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Gedankensplitter (18. Sept. 2015)

Schon seit längerem habe ich den Gedanken erwogen, ob nicht der deutsche Nationalsozialismus eine Synthese von (romanischem) Faschismus, (insbesondere französischem) Antisemtismus und (angelsächsischem) Racismus* darstellt. – Nun sehe ich meine Vermutung gerade in bezug auf den dritten und letzten Punkt weiter bestätigt durch einen Text, auf den ich bei der Lektüre eines Aufsatzes in der neuen KU gestoßen bin.**

* Stichworte dazu: Charles Darwin, Houston Stuart Chamberlain, Eugenik-Gesetzgebung; vgl. dazu Die geistigen Wurzeln der Neuen Linken: Die Gleichheitsideologie

** W. Koch, „Ex occidente lux?“, Kirchliche Umschau 9 (2015), S. 18 – 32, hier: S. 26

Am Ende des Jahres 1833 verlas Andrew Jackson, siebter Präsident der USA,* vor dem Kongreß seine jährliche Botschaft, „Annual Message“, einen Bericht zur Lage, der seit 1790 meist regelmäßig vorgetragen worden ist und den man inzwischen „State of the Union Adress“ nennt; 1790 hatte es zwei Berichte gegeben, einen zu Beginn des Jahres für die vorangegangene Zeit und einen am Ende für das betreffende Jahr.

* 1829 – 1837

Drei Absätze aus der „Fifth Annual Message“ Jacksons von 1833 seien hier angeführt. Sie betreffen die Indianer, wobei sich der erste sowie der dritte Absatz auf die nach Westen umgesiedelten Stämme bezieht, der mittlere auf zwei weitere, sich noch widersetzende Stämme im Süden. – Die Stämme östlich des Mississippi haben ihr Gebiet an die USA abzutreten und werden westlich des Mississippi wiederangesiedelt, und zwar mit einer politischen Verfassung, die den veränderten Gegebenheiten entspricht; dieser Prozeß ist noch im Gange. Verschwiegen wird dabei, daß die Elendszüge, „the migration“, zahlreiche Indianer das Leben kosteten* und man ahnt, wie viele auch nach der Ankunft in den neuen, kargen Wohngebieten durch Hunger und Krankheiten zu Grunde gegangen sein werden. Doch wie zynisch spricht Jackson von seinen „commissioners“, seinen Kommissaren, die ihm zahlreiche Berichte abliefern, die vom Prosperieren der neuen Gemeinwesen der Emigranten sprechen und von der Zufriedenheit der Indianer.**

* W. Koch vergleicht in dem o.g. Aufsatz den „Trail of tears“ mit den Todesmärschen der Armenier 1915.

**Mit ebensoviel Mitgefühl wird sich Stalin in Reden vor dem ZK zur Kulaken-Frage geäußert haben.

Sehr bemerkenswert ist vor allem die Begründung, die Jackson für die Entfernung der Indianer im mittleren Absatz gibt, in welchem er darauf zu sprechen kommt, daß zwei Stämme im Süden bald dasselbe Schicksal ereilen wird. Jackson begründet dies nämlich racistisch-biologistisch: Die Indianer haben einer „superior race“ zu weichen, einer überlegenen Race, und wenn diese sich ausbreitet, können die Indianer nicht in deren Mitte verbleiben, weil sie [auf Grund ihrer racischen Minderwertigeit] noch nicht einmal in der Lage sind, ihre Inferiorität zu begreifen.

So zeichnet sich in Jacksons „Fifth Annual Message“ eine Endlösung der Indianer-Frage ab, denn deren Umsiedlung in Gebiete westlich des Mississippi konnte in seinen Augen nur eine Zwischenstation vor dem endgültigen Verschwinden sein, da irgendwann das Siedlungsgebiet der US-Bürger nicht mehr am Mississippi enden würde. – Angesichts einer solchen Geschichte erscheinen Entnazifizierung und Holocaust-Ideologie als us-amerikanische Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit; inzwischen wurde dort der Racismus offiziell durch den Anti-Racismus ersetzt, der eine biologische Gleichheit (in dialektischer Verschränkung mit unbegrenzter Freiheit) vertritt.

