Archiv für 2016
Rückblick auf ein arges Jahr (1)
Der Januar
Natürlich muß der Jahresrückblick 2016 mit den Ereignissen der Silvesternacht beginnen. Vergeblich hatte man versucht zu vertuschen. Schon am 2. Januar tauchten erste Berichte von sexuellen Attacken auf deutsche Frauen auf, die außerdem ausgeraubt wurden, und am Tage darauf wurde bekannt, daß es sich um Täter nordafrikanischen Aussehens gehandelt habe. Die Anzahl der Übergriffe schien zuerst noch überschaubar, dann wurde jedoch ein immer weiteres Ausmaß erkennbar, bis schließlich über eintausend Anzeigen erstattet worden waren, wobei sich fast die Hälfte auf sexuelle Attacken bezog. Hinzu kamen Meldungen aus zahlreichen weiteren deutschen Städten, in denen ähnliche Verbrechen durch ähnliche Täter in derselben Nacht begangen worden waren. Nirgends aber wurden die Dimensionen der Domstadt erreicht, so daß die Kölner Silvesternacht als Schandmal weltweit wahrgenommen wurde. Die „New York Times“ titelte: „Germany on the brink“, Deutschland am Rande [des Abgrundes o.ä.] – Um die Öffentlichkeit zu beruhigen, mußte ein Kopf rollen; es handelte sich um den des Kölner Polizeipräsidenten, der am 8. Januar in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde, während Oberbürgermeisterin Reker auf Distanz zur Polizeiführung ging. Sie beteuerte, über die Mitteilungen von Seiten der Polizeiführung hinausgehende Informationen zu besitzen, so daß sie über ein „wesentlich differenzierteres Bild zur Lage am Silvesterabend und zur Herkunft von möglichen Tatverdächtigen“ verfüge. Dies sagte dieselbe, die drei Tage zuvor auf einer Pressekonferenz den Frauen für den nahenden Kölner Karneval empfahl, mehr als eine Armlänge Abstand wozu auch immer zu halten; in einer Art Merkel-Deutsch sagte Reker: „Es ist immer eine Möglichkeit, eine gewisse Distanz zu halten, die weiter als eine Armlänge betrifft.“ Diesen Beitrag weiterlesen »
Aktuelle Notiz (20. Dez. 2016)
Natürlich sind sämtliche Repräsentanten der Politischen Klasse in Deutschland angesichts des Anschlages auf den Berliner Weihnachtsmarkt tief betroffen, erschüttert, entsetzt o.ä. Der Bürgermeister der Stadt will abends an einem gemeinschaftlichen Klagen teilnehmen. – Der Bundespräsident zeigt sich entschlossen: Er will um so unbedingter weitermachen wie bisher; „unser Zusammenhalt wird…stärker, wenn wir angegriffen werden.“ Aber deswegen werden wir nicht etwa beginnen, uns zu wehren, nein: „Wir suchen einander, wir sprechen miteinander, und wir sorgen füreinander.“ Ursache des Anschlags sei der „Terror gegen die Freiheit überall auf der Welt“; nicht das Oberhaupt eines bestimmten Staates scheint zu sprechen, sondern ein sich der Menschheit widmender Therapeut, „über unsere [kaum vorhandenen] Landesgrenzen hinaus“. Diesen Beitrag weiterlesen »
Rückblick auf den hiesigen Maoismus in seinem Zusammenhang (9)
Während sich der undogmatisch-anarchistische Flügel der Achtundsechziger z.Z. der siebziger Jahre in verschiedener Weise um die Zerstörung des Staates bemühte, um kommunistische Verhältnisse entstehen zu lassen, hielt die maoistische Linke theoretisch noch an der Lehre vom Proletariat als dem revolutionären Subjekt fest. – Die KPD/ML fiel vor allem durch ihr Zentralorgan „Roter Morgen“ in der Öffentlichkeit auf; deren Verkäufer unterschieden sich hinsichtlich des Alters und der Kleidung zwar zumeist von den Anbietern des „Wachturm“ der Zeugen Jehovas, doch nur mäßig in der von ihnen erzielten Resonanz. Diesen Beitrag weiterlesen »
Gedankensplitter (1. Dez. 2016)
Die Bewältigung der jeweiligen Gegenwart stellt stets eine – mehr oder minder schwierige – Aufgabe dar. Der einzelne sieht sich herausgefordert, aber auch ganze Gesellschaften. Bestimmte Politiker mögen für charakteristische Lösungsvorschläge stehen, doch gelegentlich gibt es grundlegende Tatsachen, die keiner, der ernstgenommen werden will, ignorieren kann. Gegenwärtig stellt sich die wirtschaftliche Lage und die gesellschaftliche Position allzu vieler Menschen in den USA offensichtlich so unbefriedigend dar, daß sie bei „more of the same“ nicht weiter mitmachen wollen. [Letzter Satz mit drei „so“ umformuliert; 1. Dez.] Diesen Beitrag weiterlesen »
Rückblick auf den hiesigen Maoismus in seinem Zusammenhang (8)
