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Gedankensplitter (4. Dez.)

Auf dem 7. Integrationsgipfel vor zwei Tagen antwortete die derzeit amtierende Kanzlerin auf die Frage „Wann ist Integration für Sie geschafft?“, die sie sich selbst stellte: „Tja, dann, wenn genauso viele junge Menschen mit Migrationshintergrund einen Schulabschluss haben, einen Studienplatz annehmen, eine Facharbeiterausbildung absolvieren, wie die, deren Familien schon seit vielen hundert Jahren in Deutschland leben.“ – Es gibt keine Deutschen mehr, sondern nur noch Menschen – bemerkenswerter Weise in Familien[verbänden], – die längere oder kürzere Zeit in dem geographischen Raum, der den Namen Deutschland trägt, irgendwie leben. Zusammen mit Merkels Bekenntnis zum Überwinden von Mauern, der Aufhebung der Grenzen von Nationalstaaten, bedeutet dies ein Aufgehen des deutschen Volkes in der Menschheit.

Das klingt – im Zeitalter neoliberaler Globalisierung – nicht besonders originell. Ich frage mich allerdings, wie paßt so ein umgreifendes Ziel wie die Auflösung des deutschen Volkes in Wohlgefallen zu dem der Kanzlerin immer wieder attestierten prinzipienlosen Durchwursteln, denn das schließt doch eigentlich das Verfolgen einer programmatischen Politik aus. Den Schlüssel zum Verständnis bildet wohl der sog. Präsidialstil der Kanzlerin. Sie lehnt Forderungen, die nicht aus der eigenen Partei kommen, sondern z.B. aus anderen EU-Ländern oder oppositionellen Bundestagsparteien, erst einmal ab. Anschließend wird die eigene Position nach und nach zurückgenommen. Im Jahre 2012 wurde vor entsprechenden EU-Gipfeltreffen von der Kanzlerin verkündet, daß sie Eurobonds unbedingt ablehnen werde; doch fand man andere Wege, um Staaten zu unterstützen, die kränkeln und Eurobonds fordern, z.B. Frankreich, dessen zu hohe Neuverschuldung 2014 wieder einfach hingenommen wird, als wäre sie nicht vertragswidrig.

Man könnte also von indirekter Verfolgung eines – wohl aus Mangel an eigenen Überzeugungen – lediglich übernommenen Programms sprechen: Es wird nicht danach gestrebt, es selbständig durch bestimmte Maßnahmen zu verwirklichen, sondern man überläßt stets weiter nachgebend denen, die das Programm tatsächlich verfolgen, das Feld, doch immer peu à peu, mit dem Anschein des Widerstrebens.

 

3 Kommentare zu „Gedankensplitter (4. Dez.)“

  • Sehr geehrter Herr Klein-Hartlage,

    zu Gedankensplitter 4.12. …..

    ist Ihnen nicht auch schon aufgefallen, dass Frau Merkel NIE das Wort „Volk“ in den Mund nimmt, sondern immer nur von „die Menschen, die Menschen“ spricht? Zum 50. Jahrestag der Elysee-Verträge zitierte sie DeGaulle, der damals ausrief (auf Deutsch) „…jawohl, ihr seid Kinder eines großen Volkes“, Zitat Merkel: „…ihr seid Kinder eines großen Landes.“ Sie beißt sich lieber die Zunge ab, als das Wort „volk“ in den Mund zu nehmen. Ich schrieb ihr eine e-mail, um sie daraufhinzuweisen.

    Machen Sie weiter so, lieber Herr Klein-Hartlage.
    MfG
    B.Bischoff

  • virOblationis:

    Natürlich ist es möglich, Manfred Kleine-Hartlage über die DK-Seite anzusprechen, doch sei bei dieser Gelegenheit noch einmal darauf hingewiesen, daß die ohne ausdrückliche Nennung des Autors erscheinenden Gedankensplitter von mir, virOblationis, stammen.

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