Textquelle:

Fifth Annual Message to Congress (December 3, 1833)

Transcript

Our relations with the various Indian tribes have been undisturbed since the termination of the difficulties growing out of the hostile aggressions of the Sac and Fox Indians. Several treaties have been formed for the relinquishment of territory to the United States and for the migration of the occupants of the region assigned for their residence West of the Mississippi. Should these treaties be ratified by the Senate, provision will have been made for the removal of almost all the tribes remaining E[ast] of that river and for the termination of many difficult and embarrassing questions arising out of their anomalous political condition.

It is to be hoped that those portions of two of the Southern tribes, which in that event will present the only remaining difficulties, will realize the necessity of emigration, and will speedily resort to it. My original convictions upon this subject have been confirmed by the course of events for several years, and experience is every day adding to their strength. That those tribes can not exist surrounded by our settlements and in continual contact with our citizens is certain. They have neither the intelligence, the industry, the moral habits, nor the desire of improvement which are essential to any favorable change in their condition. Established in the midst of another and a superior race, and without appreciating the causes of their inferiority or seeking to control them, they must necessarily yield to the force of circumstances and ere long disappear.

Such has been their fate heretofore, and if it is to be averted — and it is — it can only be done by a general removal beyond our boundary and by the reorganization of their political system upon principles adapted to the new relations in which they will be placed. The experiment which has been recently made has so far proved successful. The emigrants generally are represented to be prosperous and contented, the country suitable to their wants and habits, and the essential articles of subsistence easily procured. When the report of the commissioners now engaged in investigating the condition and prospects of these Indians and in devising a plan for their intercourse and government is received, I trust ample means of information will be in possession of the Government for adjusting all the unsettled questions connected with this interesting subject.

11 Kommentare zu „Gedankensplitter (18. Sept. 2015)“

  • Rainer Gebhardt:

    Wäre auf jeden Fall ein neuer Ansatz. NS bündelt Praktiken, die zum Habit der europ. Zivilisation gehören. Also kein genuin deutsches Phänomen.

  • Waldgänger:

    Für die eingangs formulierte These spricht auch, dass im Alten Reich (bis 1806) und in den deutschen Teilstaaten des 19. Jahrhunderts der „Racismus“ an und für sich kein Thema gewesen ist. Sozialdarwinistische Muster finden tatsächlich zuerst im angelsächsischen Bereich, während der mitteleuropäische Raum – vielleicht wegen seiner geopolitischen Begrenztheit – in dieser Hinsicht eine recht tolerante Region gewesen ist. Die Religionskriege der frühen Neuzeit lassen sich schließlich nicht unter „Racismus“ fassen.

  • Bausparer:

    Es scheint, dass dem Anti-Rassismus (zumeist = anti-weißer Rassismus) die gleichen Energien und Strukturen zugrunde liegen wie dem Rassismus. Der Refugee-Welcome-Taumel speist sich nicht nur aus einem „pathologischen Altruismus“, der wohl aus dem Christentum entspringt,sondern auch aus einer Art ethnokulturellen (westlichen) Überspanntheit. Deren deutsche Variante lässt sich mit der bekannten Sentenz charakterisieren, dass am deutschen Wesen die Welt genesen möge. Ist Angela Merkel und ihre Gefolgschaft nicht „typisch deutsch“? Daraus resultiert letztlich für die neurechte Szene ein Widerspruch, sofern sie das „deutsche Wesen“ erhalten will.

  • virOblationis:

    @ Bausparer

    „Es scheint, dass dem Anti-Rassismus (zumeist = anti-weißer Rassismus) die gleichen Energien und Strukturen zugrunde liegen wie dem Rassismus.“ – So denke ich auch; These und Antithese, wobei erstere in letzterer – sozusagen auf den Kopf gestellt – erhalten bleibt.

