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Rückblick auf den hiesigen Maoismus in seinem Zusammenhang (5)

Mit der Gründung der KPD/ML war der Maoismus in der alten BRD erstmals politisch-programmatisch konkret geworden; nach der Vorbereitung der Parteigründung im Herbst 1968 wurde sie am Ende desselben Jahres schließlich vollzogen und eine programmatische Gründungserklärung verabschiedet. Bis dahin und sporadisch auch noch hernach waren Parolen der maoistischen Propaganda von verschiedensten Personen verwendet worden; als Beispiel war oben auf Johannes XXIII. hingewiesen worden. Mit der KPD/ML-Gründung wurde der ideologische Zusammenhang deutlich vor Augen geführt, in den die Parolen eigentlich gehörten.

Von zentraler Bedeutung für die Entstehung der KPD/ML war Ernst Aust* gewesen, ein Hamburger Werbetexter, der 1953 Cefredakteur der KPD-Zeitschrift „Dat Blinkfüer“ geworden war; sie erschien auch weiterhin nach dem Verbot der Partei (1956). Ernst Aust kam zu der Überzeugung, daß die – inzwischen in die Illegalität abgedrängte – KPD sich vom wahren Marxismus-Leninismus abgewandt habe, der in China erhalten geblieben sei. 1967 gründete Aust die Zeitung „Roter Morgen“ und gab seine Tätigkeit für „Dat Blinkfüer“ auf. Nach der Gründung der KPD/ML wurde Aust auf dem I. ordentlichen Parteitag (1971) zum Vorsitzenden gewählt.

* geb. 1923, gest. 1986

Ernst Austs Zeitschrift „Roter Morgen“ war geradezu das Erkennungsmerkmal der Partei. Es erscheint bezeichnend, daß sich der Maoismus jenseits des Proletariats, das er doch gerade gwinnen wollte, konstituierte. Die Bemühungen darum, führten dazu, sich von der Studentenbewegung loszulösen. Um den aus der „Studentenbewegung stammenden antiautoritären Einfluß“ zu liquidieren, wurde eine Säuberung der Partei von der kleinbürgerlichen Intelligenz auf dem I. ordentlichen Parteitag durchgeführt. – Bald nach dem Tode Maos (1976) sagte sich die KPD/ML vom Maoismus los, nachdem man sich schon zuvor mehr an der Volksrepublik Albanien als an Rotchina orientiert hatte. Schließlich näherte sich die KPD/ML dem Trotzkismus an, so daß Ernst Aust am Ende seines Lebens noch in die innerparteiliche Opposition geriet.

Bemerkenswerter Weise existierte auch in der DDR eine Sektion der KPD/ML im Untergrund. Man gab Deutschland als eine einzige Nation aus beiden Teilstaaten nicht einfach preis; dies zeigt die Verbundenheit der KPD/ML mit der nationalen Gesinnung, die in der Alten Linken noch unter Walter Ulbricht* vorhanden gewesen war. Die späteren maoistischen Formationen – abgesehen von der 1970 in West-Berlin gegründeten KPD/AO – wiesen eine solche Ausrichtung nicht mehr auf. – Die „Sektion DDR der KPD/ML“ wurde von der StaSi bis 1981 weitgehend zerschlagen; anläßlich dessen kam es zu einer Demonstration von vier westdeutschen Anhängern der KPD/ML auf dem Alexanderplatz in Ost-Berlin.

* geb. 1893, gest. 1973; Generalsekretär der SED 1950 – 1971 – Nach Ulbricht wurde der Text der DDR-Hymne wegen seiner Worte „Deutschland, einig Vaterland“ nicht mehr gesungen; spätestens seit dem Erlaß der dritten Verfassung (1974) erklang nur noch die Melodie.

In der DDR gab es auch Vertreter einer undogmatischen Linken, also Kritiker, die wie die Maoisten nicht den Sozialismus oder den Marxismus aufgeben wollten, aber anders als die „Sektion DDR der KPD/ML“ sich weder an Rotchina, noch an Albanien dabei orientierten; zu den bekanntesten von ihnen zählten Robert Havemann, Wolfgang Harich und Rudolf Bahro. – Robert Havemann war habilitierter Chemiker und wegen seiner konspirativen Tätigkeit gegen den Nationalsozialismus bereits 1943 zum Tode verurteilt worden, doch wegen seiner kriegswichtigen Forschungsarbeiten wurde es nicht vollstreckt. Nach Kriegsende gehörte er bis 1963 der Volkskammer der DDR an. Wegen seiner Frage nach einer „Dialektik ohne Dogma? (1964)“ geriet Havemann in der DDR ins gesellschaftliche Abseits und stand von 1976 bis 1978 unter Hausarrest. Danach engagierte er sich für die Friedensbewegung.* Der Philosoph und Literaturwissenschaftler Harich stand nach seiner Haftzeit von 1957 bis 1964 der entstehenden Umweltbewegung nahe und erhielt bereits 1979 die Möglichkeit zur Ausreise; nach der Wiedervereinigung (1990) unterstützte er die als Nachfolgerin der SED gegründete PDS.** Der Philosoph Rudolf Bahro solidarisierte sich mit der Bewegung des „Prager Frühlings (1968)“ und forderte innerbetriebliche Demokratisierung in der DDR. In seinem Buch „Die Alternative (1977)“ kritisierte er das ökonomische und politische System der DDR. Ab 1978 in Haft wurde Bahro 1979 abgeschoben, engagierte sich in der BRD für die Umweltbewegung und wurde Mitglied der sich 1980 konstituierenden Partei „Die Grünen“.***

* geb. 1910, gest. 1982

** geb. 1923, gest. 1995

*** geb. 1935, gest. 1997

 

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