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Gedankensplitter (27. April ’15)

Vom BND* ist in den Meldungen dieser Tage immer wieder zu hören. Es geht um seine Tätigkeit für die NSA**, und aus den Reihen der Partei Die Linke war etwas von einem im Raum stehenden Vorwurf des Landesverrats gegenüber dem BND zu vernehmen, auch von einem Organisationsversagen mit Blick auf BND sowie Kanzleramt. Man argwöhnt auf Seiten der Linken, daß der BND ein „Eigenleben“ führe, also vom dafür zuständigen Kanzleramt nicht recht beaufsichtigt werde, und die Generalsekretärin der SPD spricht von möglich personellen Konsequenzen in bezug auf das Kanzleramt. – Nun, wenn die Regierung durch CDU/CSU samt SPD und die Opposition von den Grünen zusammen mit der Linken übernommen wird, darf man von dorther zwar einige Informationen über konkrete Fakten, aber so wenig hilfreiche Schlußfolgerungen erwarten wie von einem NSU-Ausschuß unter Leitung des SPD-Genossen Edathy (2012 – 2014).*** – Was also ist an konkreten Informationen über die Tätigkeit des BND für die NSA jüngst bekannt geworden?

*Bundesnachrichtendienst; Auslandsgeheimdienst der BRD

** National, Security Agency; US-Auslandsgeheimdienst mit dem Schwerpunkt in der Erfassung von Daten aus der EDV (elektronische Datenverarbeitung

*** Dessen Bemühungen wurden gekrönt durch die Verabschiedung des „Gesetzes zur Umsetzung von Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses“ im März 2015, das vorgibt, „die Lehren aus erkennbar gewordenen organisatorischen Defiziten bei den Ermittlungen nach den NSU-Anschlägen“ zu ziehen, tatsächlich aber „sicher(ge)stellt, dass rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtenden Motive bei der Strafzumessung künftig stärker berücksichtigt werden“. (Das Zitierte entstammt einer Verlautbarung des Bundesjustizministeriums vom 19. März 2015)

Am 22. April dieses Jahres informierte das Kanzleramt den NSA-Untersuchungsausschuß über Wirtschaftsspionage des BND für die NSA, von der man im März erfahren habe; tags darauf attackierte ein Sprecher des Regierung den BND öffentlich. Zurecht? – Wohl kaum. Vom BND nämlich wurde vielmehr das Bundeskanzleramt über Tätigkeit für die NSA informiert, mindestens seit 2008. Dies steht inzwischen fest.

Wenn aus den Reihen des BND einerseits dem Lande abträgliche Tätigkeit für die NSA ausgeübt wird, andererseits aber die zuständige Ausfichtsbehörde davon in Kenntnis gesetzt wird, scheint es sich beim BND nicht um einen monolithischen Block zu handeln, sondern um einen Komplex, in dem mehrere Strömungen vorhanden sind, unter denen sich zwei identifizieren lassen, eine transatlantisch ausgerichtete und eine patriotische; diese Kennzeichnung wirkt ein wenig plakativ, sie läßt sich aber erst dann präzisieren, wenn weitergehende Informationen vorliegen.

Hat man also zwei Strömungen im BND unterschieden, stellt sich die Frage, wie sich das Kanzleramt ihnen gegenüber verhalten hat. – In diesem Zusammenhang sei noch einmal aufgezählt, wer diese Institution in den vergangenen Jahren geleitet hat: Das waren Frank-Walter Steinmeier, SPD,* Thomas de Maizière, CDU,** Ronald Pofalla*** und Peter Altmaier, CDU.****

* 1999 – 2005; 2005 – 2009 und seit 2013 Außenminister

** 2005 – 2009; 2009 – 2011 und ab 2013 Innenminister, 2011 – 2013 Verteidigungsminister,

*** 2009 – 2013; als verdientes Mitglied der Politischen Klasse Anfang 2015 zur Deutschen Bahn gewechselt, um – nach einer Bewährungszeit als Generalbevollmächtigter [Lobbyist] – in deren Vorstand aufzusteigen

**** ab 2013; 2012 – 2013 Umweltminister

In den Sommer 2013 fiel der Beginn der Enthüllungen Edward Snowdens, die Fragen auch zur Tätigkeit des BND aufwarfen. Der damals amtierende Chef des Kanzleramtes, Pofalla, suchte dies konsequent herunterzuspielen und erklärte die Affaire schon zwei Monate nach ihrem Beginn im Juni für beendet. Pofalla sprach von einer umfassenden Prüfung und von lediglich zwei Datensätzen, die an die USA übermittelt worden sein; inzwischen ist vom Gebrauch von 40.000 EDV-Selektoren die Rede. – Der z.Z. amtierende Chef des Kanzleramtes folgte der Linie seines Amtsvorgängers, jedoch in einer verschärften Form: Er schritt von der Vertuschung zur Unterdrückung von Informationen fort, indem er im Jahre 2014 den Mitgliedern des NSA-Ausschusses mit Strafanzeigen drohte, falls Inhalte geheimer BND-Unterlagen in die Öffentlichkeit gelangen sollten.

Wenn man versucht, die wenigen sicheren Nachrichten als Teile eines Gesamtzusammenhanges zu verstehen, erscheint das Bild eines Kanzleramtes, das unter den verschiedenen Strömungen im BND gerade nicht die patriotische, sondern die transatlantische protegiert und deren Wirksamkeit vor der Öffentlichkeit zugleich leugnet; hinter dem Kanzleramt aber erscheint die Kanzlerin selbst.

 

 

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