    „Daraus resultiert letztlich für die neurechte Szene ein Widerspruch, sofern sie das ‚deutsche Wesen‘ erhalten will.“ – Deshalb halte ich auch eine (moderne) Rechte nicht für die eigentliche Alternative zur (modernen) Linken, sondern den (nicht modernen) Konservatismus.

  • Bausparer:

    Da täte ich gerne mitziehen, virOblationis, doch fragt sich, wie der Konservatismus das Problem lösen will, das (aus seiner Sicht) Unerwünschte n i c h t zu konservieren. Man ist auch hier in eine Dialektik eingespannt, an denen wohl die Konservativen in den (ehemals) konservativen Parteien westlichen Stils gescheitert sind.

    Es nutzt auch nicht viel, sich auf die christliche Bibel stützen zu wollen, das zeigt die Entwicklung des Protestantismus und seit wenigstens einem halben Jahrhundert auch die des Katholizismus. Wenn man unterstellt, dass diese Entwicklung einer anthropologischen Notwendigkeit folgt, wird vermutlich auch der Islam über kurz oder lang im Haus des Westens „verhausschweint“. Es bleibt zu hoffen (das darf man immer), dass in dieser massiven zivilisatorischen, ethnokulturellen Veränderung (West-)Europas eine neue kulturelle Bewegung entsteht, mit der auch wir Konservative unseren Frieden schließen zu können.

    Die Erfahrung zeigt, dass Widerstand gegen die obwaltenden herrschenden Tendenzen und ihre eigentümliche, selbst intelligente Skeptiker durchdringende Drift zwecklos ist. So steigert z. B. der Protest gegen Flüchtlingsunterkünfte nur die Refugee-Welcome-Trunkenheit und erfasst weitere Kreise.

    Man lasse den Dingen ihren Lauf und schone sich und die Seinen, so weit es geht. Wem das Spektakel zu viel wird, der mache es wie Epikur und lebe im Verborgenen.

    Beste Grüße aus der Mittagspause.

  • virOblationis:

    @ Bausparer

    Eine Alternative zur Devise „lathe biosas“ besteht eben dann, wenn Gott der Herr der Geschichte ist, mit dem wir mitwirken.

  • Konservativer:

    Sehr geehrter Bausparer, sehr geehrter virOblationis

    Die Vostellung, das am deutschen Wesen die Welt genesen soll, ist nicht typisch deutsch.
    Es ist eher ein Zeichen für eine maßlose, individuelle Hybris, die durchaus für diejenigen Menschen eine Anziehungskraft auszuüben vermag, die (aus welchen Gründen auch immer) ähnlich denken, so daß letztlich eine Gruppe von Menschen meinen mag, an ihrem Wesen solle die Welt genesen.
    Der alte Konservatismus (ich kenne einige Schriften von Juan Donoso Cortés, Joseph Marie de Maistre, Nicolás Gómez Dávila) spricht mich an, berührt mich.
    Ebenso schätze ich den Paläokonservativen Paul Gottfried, dessen Vortrag „How the Left Conquered the Right“ mich erkenntnistechnisch erheblich weitergebracht hat.

    https://www.youtube.com/watch?v=vYdmwh-XTcg

    Dieser Vortrag dokumentiert u.a. das Dilemma der „nur“ Konservativen. Es gibt kaum noch etwas Bewahrenswertes zu bewahren. Linke bzw. liberale Vorstellungen und Werte haben die meisten konservativen Vorstellungen und Werten bereits abgeräumt und ersetzt.
    Darum ist es, meiner Meinung nach, eher zielführend, innerhalb der neuen Rechten die Wiedergewinnung dieser abgeräumten Vorstellungen und Werte anzugehen.

    Ich bin sehr zuversichtlich, was die Neue Rechte als Alternative zu (modernen) Linken anbelangt.

