Inhaltsverzeichnis

Artikel-Schlagworte: „Feindstaatenklausel“

Die Feindstaatenklausel

Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider über die internationale Stellung der BRD: Auszug aus dem Interview in Zur Zeit

In der Charta der Vereinigten Nationen gibt es noch immer die Feindstaatenklausel. Ist Deutschland eigentlich ein Mitglied zweiter Klasse der internationalen Gemeinschaft?

Schachtschneider: Ja, allemal! Solange die Feindstaatenklausel in der Charta der Vereinten Nationen steht, ist Deutschland kein voll akzeptiertes Mitglied.

Und was sind die Folgen?

Schachtschneider: Die Folgen sind sicherlich die schon angedeutete Politik, daß man eben darauf achtet, daß Deutschland militärisch nicht eigenständig ist, weil Deutschland als Problem empfunden wird. Ich denke, daß im Ernstfall auf Deutschland, falls es die Einbindung in die europäische Integration aufkündigen würde, ein ganz erheblicher Druck, auch von den Vereinigten Staaten ausgeübt werden würde. Und sollte Deutschland bei dieser Politik bleiben, dann bestünde die Gefahr militärischer Maßnahmen. Also ist Deutschland zu dieser Politik gezwungen und kann nicht Mitglied des Sicherheitsrates mit vollem Stimmrecht sein und vieles andere mehr.

Aber dafür darf Deutschland zahlen.

Schachtschneider: Zahlen darf man immer! Das ist ganz klar. Deutschland muß sich immer das Wohlwollen erkaufen und leider ist die deutsche Öffentlichkeit da auch wenig informiert und auch nicht so wirklich interessiert. Das ist durch einen erheblichen Wohlstand ermöglicht worden und ich höre und hörte immer wieder den Satz: „Wenn es uns doch gut geht, wen interessieren die politischen Ereignisse“.

[1] Feindstaatenklausel: Bestimmung der UN-Charta von 1945 [Art. 53 und 107], die Zwangsmaßnahmen gegen solche Staaten erlaubt, die im WK II gegen einen der Unterzeichnerstaaten der Charta Krieg führten und erneut den Frieden bedrohen. In diesem Fall müssen für Sanktionen gegen ehemalige Feindstaaten keine Beschlüsse des Sicherheitsrats erwirkt werden – das schließt auch militärische Interventionen mit ein. Offiziellen Aussagen zu Folge ist die Klausel seit den Zwei-plus-vier-Verträgen obsolet, gestrichen ist sie dennoch nicht.

[2] Kosovo-Krieg: Vergessene UN-Feindstaatenklausel. Feind als Partner