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Sei kein Ignorant!

Am 18. Mai hieß es auf der offiziellen Seite der „Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer“: „Meldung [- Neue] Studie ,Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit in Ostdeutschland‘ … ist heuteder Öffentlichkeit vorgestellt worden.* Das Göttinger Institut für Demokratieforschung…hat die Studie in ihrem (sc. in dem der Bundesostbeauftragten) Auftrag erstellt. … [Das Ergebnis lautet:] DEN Rechtsextremismus in Ostdeutschland gibt es nicht! … [Vielmehr] gibt [es] offenbar, nicht in ganz Ostdeutschland, aber schon in gewissen Regionen, eine historisch gewachsene Neigung zu Fremdenfeindlichkeit und rechtsextremen Denken. … Die Lösung liegt vor Ort!“

* fett im Original

Nun hat sich allerdings herausgestellt, daß diese von der „Ostbeauftragten der Bundesregierung“ in Auftrag gegebene Studie in ihrer Methodik und daher auch in ihren Ergebnissen zumindest wissenschaftlich fragwürdig ist. Sie gründet sich auf ca. vierzig Interviews, und zwar mit Vertretern der Partei die LINKE, der sog. Zivilgesellschaft etc. Dabei wurden tw. nicht nur Namen verändert, sondern auch nicht zu identifizierende Personen befragt, bei denen es sich möglicherweise um Erfindungen der Befrager handelt.

Nach dem Lautwerden von Kritik an der Studie meldete die offizielle Seite der „Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer“ am 24. Mai: „Aktuelles [-] Stellungnahme der Ostbeauftragten… ,Ich sehe keinen Grund für Zweifel an Inhalt und Methodik der Studie des Göttinger Instituts für Demokratieforschung.‘“ Dieser einleitende Satz bleibt zunächst ohne Begründung; erst am Schluß der „Stellungnahme“ heißt es, das „Göttinger Institut für Demokratieforschung hat zu den Vorwürfen bereits Stellung genommen und dargelegt, dass selbstverständlich alle Interviewpassagen von tatsächlichen Akteuren vor Ort stammen…“ Es läßt sich nur versichern, daß es sich so verhalte, denn manche Interviewpartner dürften sich nicht unter ihrem „Klarnamen“ äußern, weil sie sonst „Opfer von rechter Gewalt werden“ könnten. Wer also die Studie zu kritisieren wagt, zeigt „wie wenig Verständnis für das Problem Rechtsradikalismus [bei ihm] vorhanden ist.“ Immerhin bleibt es erstaunlich, wie groß das Verständnis für Anonymität in denselben Kreisen ist, die doch sonst gegen Anonymität – im Netz – wettern und das „Gesicht zeigen – gegen Rassismus“ fordern und fördern.

* fett im Original

Gegenüber der „Mitteldeutschen Zeitung“ (24. Mai) sagte ein Sprecher der Ostbeauftragten, diese sehe „keine Veranlassung, an Inhalt und Methodik der Studie zu zweifeln.“ Das von ihr betraute Göttinger Institut für Demokratieforschung sei „renommiert“ und genieße „einen hervorragenden Ruf“. Wer wollte die Ergebnisse also anzweifeln? – Die Gefahr, die vom Rechtsextremismus in Ostdeutschland ausgehe, sei „im Übrigen völlig unbestreitbar“ und werde „nur noch von Ignoranten geleugnet“. Danach stand das Ergebnis der Studie also ohnhin von vornherein fest, doch warum wurde sie dann noch benötigt? Selbst solideste wissenschaftliche Arbeiten überzeugen haters und fakers doch nicht.

Schließlich gab – der Ostbeauftragten widersprechend – einer der Autoren der Studie gegenüber dem Berliner „Tagesspiegel“ (24. Mai) jedoch Mängel zu, denn es sei „zweifellos ein Fehler [gewesen], dass wir im Namensverzeichnis nicht mit Sternchen noch einmal gekennzeichnet haben, welche Interviewpartner anonymisiert wurden“. – Der Fraktionsvorsitzende der Union im Bundestag meinte, etwa vierzig Interviews als Grundlage zu nutzen, sei „mehr als zweifelhaft“. Die Studie werde „wissenschaftlichen Anforderungen auch nicht im Entferntesten gerecht“.

