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Gedankensplitter (17. März ’15)

Vor den Spaziergängern der gestrigen PEGIDA-Demonstration in Dresden hielt auch der Versammlungsleiter der an diesem Tage pausierenden LEGIDA, Silvio Rösler, der Mann mit der grünen Pudelmütze, eine Rede. Darin führte er – wie schon einmal in Leipzig zuvor – zum Schluß ein Zitat an, das von Ernst „Teddy“ Thälmann stammt, dem Vorsitzenden der KPD seit 1925. Darin schlägt Thälmann patriotische Töne an: „Mein Volk, dem ich angehöre und das ich liebe, ist das deutsche Volk, und meine Nation, die ich mit großem Stolz verehre, ist die deutsche Nation, eine ritterliche, stolze und harte Nation. Ich bin Blut vom Blute und Fleisch vom Fleische der deutschen Arbeiter und bin deshalb als ihr revolutionäres Kind später ihr revolutionärer Führer geworden.“

Diese Sätze entstammen einem Kassiber Thälmanns von 1944, dem Jahr seiner Liquidierung in Buchenwald. Ob patriotische Töne im Munde eines Mannes, der sich zum Internationalismus bekennt – „Die Arbeiter haben kein Vaterland. (Kommunistisches Manifest, 1848)“ – wirklich überzeugend klingen, sei dahingestellt. Die Sätze klingen auch sonst so gediegen, daß man sie Thälmann kaum zutraut, sonst Autor wenig origineller Texte und berüchtigt für seine eigenwilligen Kombinationen verschiedener Redewendungen.

Aber abgesehen von all dem, scheint es mir grundsätzlich klug zu sein, dem Gegner dessen Traditionen streitig zu machen, indem man auf bestimmte Aspekte hinweist, statt Personen pauschal abzulehnen. Man kann zeigen, daß durchaus Zutreffendes von Vertretern der Gegenseite vorgetragen worden ist, möglicherweise auch, um Leute für sich einzunehmen, indem man ihnen etwas vorgaukelt. Aber sei’s d’rum: Was recht ist und geäußert wird, darf für das Rechte angeführt werden, denn dort ist es ja eigentlich beheimatet. – Man entfernt damit Elemente aus dem theoretischen Fundament, auf das sich der Gegner stellt.

Dieser versucht natürlich auch, das, was von rechts zu kritisieren ist, für sich zu beanspruchen. Ein aktuelles Beispiel: Die Kritik am monopolkapitalistischen Wirtschaftssystem reklamieren die Linken mittels „Blockupy“ für sich, obwohl sie doch gar nicht daran denken, es grundsätzlich in Frage zu stellen; anders die Alte Linke, und es ist klug, immer wieder darauf hinzuweisen, daß die Neue Linke sich davon – und damit z.B. auch von Thälmann – im Grunde genommen losgesagt hat. Blockupy pfeift auf das Wohl der Werktätigen und der Angehörigen der nationalen Bourgeoisie, die unter der Wirtschafts- und Finanzpolitik zu leiden haben, und ruft stattdessen beispielsweise zur Demonstration unter dem Motto „Refugee’s Revolution“ auf. – Es stellt sich daher den Rechten die Aufgabe, auch die Tradition der Alten Linken zu durchforschen, um daraus Erkenntnisse und Argumente für die Kritik am globalen Monopolkapitalismus zu gewinnen und diese ganz für sich zu beanspruchen.

 

 

 

5 Kommentare zu „Gedankensplitter (17. März ’15)“

  • Waldgänger:

    Zustimmung.
    Da die heutige sog. „Linke“ das Volk verraten hat, rutscht die Rechte heute defakto in die eigentliche Rolle der Linken.
    Rechts ist links, witzig, aber nicht falsch.

    Pegida ist daher in gewisser Weise eine linke Bewegung.
    Man kann nämlich sagen, dass jede(!) Volksbewegung, die gegen die Mächtigen auf die Straße geht, im klassischen Sinne automatisch „links“ ist.

    Die heutigen off. Linken sind ja bloß der Mob und die Sturmtruppe der Herrschenden und keine Linken im Sinne der historischen Arbeiterbewegung.
    Es ist nur eine peinlich-primitive Horde.

    Und wenn man sich dann bei jenen früheren Linken bedient, die vielleicht noch keine vollständigen Verräter gewesen sind, so ist das okay.

  • Hans Dampf:

    Ich biete Kontra:

    Mit dem Bezug auf den Kommunistenführer stärkt man die Selbstachtung der Kommunisten („Jetzt versuchen schon die PEGIDA-Leute unseren Thälmann für sich zu nutzen“).
    Das trägt vielmehr zur Stärkung des Linskextremismus in Deutschland bei. Genauso wie Öko-Anbiederung die Grünen stärkt.
    Ich sage: Nein!

    Kommunismus ist Massenmord. http://www.museumoncommunism.org
    Statt Thälmann zu zitieren, sollte die Opferzahl des Kommunismus im 20. Jh. klar benannt werden:

    100 Mio. Tote!

    Wer weiterhin versucht, die sozialistische Weltgesellschaft des gleichgeschalteten Massenmenschen zu errichten, geht genau in diese Richtung. (Und macht in Wirklichkeit nur das Fußvolk für die Profiteure in den Eliten. Kommunismus ist ohnehin nur für die „dummen Idealisten da unten“ gedacht.)

    Kommunismus heißt heute Multikulti.
    Und wird genauso verlaufen.

  • Unke:

    @Hans Dampf
    Sie scheinen -aus geschichtlicher Unkenntnis heraus- die Ironie nicht zu begreifen.
    Es gab (bzw. gibt, siehe den „Nationalbolschewisten“ Elsässer) patriotische Linke. Thälmann war offensichtlich so einer (vgl. auch die Unterscheidung zwischen „Alt-“ und „Neulinken“ hier auf diesem Blog).
    Heutige linke Lumpen daran zu erinnern ist doch immer wieder erheiternd.

  • Hans Dampf:

    @Unke
    Ist mir schon bekannt, Herr / Frau Professor (war ironisch).
    Ist aber ohne große Bedeutung.
    Was meiner Ansicht nach wichtig ist, habe ich geschrieben, wer darauf antworten will, kann es tun.

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