In den bisher unternommenen Betrachtungen ist deutlich geworden, daß die als Achtundsechziger bezeichnete, hauptsächlich studentische Bewegung im Kern von der undogmatischen Linken geprägt wurde, während der Maoismus sich eher am Rande befand, was ins Besondere am Beispiel der KPD/ML deutlich wurde, die sich bereits beim I. ordentlichen Parteitag 1971 bemühte, die Partei von solcher kleinbürgerlichen Intelligenz zu reinigen. Die undogmatische Linke wiederum, dies zeigte sich an ihrem Repräsentanten Rudi Dutschke, gründete sich weniger auf marxistisch-sozialistische Tradition als auf bakunistisch-anarchistische. Im Zentrum stand nicht das Streben nach Errichtung einer Diktatur des Proletariats, sondern das Bestreben, alle staatliche Ordnung zu zerstören. Darum vermochte es die undogmatische Linke auch, sich mit all jenen Kräften zu verbinden, denen an einer Beseitigung der Staatsmacht gelegen war und die an die Stelle der überlieferten Form gesellschaftlicher Ordnung ihre mehr oder weniger utopischen Ideen verwirklicht sehen wollten. Die innere Logik im Ablauf der Geschehnisse ließ in Mitten der undogmatischen Linken einerseits den Terrorismus entstehen (1968 – 1970) und verband sie andererseits aus dem genannten Grunde mit verschiedensten, gegen die bestehende Ordnung aufbegehrenden Kreisen, deren Spektrum von den Freunden der Paedophilie bis zu den Rauschdrogenkonsumenten reichte und von antiautoriärer Erziehung mit alternativem Landbau bis zur New Age Esoterik; des weiteren kamen – inspiriert aus dem angloamerikanischen Bereich – ein manichäistisch fundierter Umweltschutzgedanke hinzu sowie der biologistische Feminismus samt dem Anti-Racismus in seinem Gefolge. [26. Nov.: „Astrologie“ ersetzt durch „New Age Esoterik“] Diesen Beitrag weiterlesen »
Aktuelle Notiz (10. Nov. 2016)
Ebenso wenig, wie die Geschichte einer inneren Gesetzmäßigkeit unterworfen ist, gibt es eine exakte Wiederholung von Geschehenissen. Wenn Marx also im „18. Brumaire“* unter Verweis auf Hegel schreibt, daß sich „alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen…zweimal ereignen… das erste Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce“,** dann läßt sich dies allenfalls insoweit übernehmen, als Vergleiche angestellt werden können, da bestimmte Konstellationen einander ähneln. Diesen Beitrag weiterlesen »
Zur argumentativen Auseinandersetzung mit dem Islam
Eine geistige Auseinandersetzung mit dem Islam findet im Bereich des (früheren) Abendlandes nicht etwa erst gegenwärtig statt, sondern so lange, wie der Islam existiert. Es greift ja zu kurz, wenn man sich nur äußerlich abgrenzt, indem man sich als eben nicht-islamisch definiert, oder dem Islam einfach auf dem eigenen Territorium nicht begegnen möchte, im Urlaub anderswo sich hingegen nichts weiter angesichts desselben Phänomens denkt. Wenn es um die Wahrheit, auch um die eigene Identität geht, wird man sich mit oberflächlichen oder pragmatischen Lösungen letztlich kaum begnügen dürfen. Außerdem sind die Anhänger des Islam Träger derselben menschlichen Natur wie wir, und ihr Leben hat daher dasselbe Ziel wie das unsrige: Wenn wir nicht wissen, wozu wir leben, vermögen wir den Anhängern des Islam auch nur wenig anzubieten, das sie überzeugen könnte, ihrer bisherigen Überzeugung abzuschwören. – So habe ich ein Zeugnis früherer Auseinandersetzung mit dem Islam übersetzt, um Leser unserer Zeit damit bekannt zu machen. Es lag nahe, auf ein Werk des hl. Thomas zurückzugreifen, denn er ragt weit empor unter den scholastischen Lehrern als Fürst und Meister aller, „inter scholastcos doctores omnium princeps et magister longe eminet…“, aber nicht etwa durch neue Lehren, sondern weil er die a[e]lte[re]n heiligen Lehrer auf’s Höchste verehrt hat, „veteres ,doctores sacros…summe veneratus est‘“ .*
Rückschläge
Die Unterzeichnung des CETA-Freihandelsabkommens erfolgte nicht wie geplant. Da mag sich der Gedanke einstellen: „Die Globalisierung in ihrem Lauf – gerät wohl ein wenig aus dem Tritt.“ – Ein Begriff wie derjenige der Globalisierung wird rasch herangezogen, doch wenn man sich Rechenschaft darüber geben will, was er bedeutet, droht man selbst ein wenig aus dem Tritt zu geraten, weil es sich um einen so unscharfen Begriff handelt. Zitieren wir zur Klärung eine gewissermaßen amtliche Quelle, die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb); man könnte die bpb als dem Innenministerium angegliederte Propagandaabteilung bezeichnen, fällt ihr doch gemäß dem „Erlass über die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) vom 24. Januar 2001“ nach §2 die „Aufgabe [zu], durch Maßnahmen der politischen Bildung Verständnis für politische Sachverhalte zu fördern, das demokratische Bewusstsein zu festigen und die Bereitschaft zur politischen Mitarbeit zu stärken.“* Diesen Beitrag weiterlesen »
Rückblick auf den hiesigen Maoismus in seinem Zusammenhang (7)
Dutschkes Programm hieß also Unfrieden zu stiften, alle bestehende Ordnung zu beseitigen, um so zur Befreiung zu gelangen. Marxistisch gedacht ist dies kaum. Es fehlt der Aspekt der ökonomischen Basis, so daß man den Unfrieden nicht als Klassenkampf ausgeben kann. Es ist daher auch keine Rede vom Proletariat als revolutionärem Subjekt. – Welche Theorie steht hinter Dutschkes Forderung nach Destruktion, die doch so viel Anklang fand? Diesen Beitrag weiterlesen »