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Gedankensplitter (25. März ’15)

Angesichts des gestrigen Flugzeugunglücks zeigt sich wieder die geistige Leere des derzeit im Lande herrschenden Zustandes, ins Besondere in Worten und Taten der Repräsentanten des Staates. Sie beteuern bei solchen Ereignissen regelmäßig ihre Erschütterung und reisen am besten noch zum Ort des Unglücks, um ihre Anteilnahme zu erweisen. – Man bedenke nur, mit welcher Herzenskälte dieselben Leute vom Leiden und Sterben ihrer eigenen Volksgenossen im letzten Kriege auf deutschem Boden sprechen, da sie regelmäßig auf deren [angeblichen] Anteil an [kollektiver] Schuld verweisen.

Eine über das irdische hinausweisende Perspektive besteht in der Öffentlichkeit nicht, wenn überlieferte religiöse Vorstellungen dem Belieben des Einzelnen überlassen sind. So wird öffentlich allein Betroffenheit geboten. Alles spielt sich auf der Ebene des Emotionalen ab. Die Vernunft ist nun einmal dem ökonomischen Bereich vorbehalten. Was hätte sie auch schon mitzuteilen, wenn der Mensch nur das Zufallsprodukt einer Evolution ist, so daß nichts über sein irdisches Dasein hinausreicht? Es bleibt nur, die Betroffenheit der Hinterbliebenen „ernst zu nehmen“, um sie mit psychologischen Betreuern heimzusuchen, denen neuerdings von den Medien gern die ehrenvolle Bezeichnung eines Seelsorgers beigelegt wird, obwohl kaum einer von ihnen sich den Tod als Lösung der unsterblichen Seele vom Leibe denken wird.* Das Ziel einer solchen Seelsorge kann letztlich nur darin bestehen, den Einzelnen wieder ins Vergnügungskollektiv einzugliedern. Die persönlich nicht durch das Unglück Betroffenen hingegen dürfen sich von der Katastrophe gruseln und vom Leid der Hinterbliebenen als „Event“ ablenken lassen.

* Wie ich nun höre, sollen sich der Hinterbliebenen der durch das Flugzeugunglück Getöteten kirchliche Seelsorger, nicht psychologische Berater o.ä. angenommen haben; doch bei wie vielen von ersteren wird es heutzutage um den Glauben an die Unsterblichkeit der menschlichen Seele besser bestellt sein als bei letzteren?

Wie würde die Atmosphäre doch geradezu gereinigt, wenn einer der Repräsentanten des Staates zeigte, daß er der Trauer der Hinterbliebenen gleichsam mit Ehrfurcht begegnet, ohne eine nicht vorhandene persönliche Betroffenheit vorzuzeigen! Die anderen würde er ermahnen, nicht als Schaulustige sich zu verhalten, sondern zu bedenken, daß jeden die Stunde erwartet, in der er vor seinen Richter zu treten hat, der von ihm Rechenschaft darüber fordert, wozu ihm seine Lebenszeit gedient hat. – Daß auch Kinder und Heranwachsende unter den Toten des Flugzeugabsturzes sich befinden, erscheint besonders tragisch, da sie keine Gelegenheit fanden, ihre Begabungen voll zu entfalten. So bleibt nur, stets im Bewußtsein des Todes zu leben, der Menschen jeden Alters hinwegraffen kann, was nur in Zeiten wie diesen allzu gern vergessen wird. „Oder meint ihr, jene achtzehn, auf die der Turm am Siloach stürzte, seien schuldiger gewesen als alle Bewohner Jerusalems? Nein, sage ich euch; doch wenn ihr nicht umkehrt, werdet ihr alle auf dieselbe Weise umkommen.“ (Luk. 13, 4f. [Übersetzung der Jerusalemer Bibel])

 

 

6 Kommentare zu „Gedankensplitter (25. März ’15)“

  • Waldgänger:

    Zu dem Richtigen, was im Gedankensplitter steht, möchte ich noch etwas anderes anmerken.

    Wir haben ja nun im Laufe der letzten Jahrzehnte schon so einige Flugzeugunglücke und sonstige Katastrophen miterleben müssen.
    Diesmal scheint mit der mediale Wirbel – anders kann man es wirklich nicht nennen – deutlich(!) größer als sonst.
    Warum?

    Liegt es wirklich nur an der Sensationsgeilheit der Medien und dem Versuch der Politiker, in einem vorteilhaften Licht da zu stehen – oder ist es mehr?

    Irgendwie drängte sich mir gestern der Eindruck auf, als ob das medienkonsumierende Volk auf Opfer eingestimmt werden sollte…
    Die Einigkeit der im Unglück Betroffenen, die Gemeinschaft der Trauernden, die Harmonie von mitfühlender Politik und trauerndem Volk.
    Das könnte sich ja wiederholen im Falle künftiger Kriege…
    Auch ist es natürlich eine schöne Möglichkeit, um von Pegida usw. abzulenken.

  • Unke:

    @Waldgänger

    Diesmal scheint mi[r] der mediale Wirbel […] größer als sonst.

    Nun ja, es handelt sich den Totalverlust einer Maschine des deutschen nationalen Flagship-Carriers, der Lufthansa.
    Und -natürlich würde das ein MSM-Redakteur nie zugeben- die Leute „hier draußen im Lande“ interessieren sich nun mal 100x mehr für eine deutsche „Havarie“ als für vor Lampedusa gestrandete „Flüchtlinge“.
    In summa: der Absturz des GW- Fliegers ist ein nationaler Schock. Und das muss ich einem deutschen Waldgänger erklären…?

  • […] An dieser Stelle soll niemandem die Ernsthaftigkeit seiner Gefühle abgesprochen werden. Dennoch stimmt es seltsam, wie auf den tragischen und sich als immer absurder darstellenden Tod von 150 Menschen bei einem Flugzeugabsturz reagiert wird: Das Ausmaß der Erschütterung, Betroffenheit und Trauer scheint von der Staatsspitze bis zu ihre Partys absagenden Kölner Abiturklassen keine Grenzen zu kennen – obwohl von all diesen Trauernden nur eine verschwindend kleine Zahl die Toten gekannt haben dürfte. Wenn überhaupt. Es gibt bösartige Kommentare zu diesem Thema, die wir schnell und ohne Kommentar unsererseits in die zugehörige Ecke stellen. Und dann haben wir einen Kommentar gefunden, der uns durch seine Nachdenklichkeit und die Tiefe seines Inhaltes sehr beeindruckt hat (Gedankensplitter (25. März ’15). […]

  • Hildesvin:

    Doch, ich spreche unseren Politschaben jedes Gefühl ab. Das Gemütsleben der Krätzmilbe dürfte reichhaltiger sein. Dixi.

  • […] Gedankensplitter (25. März '15) […]

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