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Anstößige Textpassage

Manch einer fragt sich vielleicht: „Was hat er denn eigentlich genau gesagt, der israelische Premierminister? In den Nachrichten ist in bezug auf ihn immer wieder von einer Infragestellung des gültigen Geschichtsbildes der NS-Zeit die Rede.“ – Daher gebe ich – zusammen mit meiner Übersetzung, drei Anmerkungen und einem Nachsatz – die anstößige Textpassage wieder, die wohl jeden Bundesdeutschen der Strafverfolgung ausgesetzt hätte. Sie entstammt einer am Di., d. 20. Okt. in Jerusalem gehaltenen Rede.*

* Der Text stammt von dieser offiziellen Seite , die sich heute aus irgendeinem Grunde nur mit Geduld aufrufen läßt.

Der derzeitige Premierminister Israels sagte in seiner Rede vor dem 37. zionistischen Kongreß in Jerusalem am 20. Oktober: … These attackers, Arab attackers, murdered several Jews [in 1920]… And this attack and other attacks on the Jewish community in 1920, 1921, 1929, were instigated by a call of the Mufti of Jerusalem Haj Amin al-Husseini, who was later sought for war crimes in the Nuremberg trials because he had a central role in fomenting the final solution. He flew to Berlin [in 1941]. Hitler didn’t want to exterminate the Jews at the time, he wanted to expel the Jews. And Haj Amin al-Husseini went to Hitler and said, „If you expel them, they’ll all come here.“ „So what should I do with them?“ he asked. He said, „Burn them.“ And he was sought in, during the Nuremberg trials for prosecution. He escaped it and later died of cancer, after the war, died of cancer in Cairo. …

… Diese Angreifer, arabische Angreifer, ermordeten [1920] etliche Juden… Und dieser Angriff wie auch andere Angriffe auf die jüdische Gemeinschaft 1920, 1921 [und] 1929, waren angestiftet durch einen [Auf]ruf des Muftis von Jerusalem, Hadsch Amin al-Husseini,* der später anläßlich der Nürnberger Prozesse wegen Kriegsverbrechen gesucht wurde, da er eine zentrale Rolle beim Anfachen der Endlösung [übernommen] hatte.** Er floh [1941] nach Berlin. Hitler wollte die Juden zu dieser Zeit [noch] nicht ausrotten, er wollte die Juden vertreiben. Aber Hadsch Amin al-Husseini begab sich zu Hitler und sagte: „Wenn Sie sie vertreiben, werden sie alle hierher [nach Palaestina] kommen.“ „Was soll(te) ich also mit ihnen unternehmen?“, fragte er (sc. Hitler). Er (sc. der Großmufti) sagte: „Verbrennen Sie sie!“*** Er (sc. der Großmufti) wurde dafür gesucht zur [Erhebung einer] Anklage [gegen ihn] während der Nürnberger Prozesse. Er entkam dem und starb später an Krebs, nach dem Kriege [geschah dies, er] starb an Krebs in [Beirut (1974), nachdem er] Kairo [hatte 1959 verlassen müssen]. …

* 1921 (von den Briten) zum Jerusalemer Großmufti ernannt.

** In der Tat wurde 1945 von Jugoslawien nach dem Jerusalemer Großmufti gefahndet, da er vor Gericht dafür verantwortlich gemacht werden sollte, daß 20.000 Moslems als Freiwillige in der Waffen-SS gedient hatten. Die Schweizer nahmen Al-Husseini 1945 zwar an der Grenze fest und übergaben ihn den Franzosen, doch diese ließen ihn ziehen. – Laut Zeugenaussagen während der Nürnberger Prozesse soll der Großmufti allerdings in Begleitung Eichmanns, den er seit 1937 kannte, Konzentrationslager besucht haben.

*** Quellenangabe? – Ein entsprechender Verweis wäre unbedingt nötig gewesen.

Eine ganz interessante Parallele zu heutigen Ereignissen ergibt sich jedoch daraus, daß Al-Husseini, der sich durch England und Frankreich um den angesichts des Zusammenbruchs des Osmanischen Reiches erstrebten Großsyrischen Staat gebracht sah, vor allem bestrebt war, den Zustrom zionistischer Zuwanderung zu beenden, um ein arabisches Palaestina zu erhalten. Wollte sich der Premierminister mit dem Verweis auf Al-Husseini etwa gegen jegliche Forderung nach ethnischer Homogenität – mit Ausnahme Israels* – aussprechen? Das Thema der Rede Netanyahus bildete jedenfalls seine Darstellung des gegenwärtigen arabischen Aufruhrs in Palaestina.

