Inhaltsverzeichnis

Rückblick auf ein arges Jahr (8)

Der August

In Italien landeten im Jahr 2016 bis zum August fast 100.000 Refugees, meist Schwarzafrikaner, die vor allem von Libyen aus mit Schiffen übersetzten. Meist wollen sie nicht in Italien bleiben, sondern über die Schweiz oder Österreich nach Deutschland oder über Frankreich nach Großbritannien. So durchbrechen im August hunderte traumatisierter Migranten die Polizeisperren an der italienisch-französischen Grenze bei Ventimiglia.

Großbritannien beginnt mit dem Bau einer Mauer zu beiden Seiten der Hafeneinfahrt von Calais, damit keine Refugees mehr auf LKWs springen und anschließend mit der Fähre nach Dover übersetzen; die Mauer, deren Bau von Großbritannien allein finanziert wird, schließt eine Lücke in einem vierzig Kilometer langen Sicherheitszaun. – Die LKW-Fahrer sehen sich in Calais immer häufiger der Gewalt von Refugees ausgesetzt und fordern von der französischen Regierung militärischen Schutz. Die Polizeigewerkschaft Alliance räumt ein, daß ihre Beamten überfordert seien, und spricht von Banden bewaffneter Schleuser, die die LKWs anhalten und den „lift“ ihrer schutzsuchenden Klienten erzwingen.

Mitte August wird eine vertrauliche Auskunft der Bundesregierung bekannt: Man betrachte die Türkei unter Erdogan als „zentrale(n) Aktionsplattform für islamistische Gruppierungen der Region des Nahen und Mittleren Ostens“. – In der Öffentlichkeit fragt man sich, wer den BND-Bericht wohl publik gemacht hat. Es sollte allerdings angesichts der jüngsten Entwicklung in Nord-Syrien auch die Frage gestellt werden, inwieweit der Bericht noch aktuell ist; oder diente sein Bekanntwerden etwa dazu, die Türkei an ihre bisherige Rolle im Syrien-Konflikt zu erinnern, die sie doch auch weiterhin einnehmen solle? Denn:

Die Türkei beginnt sich in militärischer Hinsicht von den USA zu entfernen, da letztere die Kurden im Iraq unterstützen, die wiederum mit den syrischen Kurden verbündet sind, deren Vordringen in Syrien über den Euphrat hinaus nach Westen die Türkei unbedingt verhindern will, damit sich kein kurdischer Staat südlich der eigenen Kurdengebiete etabliert. Da ein solcher ebenso durch die von Rußland unterstützte Regierung Syriens abgelehnt wird, liegt ein Zusammenwirken von Ankara und Moskau überaus nahe. Daraufhin lenken die USA ein und stimmen einer Zurückdrängung der Kurden bis an den Euphrat zu. – Für die Türkei bedeutet das Zusammengehen mit Rußland die Aufgabe des Planes, die syrische Regierung zu stürzen und die Preisgabe allzu „islamistische[r] Gruppierungen“ in Syrien; so konzentriert sich die Türkei nun auf die FSA, die Freie Syrische Armee, die sie westlich des Euphrat operieren läßt.

Der Bundesjustizminister äußert seine Sympathie für eine Punkband, die der linksextremistischen Szene angehört und Gewalt in der politischen Auseinandersetzung nicht ablehnt. Das Lob des Ministers für ein „Tolles Zeichen [der Kapelle] g[e]g[en] Fremdenhass u[nd] Rassismus“ löst größeren Unmut in der Öffentlichkeit aus. Daraufhin teilt eine Ministeriumssprecherin mit, „das Social-Media-Team des Ministers…[habe sich] selbstverständlich in keiner Weise jede einzelne Textzeile aller jemals gesungenen Lieder der dort aufgetretenen Musiker zu eigen gemacht.“ Welche sie sich aber denn wohl zu eigen gemacht haben, das wird nicht verraten, sondern nur versichert, der Minister meine, „dass für politische Gewalt durch Extremisten in der freiheitlichen Demokratie niemals Platz sei“; wörtlich bekennt er: „völlig egal, welche Motive die Täter haben. Das Recht ist für alle gleich“. Er hätte noch hinzufügen können, daß lediglich bestimmte Kreise von dessen Anwendung regelmäßig mehr oder weniger weitgehend verschont bleiben.

Die AfD trifft inzwischen auf weit mehr Zuspruch von Bürgern, die sich selbst als politisch rechts einordnen, als zuvor, wie eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) feststellt. Weit stärker ist auch die Unterstützung der AfD unter Arbeitern und Arbeitslosen sowie jungen Leuten geworden. – Die AfD selbst erkennt darin keinen Rechtsruck, sondern eine erfolgreiche Entwicklung hin zu einer Volkspartei.

Ende August werden zwei Landesvorsitzende der AfD unabhängig voneinander tätlich angegriffen.

Von Drogerien und Supermärkten zweier Ketten wird Pfefferspray ins Verkaufssortiment aufgenommen. – Gewalttaten fremdstämmiger Täter in Deutschland sind inzwischen so alltäglich, daß nur noch die brutalsten und außergewöhnlichsten Fälle Aufmerksamkeit erregen; meist kann zur Beruhigung jedoch rasch versichert werden, daß die jeweilige Untat keinen terroristischen Hintergrund habe.

Österreich und Tschechien fordern einen „Rückführungsgipel“ statt einer Verteilung der Refugees auf alle EU-Mitgliedsstaaten.

Die Beliebtheit der Kanzlerin in der BRD sackt auf einen Tiefpunkt: Nur 34% unterstützen laut ARD-Deutschlandtrend ihren Kurs.

Merkel scheint Selbstkritik zu üben: Da sie vergeblich auf eine gesamteuropäische Verteilung der Refugees hofft, kritisiert sie die eigene Politik gerade darin, daß sie sich bis 2015 an bestehende Verträge gehalten und daher den Import quotierter Refugees abgelehnt habe: „Und ja, auch wir haben uns damals gegen eine proportionale Verteilung der Flüchtlinge gewehrt.“ – Die Selbstkritik bedeutet also keine Feststellung von politischen Fehlern in der Gegenwart, sondern nur, daß man es versäumt habe, schon seit dem Beginn ihrer Kanzlerschaft die Politik des migrantischen Zustroms zu praktizieren.

Aktivisten der Identitären Bewegung besetzen das Brandenburger Tor. – Es habe Sprechchöre „Nazis raus!“ von Passanten gegeben, so etablierte Medien. Wie dem auch gewesen mag, Berlins Bürgermeister bezeichnet die Aktion jedenfalls als „widerlich“.

 

1 Kommentar zu „Rückblick auf ein arges Jahr (8)“

Kommentieren