Hier die Liste der Befragten, deren Zusammenstellung nichts anders erwarten läßt, als daß sie durch ihr Zeugnis noch einmal bekräftigen, was „nur noch von Ignoranten geleugnet“ wird:

9. Literatur- und Quellenverzeichnis

9.1 InterviewpartnerInnen (Freital und Heidenau)

Sebastian Reißig, Geschäftsführer von Aktion Zivilcourage e.V., Pirna

Herr Dreier, Mitglied der Fraktion SPD/Grüne im Stadtrat Freital und Mitglied der Fraktion SPD/Grüne im Kreistag Sächsische Schweiz-Osterzgebirge

Herr Menke, Mitglied der Fraktion DIE LINKE im Stadtrat Freital und im Kreistag Sächsische Schweiz/ Osterzgebirge

Frau Laski, Mitglied des Freitaler Stadtrates

Jürgen Opitz, Bürgermeister der Stadt Heidenau

Frau Ackermann, Mitglied des sächsischen Landtages (Fraktion DIE LINKE)

Herr Reese, führender Mitarbeiter der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung

Frau Decker, Lokalredakteurin der Sächsischen Zeitung in Freital

MitarbeiterInnen des Kinder- und Jugendhilfeverbundes Freital

Herr Thiele, Mitglied der Fraktion „Bürger für Freital“ im Freitaler Stadtrat

Herr Tharandt, Lehrer am Weißeritzgymnasium Freital

Frau Fröhlich, Mitglied der Fraktion DIE LINKE/Grüne im Stadtrat Heidenau

Dr. Enrico Schwarz, Geschäftsführer von Biotec e.V., Freital

Herr Lehmann, Fußballtrainer in Freital mit Migrationshintergrund

MitarbeiterInnen der Stadtverwaltung Heidenau

KommunalpolitikerInnen aus Heidenau

Mitarbeiterinnen von Zusammenleben e.V., Freital

Zwei Beamte des Landesamtes für Verfassungsschutz Sachsen (Leiter der Stabsstelle und Leiter des Fachreferates Rechtsextremismus)

Frau Preuss, Bewohnerin des Stadtteils Heidenau-Süd

9.2 InterviewpartnerInnen (Erfurt und Erfurt Herrenberg)

BewohnerInnen des Herrenbergs, die anonym bleiben wollen, 27.10.2016

Mitarbeiter der Partei DIE LINKE mit Schwerpunkt auf Rechtsextremismus, 01.08.2016

Lokaler politischer Akteur, 27.10.2016

Fanprojekt Erfurt e.V., 30.07.2016

Fokusgruppe Erfurt, 16.11.2016

Mitglied des Stadtrates für die SPD, 07.06.2016

Journalist des MDR, 22.08.2016

Politischer Akteur aus dem grünen Spektrum A, 17.05.2016

Vertreter des Gemeindevorstands Ahmadiyya, 28.11.2017

Mitglied des Stadtrates für die CDU, 07.06.2016

Mobit e.V., 18.05.2016

Bodo Ramelow, Ministerpräsident Thüringens, 07.09.2016

Person aus der Bildungspolitik, 25.05.2016

Politischer Akteur aus dem grünen Spektrum B, 22.08.2016

Lokale zivilgesellschaftliche AkteurInnen, 15.11.2016

Zwei Personen aus der Zivilgesellschaft, die anonym bleiben wollen, 27.09.2016

 

1 Kommentar zu „Sei kein Ignorant!“

  • David:

    Die hat die famose Frau Gleicke Fake News par excellence vorgelegt. Wenn man die Liste durchgeht, dann ist sie grün-rot-tiefrot. Und es ist auch schon festgestellt worden, daß Leute interviewt wurden, die gar nichts davon wußten. Glatte Lügen also, wie nicht anders zu erwarten. Das muß ich als „überführter Ignorant“ feststellen.

    Heiko, übernehmen Sie!

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