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Rückblick auf den hiesigen Maoismus in seinem Zusammenhang (10)

Die älteren maoistischen Gruppen in der BRD (KPD/ML, KPD/AO) schlugen noch nationale Töne an; letztere sind als retardierendes Element zu betrachten, als Ballast der Alten Linken, den jüngere maoistische Vereinigungen (KB, KBW) nicht mit sich schleppten. – Man erkennt ein verändertes Selbstverständnis auch an der Wahl des Namens. Während die älteren maoistischen Gruppierungen eine Partei zu bilden beanspruchten, nämlich die Kommunistische, bezeichneten sich die jüngeren nur noch als Bund*: Der Kummunistische Bund (KB) wurde 1971 in Hamburg gegründet, der Kommunistische Bund Westdeutschland (KBW) 1973 in Bremen.

* Den umgekehrten, zur politischen Bedeutungslosigkeit hinabführenden Weg schlug der Kommunistische Arbeiterbund Deutschlands (KABD) ein, der 1972 gegründet wurde und sich zehn Jahre später in Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) umbenannte.

Sowohl der KB (zuerst in Norddeutschland) als auch der KBW (vor allem in Baden-Württemberg und Hessen) schlossen sich der ab ab etwa 1970 zunehmenden Anti-AKW-Bewegung an. Es fand darin gewiß ganz authentisch ein anti-deutsches Motiv seinen Ausdruck, insofern man einen Beitrag zur Verhinderung einer deutschen Souveränität leisten wollte, indem man die Möglichkeit einer atomaren Bewaffnung der Bundeswehr durch Verbot aller praktischen Anwendung der Kernenergieforschung von auszuschließen beabsichtigte. – Allerdings entsprach es auch einem politischem Kalkül von KB und KBW, sich als Trittbrettfahrer der anwachsenden Anti-AKW-Bewegung zu bedienen; so nahm der KB an der ersten Brokdorf-Demonstration 1976 noch nicht teil, suchte aber, sobald er gesehen hatte, wie viele Menschen dadurch mobilisiert wurden, sich mittels größter Gewalttätigkeit, zu der Anti-AKW-Demonstrationen Gelegenheiten boten, an deren Spitze zu setzen. So forderte der „Arbiterkampf“ 1977 bereits: „Schafft zwei, drei, viele ,Brokdorf‘*!“

* Die Titelzeile bezieht sich auf eine gewalttätige Demonstration an jenem Ort gegen ein geplantes AKW.

Durch eine Bejahung von Gewalt zeichnete sich ebenfalls der militante Teil der Spontis des undogmatisch-anarchistischen Flügels der sich bildenden Neuen Linken aus. Man bildete eine RAF-Sympatisantenszene, und nach der Inhaftierung der ersten Generation sowie dem Scheitern der zweiten Generation, die vergeblich versuchte die Vorgänger freizupressen (s.o. Teil 8), entstand ab etwa 1980 ein Schwarzer Block von Militanten, die durch ihre Gewalttätigkeit – meist im Rahmen von Demonstrationen – an Stelle von Anschlägen einen Beitrag zur Zerstörung der gesellschaftlichen und sozialen Ordnung zu leisten suchten; von einer Förderung aus Steuermitteln, wie sie die nachfolgende AntiFa erfährt, war der „Schwarze Block“ noch weit entfernt, doch erstaunte es mich schon in den achtziger Jahren, in persönlichen Begegnungen zu erfahren, wie viel schöpferisches Talent Terror-Sympathisanten zeigten, wenn es galt, Stipendien o.ä. abzugreifen.

Der friedlichere Teil der undogmatisch-anarchistischen Linken orientierte sich lieber am Pazifismus, der am Ende der siebziger Jahre mächtigen Auftrieb erhielt und als „Friedensbewegung“ gegen den sog. NATO-Doppelbeschluß (1979) protestierte; man sah sich in den Hoffnungen auf fortgesetzte atomare Abrüstung enttäuscht: Die NATO hatte die Stationierung von weiteren US-Mittelstreckenraketen in West-Europa beschlossen, die ein Gegengewicht zu sowjetischen Kurzstreckenrakten bilden sollten, und zugleich neue Abrüstungsverhandlungen mit der UdSSR. Den Hintergrund dieses Doppelbeschlusses bildeten Ereignisse des Jahres 1979, nämlich vor allem der Machtverlust im Mittleren Osten in Folge des Wegfalles des Iran durch die mit der Vertreibung des us-freundlichen Schah einhergehende schiitische Machtübernahme zu Beginn des Jahres; zwar wurde der SALT-II-Vertrag* vom Generalsekretär der KPdSU sowie dem US-Präsidenten noch im Juni 1979 unterzeichnet, doch der US-Senat lehnte eine Ratifizierung ab und beschloß stattdessen die Mittelstreckenraketen nicht zu reduzieren, sondern deren Anzahl im Gegenteil zu erhöhen und der UdSSR zugleich weitere Abrüstungsgespräche anzubieten.**

* Der SALT-I-Vertrag (1972) hatte die Anzahl der Langstreckenraketen begrenzt, der SALT-II-Vertrag die Mittelstreckenraketen.

** Der Einmarsch der Sowjetunion in Afghanistan vermochte den NATO-Doppelbeschluß erst nachträglich zu begründen, da er ab 25. Dezember stattfand, während der NATO-Doppelbeschluß bereits am 12. Dezember gefaßt wurde.

Neben der Friedensbewegung engagierte sich der friedlichere Teil der undogmatisch-anarchistischen Linken auch in der Umweltschutzbewegung angelsächsischer Provenienz; dieser geht es nicht um die Bewahrung der eigenen Heimat und ihrer Natur, sondern um die Rettung – am besten der gesamten Welt – vor verschiedenen Gefahren; so entstand Greenpeace 1971 aus einer Bewegung gegen Kernwaffentests, während man sich in Deutschland anfangs vor allem gegen die Verklappung von Dünnsäure in der Nordsee engagierte.

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