Inhaltsverzeichnis

Globaler Neoliberalismus 5 (27. Febr. ’15)

Etwa wie die Anleihe zur Aktie, so verhält sich das Darlehen zum investierten Geldkapital. Im Gegensatz zur Anleihe wird das für die Aktie bezahlte Geld vom Unternehmen nie wieder zurückerstattet, weil es in dessen Kapital eingegangen ist. Ebenso soll das investierte Geldkapital – im Idealfall – nie ausbezahlt und in Waren vergegenständlicht, sondern immer fort neu investiert werden, um kontinuierlich anwachsend immer höhere Gewinne zu erzielen; sobald das Geldkapital nicht mehr investiert, sondern verbraucht wird, scheidet es aus diesem Zusammenhang aus.

Da die Mehrzahl der Geldkapitalisten in der Anfangszeit des nur allmählich und gegen Widerstände sich durchsetzenden Monopolkapitalismus noch auf eigene Faust versuchen mußte, gewinnbringend zu investieren, entstanden bald Gesellschaften zur Vermögensverwaltung, die dies übernahmen. So wurde 1903 eine solche unter dem Namen Bankers Trust Company in New York gegründet, hinter der mehrere Banken standen, u.a. JP Morgan; übrigens gehört Bankers Trust seit 1999 zur Deutschen Bank, als keine Persönlichkeit wie Alfred Herrhausen* mehr ihrem Investmentbanking im Wege stand. – Das Investitionsgeschäft ist durch die als Aktiengesellschaft organisierte Vermögensverwaltung objektiviert worden wie die Leitung der Warenproduktion durch Aktiengesellschaften anstelle einzelner Unternehmer.

* geb. 1930, gest. 1989 [durch ein Attentat]; man stelle sich Herrhausens Anordnungen (von 1987) einmal zu Beginn des 21. Jahrhunderts vor: Eine Großbank, die Entwicklungsländern freiwillig Creditschulden erläßt: unmöglich! – Was für ein – das Investmentbanking befördernder – Zufall, daß die „RAF“ ausgerechnet Alfred Herrhausen umbrachte.

Das Investmentgeschäft gleicht dem Gewähren von Darlehen gegen Zins: In beiden Fällen wird durch die Überlassung von Geld ohne eigene Arbeitsleistung Gewinn erzielt.* Daher erscheint es konsequent, daß das Investmentgeschäft vornehmlich von Banken betrieben wurde, wobei das us-amerikanische Trennbankensystem (1933 – 1999) dazu dienen sollte, vor allem das Wertpapiergeschäft als zentralen Aspekt des Investments der Vermögensverwaltung**, einer schärferen staatlichen Kontrolle zu unterwerfen als das Creditwesen.

* Karl Marx (geb. 1818, gest. 1883) führte auch das Aktiengeschäft auf den Zins zurück, s. Das Kapital Bd. 3 (1894), Teil I, 5. Abschnitt, 27. Kapitel Die Rolle des Kredits in der kapitalistischen Produktion, III. Bildung von Aktiengesellschaften.

** Im Deutschen spricht man von Kapitalverwaltungsgesellschaften; die ältere Bezeichnung Kapitalanlagegesellschaft erscheint treffender, weil es eigentlich weniger  um Verwaltung als um Mehrung durch Anlage, Investition, geht.

Das Investment sucht nach Optimierungsmöglichkeiten innerhalb des Strebens nach Gewinn, um dort, wo dieses nicht ausreichend erscheint, noch mehr herauszupressen als bis dahin. So nimmt man z.B. Einfluß auf Unternehmungen, um diese „wettbewerbsfähiger“ zu machen, oder man erwirbt Immobilien, um sie zu modernisieren und danach teurer als bis dahin zu vermieten. Man ist selbstverständlich auch an Privatisierung staatlicher Dienste interessiert, um durch Investitionen in solchen, bis dahin brachliegenden Bereichen, Gewinn zu erzielen; die Auflagen des IWF* für Credite erscheinen unter diesem Blickwinkel nur allzu verständlich.

* Internationaler Währungsfond

Nach dem Platzen der Immobiliencreditblase in den USA (2007) und der darauf folgenden Krise des Finanz- und Bankensystems (2008) lagerten Großbanken das Investmentgeschäft zunehmend aus. Die 1988 gegründete Black Rock Gesellschaft entwickelte sich zum größten Vermögensverwalter der Welt: Die Gesellschaft betreute nach eigenen Angaben zur Jahreswende 2014/2015 ein Vermögen von über viereinhalb Billionen US-Dollar zwecks Investition; die 4-Billionen-Dollar-Grenze wurde im Herbst 2013 überschritten. Dabei steht Black Rock nicht etwa in tödlichem Konkurrenzkampf mit anderen Gesellschaften, denn entsprechend dem allgemein vorherrschenden Monopolkapitalismus ist Black Rock mit anderen multinational – vor allem im Geldgeschäft – tätigen Konzernen durch gegenseitige Beteiligungen zu einer Gruppe vernetzt; im Jahre 2007, als Black Rock noch nicht dazu zählte, waren es 147 Konzerne, die damals schon fast die Hälfte der Weltwirtschaft gemeinsam kontrollierten und von denen drei Viertel dem Finanzsektor angehörten. Nach den Recherchen von Wissenschaftlern um den an der ETH Zürich tätigen Physiker James B. Glattfelder* bildet Black Rock im neu geordneten Monopol-Komplex nach 2008 das Zentrum. – Einer Zentralbank kommt innerhalb eines Währungssystems dabei die Aufgabe beständiger Vergrößerung der Geldmenge zu, um den Prozeß zu befeuern. Dazu definiert man Stabilität nicht mehr als Abwesenheit von Inflation; vielmehr setzt man sie beispielsweise im Falle der EZB willkürlich bei einer jährlichen Geldentwertung von 2% an; grundsätzlich wäre auch jede andere Zahl denkbar, die – ins Besondere dem Investmentgeschäft – opportun erscheint.

* Eidgenössische Technische Hochschule; James B. Glattfelder; geb. 1972; er ist beteiligt u.a. an folgenden Veröffentlichungen: „Backbone of complex networks of corporations: The flow of control (2009)“, „The Structure of Financial Networks (2010)“ und „The Network of Global Corporate Control (2011)“

Welche Rolle der Politischen Klasse zukommt, wird man erahnen, wenn man sich vor Augen hält, daß die Großbank Goldman Sachs im US-Präsidentschaftswahlkampf 2012 einerseits größter Sponsor des US-Demokraten Obama war und andererseits ebenso des Herausforderers Romney von den US-Republikanern.*

* Barack Hussein Obama; geb. 1961; US-Präsident seit 2009 / Mitt Romney; geb. 1947

 

1 Kommentar zu „Globaler Neoliberalismus 5 (27. Febr. ’15)“

Kommentieren