* „We came back to our homeland. We built our state.“ – Wir kamen in unser Heimatland zurück. Wir errichteten [dort] unseren Staat. (kursiv von mir, vO)

5 Kommentare zu „Anstößige Textpassage“

  • Wer auch nur ein paar Stunden in Israel verbringt, sieht, dass ethnische Homogenitaet wirklich nicht die richtige Beschreibung fuer die juedische Bevoelkerung Israels ist. Der Staat Israel liess und laesst es sich etwas kosten, Juden aus aller Welt nach Israel zu bringen, schwarze Juden aus Aethiopien, braune, jemenitische Juden, indische Juden, russische Juden usw. Diejenigen, die als Juden in den Staat Israel einwandern, brauchen weder abstammungsmaessig reine Juden zu sein (ein Grosselternteil reicht) noch sich als religioese Juden zu definieren. Trotz dem eklatanten Mangel an Homogenitaet in jeder Hinsicht gilt die Selbstdefinition als Volk Israel, wonach einer des anderen Buerge sein soll. Israel ist eigentlich eine Willensnation, denn auch der Konvertit, der sich dem Kollektiv anschliessen will, wird aufgenommen.

  • virOblationis:

    @ beer7

    Den nicht-religiösen Juden wird wohl nicht allzu viel „Wille“ zuzugestehen sein; ihnen bleibt die Abstammung, auch wenn sie nicht „rein“ sein sollte. – Was verbindet die nicht-religiösen Juden mit den religiösen samt Proselyten?

    Was bestimmt die Zugehörigkeit zu einer Ethnie?

    Als die Langobarden noch am Unterlauf der Elbe siedelten, ließen sie viele Sklaven frei und nahmen sie als Freie in den Stamm auf; damit vergrößerten sie ihren Heerbann. Es ist nicht überliefert, daß die Herkunft dabei von Bedeutung war; viel mehr wird es die Kampfkraft gewesen sein.

    Was also bestimmt die Zugehörigkeit zu einer Ethnie? Ursprünglich m.E. die Einbeziehung ins Connubium und in die Gesellschaft als Rechtsgemeinschaft (vgl. das römische Bürgerrecht: Connubium und Commercium) sowie die Ansiedelung in einer bestimmten geographischen Region.

  • Willensnation = das Verbindende Element besteht darin, der Nation angehoeren zu wollen.
    Juden haben eine gemeinsame Geschichte (oder den Mythos der gemeinsamen Geschichte) und sich ueberlappende Kulturen. Warum sollten die nicht-religioesen Juden nicht allzu viel „Wille“ haben?

  • virOblationis:

    Den „Willen“ habe ich als Synonym für das „Bürge sein des andern“ genommen und dieses wiederum als Hinweis auf das religiöse „Gesetz“ (vgl. Lev. 19,18).

    Zuvor hatte ich geschrieben: Was also bestimmt die Zugehörigkeit zu einer Ethnie? Ursprünglich m.E. die Einbeziehung ins Connubium und in die Gesellschaft als Rechtsgemeinschaft (vgl. das römische Bürgerrecht: Connubium und Commercium).

    Im Falle des Judentums liegen bes. Bedingungen vor: Nicht in einer bestimmten geographischen Region ist der überwiegende Teil der Juden angesiedelt und gehört daher den Rechtssystemen verschiedener Staaten an; das Ritualgesetz könnte einen gewissen Ausgleich nur bieten, wenn es von den meisten befolgt würde. Je weniger dies der Fall ist, desto höhere Bedeutung gewinnt das Connubium, das zwar nicht mit Abstammung gleichgesetzt werden kann, aber nicht ohne diesen Aspekt denkbar ist. Wenn – nach dem Ritualgesetz – auch dieses nicht mehr beachtet wird, was hindert dann noch die Assimilierung?

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