  • virOblationis:

    @ Konservativer

    Jede Fragestellung legt das Spektrum möglicher Antworten fest. So verhält es sich eben auch mit der Moderne. Soweit die Rechte das Gegenbild zur Linken darstellt, bietet sie lediglich eine Alternative innerhalb der Moderne (vgl. – vereinfacht gesagt – das Paar Stalin – Hitler).

    Wenn man die Moderne überwinden will, muß man Fragen stellen, deren Antwort über sie hinausweisen. Darum suche ich an das anzuknüpfen, was die Moderne beseitigt hat, das aber – im Gegensatz zu ihr – kompatibel gewesen ist mit der überzeitlichen Wahrheit (kath. Trad.).

  • ingres:

    Ich bin nicht sicher, ob mein Gedanke sonderlich originell ist. D. h., originell ist er ohnehin nicht, aber es fragt sich auch, ob er irgendetwas erhellen kann? Ohne genaueres über die „Vernichtung“ der Indianer zu kennen, steht das Thema ja doch in einem gewissen Bezug zur derzeit stattfinden Vernichtung Europas durch die islamische Zuwanderung. es sticht ins Auge, wobei ich jetzt nicht diue Unterschiede in den Situationen aufzählen will oder kann (selbstdie, die ich gefühlsmäßig erfasse würden zu umfangreich).

    Ich habe die Vernichtung der Indianer immer als tragisches, notwendiges Übel einer historischen Situation gesehen. Es widerstrebt einem , das so zu sehen, aber kann man es so brutal sehen? Wir sind ja hier nicht unter politisch Korrekten.

    Aussichtslose Menschen aus Europa wollten im Überlebenskampf überleben. Und sie waren eben „überlegen“. Sicher gibt es insgesamt keinen linearen Fortschritt und auch der technische Fortschritt ist zumindest in seinen gesellschaftlichen Auswirkungen fast immer ambivalent. Aber ohne den technischen Fortschritt (und den geistigen Wandel in Europa) würde in den USA halt heute noch jeder im Wigwam leben, es würde skalpiert und Büffel gejagt. Und vielleich t ist das wahre Leben der Indianer neben seinem spirituellen mythischen Inhalt ja viel erbärmlicher gewesen, als wir es uns romantisierend nach Karl May vorstellen. Klnnte mir vorstellen, dass das sehr trist war. Und ob der spirituelle Gehalt und die Echtheit des Lebens ausgeglichen haben sei dahin gestellt. Eine realistische Darstellung des wilden Westens z. B. habe ich wohl schon mal gesehen.
    Natürlich war ich beeindrúckt davon, dass sich ein Indianer bewußt zum Sterben entschließt und vielleicht haben die Indianer bzw. einige da tatsächlich eine ander Pforte durchschritten, wir wissen es vielleicht nicht
    Wir wissen also nicht, ob man als Indianer besser gelebt hat als aks moderner Mensch und ob die Natur besser erhalten worden wäre.

    Aber auch wenn dort eine wertvolle Kultur zerstört worden wäre so war es offensichtlich der Lauf der Geschichte (wozu mit jetzt Hegel einfällt, von dem ich freilich außer diesem Gedanken nichts weiter kenne), der mir einfach natürlich erscheint, statt dass er speziell rassistisch motiviert gewesen sein muß. Ich denke es braucht keinen Rassismus, um ums nackte Überleben zu kämpfen. Das war der einfache Gedanke.

    Und man könnte es eben auch als eine logische Konsequenz der Geschichte sehen. Und spekulativ würde ich noch weiter gehen: Ich vernute sogar, dass man diese Vorgänge irgendwann (wenn die westliche Zivilisation überlebt) sogar naturwissenschaftlich wird beschreiben können, also insbesondere jenseits der Ethik. Jedenfalls auf einer tieferen Ebene als der der Gesellschaftswissenschaft, so natürlich erscheint mir der Übergang von den Indianern zur modernen Zivilisation. Aber kann man natürlich zunächst bis auf weiteres rein soziologisch diskutieren.

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