenosse für den bevorstehenden Kampf bereitstand; Frankreichs Angriffsziel war jedoch nicht Österreich-Ungarn, sondern (Klein-)Deutschland, doch war ohnehin zu erwarten, daß Deutschland Österreich-Ungarn im Falle eines Krieges beistehen würde. Wenn das Zarenreich also ohnehin gegen Österreich-Ungarn sowie (Klein-)Deutschland zu kämpfen hatte, dann war Frankreich als Verbündeter um so wertvoller, weil es die beiden Mittelmächte in die Situation eines Zweifrontenkrieges versetzte. – 1894 schlossen Frankreich und Rußland ein Verteidigungsbündnis. Der Beitritt Großbritanniens erweiterte es zur Triple Entente (1907). Vielleicht rieb man sich in Paris und St. Petersburg die Hände, da man meinte, Großbritannien nun in das gemeinsam mit Frankreich besetzte Boot geholt zu haben; doch weitblickende Persönlichkeiten in London werden es eher so gesehen haben, daß man für den bevorstehenden Kampf gegen Deutschland nun Frankreich und Rußland vor seinen Karren gespannt hatte, deren Territorien durch den Krieg zuerst betroffen sein würden. Hinter England aber tauchten die USA auf, die den Krieg der Alliierten mit Krediten befeuerten. Dreißig Jahre später verwandelte sich Deutschland in Etzels Halle, und wer daraus entkam, verlernte es, seine Toten zu beweinen. „hie hât daz maere ein ende: daz ist der Nibelunge nôt.“

 

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